Kölnische Rundschau vom 31. Mai 1950

Festliche Tage in der Kreisstadt

Bergheims Schützenbrüder begingen ihre 500-Jahr-Feier

Bergheim. Der Himmel meint es zunächst nicht gut mit den festlich gestimmten Bergheimern, da der Regen, der schon Tage vorher sich mit nur kurzen Unterbrechungen in Schauern entladen hatte, am Samstag sich noch verstärkte. Dennoch hatte die Bevölkerung und die Verwaltung nichts unterlassen, um der Stadt ein festliches Bild zu geben. Als dann am Samstagabend die Prozession von der Pfarrkirche auszog zum neuerrichteten Bild des heiligen Johannes von Nepomuk auf der besonders festlich und stimmungsvoll geschmückten Erftbrücke, hatte selbst Petrus ein Einsehen und unterbrach den Regenguß für eine Stunde. Nach einem festlichen Vorspiel der Bergmannskapelle Fortuna, die in ihren schmucken Bermannstrachten aufgezogen war, hielt Oberpfarrer Houben eine Ansprache an die Bevölkerung, in der er von der Verpflichtung sprach, die die neue Statue den Bergheimern auferlege. Kurz streifte er die wechselvolle Geschichte dieses Bildes und erläuterte damit auch den Spruch, der nach dem Willen der Stadtväter auf dem Sockel eingegraben war: „Von Frevlern geschändet, im Kriege zerstört, wiedererrichtet als Mahnmal zum Frieden“. Dann gab er der Heiligen-Statue den kirchlichen Segen. - Bürgermeister Wilbertz sprach davon, daß die Kreisstadt auf dem Wege sei, ihr Stadtbild sauber und freundlich zu gestalten, und nannte sie ein Kleinod im Erft. Auch er ging auf den Spruch ein, den der Sockel trägt und legte besonderen Nachdruck auf die letzten Worte:


Die neue Statue des heiligen Johannes von Nepomuk auf der Erftbrücke in Bergheim im Festschmuck.

„Mahnmal zum Frieden“.

Er rief die Bevölkerung des Erftlandes auf, im Angesicht der neu errichteten Statue des Brückenheiligen den Vorsatz erneut zu fassen und zu bekräftigen, alles zu tun, daß nicht wieder demagogische Kräfte die Welt in namenloses Leid stürzten. Unser Ziel sei jetzt und in aller Zukunft der friedliche Aufbau zum Wohle aller Menschen, die guten Willens sind.

Nach einem kurzen Platzkonzert der Bergmannskapelle zog die festlich gestimmte Gemeinde zum Festzelt in das Stadion, wo im Namen der Jubelbruderschaft Hugo Berens den offiziellen Festkommers eröffnete. Die Bergmannskapelle spielte den Schützenmarsch und dann sprach der Alterspräsident und Ehrenvorsitzende der Bergheimer St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, Heinrich Kürten, von dem Sinn des Festes, das er einen Heimatabend an althistorischer Stätte nannte. In Worten, aus denen eine herzliche Liebe zum Land an der Erft sprach, rief er seine Schützenbrüder und die Jugend auf, die löbliche Tradition zu wahren und die Liebe zur Heimat mehr als bisher zu pflegen. Der Volkschor Bergheim leitete mit Beethovens „Ehre Gottes in der Natur“ über zur Ansprache des stellvertretenden Brudermeisters des Schützenkreises Bergheim-Nord, Georg Vetten, der ausführliche Daten aus der Geschichte der Kreisstadt und im besonderen der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft anführte. Das Leitmotiv auch seiner Ausführungen war eine tiefe Liebe zur Heimat und zum heimatlichen Brauchtum. Der geistliche Präses der Bruderschaft, Oberpfarrer Houben, sagte, daß dieser festliche Tag nicht nur Anlaß zur Rückschau, sondern auch Tag des Ausblicks sei auf den Aufgaben, die die Zeit heute den religiösen Bruderschaften stelle. Er sprach von der sittlichen Verwahrlosung unserer Zeit, der entgegenzutreten mit zu den Aufgaben der Zukunft gehören müsse. Den Schutzpatron, St. Sebastian, stellte er den Männern der Bruderschaft und der Jugend als Vorbild hin, da er es vorzog, für seinen Glauben zu sterben, bevor er ihn nach dem Willen seiner weltlichen Machthaber verleugnete. Auch der Bundesmeister Esser sprach eindringliche Worte über den Sinn der heutigen Bruderschaften. Seinen Worten schlossen sich eine

Vielzahl von Gratulanten

an, zu denen eine weitere stattliche Zahl deren kam, die schriftlich ihre Wünsche übermittelt hatten. Besonderen Beifall erhielt das Glückwunschschreiben des Pfarrers von Lindlar, Theo Braun, der über 1 ½ Jahrzehnte als Kaplan in Bergheim viel für die Erneuerung der Bruderschaft getan hat. Aus der Zahl der Ehrengäste, unter denen sich auch unserer Abgeordnete für den Bundestag Johannes Even, befand, sprach Kreishandwerksmeister Fritz Justen die Glückwünsche des Handwerks aus und übermittelte gleichzeitig die Grüße und Wünsche des Landrats und der Kreisverwaltung.

