Dürener
Zeitung vom 18.10.1950
Straßenbahn
bewegt die Gemüter
Leserzuschriften
fordern Durchführung zum Kaiserplatz - Der Kreistag hat das
letzte Wort
Düren. - Die Durchführung
der Norddürener Straßenbahn zum Kaiserplatz wird innerhalb
der Bevölkerung sehr stark diskutiert. Nachdem wir vor einigen
Tagen die Gegenargumente der Anlieger der Josef-Schregel-Straße
veröffentlichten, erhielten wir eine Anzahl von Zuschriften, die
sich für die Lösung des Verkehrsproblems mit der
Weiterführung der Norddürener Straßenbahn
aussprechen.
Ein Problem das alle angeht
Wenn
die Anlieger der Josef-Schregel-Straße gegen die Durchführung
der Straßenbahn zum Kaiserplatz sind, so ist das ihr gutes
Recht. Nur sollten sie dann zur Beweisführung lediglich ihre
eigenen, sicherlich stichhaltigen Gründe anführen und nicht
als Verkehrsplaner auftreten. Das Projekt interessiert nicht nur die
Bürger der Josef-Schregel-Straße, sondern die gesamte
Dürener Bevölkerung. Wenn man den Charakter der Norddürener
Straßenbahn als Fernbahn bestreitet, so muß festgestellt
werden, daß Merken und Pier, von Inden ganz zu schweigen, da es
im Kreise Jülich liegt, wohl kaum als Vororte bezeichnet werden
können. Wenn man sagt, die Straßenbahn der DEAG führe
bis mitten in die Stadt, wenn sie am Bahnhof ihre Endhaltestelle hat,
so scheint diese Behauptung wohl gegen eigene, bessere Erkenntnis
aufgestellt, denn Stadtmitte ist immer noch der Marktplatz mit seiner
nächsten Umgebung und nicht der Wirteltorplatz oder gar der
Bahnhof. Zur Frage der Übertragung der Konzession durch die
Kreisbahn an die DEAG soll man ruhig die Entscheidung den beiden
Straßenbahngesellschaften bzw. dem Kreistag überlassen. Es
ist wohl anzunehmen, daß man zu einem tragbaren Vergleich kommt
und daß der Kreistag an den Wünschen der Bewohner des
nördlichen Teiles des kreises nicht vorbeigeht. Im übrigen
würde die Josef-Schregel-Straße heute trotz der
Gleisverlegung wesentlich breiter sein als vorher und eine
Gleisanlage kann durchaus verkehrsregelnd wirken, da die übrigen
Fahrzeuge gezwungen sind, strikte die rechte Seite einzuhalten.
Alle anderen angeführten Gründe mögen für die Josef-Schregel-Straße zutreffend sein, für die Verkehrsteilnehmer sind sie es nicht. Eine zentrale Stelle muß die Straßenbahnendhaltestellen aufnehmen. In Düsseldorf beispielsweise enden die Fernbahnen nicht etwa am Planetarium, sondern sie werden durchgeführt bis in die Stadtmitte, teilweise durch Geschäftsstraßen, die enger sind als die Josef-Schregel-Straße und einen wesentlich stärkeren Verkehr aufweisen. In Köln liegen die Verhältnisse ähnlich. Die Beispiele ließen sich noch vermehren durch Hinweise auf die Städte Aachen, Neuß und Krefeld.
Mehr Rücksicht auf den kleinen Mann
Bei der ganzen Frage geht es nicht um Einzelinteressen, sondern um die Masse der Berufstätigen und kleinen Leute, die nicht in der glücklichen Lage sind, eigene Wagen zu besitzen, sondern die auf die Verkehrsmittel angewiesen sind, die in und um Düren laufen. In ihrem Interesse muß alles, was geschieht, um den Verkehr zügiger zu gestalten, begrüßt werden. Es werden sicher Stimmen laut, die einer Omnibusverbindung vom Kaiserplatz zum Bahnhof das Wort reden. Dadurch würde ein doppeltes Umsteigen, und zwar am Kaiserplatz in den bus und am Bahnhof in den Wagen der DEAG, nötig sein, das für den Verkehrsteilnehmer Zeitverlust und für die Buslinie Unrentabilität bedeuten würde. Die einige Möglichkeit für die Straßenbahnbenutzer, schnelle an Ort und Stelle zu kommen, ist die Schaffung der Umsteigestelle Kaiserplatz, wo alle Linien zusammenlaufen, die von Lendersdorf und Gürzenich, die von Nörvenich und auch die aus Richtung Inden-Birkesdorf. Damit würde ein Wunsch der gesamten Dürener und Kreisdürener Bevölkerung in Erfüllung gehen, von dem schon in Nord und Süd und Ost und West der Stadt und des Kreises Düren seit Jahrzehnten geträumt wird. G.A.
