Von der Dampflok zum Schienenzepp

Aachener Volkszeitung 30. März 1949


Dürener Kreisbahn beförderte im vergangenen Jahr 2.223.000 Personen

„Hier Bahnhof Distelrath ...“ Im Fahrdienstleiterraum der Dürener Kreisbahn herrscht Hochbetrieb. Ein Telephonist nimmt die Standortmeldungen der einzelnen Straßenbahnen und Gütertransporte entgegen und trägt die Angaben in das Fahrtberichtbuch ein. Der Fahrdienstleiter gibt Anweisungen zum Stoppen oder zur Weiterfahrt der Züge, er dirigiert sie von seinem Stellwerk aus durch die vielen Weichen und Kreuzungen seines Wirkungsbereiches - kurzum, er sorgt für den reibungslosen Ablauf des Fahrplans.

Ersatzbild: Düren - Kölner Straße


Foto: Peter Boehm / Sammlung Verkehrsbild Axel Reuther Raderthalgürtel 7, D 50968 Köln
1947, Dürener Kreisbahn DKB, Kölner Str., Tw 3


Die geringe Verspätung eines einzigen Straßenbahnwagens kann den ganzen Verkehr auf den Strecken von Düren bis nach Zülpich und Embken in Unordnung bringen. Bei den 150 Zügen die täglich den Bahnhof Distelrath passieren und abgefertigt werden, muß der Beamte im Stellwerk seine Sinne zusammenhalten. Wir belästigen ihn daher auch nicht lange und lassen uns nur noch schnell erzählen, daß die moderne Weichenstellanlage der Kreisbahn mit einer Patentsicherung versehen ist und selbst bei Versagen der Bedienung Unglücke verhütet.

Schwerste Kriegsschäden an allen Anlagen

Die Dürener Kreisbahn hat mit ihren 18 Triebwagen, 9 Beiwagen und 3 Omnibussen wieder einen wesentlichen Anteil an der Personenbeförderung im Stadt- und Kreisgebiet. Im vergangenen Jahr wurden allein 2.230.000 Fahrgäste befördert. Dabei fügte der Krieg gerade den Einrichtungen der Kreisbahn, den Gleisanlagen, Oberleitungen, den Werkstätten, Verwaltungsgebäuden und dem Fahrzeugpark stärkste Schäden zu. Drei Jahre lang arbeitete die 200-köpfige Belegschaft an dem Wiederaufbau. Heute kann uns Direktor Schirmer, der Leiter der Dürener Kreisbahn, berichten, daß seine Personen- und Güterzüge gegenwärtig wieder eine Strecke von 51 Kilometern befahren, im Gegensatz von 64 Kilometern vor der Zerstörung Dürens.

Ersatzbild: Einfahrt Bf Distelrath


Foto: Peter Boehm / Sammlung Verkehrsbild Axel Reuther Raderthalgürtel 7, D 50968 Köln
24.4.60, Dürener Kreisbahn DKB, Distelrath, Tw 8

Wir gehen über den Personenbahnhof, vorbei an der Güterabfertigung, den Lagerschuppen, der Kohlenbanse und der Autobus-Tankanlage zu der Betriebswerkstätte. Auf dem Wege gibt Direktor Schirmer einen Überblick über die Arbeiten, die noch durchzuführen sind, um das Schienennetz der Kreisbahn in einen friedensmäßigen Zustand zu setzen. Die Linien in der Stadt (Oberstraße, Weierstraße und Josef-Schregelstraße) können erst dann ausgebaut werden, wenn die Kanalisations- und Straßenbauarbeiten endgültig beendet sind. Der Inbetriebnahme der Strecke Kreuzau steht eigentlich nur noch die Schuttbahn im Wege, die mit ihren Gleisanlagen die Schienen der Kreisbahn verdeckt überkreuzt. Der Ausbau der Strecke Gürzenich - Mariaweiler - Birkesdorf - Distelrath konnte bis bis jetzt noch nicht begonnen werden, weil die Beschaffung von zwei neuen Brücken an Stelle der zerstörten alten Überführungen Schwierigkeiten machte. Jetzt liegen sie fix und fertig bei Krupp in Rheinhausen und brauchen nur noch bezahlt zu werden.

In der Werkstatt

ist ein halbes Dutzend Arbeiter dabei, einen Straßenbahnwagen zu „demontieren“. Er wird völlig in seine Einzelteile zerlegt. Führerstand, Elektromotor, der Stromabnehmer, das Fahrgestell, alles muß sich der alljährlichen Hauptrevision unterziehen. Die Werkstatt wird allen Bedürfnissen gerecht, die Wagenprüfungen, Generalüberholungen und die laufenden Reparaturen an sie stellen. Da surren die Drehbänke, Schweißapparate sprühen ihr fahles Licht durch die Halle, mit einem „Hau-ruck!“ wird ein Motor in den Prüfstand geschoben. Ein Mechaniker bastelt an seinen Armaturen! Er konzentriert sich völlig auf seine Arbeit und bemerkt uns nicht. Mehr als 60 Elektriker, Monteure, Schlosser, Lackierer, Schmiede, Schreiner und was es sonst noch in einer derartigen Werkstatt gibt, haben hier und in den anliegenden Nebenräumen ihren Arbeitsplatz.

Die Kreisbahn hat sich modernisiert

Wir machen einen „Schienenzepp“ Platz, der das Ausfahrtsignal erhalten hat und sich seinen Weg durch die Werkstatt tutet. Er hat sein tägliches Bad mit Wasserschlauch und Fensterlederbehandlung erhalten und glänzt nun sauber gewaschen draußen im Sonnenlicht. Für ihn beginnt jetzt der Dienst auf der Strecke Nörvenich. Seit dem Kriege hat sich die Kreisbahn merklich modernisiert. Die Zeiten von 1946 und 47, als noch eine fauchende Dampflok mit ihren ungemütlichen Güterwagen durch die Dürener Lande fuhr, sind vorbei. Die Kreisbahn besitzt heute bereits den zweiten Schienentriebwagen und Direktor Schirmer stellt uns seinen neuesten Schützling vor: den Trambus, (gleich zwei davon zeigt unser Bild). Der Motor ist in das Innere des Wagens verlegt, und der ganze Bus macht mit dieser etwas extravaganten Bauart einen wahrhaft „großstädtischen“ Eindruck.

-tr-


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