Glückstal und Klappertshardt

Ein Rückblick auf die früheren Bleierzwerke in der Mutscheid

Von Edgar Fass

Der Bergbau in dem Gebiet der alten Gemeinde Mutscheid bildete seit der französischen Besetzung in der napoleonischen Zeit bis fast zur Mitte dieses Jahrhunderts mit einigen Unterbrechungen ein beachtlicher wirtschaftlicher Faktor für die einheimische Bevölkerung in diesem Randgebiet der Eifel. Er verschaffte vielen verarmten Tagelöhnern Arbeit und Brot, da Klima und ungünstige Lage der Felder und Wiesen nur eine bescheidene Landwirtschaft zuließen.

Er hat zwar niemals die Bedeutung und Größe anderer Bleibergwerke erlangt, wie etwa die des Bleibergs bei Mechernich, auch nicht der Unternehmungen von Bleialf oder selbst von Resched. Aber trotzdem lohnt es sich, die Geschichte dieses kleinen Bergbaugebietes und seiner Bergleute wiederzugeben, weist es doch in seiner Entwicklung viele Ähnlichkeiten mit anderen bergbaulichen Unternehmen der Eifel, insbesondere des Bleibergbaus, auf.


Geologische Entstehung und Geographie der Erzvorkommen

Als das Variskische Urgebirge, sozusagen ein Vorläufer des Rheinischen Schiefergebirges, vor rund 300 Millionen Jahren gefaltet wurde, entstanden in den porösen Schiefergesteinsschichten zahlreiche Klüfte (Verwerfungsspalten), in denen heißes Wasser mit mineralhaltigen Lösungen aus dem Erdinnern emporstieg. Das in großen Tiefen aufgeheizte Wasser setzte in der Nähe der Oberfläche eine Reihe von wasserunlöslichen Mineralien an den Wänden der Spalten ab. Aus den Gesteinsspalten entstanden so im Lauf der Zeit Erzgänge, deren Vorkommen im Bergland der Ahreifel vorwiegend Blei- und Kupfererze bildeten, dazu noch Zink und Baryt (Schwerspat). Das Blei enthielt zusätzlich noch etwas Silber.

Eine in etwa halbkreisförmige Erzlagerstättenzone erstreckt sich von dem Gebiet der Mittelahr (Hochtürmen bei Kirchsahr) über Bleialf und Rescheid bis in die Gegend von Mechernich, wo sie ihre größte Ausdehnung erreicht. Die Bleierzgänge in der Nähe der Dörfer Willerscheid und Hummerzheim, etwa zehn Kilometer südöstlich von Bad Münstereifel, sind ein Teil dieses erzhaltigen Streifens.


Die geschichtliche Entwicklung des Bergbaus

Der Beginn des bergmännischen Abbaus der Erzvorkommen läßt sich heute nicht mehr feststellen. Er reicht nach alten Aussagen jedoch in eine ferne Zeit zurück. Aus römischer Zeit sind für das Glückstal keine Funde, die auf Bergbau schließen lassen können, nachgewiesen.

Mehr wissen wir vom Bergbau in der Mutscheid aus der Zeit der französischen Fremdherrschaft. Der Bergbau stand unter dem besonderen Schutz Napoleons. Der Bergmann hatte ein gutes Auskommen, und Blei und Silber standen in hohem Wirt, da England die Ausfuhren der Erze 1806 aus seinem Land und aus Spanien sperrte.

Eine erste Quelle aus dem Jahre 1808 berichtet von einem kaiserlichen Dekret vom 16. Messidor Jahr 13 (17. Juli 1805), von Napoleon im Schloß Fontainebleau unterzeichnet; es verlieh dem Johann Christian Schmitz (er selbst schreibt sich später Schmits), einem unternehmerischen Besitzer zu Flamersheim, für die Zeit von 50 Jahren die Befugnis, Blei und Kupfererze in der Mine auf dem südlich von Münstereifel gelegenen Gebiet der Gemeinde Mutscheid in der Mairie (Bürgermeisterei) Münstereifel, Kanton (Kreis) Rheinbach, in einem Umfang von 2501 Hektar auszubeuten.

