Informationen zum Postkutschenverkehr Münstereifels
mit einigen Betrachtungen zur Münstereifeler Wirtschaft




Über die Post- und Verkehrsgeschichte schrieb Prof. Karl Hürten 1926 einen Beitrag in seinem Werke „Volkstümliche Geschichte“ 1). Die folgenden Informationen zum Postverkehr Münstereifels stammen aus dem 44. Kapitel „Umwälzung um die Wende des 18. Jahrhunderts“, Seite 319 ff. und wurden größtenteils wörtlich übernommen und gekennzeichnet. Die gleichzeitige Darstellung der Münstereifeler Wirtschaft zu dieser Zeit ist ebenfalls sehr gelungen.




Werthertor (Ende des 14. Jahrhunderts) 1)




Die Zeit Napoleons und der Säkularisation brachte im Rheinland Umwälzungen, Nöte und aber auch Fortschritte mit sich. Manchmal waren sie nur verwaltungstechnischer oder organisatorischer Art, leiteten jedoch zusammen mit dem Gedanken der französischen Revolution Bewegungen in Deutschland ein, die die jahrhundertelangen aristokratisch geprägten Gefüge zerrütteten. Mit der sich anbahnenden industriellen Revolution und Zunahme der Wirtschaft entstanden gleichzeitig soziale und verkehrstechnische Änderungen, die die Vorboten der modernen Wirtschaft hervorbrachten. Heutige Buslinien in der Eifel und im Rheinland gehen noch teilweise auf Traditionen der Postkutschen aus dem 15. Jahrhundert zurück. Oftmals wurden noch bis 1970 diese Linien auf ihren alten Strecken gefahren, bis die Regionalisierung und modernere Stadt- und Kreisverkehrssysteme ab den 90er Jahren die herkömmlichen Strecken und Linien auflösten oder abänderten.

Hürten skizziert die Änderungen im Postkutschenverkehr, und skizziert eine Menge an Informationen, als er ab Seite 319 ff schreibt: „... Das Volksschulwesen fand Ende der zwanziger Jahre neue Regelung und Belebung.

Um jene Zeit trat ein bemerkenswerter Verkehrsfortschritt ein, indem am 1. Januar 1828 ein viersitziger Personenpostwagen mit Kondukteurbegleitung den alten Postkarren ablöste und wöchentlich einmal zwischen Münstereifel und Köln verkehrte. Diese Einrichtung mußte aber wegen der schlechten Beschaffenheit der Wege nach vierjährigem Bestehen wieder geändert werden. An die Stelle trat eine viermalige Kariolpost nach Euskirchen mit Anschluß an eine gleiche Post nach Blankenheim. An den Tagen ohne Postfahrt besorgte ein Bote die Briefe nach Euskirchen. Nachdem i. J. 1838 der Ausbau der Landstraße zwischen Euskirchen und Münstereifel in Angriff genommen und am 1. Oktober 1840 die Bezirksstraße von Euskirchen bis Prüm eröffnet war, wurde der Pferdebestand der hiesigen Posthalterei von 4 auf 8 erhöht und eine tägliche Personenpost mit viersitzigem Wagen zwischen den genannten Endstationen vorgesehen. Nach vollendetem Ausbau der Bezirksstraße von Köln nach Trier verkehrte vom 1. August 1841 ab eine tägliche Personenpost mit neunsitzigem Wagen und einer Bespannung von 4 Pferden von Köln über Münstereifel bis Trier und ermöglichte einen weitgehenden Brief-, Paket- und Personenverkehr für die hiesigen Bewohner. Neben der Köln-Trierer Personenpost wurde 1862 noch eine tägliche Lokalpost zwischen Münstereifel und Euskirchen errichtet.

