Aachener Volkszeitung vom 3.
Juli 1948
DM 184.000,- Überbrückungsgeld
- Finanzlage der Stadt noch ungeklärt - Vorerst noch keine
Entlassungen
Düren 1. Jul 1948 (Eig.
Bericht)
Die Auswirkungen der Währungsreform, deren erstes
Abbild wir nun allerorts schon feststellen können, hat nicht nur
den einzelnen vor grundlegende und neue Fragen seiner Existenz
gestellt, sondern auch einen überaus tiefen Einschnitt in das
kommunale Leben der Selbstverwaltungskörperschaften unternommen.
Die den einzelnen betreffenden Umwertungssätze wurden auf diese
Körperschaften nicht angewandt, so daß die Kreis-, Stadt-
und Landgemeinden sich nun eine neue Finanzgrundlage schaffen müssen.
Die finanziellen Mittel der Gemeinden wurden restlos liquidiert,
während die Schulden im Satz von 10:1 abgewertet wurden. Für
die Verwaltung der Stadt Düren ergibt sich somit folgendes Bild:
Als erster finanzieller Fonds erhielt die Stadt von der Landesregierung eine Überbrückungshilfe von DM 184.000,-. Diese Quote wurde unter Zugrundelegung der kommunalen Einnahmen eines jeden Gemeindewesens des Jahres 1947 errechnet. Die Stadt Düren gerät dadurch in eine besonders mißliche Lage, weil durch die fast restlose Zerstörung der Stadt die Steuereinnahmen kaum nennenswert sind. Während beispielsweise das Gewerbesteueraufkommen inm Frieden bis zu RM 3 Millionen betrug, gingen die gleichen Einnahmen im Jahre 1945 auf RM 175.000,- zurück. Bei der Grundsteuer und der Vergnügungssteuer liegen die Zahlen ähnlich. Der erste größere Steuertermin für die Stadt ist der Monat August. Bis dahin muß die Verwaltung mit dem bewilligten Überbrückungsgeld auskommen. Es ist offenbar, daß gerade die stark zerstörten Städte durch die der Währungsreform folgenden Maßnahmen am härtesten betroffen werden. Während einerseits die Einnahmen stark zurückgingen, erhöhten sich andererseits die Ausgaben in beträchtlichem Maße. Ermunternd wirkt nur die Zusage des Ministerpräsidenten Arnold, die besonders den stark zerstörten Städten eine nur eben mögliche finanzielle Unterstützung verspricht.
Trotzdem ist es das unbedingte Vorhaben der Stadt, weitere produktive Arbeit zu leisten und nicht in passiver Erwartung die jetzige Übergangszeit ungenutzt verstreichen zu lassen. Zu dieser produktiven Arbeit gehört in erster Linie die Entschuttung der Stadt, die unbedingt fortgeführt werden soll. Eine Nachprüfung der Arbeitsverträge, vorwiegend solcher mit den Entschuttungsfirmen, ist unter den neugegegebenen Verhältnissen, die auch eine Intensivierung der Arbeitsleistung zur Folge haben werden, unerläßlich. Daß auch fürderhin diese Arbeiten nur durch Zuschüsse der Landesregierung möglich sind, zeigen folgende Zahlen: Bis heute wurden 105.000 cbm Schutt in der Stadt geräumt. Die aufgewandten Kosten betrugen RM 950.000,-. Die Landesregierung trug davon RM 735.000,-. Da auch der Rest durch weitere Zuschüsse gedeckt werden konnte, hatte die Stadt praktisch keine Auslagen.
Da die Stadt Düren bisher stets bestrebt war, den Umfang des Verwaltungsapparates auf ein nur eben mögliches Minimum zu belassen, werden sicher bald anzuwendende Sparmaßnahmen weniger einschneidende Wirkungen haben, die sich zuerst wohl in Form von Entlassungen von Beamten und Angestellten ausgewirkt hätten. Der Personalstand bei der Dürener Verwaltung hat trotz der erhöhten verwaltungstechnischen Kriegs- und Nachkriegsanforderungen niemals den Vorkriegsstand überschritten. Wenn auch damit gerechnet werden kann, daß durch die neuerliche Entwicklung zur freieren Wirtschaft die hiermit im Zusammenhang stehenden Verwaltungsstellen aufgelöst werden, so fordern andere Aufgabengebiete, wie Kriegsschädenberechnung und Wohlfahrtswesen, die bei den Wirtschaftsstellen freigewordenen Kräfte.
Obgleich durch die neuen Lebensverhältnisse mancher wohl seine Erwerbsmöglichkeiten verlieren wird, so ist die Stadt doch in der Lage, diese freiwerdenden Arbeitskräfte im weiten Rahmen des Wiederafubaus einzsetzen. Die Stadt verwaltung glaubt das Gespenst der Arbeitslosigkeit zu bannen, indem sie eine prokuktive Erwerbslosenfürsorge einrichtet. Ähnliche Verhältnisse bestanden bereits in den Krisenjahren nach dem ersten Weltkrieg, als in dieser Form die Regulierung der Rur und sonstige kommunale Arbeiten durchgeführt wurden. Natürlich ist dieses keine Ideallösung, denn Stadt und Staat wissen nur zu gut, daß sie schlechte Arbeitgeber sind. Sie sehen ihre Bürger lieber in Gewerbe- und Industrieunternehmen eingesetzt, die ihrerseits hinsichlich der Steuerfrage eine wesentlich bessere Einnahmequelle für das Gemeinwesen darstellen.