Dies steht in einer von dem kaiserlichen Mineningenieur Simoleon Calmenet im Jahre 1809 verfaßten beachtenswerten Denkschrift auf Veranlassung des französischen Präfekten Lezay-Marnesia, der dem Rhein-Mosel-Department (mit den Eifelgebieten der heutigen Bezirke Köln und Koblenz) vorstand. Sie wurde im Handbuch für die Bewohner des Rhein-Mosel-Departments veröffentlicht und in einem Auszug des späteren „Rheinischen Antiquarius“, Bd. 12, Coblenz 1866 (Chr. von Stramberg), in einem Lagebericht für die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts zur Erzgewinnung in der Mutscheid erwähnt.

In diesem Raum waren nach Calmenets Angaben drei alte Minen einbegriffen, wovon die erste, deren Ausbeutung sich in einer unbekannten Epoche verliert, gegen Norden und auf 1500 Meter von der Kirche von Mutscheid, bei dem Dorf Willerscheid, und gegen Südosten desselben gelegen war. Diese Mine, so sagt man, war während des Dreißigjährigen Krieges verlassen, dann wieder aufgenommen worden und bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts in Betrieb geblieben. Die zweite Mine, Klapperschadt genannt, befand sich in etwa 400 Meter Entfernung gegen Osten des Weilers Hummerzheim und war zu Calmenets Zeit bereits 63 Jahre verlassen.

Nach der Lage der alten Stollen zu urteilen, hat man bei dieser Mine, wie bei der ersten, zwei Gänge ausgebeutet, jedoch mit weniger Erfolg als bei jener. Beim Zusammenfluß des Pupbaches und des Lutterbaches befand sich damals die Schmelze für die Erze beider Bergwerke, die aber später, noch vor der französischen Zeit, in eine Mühle umgewandelt worden war.

Die dritte Mine nannte sich nach Calmenets Angaben „Geisemnicher Thal, von dem kleinen Thale, an welches der Eingang desselben stößt. Sie liegt auf 7 bis 800 Meter gegen Norden von Hornig (Hürnig) und war vor etwa 50 Jahren durch einen Canonicus von Münstereifel eröffnet. Die Ausbeute derselben besteht hauptsächlich in Kupfererzen, die Ausbeutung selbst war nur von kurzer Dauer, und die Schmelze, die an dem Bache Prupbach (Brübach) angebracht war, dient dermalen (z.Z.) Bauerleuten als Wohnung“.

Der Unternehmer Schmitz aus Flamersheim widmete sich nur dem Bergwerk bei Willerscheid und gab ihm den Namen „Glückstal“. Er fing die Arbeiten im Jahre 11 an (nach französischen republikanischen Kalender, d.h. 1802/03. Er verbesserte die Werke, die sich am Ufer des Prupbaches (heutiger Name Brobach, im einheimischen Dialekt heute noch „Prübech“ genannt) befanden, ließ die vom „Alten Mann“ in weiser Voraussicht zugebühnten Schächte wieder aufwältigen und die Wasserableitungsstollen und einen Teil der oberen Brunnen wieder öffnen.

Als „Alten Mann“ bezeichnete man in der Bergwerkssprache Spuren der mittelalterlichen Bergleute.

Man errichtete damals unweit einer Mühle, die am Prupbach lag, ein Pochwerk mit sechs Stößern, wovon vier zum Stampfen der Erze und zwei zum Pulvern der Kohlen dienen sollten. An dem nämlichen Ort wurde eine Schmelze mit zwei Schlauchöfen von einem Meter und 66 Millimeter ('fünf Schuhe') hoch gebaut. Die dort heute noch stehenden und bewohnten Gebäude nennen die Einheimischen „de Schmelz“.


Belegschaft der Grube „Glückstal“ von der Gewerkschaft Libussa im Jahre 1901

Die Mine enthielt zwei Gänge, bestehend aus Quarz oder weißen harten Steinen und war häufig genug mit Blei- und Kupfererzen durchschossen. Die Blei- und Silbererze dieses Bergwerks, das „eines der interessantesten des Departements ist“, bezeichnete der französische Sachverständige als reichhaltig und beträchtlich, „so daß die Hoffnung für berechtigt zu halten ist, daß die Namensgebung Glückstal in diesem Falle keine Täuschung sein werde“. (Die Schreibweise der Zeit wurde der Originalität wegen zum Teil beibehalten.)

