4.2 Ritter von Dernau

Im vorgehenden Kapitel ist schon auf die verschiedenen Urkunden eingegangen worden, in denen diese Ritter benannt wurden. Wir haben dabei gesehen, dass sie im 13. Jahrhundert eine bis zur Gerichtsbarkeit (Bestellung Vogt) gehende Selbstständigkeit erreichen konnten. Diese, offensichtlich dem Grafen von Saffenburg und seinen Verwandten Grafen der Nachbarschaft zu weitgehende Selbstständigkeit, wurde 1287 wieder erheblich eingeschränkt, und dies auch im Weisthum der Saffenburg von 1364 noch einmal festgezogen. Damit waren die Vorraussetzungen für ein eigenständiges Rittergeschlecht in Dernau erst einmal nicht mehr gegeben.

Es scheint möglich, dass der 1244 genannte Meier (villicus) Ritter Hermann von Dernau evtl. ein Nachfahre des 1140 mit zwei Höfen in Dernau begüterten Ritters Rudolf vom Turm (Ministerialer der Saffenburg) ist, der damals eine größere Schenkung an das Kloster Marienthal verfügte. Hermann ist 1258 Zeuge eines Vergleiches im Streit über Rechte an den Burgbauten zu Saffenberg vor dem Erzbischof von Köln (Konrad von Hochstaden/Are). Kleve hatte die Rechte an Saffenberg 1255 erhalten. Interessant könnte in diesem Zusammenhang auch die Tatsache sein, dass zu dieser Zeit Gelsdorf und Burg Gelsdorf noch zur Saffenburg gehörten.

Die Söhne Hermanns ( Ingbrand, Hermann und Wipert) werden in den folgenden Jahren (bis 1334) teils als Ritter teils aber auch als Meier oder Schultheiß bezeichnet. Erneut 1284 wird der Ritter Wipert von Dernouwe vom Erzbischof -im Streit um Rodungszehnten in Wadenheim- als einer der Schiedsrichter genannt. (Herman von Dernau beansprucht diesen als Teil seines Burglehens von Are). Die Schiedsrichter entscheiden in der Hauptsache zu Ungunsten des Hermann von Dernau. Zuletzt taucht ein Edelknappe Ingebrand von Dernau im Jahre 1382 auf.

Was geblieben ist, sind die Lagebezeichnungen (An der Burg, Burggarten, Burgstrasse, Im Graben), die Dokumentation auf der topografischen Karte von Oberst Tranchot (1803-1813) mit "Alten Schlösser" ,der Name "Schlauss" , der gelegentlich -meiner Meinung nach fälschlicherweise ( siehe Kapitel 4.3 Höfe und Güter)- vom Wort Schloss hergeleitet wird und die Erzählungen der Alten, die natürlich mit Vorsicht zu betrachten sind und nicht unbedingt etwas mit historischer Realität zu tun haben müssen (siehe Kapitel 6: Erzählungen der Alten).

Aus eigener Erfahrung kann ich noch berichten, dass wir als Kinder an den Stellen, die Tranchot als "Alten Schlösser" bezeichnet, gebuddelt haben. Diese Stellen waren (insbesondere die östliche) gegenüber dem umliegenden Gelände um zwei bis vier Meter höher gelegen, aber mit Weinberg bepflanzt.

Meist dauerte das Buddeln nicht lange und wir wurden von der alten Frau "Hensches" vertrieben, da sie Sorge hatte, dass die Bruchsteinmauern einstürzen würde. In dieser östlichen Anlage soll im vorletzten Jahrhundert noch eine Schmiedewerkstatt gewesen sein.


Abb. 9 Tranchotkarte von 1803 /1813

An irgendwelche wesentlichen interessanten Funde kann ich mich nicht erinnern. Im Rahmen der Flurbereinigung in den siebziger Jahren wurden diese Erhebungen eingeebnet. Auch beim Neubau des Hauses Wolf (1985, südlich der Strasse) wurden bei den Ausschachtungsarbeiten lediglich noch einige Mauerreste angetroffen.


Abb.10 Burgreste Süd ca. 192o


Burgreste Ost ca. 1940

Erwähnenswert scheint aber, dass diese beiden Burghausreste beide von einem Niveau aus hochgebaut waren, welches deutlich unterhalb des Niveau des zu Tal fließenden Kiere-Baches bzw. des zwischen den Höfen Richtung Esch verlaufenden Weges lag. So war z. B. diese Strasse, im Bereich, in dem der Abzweig ins Oberdorf geht, nach Süden hin deshalb mit einer zwei bis drei Meter hohen Bruchsteinmauer gesichert. Die dort befindlichen Weinberge lagen in einem Graben/ Senke unterhalb des Straßenniveaus. Diese unge- wöhnliche Situation könnte etwas mit der Anlage dieser Häuser zu tun haben. (Abb. 10)

Es sieht damit wohl so aus, dass hier zwei "Burgen" gestanden haben, die wir uns als Höfe/Burghäuser vorstellen müssen, die größer waren als die üblichen Häuser im Ort zu dieser Zeit. Es wird in den Urkunden, soviel ich weiß, auch nie von Burgen sondern von Höfen gesprochen. Sicherlich sind sie baulich so gewesen, dass sie (zumindest nach 1287) den 1287 bzw. 1361 festgelegten Vorschriften entsprachen.

Das heißt: Es gab keine Burg, keine Befestigung, keine Dreh- oder Hängebrücke und die Türschwellen waren maximal zweieinhalb Fuß hoch. Wohl waren die Höfe aber eingezäunt, und innerhalb der Umzäunung nicht abgabepflichtig. Es ist nicht ausgeschlossen, dass von den Rittern mehr gebaut werden sollte/wurde. Zum Beispiel ein Burghaus mit einem (Wasser)Graben, welches dann allerdings nicht lange Bestand hatte. Einige Hinweise auf Grund der früheren Topografie, Flurbezeichnungen, alte Wasserführungen und aus alten Erzählungen könnten dafür sprechen.

Dies auch deshalb, weil Burghöfe mit Wassergräben an einer Reihe von Stellen im Ahrtal aus dieser Zeit überliefert sind. Auch die Tatsache, dass in 1287/1364 ausdrücklich noch einmal verboten wird, Dreh- oder Hängebrücken zu errichten könnte evtl. ein solcher Hinweis sein.

Interessant ist auch die Aussage, dass die Dernauer Bürger diesen Dernauer Rittern nicht direkt abgabepflichtig waren, sondern nur mittelbar über den Saffenburger.

Der häufig in späteren Urkunden verwendete Begriff "von Dernau" hat wohl meist nichts mit den Rittern zu tun, sondern bezeichnet lediglich den Herkunftsort der Person, da in dieser Zeit Nachnamen noch nicht allgemein üblich waren.

Noch in einer relativ späten Zeit finden wir z. B. in Ahrweiler Bürger mit dem Namen "von Dernaw" ( www. familysearch.org). Einer wird am 13. Juni 1621 in Ahrweiler als Sohn eines Antonius von Dernaw auf den Namen Lambertus getauft. Vereinzelt taucht der Familienname Dernau oder Dernauer auch heute noch auf (z. B. Telefonbuch Deutsche Telekom).

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