4.6 Hochwasser

Immer wieder wird schon im Mittelalter von schweren Hochwasserschäden berichtet. Feste steinerne Brücken über die Ahr, die auch über einige Jahrhunderte hielten, hat es nicht viele gegeben. Die alten Bruchsteinbrücken in Dernau (Bröckemölle Brücke) und Rech bilden hier sicher eine Ausnahme. Immer wieder sehen wir auch auf alten Abbildungen , dass bauähnliche hölzerne Behelfsbrücken gebaut wurden, die sicher sehr starken Hochwassern nicht standhielten. (Abb. 12)


Abb. 12 Holzbrücke bei der Bunten Kuh

Typischerweise wurden dies Brücken nicht unbedingt in Ortsmitte oder direkt beim Ort über den Fluss gebaut, sondern lagen meist an Stellen, die den Zugang zu einer Burg ermöglichten, ein gegenüberliegendes Seitental erschlossen und damit auch häufig Teil einer alten Handels- oder Pilgerstrasse waren. Bei Dernau zum Beispiel der Weg zum Prümer Kloster in Kesseling über die Bröckemölle-Brücke oder die Brücke in Rech.

Die Brücke in Rech soll noch von 1723 bis zum Umbau in 1759 eine hölzerne Fahrbahn auf den Bruchsteinpfeilern gehabt haben. Die Brücke wurde 1804 beschädigt, aber nicht zerstört.

Die Brücke in Dernau scheint in 1804 massiver beschädigt oder zerstört worden sein, wie ein in die Brücke eingelassener Stein beurkundet. " Vis unita fortior, caesaris gratia,, praefecti geno, nostri mercede pons. 18 x praestat x 0.." Sinngemäß: Mit Mut und vereinter Kraft, dem Wohlwollen des Kaisers, dem Können der Bauaufsicht(?)(Vorsteher ,Praefekt), unserem Geld (Lohn?) ist die Brücke im Jahre 180.. gebaut worden.


Abb. 13 Bröckemöll, Brücke und Mühle ca. 1955


In Brücke eingesetzter Stein


Abb. 14 Bröckemölle Bröck, Aquarell

Bereits 1348 wird beurkundet, dass ein Verkäufer einer Wiese nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, wenn die Ahr oder ein Teich infolge eines furchtbaren Unwetters einen anderen Lauf nimmt. Dies scheint zu der Zeit wohl öfter vorzukommen, so dass man es für nötig hält dies in einem Kaufvertrag festzuhalten.

1488 musste die in Ahrweiler am Ahrtor gelegene Brücke infolge Hochwasser neu gebaut werden:

"..doe die Aer die bruck zobrochen hat ...(waren die Bürger aufgefordert Hilfe zu leisten)...die joch zo lengen ind holz by zo faren. Die Overhoide war gemeynlich am werke, die peele in zo slain ind zo zunen." Damit erhalten wir auch einen Eindruck vom den Bau solcher Holzbrücken.

1589 wird aus Wadenheim berichtet, dass die Ahr durch ein großes Unwetter mit einem großen Platzregen anschwoll, wie noch nie seit Menschengedenken.

1606 wird das freiadelige Haus der Familie Kolb von Vettelhofen in Hemmessen völlig zerstört und weggeschwemmt. Diese verkaufen daraufhin alle im Hemmeser Auel gelegenen Ländereien.

1682 muss erneut eine durch Hochwasser zerstörte Brücke in Ahrweiler wiederaufgebaut werden. Zur Deckung der Kosten wird anschließend ein Brückengeld erhoben.

Die Chronik des Kalvarienberg berichtet, dass es im Februar 1687, bedingt durch eine starke Schneeschmelze zu einem Hochwasser mit starken Überschwemmungen kam, die mehrere Brücken, u.a. zwei in Ahrweiler zerstörten.

Bereits in 1723 werden in Wadenheim und Ahrweiler "Kribben und Streichklausen angelegt um der Ahr einen geaden verlaf zu geben."

Infolge einer selten großen Ahrüberschwemmung wird am 16. Januar 1739 die steinerne Brücke in Ahrweiler vor dem Ahrtor zerstört. Das Wasser dringt durch das Ahrtor in die Stadt ein. Im Jahr 1764 werden in Ahrweiler Maßnahmen diskutiert, die Ahr gegen das Hochwasser besser zu verbauen.

Aus Mayschoss wird berichtet, dass 1764 das Hochwasser der Ahr bis zum Kirchteil im Auel stand und der Amtmann seine Kühe aus dem Stall in die Gerichtsstube bringen musste, da dieser unter Wasser stand.

Aus Dernau werden schlimme Überschwemmungen in den Jahren 1767, 1771, 1779 und 1783 gemeldet, die hervorgerufen wurden durch Donnerfluten, bei denen das Wasser von den umliegenden Bergen ins Dorf herabstürzte.

1788 am 23. Juli ist die Ahr dort so groß gewesen, "dass sie den auel überschwemb und in der Mahr gestanden hat."

(Dass die Ahr in der Mahr gestanden hat, habe ich selbst in der Jugend des öfteren erlebt, da dies der tiefste Punkt des Ortes ist und das abfließende Wasser/Grundwasser hier durch den Löischoss-Berg auch etwas abgeblockt wird. Nicht von ungefähr ist die Lagebezeichnung fasst tausend Jahre alt. (ad marem))

Aus 1795 wird berichtet, dass der Eisgang der Ahr alle (?) Brücken der ganzen Ahr fortgerissen habe.

Bei einem Hochwasser in 1803 steht das Wasser in Mayschoss so hoch, dass die Gemeindekiste mit den Briefen im Wasser stand.