Die Rechte der Mine Glückstal erhielt Herr Schmitz bald nachher infolge der neuen französischen Berggesetzgebung von 1810 unwiderruflich verliehen. Der Erfolg blieb dank der guten Anbrüche und großen Ausbeute nicht aus. Hiervon berichtete Simoleon Calmenet in einer zweiten Abhandlung im Jahre 1810, veröffentlicht 1812 im Handbuch für die Bewohner des Rhein-Mosel-Departements. Trotzdem gab es offensichtlich Mängel bei der Bereitung des Bleierzes im Glückstal; denn Calmenet war mit verschiedenen Einrichtungen nicht sehr zufrieden. Dennoch blieb er dem Bergwerk, das er wieder als besonders bemerkenswert bezeichnete, weil es das einzige seiner Art im Departement sei, weiterhin gewogen. Er lobte den Unternehmer und machte für den hinter den Erwartungen zurückbleibenden Erfolg in erster Linie den unfähigen und unredlichen Geschäftsführer verantwortlich. Ungeachtet der Diebstähle und anderer Zufälle habe das Bergwerk im Jahre 1809 eine Förderung von 477 Quinten (Doppelzentner) Blei zum Wert von je 39 Franken (also insgesamt rund 18.000 Franken) gehabt. Der „Centner Bley hält 4 Loth Silber“, das entsprach 1/16 Mark oder 196 bis 280 Gramm. Im Jahre 1810 sei in Glückstal bereits die beträchtliche Zahl von 51 Menschen, darunter ein Steiger und 18 Bergleute, beschäftigt gewesen. Anno 1816 werden diese Zahlen aus dem Jahre 1809 in einem Bericht erwähnt und zu der Gemeinde Mutscheid mit allen Ortschaften, unter anderem auch „Glücksthal“ mit zwei Häusern und 13 Einwohnern, aufgeführt. Die Ausbeutung der Bleierzvorkommen von Glückstal sind noch mehrere Jahrzehnte von der Familie Schmitz aus Flamersheim betreiben worden.

Amtsberichte in den Bürgermeisterakten von Münstereifel, die in preußischer Zeit für das statistische Büro in Berlin erstellt wurden, nenne die Fördermenge für die Jahre 1821 bis einschließlich 1823 für Glanzerze rund 34.500, 32.900 und 38.600 Pfund und für Blei rund 17.800, 18.300 und 18.800 Pfund, die einen Preis von „5 Thlr. 12 gr.“ bzw. „9 Thlr. 12 gr. je preußischer Zentner zu 110 Pfund“ erzielten.

War der Preis für Blei zur napoleonischen Zeit noch auf 30 Mark je Zentner gestiegen, verringerten sich die Erträge nach Beendigung der Befreiungskriege, weil der Marktpreis des Bleis durch die Einfuhr billiger Erze aus dem Ausland sank und 1824 der Zentner Blei nur noch sieben Thaler brachte. Ob der sehr starke Anstieg der Förderleistung, die dann das Jahr 1824 mit rund 93.000 Pfund Glanzerz und rund 20.900 Pfund Blei aufwies, und ebenso das Anwachsen der Arbeiterzahl auf 70 von Dauer gewesen sind, ließ sich aktenmäßig nicht feststellen. Auch die preußische Bergverwaltung brachte der Grube bald ihr Interesse entgegen und hat es ihr anhaltend bewahrt.

Eine Befahrung durch den Bergmeister Grund aus Düren und den Obereinfahrer Becher aus Kommern fand am 21. Mai 1828 statt. Sie stellten in Übereinstimmung mit dem Konzessionär Schmitz fest, daß die Grube, „die sich dermalen in einem mit Anbrüchen gesegneten Zustande befindet, in ihrem jetzigen besseren Zustande einzig und allein dem seit 8 bis 10 Jahren besser berücksichtigten Fortbetriebe des tiefen Stollens zu verdanken ist. Dieser soll daher auch Hauptgegenstand bei dem künftigen Betrieb sein“. Demnach war der Betrieb der preußischen Bergverwaltung bereits bekannt und von ihr beeinflußt.

