Kölnische Rundschau vom 3. Juni 1950

Vom ältesten Tunnel Deutschlands

Seine Unterhaltung verschlingt ständig große Summen



Horrem. Auf der Strecke Köln-Aachen durchfährt die Bundesbahn zwischen Großkönigsdorf und Horrem einen 1620 Meter langen Tunnel. Er ist der älteste Tunnel Deutschlands, der in den Jahren 1830 bis 1841 gebaut wurde. Damals wurde der anfallende Sand noch mit Schubkarren und Ochsengespannen aus dem Berge geholt. Auf der Tunnelsohle liegen zwei Gleise im Abstand von 3,50 Meter. Die Steigung in Richtung Horrem beträgt 1:267. Der Tunnel wurde im Kernbauverfahren in Ziegelsteien mit Sohlengewölbe durchgeführt. Das darüber liegende Gebirge besteht aus Quarzsand und erreicht an der höchsten Stelle eine Überdeckungsstärke von 35 Meter.


Ergänzungsfoto: Königsdorf - Altes Tunnelportal - Rückbau
Sammlung Gustav Zahn, Elsdorf

Im Abstand von 60 Metern wurden 26 Nischen wechselweise eingebaut, um die im Tunnel arbeitenden Personen bei Durchfahrt eines Zuges aufzunehmen. Die Zahl der Nischen wurde später um 28 vermehr. Da der sandige Untergrund das durchtriefende Wasser aufnimmt, ist keine besondere Entwässerungsanlage notwendig. Zur Entlüftung und für den Abzug der Rauchgase dienen fünf Schornsteine mit einem lichten Durchmesser von 2 Meter.


Ergänzungsfoto: Königdorf - Freilegung Lüfungsschacht
Sammlung Gustav Zahn, Elsdorf

Der ursprüngliche Langschienen-Bergbau mit eisernen Querschwellen wurde im jahre 1930 vom Stuhloberbau aus Hartholzschwellen abgelöst. Man hatte 1380 Meter Schienen aus 30-Meter-Längen zu einem Stück; und an den Enden je 120 Meter zusammengeschweißt. An den Portalen beträgt die Schienenlänge jetzt je 90 Meter, so daß 1440 Meter geschweißter Schienenstrang im Tunnel liegt. Die Wärmelücken betragen 12 Millimeter.

Zur Beseitigung des starken Wasserdurchdrangs, der in den Wintermonaten zur Eisbildung führte, wurde das Gewölbe 1930 torkretiert. Die Torkretierung bewährte sich aber nicht. Das Wasser sammelte sich hinter der Topkretschicht, die durch die Eisbildung zerstört wurde. Im August 1937 hatte man versucht, einer weiteren Zerstörung durch Abdichtung des Gewölbes vorzubeugen. Die Abdichtung wurde zunächst auf einer Länge von 240 Metern vom Tunnelportal aus durchgeführt. Infolge des Krieges mußten diese Arbeiten im Mai 1940 eingestellt werden. Schon im jahre 1941 versuchte die Royal-Airforce, den Tunnel zu bombardieren, jedoch blieb dieser Versuch, wie auch alle späteren, ohne Erfolg. Da sich der Stuhloberbau ebenfalls nicht bewährte, wurde er im Jahre 1940 durch Reichsoberbau K mit 30-Meter-Schienen ersetzt.

Zur Abführung des Wassers befinden sich im Tunnel alle 10 Meter Abflußrohre von 15 Zentimeter Durchmesser. Wenn auch durch den intensiven Betrieb mancherlei Schäden entstanden, die eine dauernde Überwachung des Tunnels erfordern, so erlitt dieser doch den schwersten Schlag im Jahre 1945, als am 28. Februar der Tunnel beim Rückzug der deutschen Truppen mit einer 500 kg schweren Bombe

von deutschen Pionieren gesprengt


wurde. Die Sprengung erfolgte 500 Meter östlich vom Tunnelportal. Die Sprengladung wurde vom östlichen Portal aus elektrisch gezündet. Durch die Sprengung wurde das Gewölbe in einer Länge von mehr als 16 Metern zerstört. Auch die Widerlager waren bis auf die Schienenunterkanten unbrauchbar. Etwa 3000 Kubikmeter feiner Quarzsand drangen dabei in den Tunnel ein.

Die Instandsetzungsarbeiten wurden im August 1945 aufgenommen und dehnten sich mangels geeigneter Fach- und Arbeitskräfte bis zum 10. Mai 1946 aus. In der Zeit vom 1. März 1945 bis zum 15. Mai 1946 lag der Verkehr auf der Eisenbahnstrecke Köln - Sindorf still. Er konnte erst am genannten Tage auf beiden Gleisen wieder aufgenommen werden. Die Unterhaltungskosten für den Tunnel sind begreiflicherweise sehr hoch, da laufende Arbeiten erforderlich sind. Augenblicklich werden Gleiszwischenarbeiten und Gewölbeausbesserungen vorgenommen. - Wegen der Zugdichte können die Arbeiten nur nachts ausgeführt werden.

Von all diesem werden die wenigsten Reisenden kaum etwas ahnen, wenn sie mit der Bundesbahn bequem und sicher das Dunkel des Tunnels durchfahren.

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