Auf der Suche nach Eisenstein - Spuren Kaller Bergleute
Von Nikolaus Kley und Hans-Georg Brunemann





Der Eifelort Kall zeigt heute wenig von seiner jahrhundertealten Geschichte als Bergwerks- und Hüttenort, so sehr hat sich das Ortsbild gewandelt. Es ist schon erforderlich, behutsam auf Spurensuche zu gehen, um überhaupt noch etwas von dieser frühen industriellen Tätigkeit der einheimischen Berg- und Hüttenleute zu finden. Im Ortsbild selbst sind alle Zeugen dieser arbeitsamen und lohnbringenden Tätigkeiten verschwunden. Was der Zweite Weltkrieg nicht in Grund und Boden gesprengt hat, fiel in einer Zeit, in der überlieferte Werte keinen hohen Stellenwert besaßen, der Bauwut zum Opfer.

So wurden einmalige montanhistorische Baudenkmäler niedergerissen und die verbliebenen Brachen einer anderen Nutzung zugeführt. Es verschwanden für unsere Region wichtige Kulturdenkmäler wie das Beust-Stollen-Mundlochgebäude, das Haak-Stollen-Mundloch und der Hüttengraben, um nur einige zu nennen. Nur noch einige Straßen- und Flurnamen sowie unzählige Erzgruben in der Umgebung aus dem Spätmittelalter bis in die Zeit des 19. Jahrhunderts deuten darauf hin, daß Kall einmal ein bedeutendes Eisen- und Bleiverhüttungszentrum der Eifel war. Die Ortsgruppe Kall des Eifelvereins möchte mit dieser Schrift dazu beitragen, daß das Wissen um die Ursprünge dieser industriellen Tätigkeiten unserer Eifelgemeinde nicht gänzlich verloren geht. Viele Urkunden sind in den Wirren der Zeit vernichtet oder abhanden gekommen. Es war unsere Aufgabe, die noch versprengt vorhandenen Quellen, alte wie neue, zusammenzufassen und als Konzentrat herauszugeben.





Die Montangeschichte Kalls

Ohne Bergbau keine Technik! Diese Wahrheit, gefunden in einem Lehrbuch zur Technikgeschichte, galt auch schon im Altertum. Damals wie heute wäre eine technische aber auch kulturelle Entwicklung nicht möglich gewesen, wenn man es nicht verstanden hätte, die Schätze der Erde zu gewinnen und zu nutzen.

Es waren die außergewöhnlich guten und leicht abzubauenden Erze der Eifel mit Eisengehalten bis zu 40 %, der Holzreichtum, der die notwendige Energie zur Verhüttung in Form von Holzkohle lieferte, und die zahlreichen Wasserläufe, die für die Aufbereitung der Erze, aber auch für Hammerwerke und Blasebälge Voraussetzung waren, die die Eifel zum bedeutenden europäischen Wirtschaftsgebiet wachsen ließen. Es stammten im Mittelalter ca. 10% des in Europa produzierten Eisens aus der Eifel, das auf den Märkten Kölns und Triers gehandelt wurde.

Das älteste Bergbaugebiet des Kaller Bezirks ist der Tanzberg bei Keldenich. Er wurde bereits ab dem 3. Jh. v. Chr. ausgebeutet, was durch Funde von keltischen Werkzeugen und Münzen in alten Gängen des Tanzberges belegt ist. Es liegt jedoch auch die Vermutung nahe, daß die Kelten hier ebenso intensiven Eisenerzbergbau betrieben haben, um aus dem manganreichen Brauneisenstein ihre vorzüglichen Stahlschwerter und die als Zahlungsmittel dienenden Eisenbarren herzustellen. Die Verhüttung der Erze ist in unmittelbarer Nähe der Erzgruben durchgeführt worden. Der erforderliche Gebläsewind wurde dabei von dem natürlichen Windzug des Berghanges oder durch Muskelkraft mittels Blasebälgen erzeugt. In vorrömischer Zeit wurde auch an anderen Orten der Eifel Erz verhüttet. Die Ausgrabung eines Eisenschmelzofens aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. bei Hillesheim belegt dies. Sie ist die bislang älteste bekannte Verhüttungsanlage für Eisenerz nördlich der Alpen.