Ein besonders aufschlußreiches Bild gewinnen wir kurze Zeit später aus dem Bericht von der „ersten Generalbefahrung der Grube“, die von dem Oberbergamt Bonn am 16. August 1830 vorgenommen wurde.

Die Behörde entsandte als Gutachter den jungen Oberbergamtsassessor von Dechen, den später so berühmt gewordenen gelehrten Mineralogen, Geologen und Oberberghauptmann. Im eingehenden, 26 Halbseiten umfassenden Bericht spricht sich von Dechen u.a. dafür aus, daß die Ertragsfähigkeit der Grube günstig sei, diese vielmehr bei ihren Arbeiten in den Schächten Helene, Hoffnung und Christian mit Einbußen zu kämpfen habe. „Die Grube“, so schließt sein Gutachten, „befindet sich augenblicklich in keinem blühenden Zustande. Die Gewerkschaft muß die mittel zum weiteren Betrieb im Tiefbau der Grube selbst finden.“ Zu diesem Zweck schlug von Dechen andere und bessere Abbaumethoden vor. In dem Bericht wird die Zahl der damaligen Belegschaft mit 24 Mann angegeben, von denen die „Hauer 7 bis 8 sgr., die Förderleute 5 bis 6 sgr. bei zwölfstündiger Schicht“ verdienten. In der Aufbereitung, die 1829 829 Zentner Glasurerz und 480 Zentner Schmelzerz lieferte, wurden 31 Kinder unter der Aufsicht eines Steigers beschäftigt. Auch der Bericht über die zweite Generalbefahrung, die der Bergrat und Bergwerksdirektor John aus Bonn am 13. November 1837 vornahm, spricht von den geringen Mitteln und den mißlichen Verhältnissen der Gewerkschaft, die es nötig machten, alle Mittel auf die Ausrichtung der jetzigen Grubenfelder zu verwenden. Zudem bezeichnet der Bericht die unverändert gebliebenen Löhne als sehr niedrig.

Mit größter Anstrengung und Sparsamkeit versuchte man, die Grubenbetrieb aufrecht zu erhalten.

So kam im Jahre 1843 eine vorläufige Stillegung der Grube Glückstal, als die Mittel für eine nachhaltige Verbesserung der Lage nicht zu beschaffen waren. Hinzu kamen noch im Jahre 1840 der Tod ihres eifrigen Förderers J. Chr. Schmitz in Flamersheim, durch den die Gewerkschaft ihre stärkste Stütze verlor.

Die Grube war eigentlich stets ein Sorgenkind der Gewerkschaft gewesen und erfüllte nicht die Hoffnungen, die Calmenet einst an ihren Namen knüpfte.

Im Januar des Jahres 1843 übernahm die metallurgische Gesellschaft in Stolberg die Grube. Dieser Wechsel des Besitzers führte verständlicherweise zu Beunruhigungen unter der Bewohner der Mutscheid und veranlaßte einige Gemeindemitglieder des Dorfes Willerscheid, beim Bürgermeisteramt Münstereifel aufgrund vermeintlicher Gesetzesbestimmungen Entschädigungsansprüche gegen die Gewerkschaft wegen der durch ihren ungehörigen Bergbaubetrieb entstandenen Schäden an Gemeindeeigentum anzumelden. Diese Beschwerde ließ man dem Grubenobersteiger Graubner zur Gegenäußerung zukommen. Aufgrund seiner zehnjährigen Tätigkeit in Glückstal wußte Graubner den verstorbenen Gewerkschaftsvertreter J. Chr. Schmitz von Flamersheim, gegen den sich die unbegründeten Beschuldigungen in erster Linie richteten, mit Entrüstung in Schutz zu nehmen. „Dieser Brotherr und oftmalige Wohltäter der Gemeinde hat durch seinen Mut und die Ausdauer, durch seine bereitwillige Unterstützung der Armen, Witwen und Waisen ein besseres Andenken verdient, als so verleumdet zu werden.“

