Kölnische Rundschau vom 16. Dezember 1950

Raststätte am Schienenstrang

Ein schönerer Bahnhof - eine neue Gaststätte in Hellenthal - Bahnhofsbauten aus der Gründerzeit der Eifeler Eisenbahnen gehören zu den Albdrücken heutiger Städtebauer. Selbst die unscheinbaren Bauten an den rheinischen Strecken betonen in widerwärtiger Weise die Nüchternheit ihrer Zweckbestimmung. Dabei ist gerade die Eisenbahn als eines der wenigen Wunderwerke der Technik mit so viel Romantik und Lieblichkeit umwunden. Seit einigen Monaten ist auf einer der am weitesten in das Eifelgebiet und die die Region der Berge vorgeschobenen Eisenbahnstrecke eine merkliche Wandlung zum Bessern zu vermerken, soweit es sich um die Bauten handelt, die seitwärts des Schienenstrangs errichtet werden. Schon ist der Bahnhof Blumenthal in anmutiger Stilhaftigkeit entstanden. Heute (Samstag) rückt mit der offiziellen

Betriebseröffnung der neuangebauten Bahnhofs-Gastwirtschaft

der Endbahnhof Hellenthal wieder einmal vor die Öffentlichkeit. Er sollte bereits am vergangenen Sonntag mit der neugeschaffenen Bahnhofsgaststätte die Reisenden des ersten Schneesonderzuges überraschen. Er konnte es noch nicht, denn man war rücksichtsvoll genug, die Gäste aus den Großstädten nicht in ein noch farbfeuchtes Gastgebäude zu führen, durch dessen Hintertüren dann noch im letzten Augenblick der Anstreicher hätte unauffällig verduften müssen. An diesem Wochenende ist es soweit. Daß der Termin der Eröffnung gerade zurecht kommt mit dem Beginn der Wintersportsaison im Hellenthal-Hollerather Gebiet, unterstreicht die künftige eigentliche Zielsetzung der neuen gastronomischen Raststätte am Schienenstrang. Sie soll zuvörderst dem Fremdenverkehr dienen. Daß dieser Dienst einer ihrer wichtigsten wenigstens in dem durch Naturschönheiten mehr als durch wirtschaftlicher Güter ausgezeichneten Eifelgebiet ist, hat seit einigem auch die Bundesbahn erkannt. So ergänzen sich beim Bahnhofs-Um- und Gaststätten-Neubau in Hellenthal die betriebswirtschaftlich notwendige und die fremdenverkehrsmäßig zweckdienliche Note vortrefflich.


Ein schönerer Bahnhof Hellenthal
Foto: H. Meyer

Am Eingang zum Ort, am Anfang oder Ende einer Eifelreise, steht ein umgewandelter Bahnhof. Der durch eine „liebevolle Fassade“ ausgesprochenen Einladung entspricht im Innern eine ebenso dienstbereite wie stilvolle Gaststätte. Die Reise beginnt und endet unter dem Eindruck einer betonten Liebenswürdigkeit der sonst so amtlichen Bundesbahn.

Eine Bahnhofsgaststätte gab es bislang in Hellenthal nicht. Dennoch war sie seit langem ein Bedürfnis, zumal der Bahnhof selbst seitwärts des Ortes liegt und dem Reisenden insbesondere am Endpunkt der Strecke nicht allein mit einem Saal gedient ist, in dem er seine Wartezeit auf den Zug absolvieren kann. Er will auch in dieser zeit sich erfrischen, stärken und irgendwie unterhalten können. Der Hellenthaler Saal des alten und leider noch auf manchen Eifelbahnhöfen üblichen Formats war mehr eine Art Vorhölle im Stile jener unerquicklich nüchternen und meist (auch im Sommer) immer irgendwie kalten Hallen, deren „staubfreien Fußbodenölgeruch man oft länger in der Nase behält als

die erfreulichen Eindrücke einer Eifelreise

haften bleiben. Einziges und klägliches Attribut der von Bundesbahnseite gebotenen Gastlichkeit waren hier wie anderwärts ein paar wackelige Normbänke mit ungeschickt versteckt angebrachten Holzbrandstempeln, die noch das unumstößliche Eigentumsrecht der seit langem nicht mehr bestehenden „Königlich-Preußisch-Hessischen Staatseisenbahndirektion“ peinlich bekundeten. Es ist gut, sich dieses in Erinnerung zu rufen, um den Wandel recht zu begreifen, der seitdem eingetreten ist.

In Hellenthal steht nun kein „Wartesaal“ mehr zur Verfügung. Es entstand

eine Gaststätte im echten Sinne des Wortes,

eine Bleibe für den müden, hungrigen und durstigen Reisenden, die mit allem, was zu ihr gehört, im Stande ist, eine Raststätte am Schienenstrang zu sein. Man hat, obgleich bei der Eisenbahn stets der Verdacht einer Normierung besteht, Gasträume eingerichtet, die man mit Fug und Recht nicht nur dem Begriff „Eifelgaststätte“ einordnen kann; man findet in manchen Dingen sogar eine liebevolle Betonung des eigenen Hellenthaler Charakters. Zumindest sind im Verlauf einer künftigen Vervollkommnung der Gaststätte ähnliche, den Eifeler Lokalcharakter betonende Kennzeichen vorgesehen.

Die in Hellenthal tätig gewesenen Bauleute haben aus dem vorhandenen Raum des alten Wartesaales mit geschickter Einbeziehung eines terrassenähnlichen Anbaus eine überraschende Lösung gefunden. Im Verlauf des streckenwärts den Bahnhof verlängernden Anbaues wurde durch einen Tordurchgang nach der Straße zu gleicher Zeit der Bahnhofsbereich für sich abgeschlossen und durch den Tordurchlaß selbst das straßenseitige Bild vorteilhaft abgeschlossen. Die Hellenthaler Verwaltung hat bereits früher in Zusammenarbeit mit dem rührigen Eifelverein versucht, die repräsentative Aufgabe des Bahnhofs durch Vorplatzanlagen zu betonen. Diese Dauergrünanlagen erhalten jetzt erst durch die Umwandlung des Bahnhofs eine überraschende Note. Wenn, wie es gedacht ist, in Hellenthal die Verschönerung des Ortsbilds, wie am Bahnhof begonnen, Zug um Zug fortschreitet, dürften die alten Freunde Hellenthals zum Beginn der Sommersaison ein merklich gewandeltes Bild vorfinden.

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