Kölnische Rundschau vom 18. April 1950

Ahe und seine Kirche

Ein Werk christlichen Gemeinschafts- und Opfersinns vor 20 Jahren

Ahe. Mitten in den Erftwiesen, abseits vom großen Verkehr, liegt in beschaulicher Ruhe das Dörfchen Ahe. Gleich am Eingang des Dorfes, inmitten gepflegter Grünanlagen und knospender Obstbäume erhebt sich die Kirche, ohne Prunk, einfach und schlicht in ihrem Aufbau. Durch einfache Buntfenster fällt die helle Frühlingssonne in das Innere des Gotteshauses. In feierlichem Ernst blickt vom Hauptaltar herab das Bild des Gekreuzigten in den Kirchenraum, der frei von allem Zierrat den Blick ganz auf den Altar richtet.

Zwanzig Jahre sind es jetzt her, daß die Bewohner des Dorfes unter Anregung und Führung eines aufrechten und selbstlosen Mannes sich ihr Gotteshaus erbauten. - Ahe war bis 1924 ein Rektorat und besaß nur eine kleine Kapelle, die längst baufällig geworden war und auch die Gläubigen nicht mehr zu fassen vermochte. Schon 1908 war daher der Plan zu einem Neubau aus eigenen Mitteln gefaßt worden. Unermüdlich wurde nun in Ahe mit kleinen Beträgen die Summe zusammengetragen, die den Bau ermöglichen sollte. Der Krieg unterbrach diese Bemühungen und die Inflation machte auch allen Spareifer zunichte. - Im Jahre 1924 zog Pfarrer Hillmann als erster Pfarrer in Ahe ein. Dieser Tag war für Ahe ein besonderer Festtag, und auch aus Dellbrück, der Pfarre, in der der neue Seelenhirt bis dahin gewirkt hatte, waren einige hundert Menschen gekommen, um den Tag, der für sie kein reiner Freudentag war, zu einem Ereignis für die Gemeinde und ihren neuen geistlichen Herrn werden zu lassen. Pfarrer Hillmann sah auch den Neubau einer Kirche als ein dringendes Problem, und als bei einer Mission im Jahre 1927 gar ein Teil der Decke der alten Kapelle einstürzte und Fachleute das Kirchlein als im höchsten Grade baufällig bezeichneten, mußte etwas geschehen. In diesem Augenblick trat ein Mann an die Seite seines Pfarrers, der mit ihm nicht mehr ruhte und rastete, bis das Werk vollendet war. Bei einer Dorfversammlung, die Pfarrer Dr. Hillmann einberufen hatte, um über die Wege zu sprechen, die eingeschlagen werden mußten, erklärte Christian Eller unter Hinweis auf alte Dokumente und Urkunden, daß frühere Generationen der Bewohner von Ahe auch ohne fremde Hilfe, aber mit Energie, Ausdauer und Opferbereitschaft die Kapelle des Ortes erbaut hätten. Er selbst stiftete das Baugrundstück und machte so den Anfang einer Kette von Opfern ein, nach dem niemand erfahren konnte, was der Nachbar gab, und erreichte es, daß nahezu drei Jahre lang in einem Ort von Knapp 70 Familien monatlich Beträge zwischen 250 und 300 RM zusammenkamen.





Im März 1929 wurde, noch einem Dankgottesdienst in der alten Kapelle, der erste Spatenstich getan. Was Ahe dann in den nächsten Monaten erlebte, war das Bestreben des einen, den anderen im Zupacken und Opfern zu überbieten, damit das Werk gelinge. Bereits im April konnte der Grundstein gelegt und knapp ein Vierteljahr später, am 16. Juli 1929, wurde das Richtfest gefeiert. Christian Eller war die Seele des Werkes. Er schien keine andere Aufgabe mehr in seinem Leben zu haben als den Neubau der Kirche, dem er vom frühen Morgen bis in die Nacht all seine Schaffenskraft widmete. Acht Monate nach dem ersten Spatenstich, im Oktober, kam dann der feste Tag, den die Bewohner von Ahe, die ihn erlebten, nie vergessen werden. Nach einem letzten Gottesdienst im alten Kapellchen zog die Gemeinde in feierlicher Prozession zum neuen Gotteshaus. In ihrer Mitte Weihbischof Dr. Stockums und viele geistliche und weltliche Gäste. Nach Beendigung der weihevollen Zeremonie und einer Ansprache des Bischofs stimmte die ganze Gemeinde dankerfüllt das Te Deum an: „Großer Gott, wir loben Dich“.

Als ob der Herrgott nur die Ausführung des Werkes durch Christian Eller abgewartet habe, um ihn heimzuholen, erkrankte der Unermüdliche, um nie wieder gesund zu werden. Ein Jahr nach dem ersten Spatenstich, wenige Monate nach der Vollendung des Werkes, zieht wiederum eine große Prozession durch das kleine Dorf. Diesmal ist es keine festliche, sondern eine große Zahl Trauernder, die Christian Eller zu Grabe tragen. Unter ihnen sind der Landrat und die Mitglieder des Kreistages. Im Gotteshaus wird der Leichnam aufgebahrt. Pfarrer Hillmann sagt den Trauernden, daß dies eigentlich nicht der Brauch der katholischen Kirche sei, wenn aber jemals eine Ausnahme berechtigt ist, dann ist es die, daß Christian Eller in seiner Kirche aufgebahrt werde. Ein Nachruf nannte den Toten „Ahes besten Sohn“. Ein glatter, schwarzer Granitstein auf seinem Grab trägt die Inschrift: „Christian Eller - 14. April 1930.“ „Ich wollte meine Augen nicht schlafen lassen, bevor ich eine Wohnung gefunden für meinen Gott und Herrn. Ps. 134.“ Im Gotteshaus aber versieht heute noch seine nun 70jährige Schwester den Kirchendienst.

Ahe aber ist stolz darauf, daß dies Werk zum Wesentlichen aus eigener Kraft geschaffen wurde und zeigt auch heute noch, daß es zu seinem neuen jugendlichen Pfarrer gehört, der sich glücklich mit dem ebenfalls noch jungen Lehrer zu einer fortwährenden Tatgemeinschaft zusammenfindet, und das schafft, was in anderen Orten nicht möglich ist.

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