Die Weltkriege in Mahlberg
Von Edgar Faß
Die Besatzungszeit nach dem I. Weltkrieg
Nach Beendigung des 1. Weltkrieges gehörte Mahlberg mit den anderen Dörfern im Höhengebiet zur französisch besetzten Zone. Die Besetzung dauerte bis 1927. Die französischen Besatzungstruppen waren in der Garnison vn Euskirchen stationiert. Von hier aus kontrollierten sie das Umland durch berittene Patrouillen (Hundertschaften). Die Soldaten verteilten an die Dorfkinder Schokolade, die manchen von ihnen bisher unbekannt war.
Einmal kam eine Patrouille wegen Verstoßes gegen das Besatzungsstatut nach Mahlberg. Anlaß war die Einweihung des Kriegerdenkmals zu Ehren der Gefallenen des 1. Weltkrieges mit den Klängen des Tambourcorps Eicherscheid im Jahre 1927. Feierlichkeiten mit militärischem Zeremoniell und das Tragen von Uniformen, wie auch das Tambourcorps sie trug, war den Deutschen in den besetzten Gebieten streng verboten. Von einem Informanten benachrichtigt, aber dennoch zu spät, kam eine berittene französische Patrouille ins Dorf. Doch sie konnten niemanden mehr finden, da die Mahlberger Bevölkerung die Mitglieder des Tambourcorps und ihre Uniformen noch rechtzeitig versteckt hatten.
Auch war vorgekommen, daß die Franzosen die Fuhrleute mit ihren Pferden zur Schmiede beorderten, um sich geeignete und gute Pferde für den Eigengebrauch auszusuchen. Die französischen Besatzungstruppen führten in dieser Gegend auch Manöver durch.
Nach mündlicher Überlieferung
älterer Bürger.
Edgar Faß
Das Ende des II.
Weltkrieges am Michelsberg
Im Münstereifeler Höhengebiet, unter anderem auch in Mahlberg, marschierten am 7. März 1945 die amerikanischen Truppen durch. Von den Auswirkungen des II. Weltkrieges blieb also das Gebiet am Michelsberg zunächst bis Herbst 1944 verschont, wenn man von einzelnen Bombenabwürfen (Notabwürfe) havarierter oder beschädigter anglo-amerikanischer Bomber absieht. Die Bomben fielen hier entweder über freiem Feld oder in Waldgebieten.
Als unmittelbare Kriegsfolge des zunächst erfolgreichen Vormarsches der deutschen Truppen in Europa kamen zunächst polnische und wenig später französische Zwangsarbeiter für die Feldarbeit nach Mahlberg. Der Herbst 1944, als die amerikanischen Truppen bis Mitte September den Westwall und damit die deutsche Reichsgrenze erreichten, brachte für die Bevölkerung im Eifelraum das Ende der relativen Ruhe. Die Front war dadurch bedrohlich nahe gerückt und man mußte jetzt ständig vor Tieffliegerangriffen durch Jagdbomber (JABOS) auf der Hut sein. Da das Höhengebiet am Michelsberg wegen seiner markanten Lage und als letzte Bastion vor der Rheinebene strategische Bedeutung besaß, gab es auch in Mahlberg Einquartierungen deutscher Soldaten. Bis Ende Februar 1945 hielten sich im Dorf junge SS-Soldaten zur Ausbildung von Weißrussen auf. Diese wurden als Teil der sogenannten Wlassow-Armee an den Waffen für den Kriegseinsatz ausgebildet. Ihre Unterkunft war der Saal Manheller. Sie wurden von der Bevölkerung bemitleidet und bekamen trotz Verbot von den Bürgern Nahrung. Während der Ardennenoffensive der deutschen Wehrmacht stürzte ein Flugzeug im Wald ab, es hatte versucht auf der Ellert notzulanden. Der Pilot blieb mit seinem Fallschirm in den Baumästen hängen. Bei einem Tieffliegerangriff auf eine deutsche Militär-Fahrzeugkolonne kamen am zweiten am zweiten Weihnachtstag 1944 im Rohlersiefen drei Mahlberger ums Leben.