Die besseren Verkehrsverhältnisse kamen vor allem dem Gymnasium zugute, dessen Zöglinge zum nicht geringen Teil aus der Kölner, Trierer und Luxemburger Gegend stammen. Die Schüler unterhielten einen lebhaften Brief- und Paketverkehr mit ihren Angehörigen, und die meisten der von der Post ausgezahlten Geldbeträge waren an sie oder ihre Kostgeber gerichtet. Neben den Familiensendungen waren die Handelssendungen selten.“ Die weiteren Ausführungen Hürtens betreffen nun die Wirtschaft Münstereifels, (Informationen zum Wirtschaftsgeschehen Münstereifels) als er schreibt: „Die abgehenden Gelder rührten meist von hiesigen Gewerbetreibenden her und waren zum größten Teil nach Köln für gelieferte Waren gerichtet. Die Gerber standen meist mit Banken in Verbindung, die das Geld für das versandte Leder einzogen und die Bezahlung der angekauften Häute besorgten. Neben drei größeren Warengeschäften fanden sich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in der Gemeinde Münstereifel 2 Müller, 10 Fleischer, 20 Schuster, 2 Sattler, 1 Buchbinder, 14 Tuchmacher, 11 Schneider, 3 Rad- und Stellmacher, 1 Kammmacher, 1 Glaser, 1 Kupferschmied, 8 Schlosser, 3 Gürtler, 1 Uhrmacher, 7 Maurer, 13 Bäcker, 11 Gerber, 3 Beutler, 1 Tapezierer, 1 Seiler, 12 Leinweber, 17 Tischler, 3 Böttcher, 3 Korbflechter, 4 Schmiede, 2 Nagelschmiede, 1 Klempner, 4 Goldarbeiter, 3 Schönfärber, 4 Zimmerer, 2 Gastwirte, 15 Schenkwirte, 4 Brauereien, 2 Apotheken und mehrere Ärzte.“

Aus der Literatur des Kreises Euskirchen ist bekannt, daß die ehemals vorherrschende Gewerbe des Tuch- und Textilhandwerks in Münstereifel wesentlich bedeutender war als die Euskirchens. Nachdem Euskirchen bereits frühzeitig an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, verlor Münstereifel an Bedeutung, welches erst etwa 20 Jahre später erschlossen wurde. Als zusätzlich zu Gerbezwecken die heimische Lohe nicht mehr verwendet wurde, ging die Wirtschaft Münstereifels zurück, wie Hürten weiter schreibt: „Die genannten Handwerker übten ihre Tätigkeit im bescheidenen Rahmen der häuslichen Beschäftigung aus. Nach einer Verordnung vom 9. Februar 1849 durfte ein Bürger jedes beliebige Gewerbe betreiben; aber niemand durfte ein handwerk ausüben, bevor er die Meisterprüfung bestanden hatte oder in die Innung seines Handwerks aufgenommen war. Die Zulassung zu dieser Gesellenprüfung setzte ein Alter von 24 Jahren und die abgelegte Gesellenprüfung voraus. Fabriken waren zu jener Zeit hier nicht vorhanden, doch entstand später die Garnspinnerei am Eschweilertal, die Tuchfabrik an der Schleifmühle und die Kunstwollfabrik an der Steinsmühle. Die günstigen Wasserverhältnisse und die vielen jungen Eichenwälder kamen als Bezugsquellen der Lohe vor allem den Gerbereien zu statten. Dieses Gewerbe nahm mit der Fabrikation von Sohlleder allmählich einen höheren Aufschwung und verarbeitete jährlich gegen 20.000 Häute. In den siebziger und achtziger Jahren waren 15 Gerbereien vorhanden, nämlich die von Schwarz vor dem Werther Tor, Best und Hoever in der Wertherstraße, Roth und Näkel am Markt, Michel (später Heinrich) Roth am Dich, Theodor Zinken (im Hause Wallpott), Müller (neben Kreuzberg), Franz Roth und Franz Bollenrath in der Orchheimerstraße, Best (im Hause der Familie Schmitz), Unnaustraße, Andreas Roth, von Ayx, Windeck (später Meckenheimer Roth) und Franken vor dem Orcheimertor. Die Einführung fremder Gerbstoffe machte die Gerbereien vor der Eichenrinde so unabhängig, daß anderwärts Großbetriebe entstanden, denen die hiesigen Betriebe nicht gewachsen waren. Bei Beginn dieses Jahrhunderts waren noch drei Gerbereien vorhanden und jetzt ist nur noch eine übrig.

