Der Strohwisch

Verbotszeichen aus Stroh

Von Dietmar Kinder

Ein Strohbündel auf einer Dachlatte - fertig ist der Strohwisch. Er ist ein Jahrhunderte altes Zeichen der Bauern, die ihre Felder vor wandernden Schafherden schützen wollen. Aufmerksame Spaziergänger können derzeit auf den Äckern im Elsdorfer Gemeindegebiet schon mal ein merkwürdiges Gebilde sehen - ein Bündel Stroh an einer in den Boden gerammten Dachlatte. Diese Konstruktion ist nicht etwa eine verunglückte Vogelscheuche, sondern entspringt einer uralten bäuerlichen Tradition.

Strohwisch nett der Volksmund das Zeichen, ein simples Symbol, das vor wenigen Generationen rechtsverbindlichen Charakter besaß. Noch heute benutzen es Landwirte, um wandernden Hirten unmißverständlich klarzumachen: Betreten des Feldes für Schafe verboten. Frühe sollte dieses Verbotszeichen auch die Bevölkerung vom vorzeitigen Sammeln von Ähren (den sogenannten Sümmern) abhalten.

Der Strohwisch wurde noch Mitte des 19. Jahrhunderts sogar gesetzlich geschützt. In einer preußischen "Feldpolizei-Ordnung" hieß es: "Mit Geldbuße von fünfzehn Silbergroschen bis zu zwanzig Thalern ist zu belegen, wer unbefugterweise Steine, Pfähle, Tafeln, Strohwische, Gräben oder ähnliche zur Abgrenzung, Absperrung ... von Grundstücken oder Wegen dienende Merk- oder Warnungszeichen fortnimmt, vernichtet oder sonst unkenntlich macht."

"Ich habe diesen Brauch noch von meinem Großvater übernommen. Er wurde von Generation zu Generation überliefert", erläutert ein hiesiger Landwirt. Derzeit soll der Strohwisch ein abgeerntetes Gerstenfeld schützen, auf dem der Landwirt Klee als Zwischenfrucht gesät hat. Grundsätzlich habe er nichts dagegen, wenn Schafherden auf seinen Äckern weiden. "Aber erst dann, wenn wirklich nur noch Reste zu finden sind. Der Klee ist einfach zu wertvoll", meint der Landwirt. Die Schäfer wüßten darum und respektierten den bäuerlichen Hinweis.

Der Strohwisch wird auch von einer anderen Interessengruppe verwandt - den Jägern. Sie schützen ihre Wildäcker. Auf Teilen von Feldern pflanzten die Landwirte für die Waidmänner im Herbst Erbsen und Ackerbohnen, damit die Fasane Nahrung finden.
In der Zeitschrift "Volkskultur an Rhein und Maas" des Landschaftsverbandes Rheinland heißt es zur Historie des Strohwisches außerdem, daß er auch als Warnungs-, Verkaufs- oder Pfändungszeichen verwandt wurde. So gibt es einen Beleg von 1749, nachdem der Strohwisch anzeige, "daß daselbst Bier offen Sey, oder sonst was verkaufet wird."


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