Ab 50 v. Chr. nahmen die Römer das Gebiet für fast fünf Jahrhunderte ein und hinterließen ihre Spuren. Auch sie gruben auf dem Tanzberg nach Bleierz und sicherlich auch nach dem begehrten manganhaltigen Eisenerz im Stahlberg bei Golbach. Die Verhüttung der Erze wird, wie zu keltischer Zeit, in unmittelbarer Nähe der Erzlagerstätten durchgeführt worden sein. Die Römer haben in der Eifel, wie in anderen Kolonien ihres Reiches, die Hüttenindustrie mit Hilfe von Sklaven und Einheimischen betrieben. Zur Entwicklung der Hüttentechnik haben sie nicht wesentlich mehr beigetragen als die Völker, deren Erfahrungen sie genutzt haben. Plinius schreibt, daß die Eisenschmelzöfen sehr verschiedenartig sind. Offenbar benutzten die Römer die übernommenen Zug- und Gebläseöfen, die Rennfeuer, weiter. Die Angaben ihrer Schriftsteller über die Metallgewinnung sind spärlich und oberflächlich. Aus der gesamten Kaiserzeit liegt keine einzige größere Erfindung vor, die den Römern zugeschrieben werden kann. Selten waren sie fähig, die Technik weiterzuentwickeln, die sie bei anderen Völkern vorfanden.

Bis zur ersten Jahrtausendwende fehlen urkundliche Hinweise auf Eisenerzabbau und Verhüttung in der Nordeifel. Auch Bodendenkmäler sind bisher nicht bekannt. Lediglich der Ort Schmidtheim,erstmals 867 urkundlich erwähnt, weist mit seinem Namen auf frühe Eisenverarbeitung hin. Das Prämonstratenserkloster Steinfeld, im Jahr 1070 gegründet, gab dann im Mittelalter für den Bergbau wichtige Impulse.


Der Zentralort der Großgemeinde Kall. Über Jahrhunderte ein Standort des Bergbaues und der Eisen- und Bleihüttenindustrie. Heute zeigt das Ortsbild der Eifelgemeinde wenig von dieser Montangeschichte, die unseren Vorfahren Lohn und Brot gab.





Für eine sehr alte Bergbautradition in und um Kall spricht auch neben dem Festhalten am Reifenrundschacht (siehe Kapitel: Die frühen Methoden der Erzgewinnung in Kall), nach dessen Art fast alle Schächte bis zu Anfang des 19. Jh. niedergebracht wurden, die Kleinheit der alten Verleihungen. Sie hatte eine solche Zersplitterung des Bergwerkeigentums zur Folge, daß ein gewinnträchtiger Abbau der Erze nicht mehr möglich war. Erst im Jahre 1823 erfolgte der Zusammenschluß der Partialfelder zu Konzessionen.

Schon in den Jahren 1180 bis 1200 warb der Graf von Heimbach, der auch Edelherr im Lüttichgau war, wallonische Bergleute und Hüttenleute aus dem alten Montangebiet Lüttich für den Blei- und Eisenerzbergbau in der Nordeifel. Sie siedeln sich im Raum Kall an und gründen die Orte Wallenthal, Lückerath, Wielspütz und Voissel. Es waren frühe Gastarbeiter, die das Wissen um die damals modernen Verhüttungsverfahren mitbrachten. Bergwerks- und Hüttenbetriebe sind aus jener Zeit nicht gesichert überliefert. Eine Steinfelder Urkunde vom 22. März des Jahres 1187 erwähnt erstmals jedoch eine „curia Reytbach". Der Hofname deutet auf ein Reitwerk, Eisenhüttenwerk hin. Die genaue Lage ist unbekannt. Es wird aber zwischen Frohnrath und Golbach am Kallbach gelegen haben. Vielfach wird hier in der Literatur eine der ältesten mit Wasserkraft betriebenen Erzaufbereitungsanlage der Nordeifel vermutet.