Für die Bevölkerung Mahlbergs bauten Männer des Volkssturms zwei Erdbunker, die aber nur einen Schutz gegen Artilleriebeschuß gewährleisteten, aber keinesfalls Bombenabwürfen standgehalten hätten. Einer der Bunker befand sich im Hang des Schußbachs, der andere in der Flur Hombach (Homisch). Im Turm der Michelskapelle war eine Flugwache und Beobachtungsstation, die mit weiteren Stationen in Bergrath und Harscheid in Verbindung stand. Neben der guten Fernsicht und der Nähe des Führerhauptquartiers in Rodert war der Michelsberg ein wichtiger Punkt. Zur Verteidigung des Michelsberges und des Dorfes waren dort etwa 100 deutsche Landser im Ort einquartiert. Um den amerikanischen Vormarsch aufzuhalten, ließ die SA am Kriegerdenkmal und am Heiligenhäuschen Panzersperren aus Kiefernstämmen errichten. Die Barrikaden waren jedoch für die Amerikaner keine Hindernisse.
Sie drangen in einige Häuser gewaltsam ein und plünderten die Kellervorräte, besonders den selbstgemachten Wein und so kam es, daß sie im angetrunkenen Zustand wild um sich schossen. Sie fanden auch ein verstecktes Wehrmachtsfunkgerät.
Am 5. März 1945 wurden im Hof Lethert alle Pferde zusammengetrieben und einige Pferdewagen beschlagnahmt. Als Zugtiere für deutsche Artilleriegeschütze wurden Ochsen genommen.
In den bereits erwähnten Bunkern hatten die Mahlberger Proviant wie geräuchertes Fleisch und Wurst bevorratet. Nach dem Zusammenbruch wurde auch in Mahlberg, das nicht durch die SA beschlagnahmte Vieh heimlich schwarz geschlachtet.
Der 7. März 1945 brachte das herbeigesehnte Kriegsende. Hier und da wurde noch geschossen, aber es beruhigte sich bald.
Durch Artillerie waren die Strom- und Wasserleitungen außer Betrieb. Das Wasserbassin am Michelsberg erhielt zwei Bombentreffer, wodurch zwei deutsche Soldaten getötet wurden. Ein deutscher Soldat fand durch Geschoßsplitter auf Gitzem den Tod. Das deutsche Munitionsdepot in Nähe der Wasserscheide (im Hau) wurde beim Beschuß verfehlt, es waren nur Einschläge im Wald zu verzeichnen. Auf der Chaussee wurde ein zurückgebliebenes deutsches Militärfahrzeug, beladen mit Kleidung und Schuhen, geplündert.
Der Großteil der deutschen Landser zog sich bereits vor der amerikanischen Besetzung des Dorfes in Richtung Rheinbach und Bonn zurück. Sie ließen eine Feldküche mit zwei bis drei Zentner Zucker und Griesmehl zurück. Die Bewohner im Schulkeller und in den Erdbunkern überstanden das Kriegsende unbeschadet.
Nacherzählt von Edgar Faß,
nach Befragen von Zeitzeugen, z.B. Änne und Peter Lethert.
Das
Kriegerdenkmal am alten Standort. Nachdem das dahinterstehende Haus
Manheller (Derrisch) im Jahre 1956 abgerissen war, wurde das Denkmal
an die heutige Stelle zurückgesetzt.
Das Funkfeuer IDA auf dem
Hohberg
Auf einem Nebengipfel des Michelsberges, dem Hohberg, 580 M NN, installierte die Luftnachrichtengruppe im zweiten Weltkrieg die Funkstation bzw. das Funkfeuer mit dem Codenamen IDA. Die Funkstation bestand aus drei Geräten, die den Amerikanern nach dem Einmarsch am 7. März 1945 unversehrt in die Hände fielen, (mündlich überliefert durch Peter Lethert, Mahlberg). Es handelte sich um fahrbare Geräte mit folgenden Funktionen:
Leitfunk zur Orientierung der deutschen Flugzeuge, insbesondere der Nachtjäger gegen feindliche Flugzeuge mit 100-Watt-Empfänger und einem Radius von 200-300 km.
Suchfunk und Suchradar mit einem Radius bis zu 100 km
UKW-Sprechfunk für die Kontakte zu den Gefechtsstationen
Diese Funkfeuer-Stationen hatten in der Regel eine Besatzung von acht Personen und unterstanden den Flugmeldekompagnien (mot) und waren in die feste Organisation des Flugmeldedienstes eingefügt. Dieser wiederum unterstand dem sogenannten Luft-Gau-Kommando.