Die vier Brauereien setzten ihr Bier bis weit in die hohe Eifel ab. Die Kaufleute, die in Ladengeschäften Waren aller Art feilhielten, hatten ihre Abnehmer selbst in stundenweit entfernten Ortschaften der Umgebung. In diesen Geschäften trat mit der Entstehung der Eisenbahnen ein merklicher Rückgang ein. Namentlich fanden die vielen Arbeiter der Bleibergwerke andere Bezugsquellen für ihren Warenbedarf. Das Handwerk erlitt starken Abbruch durch die in der Nähe der Eisenbahnen entstehenden Fabriken. Euskirchen, das bis dahin in geschäftlicher Beziehung Münstereifel nachstand, nahm merklichen Aufschwung, als es am 6. Oktober 1864 Eisenbahnverbindung mit Düren erhielt. Die schon am 1. April 1864 eröffnete Bahn zwischen Mechernich und Gerolstein wurde am 1. Juli des folgenden Jahres bis Euskirchen durchgeführt. Die Verbindung mi Mechernich sollt ursprünglich durchs Erft- und Eschweilertal erfolgen und im flachen Feld ein Bahnhof für Münstereifel errichtet werden. Allein die städtische Vertretung lehnte einen Zuschuß ab und suchte sogar den Plan zu hintertreiben aus Besorgnis vor fremdem Wettbewerb und den mit der Freizügigkeit verbundenen sittlichen Gefahren.

Nachdem die günstige Gelegenheit verpaßt war, mußten die Bewohner Münstereifels und seines Hinterlandes noch 25 Jahre die Bahn entbehren und den Anschluß mit der Post oder Omnibus in Euskirchen zu erreichen suchen. Während Euskirchen sich weiter entwickelte und zum Eisenbahnknotenpunkt wurde, ging Münstereifel geschäftlich zusehends zurück. Die bereits am 15. Juli 1871 bis Trier eröffnete Eifelbahn erhielt am 1. Oktober 1875 die durchgehende Verbindung von Euskirchen nach Köln. Am 7. Juni 1880 wurde die Strecke Euskirchen - Bonn dem Betrieb übergeben. Unterdessen ging ein bis zweimal wöchentlich ein Lastfuhrwerk mit Leder von Münstereifel nach Köln und brachte von dort Häute hierhin. Die übrigen Handelswaren kamen mit der Eisenbahn bis Euskirchen und wurden dort durch hiesige Fuhrleute abgeholt. Mit der Eröffnung der Eifelbahn war die Köln-Trierer Post und die hiesige Posthalterei eingegangen. Seitdem bekam Münstereifel täglich zweimal Personenpost nach Euskirchen und einmal nach Blankenheim. Nebenher wurden die zwischen Euskirchen regelmäßig verkehrenden Privatwagen zur Beförderung von Postsachen benutzt. Die Telegraphenleitung von Euskirchen nach Münstereifel entstand i. J. 1875; seit 1884 sind die Orte Iversheim, Schönau und Berresheim, seit 1888 auch Nöthen durch Fernsprechleitung mit Münstereifel verbunden.

Am 1. Oktober 1890 war endlich der Zeitpunkt gekommen, an dem Münstereifel durch eine Nebenstrecke in Euskirchen Verbindung mit der Eifelbahn und den übrigen Linien erhielt. Es fuhr zwar noch jahrelang ein Omnibus neben der Bahn her, der nachmittags einen Anschluß nach Köln vermittelte, doch allmählich nahm der Verkehr auf unserer Bahn so zu, daß die Anzahl der Züge vermehrt und auch die Fahrgeschwindigkeit erhöht wurde. An die Stelle der anfänglich gemischten Züge traten reine Personenzüge und ein täglich verkehrender Güterzug. Der zunehmende Güter- und Personenverkehr hat zweimal seit Erbauung des hiesigen Bahnhofes eine Vergrößerung des Güterschuppens und auch eine Erweiterung des Wartesaales nötig gemacht. Ursprünglich verkehrten in jeder Richtung vier, später sechs Personenzüge: je zwei werden von einem Postschaffner zur Beförderung der Briefe und Pakete begleitet. Außerdem nehmen die Eisenbahnschaffner Briefpakete mit.