Das neue Unternehmen kaufte die Grube einschließlich des Inventars, der Gebäude, 13 Morgen Ackerland und mit einem Erzvorrat im Wert von 1000 Taler zu dem von amtlicher Seite als mäßig bezeichneten Preis von 10.000 Taler. Aus der vorangeführten Antwort Graubners vom Mai 1845 auf die Beschwerde der Willerscheider, die übrigens keinen Erfolg brachte, ist zu entnehmen, daß die metallurgische Gesellschaft bald wieder den Betrieb der Grube aufnahm. Sie beschäftigte in den ersten Monaten 1843 bereits über 100 Personen - „groß und klein“ -, wobei unter letzteren die Kinder zu verstehen sind, die mit der Aufbereitung beschäftigt wurden. Graubner setzt seine Ausführungen fort: „Da das Unternehmen in den ersten 3 Monaten bereits 2 ½ tausend Taler an Betriebskosten gezahlt hat, im April sogar an 1.000 Taler, so verdient es eine größere Berücksichtigung seitens der Gemeinde, die ihm nur Hindernisse bereitet.“ Beklagenswert sei namentlich der überaus schlechte Zustand der Wege. Die Zufahrt von der Hütte zum Tal hinab nach Schuld sei so verwahrlost, daß die Anfuhr von Holz und (Holz-)Kohlen aus dem größten Teil der Waldungen von Rupperath, Ohlerath, Wershoven und von der oberen Ahr zum Nachteil der Grube gänzlich versperrt sei. Der Weg war offensichtlich für die Fuhrwerke unpassierbar geworden. Nur so ist es zu erklären, wie die mündliche Überlieferung berichtet, daß Männer das Bleierz in kleinen Säckchen bis nach Schuld zum Weitertransport schleppten.


Das Erinnerungsfoto bei der Stillegung des Grubenfeldes „Glückstal“ im Jahre 1942

Der Oberbergrat John unternahm am 23. August 1844 die dritte Generalbefahrung der Grube Glückstal. Er bemängelte, daß von den im Jahre 1837 dringend empfohlenen Versuchsarbeiten aufgrund der geringen Geldmittel nur einige und nicht in ausreichendem Umfang gemacht wurden, dazu nur wenige Ausrüstungsarbeiten stattgefunden hatten. Als Zukunftsaufgabe sei die Vollendung des Tiefbaus anzusehen. Der Bericht deutet auch an, daß Versuche in der Klappertshardt unternommen wurden. Von diesem spricht auch das „Rechercheprotokoll“ über die Grubenbefahrung vom 23. Juni 1845, demnach die dortigen Arbeiten gezeigt hätten, daß eine zwar sehr reiche Erzführung als nicht anhaltend befunden worden sei, und empfahl daher eine Fortsetzung der Versuchsarbeiten.

Inzwischen unternahm die Gesellschaft im Jahre 1846 in Glückstal die Vorrichtung für eine zweite Tiefbausohle, weil sich für die erste Sohle das Ende der Erzförderung abzeichnete. So schien denn langsam eine Besserung der Lage einzutreten, zumal dies eine amtliche Übersicht aus dem Jahre 1848 bestätigt, derzufolge die Gesellschaft in ihrer Bleierzgrube und der Hütte „für bleiische Produkte“ u.a. einen Halbhochofen, einen Garherd und ein Pochwerk mit zwölf Stampfern in Betrieb hatte und „unmittelbar“, die Fuhrleute z.B. nicht mitgerechnet, 136 Arbeiter beschäftigte. Diese ernährten 336 Familienmitglieder. Der Geldwert der Erzeugung des Jahres 1848 erreichte für rund 1767 Zentner Glasurerz 6480 Taler, für 2916 Zentner Bleischmelzung 5830 Taler und für 86 Zentner Blockblei 435 Taler. Dieses positive Bild sollte sich jedoch sehr bald ändern.

Im April des Jahres 1849 verkleinerte die metallurgische Gesellschaft ihr Grubenfeld unter Verzicht auf die 1805 dem Schmitz zu Flamersheim verliehenen großen Flächen auf nunmehr 1315 Hektar. Außerdem reduzierte sie die Zahl der Arbeiter von vorher 136 Personen auf 80, davon die Mehrzahl Kinder. Am 20. August 1849 entschloß sich die Gesellschaft sogar zur Einstellung des Tiefbaubetriebes zu dem Zeitpunkt, an dem der vorhandene Steinkohlevorrat verbracht sei. Am 27. Oktober 1849 bestätigte der Berggeschworene Sinnig aus Kommern der Bergbehörde in Düren die an diesem Tag erfolgte Einstellung der Tätigkeit. Die lohnabhängige Bevölkerung reagierte mit betroffenem Entsetzen.