Gleiches Recht für alle
Eine weitere Zuschrift aus dem Norden des Kreises Düren befaßt sich ebenfalls mit dem Einspruch der Anwohner der Josef-Schregel-Straße: Immer neue, aber nicht stichhaltige Einwendungen werden gegen die Durchführung der Dürener Eisenbahn zur Stadtmitte gemacht. Es scheint mir wirklich einmal an der Zeit, auch an die große Zahl von Arbeitern, Angestellten und Schülern zu denken, die täglich zwei bzw. viermal das Vergnügen haben, vor der Eisenbahnbrücke die Straßenbahn zu verlassen, um den Weg zur Stadtmitte und ihrer näheren Umgebung zu Fuß zurückzulegen. Das machen sie schon viele Jahre, wogegen ihre Kollegen aus dem übrigen Kreisgebiet immer bis in das Zentrum der Stadt fahren konnten. Soll diese Bequemlichkeit den Berufstätigen aus dem nördlichen Kreisgebiet nicht endlich auch zustehen? Hoffen wir, daß auch hier die Vernunft siegen möge und alle persönlichen Interessen zurückgestellt werden, damit der schon so lange vorgesehene Plan endlich Wirklichkeit wird. W.F.Merken
Schulkinder melden sich zu Wort
In den Dürener Tageszeitungen verfolge ich voller Interesse die verschiedenen Berichte zum Straßenbahnprojekt Norddüren-Stadtmitte. Als Leiterin der Evangelischen Schule und damit Sprecherin von rund 560 Schulkindern, die jeden Tag aus allen Stadtteilen Dürens bis zur Neuen Jülicher Straße 69 kommen müssen, kann ich die Durchführung der Straßenbahn bis ins Zentrum der Stadt nur begrüßen. Ein großer Teil der Schüler reist aus dem Kreisgebiet (Nörvenich, Merzenich, Lendersdorf, Gürzenich) zu und würde durch Umsteigen am Markt bzw. kaiserplatz eine wesentliche Erleichterung des recht beschwerlichen Schulweges erfahren. Wenn die Unterbringung der Evangelischen Schule an der Peripherie der Stadt auch nur als eine vorübergehende Lösung zu betrachten ist, so muß doch noch mit einem Ausharren von mehreren Jahren gerechnet werden. Eltern und Schüler warten daher voller Freude auf den Tag, an dem die Verbindung des nördlichen Stadtrandes mit dem zentrum hergestellt ist. K., Rektorin.
(D)) Das Straßenbahnproblem
scheint seiner Endlösung entgegenzusteuern. Da der Kreistag, der
letztlich als Konzessionsträger der Strecke Marktplatz-Bahnhof
die Entscheidung über die Ausübung dieser Konzession durch
die DEAG entscheiden muß, in seiner nächsten Sitzung sich
mit dieser Frage befassen wird. Die Entscheidung dürfte nicht
leicht fallen, da neben dem sattsam bekannten Für und Wider die
Straßenbahn es dem Kreistag obliegt, auch die
vermögensrechtliche und finanzielle Seite der Übergabe
dieser Strecke an die DEAG ins Auge zu fassen. Mit dieser
Entscheidung eng verknüpft ist nämlich gleichzeitig auch
die Rentabilität der übrigen Strecken der Dürener
Kreisbahn, die zwar nicht so rentabel wie die Norddürener
Strecke, aber dafür mindestens ebenso wichtig wie die
umstrittene Straßenbahnlinie sind. Nachdem die DEAG ihre
Vorarbeiten bisher ohne Zustimmung des Kreistages durchgeführt
hat, wird sie nunmehr den gerechtfertigten Forderungen und Wünschen
des Kreises ihr Ohr leihen müssen, wenn das gesamte Projekt
nicht doch noch illusorisch werden soll.
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