Aachener Volkszeitung vom 1.
Dezember 1948
Zwölf neue Betriebe seit der Währungsreform angelaufen - Höchste Kapazität beim augenblicklichen Schadensstand erreicht
Düren im November
In den letzten Monaten hat die Industrie des Düren-Jülicher und Euskirchener Raumes einen nennenswerten Aufschwung zu verzeichnen. Trotzdem hat die Grenzlandindustrie Dürens immer noch unter den schweren Folgen der Kriegszerstörungen zu leiden. Es ist charakteristisch, daß die allgemeinen Störungsfaktoren in der Wirtschaft, die sich in der erfreulichen Normalisierung des Wirtschaftslebens abzeichnen, gerade hier besonders stark in Erscheinung treten.
Vor allen Dingen sind die Bemühungen um die Gewährung langfristiger Investitionskredite zur Weiterführung des bisherigen Wiederaufbaues der zerstörten Betriebe bisher nicht zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen. Es werden sich bei dem zu erwartenden scharfen Konkurrenzkampf im In- und Ausland weitgreifende Benachteiligungen durch die ungleichen Start- und Wettbewerbsbedingungen gegenüber der weniger kriegsgeschädigten Konkurrenz anderer Gebiete ergeben. Verschärft würde diese Situation nur noch durch eine Heranziehung des noch verbliebenen Betriebsvermögens im Rahmen des Lastenausgleichs oder eines Sofortprogramms, ohne die bereits durch Kriegsschäden eingetretenen Substanzverluste zu berücksichtigen. Neuerdings wird die Aufnahme von Betriebsmittelkrediten durch die von der Bank der Deutschen Länder angeordnete Kreditrestriktion weiter eingeengt.
Die eigenen Mittel der Grenzlandbetriebe sind durch die Aufbringung der Steuervorauszahlungen und durch die Notwendigkeit der Finanzierung einer Lagerhaltung, die der derzeitig erhöhten Produktion entspricht, ausgeschöpft, zumal die Betriebe des Düren - Jülicher Wirtschaftsraumes erst jetzt an die Auffüllung ihrer Rohstofflager herangehen können.
Selbstverständlich hat der
Währungsschnitt auch im hiesigen Wirtschaftsgebiet einen
erfreulichen Aufschwung gebracht. Nach dem 20. Juni sind 12 neue
Betriebe in den Kreisen Düren, Jülich und Euskirchen wieder
angelaufen, und damit haben von den 164 in dem letzten Bericht der
Vereinigten Industrieverbände erfaßten Firmen dieser drei
Kreise 152 = 93 Prozent ihre Produktion wieder aufgenommen. Die
bereits im Juli festgestellte Umsatzsteigerung gegenüber der
Reichsmarkzeit hat sich auch in der letzten Monaten fortgesetzt. Die
Textilindustrie stellt die höchsten Umsatzziffern und weist auch
die höchsten Einzelumsätze auf. Prozentual hat die
Papiererzeugende Industrie ihre Umsätze am meisten erhöht,
was auf die Inbetriebnahme neuer Papierfabriken zurückzuführen
ist. Außerdem ist erfreulich, daß die Industrie der
Kreise Düren, Jülich und Euskirchen wieder Anschluß
an den Export gefunden hat. Im dritten Quartal 1948 wurde zum ersten
Male die 0,5 - Millionengrenze überschritten, jedoch sind erst 9
Prozent des Vorkriegsexportes erreicht. Trotz der schwierigen
wirtschaftlichen Verhältnisse brauchten bisher keine
nennenswerten Entlassungen von Arbeitskräften vorgenommen zu
werden. In der Metallindustrie werden die meisten Arbeitnehmer
beschäftigt, die Dürener Metallwerke A.G. Melden die
höchste Beschäftigungszahl. Die Zahl der unproduktiv
Beschäftigten ist weiter zurückgegangen. Wenn trotz der
ungünstigen wirtschaftlichen Lage innerhalb der Industrie der
drei Grenzkreise bisher noch keine sozialen Spannungen und ins
Gewicht fallende Arbeitsentlassungen festzustellen sind, so darf dies
wohl auch auf das gute Einvernehmen zwischen Arbeitern und
Unternehmern zurückgeführt werden, die beide vielfach seit
Jahrzehnten mit dem Schicksal ihrer Fabrik auf Gedeih und
Verderb verbunden sind.