Kölnische
Rundschau -
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Beilage
Nr. 9: An Erft und Gilbach - Juli 1950
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Die Gilbach
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Bild einer
Landschaft
Er, der Bach, nämlich der Gilbach, ist
eigentlich männlichen Geschlechts. Wenn der Volksmund aber die
Gilbach sagt, so meint er damit den Landstrich, der vielfach
auch auf der Gilbach heißt und zu den
fruchtbarsten und gesegnetsten im Erftgebiet gehört. Der
Gilbach selbst ist ein unbedeutender kleiner Bach, der schon bei
Hüchelhoven die Grenze unseres Regierungsbezirks verläßt
und an dem kleinen Ort Gill vorbei über Rommerskirchen,
Nettesheim der Erft zufließt, in der er etwa bei Weckhoven
mündet. Und die meisten Menschen, die dort wohnen, werden wohl
wenig über dieses kleine Gewässer zu sagen wissen.
Tatsächlich hat dieser Bach aber einer Landschaft den Namen
gegeben, der sich nicht nur auf seine Ufergebiete bezieht, sondern
einen weitaus größeren Bezirk umfaßt, der sich etwa
westwärts bis zur Erft erstreckt. Eine genaue Abgrenzung dieses
Landstrichs erscheint unmöglich, aber wenn der Einheimische
stolz erzählt, daß die Gilbach seine Heimat
ist, dann meint er damit jenes Gebiet, das durch die Fruchtbarkeit
seines Bodens und seine landschaftliche Schönheit zu einem der
reichsten Gegenden gehört.
Der Schwerpunkt der
landwirtschaftlichen Produktion liegt in der Zuckerrübenkultur,
im Weizen- und Roggenanbau. Reich ist dieses Land auch durch seine
ergiebigen Braunkohlenschätze. Trotzdem stellen die
Bauernfamilien, deren Denken und Streben dem fruchtbaren Boden
gehört, der schon ihre Vorfahren zu allen Zeiten ernährte,
den Kern der Bevölkerung im Gebiet der Gilbach dar.
Die
Gilbach ist nicht nur ein ausgesprochenes Ackerbauland, sondern die
fetten Wiesen haben es zu einem Gebiet blühender Pferdezucht
gemacht. Die belgischen Kaltblütler, sogenannte schwere
Ackerpferde, gedeihen besonders gut in diesem Klima. Daß eine
solche Zucht überhaupt möglich war, und daß sie in
verhältnismäßig kurzer Zeit zur Blüte gelangte,
so daß sie einen großen Teil des ausländischen
Bedarfs decken konnte, ist ein besonderes Zeichen vom Fleiß
der Bauern an der Gilbach.
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Das
Land an der Erft - reich durch die stille Schönheit seiner
weiten Wiesenlandschaft, seiner alten Städtchen und Dörfer,
Wasserburgen und Schlösser, aber auch riech durch die Schätze
seines Bodens, eines Bodens, dessen fruchtbare Oberfläche es zu
einem Raum intensivster Landwirtschaft macht und dessen Untergrund
einen ergiebigen Braunkohlenschatz birgt - hat im Laufe der
Jahrhunderte eine abwechslungsreiche Geschichte erlebt. Es gehört
mit zu den frühesten Siedlungsgebieten der Rheinlande - viele
Namen weisen noch auf die Römerzeit zurück - andererseits
verdankt die Erftniederung ihre frühe Besiedlung im Mittelalter
aber auch ihren geographischen Bedingungen, weil sich aus dem
wasserreichen Fluß und seinen zahlreichen Flutgräben
Schutzweiher und Gräben der Wasserburgen und Stadtbefestigungen
ableiten ließen.
So bedeutsam die Erft im Mittelalter
auch war, so wurde sie doch von ihrem kleinen Nebenbach - eben
unserem Gilbach - wesentlich übertroffen. Es ist eigentlich
seltsam, wie dieser an sich unbedeutende Bach zum Namensgeber eines
bedeutenden Objekts wurde. Er gab in der Neuzeit nicht nur einer
ganzen Landschaft, die sich weit über sein Ufergebiet
erstreckt, seinen Namen, sondern im Mittelalter einem ganzen Gau,
dem Gilgau. Weiß der Bewohner des stillen Bachgebietes, daß
der Name seines Baches in allen Büchern steht, die sich mit der
mittelalterlichen Geschichte unserer engeren und weiteren Heimat
befassen? Weiß er, daß bedeutende Historiker in großen
Kontroversen gerieten über die Bedeutung des Gilgaues und
seiner Nachbargaue, besonders des Kölngaues? Und daß es
scheint, daß der Gilgau eine ganze Zeitlang im Mittelalter
größer und bedeutender war als der Kölngau?
Der
Kölner Historiker Ennen sah den Gilgau als einen Bestandteil
des Kölngaues an, der das Gebiet zwischen Rhein, Bonn-,
Zülpich- und Jülichgau umfaßte. Der Kölner
Gaugraf hielt aber sein Ding (Gericht) bald in Köln selbst,
bald auf dem Lande ab, so daß dieser Umstand den alten Kölngau
in zwei Gerichtsbezirke spaltete; den sogenannten Kölngau mit
dem Hauptsitz in der Stadt Köln und den Gilgau, der seinen
Namen eben von unserem Bach erhielt. Die Forschung hat vielleicht
eine Indentität dieser beiden Gaue angenommen. Tatsächlich
scheinen aber eingehende topographische Untersuchungen - um die sich
besonders Dr. K. Heldmann Verdienste erworben hat - zu erweisen, daß
der Kölngau und der Gilgau nie identisch waren.
Vergleiche
mit den Nachbargauen, dem Nievenheimer- und Kutzgau, lassen den
Schluß zu, daß diese beiden Gaue mit dem Kölngau
lange Zeit im Mittelalter nur Untergaue des Gilgaues gewesen sind.
So war auch das ganze Bergheimer Dekanat der späteren
Jahrhunderte demnach nichts anderes als das alte Gilgaudekanat, das
Erzbischof Sigewin 1080 dem Kölner Gereonsstift schenkte.
Unser Gilbach ist also schon im Mittelalter in seiner
geschichtlichen Bedeutung weit über seine Grenzen
hinausgewachsen, so wie er heute noch dem reichen Landstrich seinen
Namen gibt, den seine Bewohner mit Stolz op d'r Gilbach
nennen.
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