Verrostetes Eisen begehrte
Exportware - Panzer und Blindgänger werden zersägt
Düren produziert eifrig und
am laufenden Band, nicht nur Teppiche, Tuche und Glas, sondern auch
Dinge, die als Ausfuhrartikel in aller Welt ebenso begehrt sind -
nämlich Schrott. Seit Kriegsende blüht der Schrotthandel in
Düren. Tonnenweise werden Eisengitter, zerbeulte herde,
Stahldrähte, verbogene Laternenpfähle und Eisenträger
und Fragmente von Wasserrohren aus den Trümmern hervorgeholt,
gesammelt, zum Güterbahnhof transportiert und dort in Waggons
verladen. Die Hälfte des Schrottes, etwa 300000 Tonnen aus ganz
Westdeutschland, verbleibt dem Inland, die andere Hälfte wird zu
den Nordseehäfen transportiert, um die Reise nach England,
Schweden oder nach Amerika anzutreten. Vor einigen Tagen gingen
einige Waggons von Düren ab, die für Pakistan bestimmt
sind!
Früher hatte Deutschland zu wenig Schrott und
mußte importieren - und heute kann es sich vor lauter altem
Stahl und Eisen, die als Folge des Krieges im Übermaß
vorhanden sind, nicht mehr retten. Nun, auch der deutschen Industrie
ist der Trümmerschrott keineswegs unwillkommen. Die Hochöfen
des Ruhrgebietes schlucken ungeheure Mengen, die ihnen laufend von
den zerstörten westdeutschen Städten zugestellt werden.
Aus alt mach neu
Zwei in Düren ansässige
Schrottgroßhändler haben die Aufgabe, den von allen Seiten
herbeigeschleppten Schrott für den Versand fertig zu machen.
Einer von ihnen, der am Altenteich sein Schrottlager unterhält,
befaßt sich gleichzeitig mit der Sprengung und dem
Ausschlachten der Westwallbunker. Auch hier gewinnt man
tausende Tonnen Schrott aus Eisenträgern und Stahlkuppeln.
Eisenträger, die nicht zu stark verbogen sind oder durch Feuer
gelitten haben, werden in einer Hydraulischen Presse wieder gerade
gebogen und zum halben Preis an Baulustige als vollwertige Träger
verkauft.
In
einer hydraulischen Presse erhalten verbogene Eisenträger wieder
ihre ursprüngliche Gestalt.
Fotos (2): Treppmann
Wenn
es kalt ist, haben die Arbeiter im Schrottlager ruhige Tage. Kein
Unternehmer wird von ihnen verlangen, das kalte Eisen anzufassen, an
dem die bloßen Hände festkleben. In den vergangenen Jahren
haben die Männer Panzer mit ihren Schneidbrennern zerkleinert
und die Überreste dieser Kolosse, die überall in den
Straßen und Gärten Dürens herumlagen, zur Fahrt in
den Schmelzofen verladen. Viele Tausende Granaten und Blindgänger
wurden ebenfalls, nachdem sie entschärft waren, auf die
Schrottplätze geschafft. Aus ihnen sind nun schon lange
friedliche Maschinen, Brückenteile, Ofenrohre oder
Straßenbahnschienen geworden.
36 Sorten Schrott
Nun
- die Industrie nimmt nicht jeden Schrott. Es gibt allein 36 Sorten,
und der Hochofen braucht wieder anderen Schrott als die Gießerei
oder der Martinofen, Böckingen benötigt für seine
Produktion und für seine Öfen eine Schrottsorte, mit der
das Werk Rheinhausen wiederum nichts anfangen kann. Und hier liegt
die eigentliche Arbeit eines Schrotthändlers: Er muß das
gesammelte Altmaterial sichten und sortieren, bevor es den Weg in die
Welt geht, er muß die Wünsche seiner Kunden, der
Hüttenwerke, kennen und nach ihnen seine Sendungen
zusammenstellen.
Am
Güterbahnhof wird der angefahrene Schrott mitsamt dem
Pferdefuhrwerk gewogen, ehe er seine Reise in die Welt antritt.
Eine kleine Kostprobe aus der Liste der Schrottsorten: Da
gibt es den Lokomotivschrott, Stahlgranaten, Stahlspäne und
Hufeisen, auch Gußblöcke aus Fabrikationsabfällen,
die in Fachkreisen unter dem Namen Rollmöpse bekannt
sind. Die vielen kleinen Schrotthändler in Düren und die
Enttrümmerungsfirma Milke sorgen dafür, daß laufend
Schrott aus den einzelnen Sparten in die Waggons verladen werden
können.
Noch auf Jahre hinaus wird Düren einer der
besten Lieferanten für Trümmerschrott sein. Nebenbei finden
sich noch andere begehrte Dinge, wie Blei, Zink, Kupfer und Messing.
Diese Metalle sind in Deutschland Mangelartikel und die Mengen, die
die Bagger und Trümmersortiermaschinen täglich ans
Tageslicht bringen, spielen eine große Rolle auf dem deutschen
Rohstoffmarkt.
Und wenn einmal die Enttrümmerung beendet
ist und der Schrott-Segen spärlicher wird? Dann machen wir es,
wie die beiden kleinen Jungen, denen man vor einigen Tagen auf die
Schliche kam. Sie klauten einem Schrotthändler in seinem
abgelegenen Schrottlager die aufgestapelten Vorräte und
verkauften sie ihm vorne am Eingang wieder.
-tr-