Nachdem die Grube Glückstal viele Jahrzehnte hindurch für einen großen Teil der Bewohner des armen Mutscheider Gebiets - oft fast einem Drittel davon - die wichtigste Ernährungsquelle gewesen war, bedeutete der Entschluß der Gesellschaft für die Bevölkerung und die Gemeinwesen eine außerordentliche Belastung und Bedrohung ihrer Existenzen, auch wenn die inzwischen aufgebesserten Löhne als bescheiden galten. Die Kinder erhielten meist nur zwei bis höchstens sechs Silbergroschen und die Erwachsenen neun Silbergroschen (zu je zwölf Pfennig) täglich. Vergleichsweise verdienten Hüttenarbeiter im Kreis Schleiden, die zwölf Stunden am Feuer standen, neun, später zwölf Silbergroschen (entnommen bei Dr. Janssen, „100 Jahre Kreis Schleiden“, 1929).

Aber die bescheidenen Löhne genügten doch bei dem damaligen Geldwert und der billigen und anspruchslosen Lebensweise der Bergleute nicht nur zum Lebensunterhalt, zumal wenn die arbeitenden Kinder mit zur Familie gehörten; der Lohn gab sogar noch für Handwerker (Schneider und Schuster) Verdienstmöglichkeiten. Die Stillegung des Grubenbetriebes erfüllte auch die öffentlichen Verwaltungsbehörden, besonders den Bürgermeister von Münstereifel, mit begreiflicher Sorge. Zunächst galt es, im kommenden Winter Not und Elend von der Bevölkerung abzuwenden. Der Landrat Wolff aus Rheinbach schlug als Selbsthilfe eine Reihe von Notstandsarbeiten vor, die aber nicht den Beifall des Bürgermeisters fanden. Eine Beschäftigung auf dem geplanten neuen Verbindungsweg Münstereifel - Adenau über Schuld komme im Winter bei den klimatischen Verhältnissen nicht in Frage. Dieser Bau kam erst viele Jahre später zur Ausführung.

Auf Ablehnung stießen auch die vorgeschlagenen Wiesenverbesserungen zur Vermehrung des Stallfutters, zudem solche Arbeiten zu kostspielig seien. Auch die Aufforstung von Gemeindewildland nach dem Muster des Privatgutes Weinsberg mit Kiefern und Lohholz könne nicht über die gegenwärtige dringende Not hinweghelfen. Als alleiniges Hilfsmittel komme daher nur die Übernahme der Grube durch den Staat in Betracht. Dieses habe der Obersteiger Graubner mit Recht empfohlen, da auch er keine andere Möglichkeit der Abhilfe kenne. Auch die Möglichkeit der (damals häufigen) Auswanderung der Leute sei nicht gegeben, da sich für ihre schlechten Ackerböden bei der allgemeinen Armut der Bevölkerung keine Verwertung finden werde.

Der Obersteiger stellte für den Fortbetrieb der Grube durch den Staat „noch günstigere Ergebnisse als bisher“ in Aussicht. Aber der Bürgermeister empfahl, da „man dieser Versicherung nicht völlig trauen könne, die Aufgabe des Betriebes durch die metallurgische Gesellschaft vielmehr Mißtrauen erwecke“, vorsichtshalber eine Untersuchung durch die staatliche Bergbehörde vor. Diesem Wunsch wurde nicht stattgegeben, ebensowenig kam es zu einer Übernahme durch den Staat. Erst im Jahre 1852 vernehmen wir wieder etwas von Glückstal durch eine Bekanntmachung des Königlichen Bergamtes zu Düren, wonach die metallurgische Gesellschaft (inzwischen zu Bonn) als Besitzer des mittlerweile 4482 Morgen großen Konfessionsfeldes Glückstal um Erlaubnis nachsuchte, dort auch Zink- und Kupfererz sowie Schwefelkiesel zu gewinnen und auszubeuten.