In den Befehlsständen der Funkstationen fanden mehrere Soldaten: ein Offizier, ein Feldweben und mehrere Funker Platz.
Zum Schutz waren die Kabinen mit Wellblech überdacht und der Suchradar war in einem Betonbunker untergebracht. Zwei Suchscheinwerfer und ein Aggregat vervollständigten die Ausstattung dieser mobilen Funkstation; (mündlich überliefert durch Heinrich Schuch, Köln; er war im 2. Weltkrieg Mitarbeiter der Luftgau-Nachrichtentruppe, Kommando Brüssel).
In der Literatur fand das Funkfeuer IDA in der Geschichte der Luftnachrichtentruppe, Band II - Der Weltkrieg, Teil 1 Beachtung: Der Flugmelde- und Jägerleitdienst 1939 - 1945, Herausgeber Karl-Otto Hoffmann. Es wird dort geographisch bei Münstereifel genannt und ist auch kartographisch als schweres Funkfeuer mit Stand vom August 1944 aufgeführt. In der vorgenannten Literatur ist auf den schweren Großeinflug feindlicher Flugzeugverbände vom 15. Februar 1945 wie folgt Bezug genommen:
Eine weitere Streitmacht von 95 schweren Bombern wählte den Einflug in das Reich. Um den Nachtjägern in West- und Norddeutschland den Einflug von Großverbänden der Viermots vorzutäuschen und sie anzulocken, flogen zwei kleine Verbände von je 12 Mosquitos bei Duisburg und Mainz ein und warfen große Mengen Düppel. Durch die Störung der Funkmeßgeräte konnte der Flugmeldedienst die auf der Route Koblenz nachfolgenden wirklichen Großverbände mit dem Angriffsziel Rositz und Chemnitz nicht eindeutig feststellen. Die erst deutsche Reaktion war die Annahme eines Großangriffs auf das Rhein-Ruhrgebiet und die Versammlung der Nachtjäger über dem Funkfeuer Kurfürst bei Goch. Die zuerst unter dem Störschirm hervorkommenden 24 Mosquitos bewirkten zuerst eine Täuschung der Flugmeldezentrale der 3. Jagddivision in Wiedenbrück. Aber die Täuschung dauerte nicht lange, den bald nach dem Erkennen des Großangriffs auf Norddeutschland durch die über die Nordsee und auf der Express-Route fliegenden Bomber sowie der Mosquitos in Westdeutschland, brach die Hauptstreitmacht für Rositz und Chemnitz in Richtung Koblenz südlich von Aachen durch den Störzaun. Die Nachtjäger wurden sofort zum Funkfeuer IDA bei Münstereifel dirigiert, das auf der neu erkannten Flugroute lag. Bei Koblenz trennten sich die für Rositz und Chemnitz bestimmten Großverbände, trafen sich dann aber wieder bei Erfurt. Die zu Funkfeuer IDA befohlenen Nachtjäger wurden dann auf die Verfolgung der Hauptverbände geschickt, aber diese konnten den mit Vorsprung fliegenden Gegner nicht mehr einholen. Drei Stunden nach diesen Großraumangriffen wurden die Freya-Geräte im südlichen Gebiet der 3. Jagddivision gestört. Aus dem Störzaun kamen zuerst 33 Mosquitos, die durch Düppel einen Großverband vortäuschten und Richtung auf Mainz und Frankfurt nahmen. Acht Flugzeuge dieses Verbandes warfen Bomben auf Frankfurt, elf griffen Nürnberg an und 14 flogen bis Dessau. Die erneut nach Köln (Richtung Funkfeuer IDA) und später nach Frankfurt befohlenen Nachtjäger konnten den dann folgenden Großverband in Richtung Mannheim, später nach Chemnitz abdrehend, wegen der Düppelstörungen auch bei den SN-Bordgeräten nicht sicher auffinden, und nur wenige erreichten den Bomberstrom auf dem Wege nach Chemnitz. Das Kriegstagebuch des Oberkommando West (OKW) berichtet dazu am 15. Februar 1945: Nachts 800 Bomber in zwei Anflügen gegen Chemnitz, dagegen 118 Jäger. Zehn Abschüsse und zehn Verluste.
Edgar Faß
Auszug aus der Festschrift 1100 Jahre Mahlberg 893 - 1993
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