Mittlerweile hatte wieder ein böses Wetter eingesetzt, das auch den Aufenthalt im Festzelt nicht zur rechten Freude werden ließ. Dessen ungeachtet blieb die Feiergemeinde noch dem Schluß des offiziellen Festkommers noch einige Stunden bei Tanz und Frohsinn zusammen.


Ein besonders schönes, altes Stück aus dem Königssilber der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft der Kreisstadt Bergheim.


Am Sonntagmorgen versammelten sich die Mitglieder der Bruderschaft im Festhochamt, um das heilige Opfer für die lebenden und verstorbenen Mitglieder zu feiern. Nach dem Gottesdienst ehrten sie die Toten, indem sie an beiden Kriegerdenkmälern Kränze niederlegten. Hugo Berens sprach am Gedenkstein für die toten der Kriege 1864 und 1870/71

von der Verpflichtung, die wir unseren Toten gegenüber haben.

Die Schützenbrüder ehrten nicht die Gefallenen der Kriege, um den Krieg zu bejahen. Vielmehr müsse das Gedenken an sie in uns den Willen zum Frieden stärken. „Wenn wir auch den Krieg aus ganzer Seele verabscheuen“, so sagte er, „so entbindet das uns nicht der Verpflichtung, der Opfer dieses Krieges zu gedenken, der Männer, die ihr Leben in der Pflichterfüllung für ihr Volk gelassen haben.“ - Nach dieser Totenehrung hatte das Leben wieder sein Recht, denn die Schützenbrüder zogen zum Festzelt zum traditionellen Frühschoppen. Nachmittags ab 16 Uhr regierten dann die Schützenbrüder, die mit der Armbrust auf dem Vogel schossen, während die Jugend im Festzeit und in den Sälen Gelegenheit hatte, sich im Tanz zu vergnügen.

Der Montag war der eigentliche Festtag. Um 6 Uhr morgens zogen Tambourkorps und Musikkapelle durch die Stadt und weckten die Bergheimer Bürger mit einem Ständchen. Außerdem hatte auch endlich der Himmel ein Einsehen und ließ die Sonne hell scheinen. Nach dem Festhochamt um 8 Uhr in der St. Georgskapelle zog die traditionelle Pfingstmontag-Prozession aus. Seit den Mittagsstunden schallte dann festliche Musik durch den Ort, als die auswärtigen Vereine mit ihren Tambourkorps und Musikkapellen in den Ort einzogen und sich im Station zum Festzug formierten. In teils historischen und auch modernen schmucken Schützentrachten, boten sie ein buntes festliches Bild, daß sich mit dem Schmuck der Häuser und Straßen zu einem Eindruck vereinigte, der des Festes würdig war. Nach dem Umzug durch die ganze Stadt zogen die Schützenbrüder in Höhe der St. Georgskapelle an den Ehrengästen vorbei. Man sah unter ihnen den geistlichen Präses der historischen Deutschen Schützenbruderschaften,

Prälat Dr. Louis

aus Leverkusen. Dr. Louis sprach anschließend im Stadion zu den Männern. In seinem historischen Rückblick gedachte er vor allem der karitativen Tätigkeit der Schützenbruderschaften in den Katastrophenjahren des Mittelalters, in denen Kriegsnöte und Seuchen herrschten. Die Aufgabe der Schützenbruderschaften heute sah er vor allem darin, ihre Mitglieder zu aufrechten katholischen Männern zu machen, die ganze Männer und ganze Christen seien und etwas von dem Märtyrergeist des Schutzpatrons St. Sebastian in sich trügen. Auch der Bergheimer geistliche Präses richtete noch einmal das Wort an die Schützenbruderschaften, die als Gäste zu dem Fest gekommen waren und an seine eigene Bergheimer Bruderschaft mit der Mahnung, die Aufgaben der Zeit zu erkennen.

Dann zogen die Festteilnehmer, jeder nach seinem Geschmack, zum Schießstand oder ins Festzelt, um den festlichen Tag in Freude zu beschließen.

Am letzten Tag der Festlichkeiten, Dienstag, wurde das Schießen nach dem Vogel ab 16 Uhr fortgesetzt. Um 19 Uhr beendete dann der große Krönungsball die 500jährige Jubelfeier der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft der Kreisstadt Bergheim.

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