Die Aufnahme von Arbeiten fand tatsächlich sehr viel später statt, obwohl das Bergamt in Düren bereits im April 1852 die Gesellschaft zur unverzüglichen Wiederaufnahme des Betriebes im entsprechenden Grubenfeld aufforderte und auf diese Grundbedingung für die Konzessionsurkunde hinwies. Anderenfalls müsse die Gesellschaft ein Fristgesuch einreichen. Das geschah, und die Frist der Gesellschaft ist dann immer wieder bis zum Ablauf des Jahres 1864 gewährt worden. Dagegen hatte sich der Berggeschworene Sinnig aus Kommern bereits im Jahre 1853 gegen eine weitere Befristung ausgesprochen, weil die dafür genannten Gründe ganz unhaltbar seien. Sollten die Gruben nur mit Einbußen zu betreiben sein, was bei der Grube Elisabeth nicht zuträfe, so möge die Gesellschaft die Löschung der Konzession beantragen.

Am 17. Oktober fand Glückstal einen neuen Besitzer. Die metallurgische Gesellschaft übertrug unter anderem Konzessionen auch Glückstal an den Rentner Franz Erasmus aus Aachen. Dieser ließ aber nur die alten Aufbereitungshalden aufbereiten und die dort gewonnenen Erze an die Bleihütte in Kall veräußern. Danach übernahm der Kaufmann Franz Voßen aus Aachen Glückstal im Jahre 1870, ohne eine Tätigkeit zu entfalten, bis sie 1897 in den Besitz von Robert Deutgen in Düsseldorf geriet und von ihm im gleichen Jahr an die Gewerkschaft Libussa, zu dessen Repräsentant man ihn bestellte. Am 1. Mai 1897 begannen dann die Arbeiten mit 24 Mann, die Zahl der Beschäftigten stieg bis 1902 durchschnittlich auf 50 an, um dann 90 und im ersten Vierteljahr von 1903 sogar eine Stärke von 97 Mann zu erreichen. (Ein Gruppenfoto mit dem Personal der Grube trägt die Jahreszahl 1901 [siehe Bild Seite 139]).

Aber das Jahr 1903 sollte auch das Sterbejahr dieses Unternehmens werden. Dieses kündigte sich schon im Juni mit der Schließung des Theodorschachtes an, und am 1. Juli folgte die Einstellung des ganzen Betriebes. Nur auf dem Schacht Klappertshardt ließ die Gesellschaft noch einige Versuchsarbeiten ausführen. Die Libussa war bedauerlicherweise sogar mit den Lohnzahlungen ihrer Arbeiter im Rückstand geblieben, und es sollte noch bis August 1903 dauern, bis die armen Bergleute endlich ihre Löhne erhielten. Nachdem die Grube 1908 in den Besitz der Gewerkschaft Nederland in Haag überging, die aber auch nichts Wesentliches betrieben hatte, kam sie im Jahre 1920 an die „Aktiengesellschaft Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation zu Stolberg und in Westfalen“, die auf die alte metallurgische Gesellschaft zurückging. Die Stolberger Aktiengesellschaft erlebte seitdem in Glückstal eine wechselhafte Geschichte. Sie wältigte zunächst den alten Silberbuschstollen im Sahrtal auf, fand jedoch keine abbauwürdigen Erze. Einen Erfolg konnte sie dagegen im Burgsahrstollen verbuchen, bei dem man 1922 auf 85 Meter Länge einen bauwürdigen Gang mit drei bis 50 Zentimeter Bleiglanz überfuhr. Aber infolge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Jahres 1923 und der Ruhrbesetzung kam es neben fast allen anderen Betrieben der Gesellschaft auch im Grubenfeld Glückstal zum Stillstand. Nach der Wiederaufnahme der Arbeiten im Jahre 1924 ging sie durch einen Schacht auf dem Hürnigskopf wieder in den Burgsahrstollen und brachte von dort im Laufe der Zeit beträchtliche Erzmengen zum Versand. Doch zum Schluß des Jahres 1936 stellte sie den Betrieb dort ein, da das Vorkommen erschöpft war. Danach verlegte man den Hauptbetrieb auf die Gruppe Klappertshardt bei Hummerzheim, der zweiten der bei Calmenet genannten drei Minen. 1934 wurde dort mit dem Abteufen des Paulaschachtes ein gutes Erzvorkommen erschlossen. Es war somit die dritte Wiederaufnahme der Fördertätigkeit in der Geschichte dieser Grube. Seit Anfang 1937 verdiente neben fünf Angestellten die beachtliche Zahl von 85 Arbeitern ihr Brot. Im Jahre 1942 kam das Ende für den Bergbau des Konfessionsfeldes Glückstal im Höhengebiet der Mutscheid (siehe Bild Seite 141).


