Wiederanlaufen der Dürener Papierindustrie in Aussicht


Aachener Volkszeitung vom 19. 6. 1946

Düren - Eine Kommission zur Prüfung der Frage weiterer Permitsverleihungen für die Dürener und Jülicher Papierindustrie weilte am 12. Juni in Düren. Mir Wildman, der Fachoffizier für die Papierverarbeitung der gesamten britischen Zone, mit seinem Sachbearbeiter Mr. Turnbell, Präsident des Verbandes der Papierverarbeitung für die britische Zone, Dr Schaarschmid aus Bielefeld und der Geschäftsführer des Verbandes, Landrat Baurichter, sowie der Präsident der Papierverarbeitung für die Nordrheinprovinz, Peters Krefeld, und als Vertreter des Herrn Oberpräsidenten der Referent für die Abteilung Wirtschaft, Teichmann, aus Düsseldorf, waren Gäste.

Im Auftrage der Geschäftsführung der Vereinigten Industrieverbände der Kreise Düren und Jülich überreichte Alfred Kampfhausen der Kommission eine Denkschrift über die Leistungsfähigkeit der Dürener Industrie, aus der hervorging, daß alles nur Erdenkliche geschehe, um die zerstörten Betriebe wieder in irgendeiner Form in Gang zu bringen. Bürgermeister Hammans als Vorsitzender der Papierverarbeitung im Industrieverband Düren und Jülich gab einen kurzen Überblick über die papierverarbeitenden Betriebe und die Zerstörungen der verschiedenen Fabriken. Heute wären wir jedoch wieder so weit, daß ein Teil unserer Fabriken, von denen unser Kreis und seine Bevölkerung abhängen, wieder anlaufen könne. Es sei kein Zufall, daß sich die bedeutendste papierindustrie und –verarbeitung Deutschlands gerade in Düren befinde. Der Grund hierzu sei die außerordentlich gute Beschaffenheit des hiesigen Wassers und die Lage der Braunkohle, die vor den Toren der Stadt gefunden werde. So wären zwei sehr wichtige Voraussetzungen für unsere Papierindustrie gegeben.

In den Räumen des Industrieverbandes war eine kleine Ausstellung mit den vielseitigen Erzeugnissen unserer papierverarbeitenden Industrie veranstaltet, die auf Wunsch der Herren der britischen Militärverwaltung, die für die Produkte unserer Industrie großes Interesse zeigten, zu einer Exportausstellung nach Detmold gebracht werden soll, wo sie unter den englischen Besuchern für die Dürener Industrie werben soll.

Die Welt als Abnehmer Dürener Erzeugnisse

Über den kleinen, geschmackvoll hergerichteten Schauständen der Firmen berichteten Texte in deutscher und englischer Sprache über die Produktionsleistungen der Betriebe, deren Erzeugnisse in die ganze Welt gingen. China, Südamerika, Kanada, Mexiko, Niederländisch - Indien, Australien, Persien u.a. waren neben den europäischen Ländern Abnehmer der Dürener Papiererzeugnisse. Auch die erforderlichen Fristen zum Anlauf der verschiedenen Firmen, die durchschnittlich zwischen sechs und acht Wochen liegen, waren genannt, sowie die Angaben der noch vorhandenen Rohstoffe und der benötigten Mengen von Baumaterialien zur Wiederinbetriebnahme der Fabrikation, hauptsächlich Eisen und Glas.

Besondere Aufmerksamkeit fanden die Produkte der Zerkaller Büttenpapierindustrie, die neben hochwertigen Erzeugnissen auch das papier zum Druck von Reichsbanknoten herstellte.

Bürgermeister Hammans überreichte den Herren der englischen Miltitärverwaltung eine Serie von Fotografien des einstigen Dürener Stadtbildes. Auf der anschließenden Besichtigungsfahrt durch die verwüsteten Straßen hielten die Teilnehmer der Kommission auf dem Marktplatz, wo der Bürgermeister vor den Ruinen des Rathauses eine kurze Schilderung über das frühere Stadtbild gab.

Tausende Arbeiter warten

Der Besuch einer Anzahl von Betrieben vermittelte ein lebendiges Bild der bisher geleisteten Arbeiten zur Wiederinbetriebnahme der Fabriken. Viele Maschinen wurden in mühseliger Arbeit aus den Trümmern ausgegraben und von Schutt und Rost befreit und können zu einem Teil bereits wieder anlaufen. Zahlreiche Arbeiter und Arbeiterinnen waren indessen damit beschäftigt, weitere Maschinen in Ordnung zu bringen. Man sah den Gesichtern dieser Arbeiter an, wie sie sich freuen würden, wenn ihr Betrieb wieder zu Anlaufen käme. Bürgermeister Hammans betonte unterwegs, daß tausende Dürener Arbeiter sehnsüchtig und brennend darauf warten, wieder in ihre alten gewohnten Betriebe zurückkehren zu dürfen.

Nach der Besichtigung der verschiedensten Werke fand im Kolpinghaus ein gemeinsames Mittagessen statt, bei dem Landrat Armin Renker in einer kurzen Ansprache die große Notlage unserer Heimat schilderte und bemerkte, daß er sich besonders freue, weil auch einmal Herren von rechts des Rheines unser Notstandsgebiet aufgesucht hätten, denn unter der Bevölkerung sei vielfach das Gefühl verbreitet, als hätten unsere Brüder jenseits des Rheines unser so schwer heimgesuchtes Gebiet völlig vergessen. „Es muß uns geholfen werden“, sagte Landrat Renker, „und ich hoffe, daß der heutige Besuch von Erfolg gekrönt sein wird.“ Mr. Wildman richtete dann ein Wort der Anerkennung an den Landrat Renker sowie an den Bürgermeister Hammans und versprach, er werde seinen Teil dazu beitragen, daß der Stadt und ihrer Industrie geholfen werde.

C.K.

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