Der Aufschwung, den Münstereifel genommen hat, spiegelt sich am besten im heutigen Postbetrieb wieder. Daher sei noch erwähnt, daß die Geschäfte der Postanstalt anfangs nebenamtlich von einem Postexpedienten besorgt wurde und erst seit dem Jahre 872 von einem Postmeister wahrgenommen werden. Der Geschäftsraum befand sich im Wohnhause des jedesmaligen Vorstehers, so von 1828 bis 1840 im hause des Posthalters Grosch in der Altengasse, von 1840 bis 1841 im Rathause (Karmelitessenkloster), wo der Postexpediteur Gierlich eine Sekretärstelle bekleidete, von 841 bis 1844 im hause des Gerbers Best, von 1845 bis 1846 im hause Satzwey neben dem Gymnasium, von 1847 bis 1852 im Hause des Andreas Roth in der Orcheimerstraße, von 1853 bis 1860 im Hause des Expedienten Gierlich, Unnaustraßenecke, von 1861 bis 1872 im Gasthofe des Expedienten Gierlich in der Unnaustraße, von 1872 bis 1874 in der Wohnung des Postmeisters Glees am markt, von 1874 bis 1881 im Hause neben der Unnaustraßenecke (jetzt Geschäftshaus Bollenrath), von 1881 bis 1909 im Hause am Markt neben Hendrichs (jetzt Katasteramt). Seit 1909 befindet sich das Postamt in dem von der Stadt erbauten Hause neben dem Werthertor. Dort sind gegenwärtig neben dem Postmeister zwei Obersekretäre, zwei Telegraphengehilfinnen und zehn untere Beamte angestellt, während mit dem Postmeister Glees nur drei alte Briefträger tätig waren, einer für den Stadtbezirk und zwei fürs Land.

Damit enden auf Seite 322 die Ausführungen von Professor Karl Hürten zur Verkehrs- und Postgeschichte Münstereifels. Es folgen noch einzelne Angaben zur einmal, später zweimal wöchentlichen Zeitungsherausgabe des Buchdruckers A. Soechting, der Entwicklung des Gymnasiums von 140 Schülern im Jahre 1888 auf 400 in zwei Jahrzehnten, die von 1879 bis 1921 bestehende Lehrerinnenbildungsanstalt und das wieder eröffnete Pensionat der Ursulinen von S. Salvator. Nach der Erwähnung der Maschinenfabrik Hettner und der Arloffer Tonwerke kommt Hürten noch zur Landwirtschaft und macht noch einige Angaben zu den Viehmärkten, „die monatlich mindestens einmal stattfinden. Der Kalender verzeichnet fürs Jahr 1925 17 Vieh- und Pferdemärkte, die dreimal mit Krammarkt verbunden sind. Vor 50 Jahren gabe es 4 Krammärkte im Jahr; der erste war am zweiten Montag der Fastenzeit, der zweite am Pfingstmontag, der dritte drei Tagen vor St. Michael und der vierte am St. Martinstage. An zwei dieser Tage sah man etwa 50 kleine Eifelkühchen auf dem Klosterplatz stehen, während der Auftrieb in neuerer Zeit oft 500 Stück Großvieh überstieg.“

Nach einigen Angaben zur Marktsituation nach dem Kriege und weiteren Erwähnungen von Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, wie Elektrifizierung, Schlachthauserrichtung und Erhaltungsarbeiten der Stadtmaueranlagen und Wohnhäuser schließt der Einblick, den Professor Karl Hürten ins interessante Wirtschaftsleben Münstereifels gewährt. Es folgt ein Satz zur Denkmalpflege und zum Kriegsgedenken und damit endet auch Hürtens Veröffentlichung deren geschichtlicher und heimatlicher Teil bestimmt ebenso interessant ist.




Das genannte Werk lag mir nur auszugsweise vor und die Abbildung sind den Kopien entnommen. Im Anhang der Veröffentlichung befindet sich noch ein Aufsatz aus der Vor- und Frühgeschichte der Nordeifel, in den Heimatkalendern von 1954 bis 1956 einige schöne Münstereifeler Ansichten.
5.12.2002 - H.K.




Quellen:
1) Volkstümliche Geschichte der Stadt Münstereifel von Studienrat Prof. Karl Hürten (Auszug), Münstereifel 1926, Sammlung Hans Regh, Kreuzweingarten


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