Die Grubenanlagen

Heute künden nur noch einige Halden und die alten Gebäude der Tagesanlagen der Grube Klappertshardt vom einstigen Bergbau. Von der Grube Glückstal selbst blieb nur der mit Grauwackesteinen gemauerte Stollenausgang erhalten (siehe Zeichnung), dazu eine planierte Haldenfläche von Sportplatzgröße vor diesem im gleichnamigen Tal. Hier erkennt man im Boden noch die Grundmauern des ehemaligen Steigerhauses. Oberhalb am Berghang gibt es noch einige überwucherte Haldenreste, dazu Pingen (Einbruchstellen des Schachtes). Die Tagesanlagen und der Ziegelsteinschornstein wurden auf Abriß verkauft und der Förderturm demontiert. Erhalten blieb noch der Stauweiher für das Grubenwasser, der heute von einem Bach gespeist wird. Das Wasser leitete man bei Bedarf etwa 200 Meter unterhalb zur Bleiwäsche. Diesen mit einem Erdwall eingefaßten Platz erkennt man heute noch an dem fehlenden Pflanzenwuchs.

Durch die Anreicherung des Erdreiches mit Bleimineralien im Laufe der Bergbautätigkeit können dort auf absehbare Zeit keine Pflanzen mehr gedeihen.


Reste der Tagesanlage der Grube „Klappertshardt“

Der Schachteingang der Grube Klappertshardt mit dem nicht mehr erhaltenen Förderturm stand auf der gleichnamigen Bergkuppe. Es gab folgende Stollenteufen: 60-Meter-, 120-Meter- und 200-Meter-Sohle. Mit der 200-Metersohle erreichte man hier die größte Tiefe und eine Stollenlänge von 1200 Meter. Dieser Stollen stellte auch die Verbindung zum aufgegebenen Bergwerk Glückstal her.

Der im Tiefbergbau erhebliche Gebirgsdruck machte als Stützmaterial statt des üblichen Fichtenmaterials den Einbau von Eichenstämmen erforderlich. Der Eichenstreb erreichte eine Höhe von zwei Metern. Anstelle der alten Arbeitsgeräte Hammer und Schägel sowie Keilhaue erleichterten der Einsatz von Drucklufthämmern und Dynamitstangen auch hier die schwere Arbeit untertage.


Ehemalige Bleiwäsche der Grube „Glückstal“

Anfangs zogen Pferde die Loren durch die Stollen zum Schacht, später ersetzten sie Zugmaschinen. Das bei der Aufbereitung heraussortierte Erz lagerte man ohne Vorwäsche in einer Halle. Der Transport geschah mittels Lkw zur Bahnstation in Schuld, später auch noch weiter, und per Bahn zur Schmelzhütte nach Braubach am Rhein. Die Tagesanlagen der Grube mit Ausnahme des Förderturms stehen bis auf den heutigen Tag.

Auf dem Förderturm stand folgender Spruch:

Es grünet die Tanne,
es wachse das Erz,
Gott schenke dem Bergmann
ein fröhliches Herz.

Glückauf!


Literatur

Karl Leopold Kaufmann: Die alte Bleierzgrube in der Mutscheid. - in: DIE EIFEL, 38. Jahrgang 1937.
Karl Otermann: Aus der Mutscheid. - In: Jahrbuch des Kreises Euskirchen 1969
Edgar Fass: Glückstal, die Geschichte des einstigen Bergbaus in der Mutscheid. - In: Jahrbuch des Kreises Euskirchen 1986


Bildnachweis


Bild 1 und 2: Repros Kreisbildstelle Euskirchen
Bild 3 und 4: Edgar Fass, Bad Münstereifel-Mahlberg

Aus: Eifeljahrbuch 1990

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