Das auch heute noch immer im Gedächtnis der Menschen haftende große Hochwasser findet am 21. Juli 1804 statt. Matthias Schumacher aus Ahrweiler berichtet darüber:

"...Des abends 9 ur ist die Ahr so gross gewesen, dass in der stath sich alle leudhe hinaus gelaufen sein. Das korn ist mitgenommen, das getraidt ist überschwemt. Im weinstock mit ten trauben vertorben. Die übergebliebene trauben sient so gut geworden, das die leuthe genung zu leben hatten"

(In Dernau) ist die Ahr dabei so groß gewesen, dass sie unser (?) stob ein foss gestanten und in das back hauss fünf foss gestanden. Und es seynt hier im dorff zwei juten verdroncken und ein hauss fort getrieben.

An einem Haus am Matthis-Heiligenhäuschen in Dernau sind Markierungen der Höchststände der verschiedenen Hochwässer seit 1804 angebracht.

In Rech kommt bei diesem Hochwasser der erste Pfarrer Joan Meyer, dieser erst seit 1801 bestehenden Pfarrei, mit vier weiteren Personen ums Leben.

In Laach, wo der Mühlenberg verstopfte, wurde die am oberen Ende des Dorfes stehende Kapelle und 17 Häuser von den Fluten weggerissen. Vierzehn Menschen ertranken dabei, nur sechs Häuser blieben verschont. In Bongert/Mayschoss wurden acht Häuser zerstört, in den anderen stand das Wasser bis zum zweiten Stock. Selbst der Amtsmannweyer im Tiergarten wurde überflutet. In Mayschoss stand das Wasser bis ins halbe Dorf. Im ganzen(?) Land wird für die Opfer der Flutkatastrophe gesammelt, es kommen 180 000 Franken zusammen, mit denen die nötigste Hilfe geleistet werden kann und die dringlichsten Reparaturen (Brücke, Wege, Häuser) ausgeführt werden können.


Abb. 15 Hochwasser 1804 nach Ponsart

Auch 1848 und 1910 werden schreckliche Unwetter berichtet.

In 1910 (Nacht vom 12. zum 13. Juni) kommen infolge eines Wolkenbruches an der Oberahr 52 Menschen ( Bauarbeiter in einem Camp zum Bau der Eisenbahnlinie Dümpelfeld-Lissendorf) ums Leben.

Beim Elternhaus in der Dichjass drohte das Wasser -auf dem höchsten Stand- dabei von der Strasse über den Hof in die Keller zu laufen. Am Hofeingang wurde eine schnelle provisorische Absperrung aus Mist errichtet um dies zu verhindern/verzögern.

Wie gefährlich die Ahr sein konnte, zeigt auch der Bericht über das Unglück des Knechtes des Lochmühler Hubert Mohr. Dieser fuhr am 30. Dezember 1800 mit einem Pferdegespann voller Säcke von Dernau nach Mayschoss. In der mittleren Furt (unterhalb der Schwarzen Waag) verunglückte er und ertrank in der Ahr. Das Pferd wurde an der Bunten Kuh und der Knecht drei Tage später in Wadenheim gefunden.

Bei all diesem Schaden, den das Hochwasser anrichtete, soll nicht verschwiegen werden, dass ein Hochwasser, solange abzusehen war, dass es nicht zu einer Katastrophe kommen würde, auch immer eine spannende (zumal für die Kinder) Sache war.

So kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass der Verlauf des Hochwasser von vielen Menschen direkt am Fluss unmittelbar verfolgt wurde. Markierungen wurden angelegt, um den jeweiligen Höchststand festzuhalten und um daraus zu schließen, ob der Höchstpunkt erreicht war. Telefonisch wurde abgefragt, wie der Wasserstand weiter an der Oberahr war, um abschätzen zu können wie lange und wie hoch das Wasser wohl noch steigen könnte.

Bei einer solchen Gelegenheit passierte es mir, es muss im Jahr meiner Erstkommunion gewesen sein, dass ich auf der Höhe von Weinhaus Bertram einen meiner guten neuen Kommunionsschuhe (Lackschuhe!) im Hochwasser verlor, als ich einen Stein mit dem Schuh in das Hochwasser schießen wollte. Heulend ging ich nach Hause mit einem unguten Gefühl im Magen. Übrigens wird das Gegenstück des Schuhs bis heute als Souvenir aufbewahrt.

Interessanter, aber auch nicht ganz ungefährlich, war es für uns Kinder da schon, mit einer Zinkwanne als Paddelboot in den überfluteten Kellern der Dichjass (Backes und Weinkeller) herumzuspielen. Der Vater hatte derweil andere Sorgen und musste sehen, dass Weinfässer und Weinflaschen gesichert waren und die leeren Fässer nicht aufschwammen und bei hohen Wasserständen gegen die Kellerdecken drückten.

Ging das Hochwasser zügig zurück, so konnten auf den Wiesen und Feldern in den zurückbleibenden Tümpeln, an tiefergelegenen Stellen mit einigem Glück auf einfache Art und Weise, die eingeschlossenen Fische leicht gefangen werden.

Eine weitere Geschichte im Zusammenhang mit der Ahr ist noch interessant zu erwähnen: Es dürfte in einem der kalten Winter 1956 oder 1957 gewesen sein, als die Ahr sehr stark zugefroren war. Es war zu dieser Zeit möglich mit einem VW-Bus im Bereich der Kluus oberhalb des Wehres die Ahr zu befahren und allerlei Unfug/Spiele zu machen. Später als das Tauwetter einsetzte, nutzten die älteren Junggesellen die Chance, sich mit Äxten größere Eisschollen aus der Eisdecke herauszuschlagen und mit diesen im Eisgang ein Stück ahrabwärts zu treiben.

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