Euskirchens Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert


Von Ludwig Beutin


Die Tonindustrie


Ebenfalls auf dem heimischen Rohstoff beruht die Tonindustrie. Es führen Verbindungslinien von dem mittelalterlichen Töpfergewerbe zu den neuen industriellen Formen, aber freilich sind sie bei weitem nicht so deutlich wie bei dem zentralen Textilgewerbe, wo ja der allmähliche Übergang vom Handwerk in den Fabrikbetrieb Schritt für Schritt zu beobachten ist. Nur wenige Menschen betätigten sich in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts noch im Töpfergewerbe, das unter dem Druck der neuen billigen Massenfabrikation zu den unheilbar aussterbenden gehörte. Und nicht so sehr der Haushaltsbedarf wie in früheren Zeiten, sondern der der wachsenden Städte und der Industrie hat wieder ganz neue Grundlagen geschaffen. Und hier ist abermals zu betonen, daß eine jede Stadt - und so auch Euskirchen - zwar als ein besonderes durch Landschaft, Menschen und Zeitumstände individuell charakterisiertes Eigenwesen zu begreifen ist, daß aber auch ihre Geschichte immer auch ein verkleinertes Abbild der allgemeinen Geschichte bietet, daß die großen Züge der Entwicklung in einem vielfachen netz der Beziehungen auch die ihrigen sind.

Die Städte wuchsen, die Lebensgewohnheiten der städtischen Massen verfeinerten sich von der derberen Kost des Landes zu neuen Gewohnheiten und Ansprüchen - der Zucker fand erst damit einen riesigen Markt, die Massen begehrten nach einer zugleich guten und erschwinglichen Kleidung, auch wuchs der Bedarf der modernen Massenheere - Euskirchen zog seinen Gewinn daraus; so auch bei der Tonwarenindustrie: die Städte erforderten unabsehbare Mengen von Röhren, Ziegel- und Verblendsteinen, sanitären Tonwaren aller Art; die Industrie vor allem in der sich so stürmisch entwickelnden chemischen Produktion brauchte feuerfeste Steine und Gefäße, solche für industrielle Säuren; und auch die Landwirtschaft schuf neuen Bedarf dadurch, daß die intensivere Bodenbearbeitung Röhren für die Drainage forderte. Das ist der Hintergrund für die Euskirchener Dampfziegelei- und Tonwarenfabrik Hupertz u. Co., die 1880 gegründet, 1894 in die Euskirchener Ton- und Cementwarenfabrik G.m.b.H. verwandelt wurde. Sie beschäftigte in den Jahren vor 1914 400 bis 500 Arbeiter.


Die Kunstdüngerfabrik


Zur Inhaltsübersicht

Zu den Euskirchenseiten


Entnommen: „650 Jahre - Stadt Euskirchen, 1302 - 1952, Festschrift zum Stadtjubiläum, 1952, Euskirchen


© Copyright 2000 wisoveg.de
Zur Homepage