Dürener Zeitung vom 21. 8. 1950

„Freie Fahrt“ von Aachen nach Walheim
Feierliche Einweihung der Eisenbahnbrücke bei Kornelimünster - Wann folgt die Vennbahn?

E.M. Kornelimünster. (Eig Bericht.)
„Die Einweihung der Eisenbahnbrücke über die Itter hier bei Kornelimünster ist eine bedeutsamer Schritt in der Regulierung der Verkehrsverhältnisse im Grenzland. Jetzt sind die technischen Möglichkeiten geschaffen, einen regelmäßigen Zugverkehr von Aachen nach Walheim wieder aufzunehmen. Ich bin davon überzeugt, daß die Bundesregierung in ihren Verhandlungen mit der belgischen Staatseisenbahn ebenso die augenblicklich noch bestehenden Hemmungen und Schwierigkeiten überbrücken wird. Damit die Vennbahn bald wieder für den deutschen Reise- und Güterzugverkehr benutzt werden kann.“

Mit diesen Worten wies der als Vertreter des Ministerpräsidenten und Verkehrsministers von Nordrhein-Westfalen Karl Arnold erschienene Ministerialdirektor Dr. Brandt auf die bedeutsame Stunde für Kornelimünster und die Bevölkerung der Landkreise Aachen und Monschau hin.

Zahlreiche Ehrengäste waren zu der ersten Fahrt eines Zuges auf der Strecke Aachen - Walheim seit 1944 erschienen. Neben Ministerialdirektor Dr. Brandt waren der Präsident der Bundesbahndirektion Köln Dr.-Ing. Hardt, die Landtagsabgeordneten Ernst Klöcker und Dr. Leo Schwering, Regierungsvizepräsident Richter, die Landräte und Oberkreisdirektoren der Kreise Aachen und Monschau und zahlreiche Vertreter der Bezirks-, Landesregierung und verschiedener Bundesbahnämter zugegen. Pünktlich auf die Minute lief der Sonderzug in den festlich geschmückten Bahnhof von Kornelimünster ein und brachte die Ehrengäste nach einem kurzen Aufenthalt an die Eisenbahnbrücke über die Itter und Reichsstraße 258. Hier konnten sich alle Teilnehmer davon überzeugen, wie gut die mit Bruchsteinen aus den Breiniger Steinbrüchen erbaute Brücke sich in das Landschaftsbild einfügt. In sechs Bogen überspannt sie in 23 Meter Höhe das breite Tal. Der Bogen über die Reichsstraße 258 wurde gegenüber dem früheren Zustand um drei Meter auf 13 Meter Spannweite erweitert.

[ohne Abbildung]
Der erste Zug seit sechs Jahren

Seit dem 30. September 1944, an dem deutsche Truppen die Brücke sprengten, fuhr am Samstag der erste Zug wieder über diese Brücke. Welche Schwierigkeiten bei dem Bau zu überwinden waren und welche Hoffnungen die Bundesbahn in die neu in Betrieb genommene Strecke setzt, erläuterte Dr. Hardt in einer kurzen Ansprache. Nur durch die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Landesregierung, Bezirksregierung und Bundesbahn, seien die Geldmittel für den Brückenbau und die 3,9 km neu zu verlegende Gleisstrecke ermöglicht worden. Die ab Sonntag auf der Strecke Aachen - Walheim verkehrenden acht Reisezugpaare würden für den Ausflugs- und Gelegenheitsverkehr nun erhebliche Entlastung und Förderung schaffen. Sowohl im Güter-, Expreßgut- und Personenverkehr, hier besonders durch einen bald eingesetzten Schienenbus, würde die Fahrt beschleunigt und verbilligt werden. Nicht nur als Zubringerstrecke zu den von Aachen aus verkehrenden internationalen Reisezügen, sondern auch für Arbeiter, Schüler und Angestellte sei die neue Strecke von großer Bedeutung. Die Bundesbahn-Omnibuslinie Aachen - Kalterherberg bleibe vorerst bestehen. Sie sei eine echte Schienenersatzlinie, werde aber in ihren Fahrzeiten so gelegt, daß in Walheim direkte Anschlüsse nach und von Aachen beständen. Dr. Hardt gab der Hoffnung Ausdruck, daß diese Strecke bald viel benutzt werde, denn von ihrer Rentabilität hänge es maßgeblich ab, ob die Verhandlungen mit der belgischen Staatseisenbahn, Personenzüge bis Monschau durchzuführen, Erfolg hätten.

Erster Sonderzug nach Monschau

Dr. Hardt und verschiedene andere Redner wiesen auf den glücklichen Umstand hin, daß am Sonntag der erste Sonderzug zu den Festspielen in Monschau fahren würde. In herzlichen Worten wurde der belgischen Staatseisenbahn für ihr großes Entgegenkommen, diesen Zug zu fahren, gedankt. Die Tatsache, daß dieser Sonderzug, der von Düsseldorf und Köln Ausflügler nach Monschau bringen wird, restlos ausverkauft ist, wurde als Zeichen dafür angesehen, daß bei entsprechender Organisation die Rentabilität der Strecke Aachen-Monschau bald sichergestellt sein würde.

„Tag der Fernwirkungen“

Der Vorsitzende des Grenzlandausschusses des Landtages, Dr. Leo Schwering, wies besonders auf die eminente politische Bedeutung dieses Tages hin. Der Tag werde noch seine Fernwirkungen haben, wenn auf Grund des deutsch-belgischen Eisenbahnvertrages von 1925 wieder über die gemeinsame Benutzung der Vennbahn verhandelt würde. Die Bevölkerung des Grenzkreises Monschau hoffe, daß der Tag nicht fern sei, an dem regelmäßige Personen- und Güterzüge nach Aachen fahren würden.

Die Landtagsabgeordnete Frau Klöcker sagte, die neue Brücke sei ein Friedenswerk im Grenzland. Die Signale ständen wieder auf „Durchfahrt“. Deutscher Friedenswille und belgische Verhandlungsbereitschaft möchten es bald Wirklichkeit werden lassen, daß die Schuljugend und die erholungssuchenden Städter bald wieder in Scharen auf der Vennbahn in die Eifel fahren könnten. Oberkreisdirektor Nickels machte sich zum Sprecher der Bevölkerung des Kreises Monschau und versicherte, daß Monschau allen Fremden seine Gastfreundlichkeit beweisen werde.

Zu der kurzen Feier an der neuen Itterbrücke und auf dem Bahnhof Kornelimünster waren viele Einwohner erschienen. Ein Schulmädchen begrüßte den Vertreter des Ministerpräsidenten und der Bürgermeister versicherte der Bevölkerung der belgischen Nachbarländer die herzlichste Verbundenheit. Auch er hoffte, daß bald Brücken der Völkerverständigung und der guten Nachbarschaft geschlagen würden.

Am Samstagmorgen war die Itterbrücke und die Brücke über die Schleckheimer Straße in Kornelimünster durch Probst Windelschmidt eingesegnet worden. An der kirchlichen Weihe hatten der Heimatverein und die Schuljugend in starken Abordnungen teilgenommen.

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