Sehr wichtig für die Entwicklung des deutschen Bergbaus ist die sogenannte Goldene Bulle Kaiser Karls IV. vom Jahre 1356. Diese verbriefte nämlich den Kurfürsten unter anderem das Bergregal auf Metalle und Salz, das in der Folgezeit auch auf die Territorialherren übertragen wurde. Da die Goldene Bulle die Grundlage des gemeinen deutschen Bergrechts gebildet hat, gehörte der Eisenerzbergbau auch zu den Bergbauzweigen, die Kraft des Bergregalrechtes dem Verfügungsrecht des Grundeigentümers entzogen waren. Für den Bereich Kall und Golbach besaßen als Grundherren der Herzog von Jülich mit der Herrschaft Dreiborn und der Herzog von Luxemburg mit der Herrschaft Schleiden dieses Bergregal. Sie legten fest, daß jeder Bewohner im Wildbann Kall gegen Abgabe des Zehnten nach Eisenerzen graben konnte. Die Zehntabgabe stand durch Schmelzhütte und Waage unter Aufsicht der fürstlichen Verwaltung in Heimbach. Nun begann die Pionierzeit des Kaller Bergbaues, denn viele Familien sahen im Blei- und Eisenerzbergbau eine zusätzliche Einnahmequelle zu den spärlichen Einnahmen aus der Landwirtschaft. Es begann eine rege Abbautätigkeit.

Erst im Jahre 1494 wurde das bisher, wie im Mittelalter üblich, nur durch mündliche Weitergabe von Generation zu Generation überlieferte Bergrecht durch das Bergweistum von Kall codifiziert. Dieses Weistum (Weistum im Sinne von beweisen, nachweisen) ist eine bedeutende Rechtsquelle, da sie nicht nur den Bergbau, sondern auch die Eisenindustrie des 15. Jh. näher beleuchtet. Nach diesem stand das Recht des Bergbaus auf Blei und Eisen innerhalb der Bannmeile Kall, die sich bis Zülpich erstreckte, dem Schloß Hengebach (Heimbach) zu. Die Bannmeile Kall, in dem Bergweistum auch „Wildbann Kall" genannt, war ursprünglich ein forstlicher und jagdlicher Bezirk des Jülicher Landesherrn. Diese Bezirksgrenzen galten nach dem Bergweistum praktischerweise auch für den Amtsbezirk des Bergmeisters. Der Landesfürst überließ den freien Betrieb von Bergwerken und Hütten den Eigentümern unter der Verpflichtung, von dem gewonnenen Erze, das auf der fürstlichen Hütte zu Kall geschmolzen und auf der dortigen Waage gewogen wurde, den zwanzigsten Teil abzugeben. Es bestand für die Bergleute ein eigenes Berggericht, das aus dem Bergmeister und den Geschworenen zusammengesetzt war. Die Bergleute Kalls durften aus den fürstlichen Waldungen bis zum Schloß Heimbach das Bauholz zum Bergbetrieb holen. Als Gegenleistung verrichteten sie, wenn eine Stadt oder ein Schloß zu belagern war, die Erd- und Schanzarbeiten.





Aber auch die geistlichen Herrn konnten auf Ihren Besitzungen landesherrliche Rechte ausüben. Nach einer Urkunde des Kloster Steinfeld (dem Lagerbuch von 1502/1503, einer grundlegenden urbarialen Überlieferung des Klosterbesitzes jener Zeit) kontrollierte das Kloster den Bergbau zwischen Urft und Olef. Von Kall bis Schleiden, von Blumenthal bis Nettersheim wurde der Bergzehnte aus den Gruben eingetrieben, die auf Landbesitztümern des Klosters angelegt waren. Die Erze aus den Gruben dieses Raumes wurden in den Reitwerken des Schleidener Tales sowie des Gemünder und Kaller Raumes verhüttet.

Das Eifeler Eisen war zu jener Zeit im deutschsprachigen Raum und in den Nachbarländern bekannt. Sebastian Münster (1489-1552) berichtet in seiner Cosmographia (1544), daß das Eifeler Eisen berühmt sei und sagt in seiner Chronik: „Unfern von der Grafschaft Manderscheid in den Herrschaften Keila, Kronenburg und Schleida im Thal Hellenthal macht man fürbündig gut Schmiedeeisen, man gießt auch Öfen, die ins Oberland, Schwaben und Franken verkauft werden". Der Meissener Peter Albinus berichtet dasselbe in seiner 1590 entstandenen Bergchronik, und auch Georg Agricola (1494-1555) hat das Eifeler Eisen gerühmt.



Die Ortsansicht von Ka!l und Heistert nach einer Federzeichnung von Renier Roidkin, um 1722. Im Vordergrund sind Erzgruben "Les mines de plomb" mit typischer Ringhalde und Schachtabdeckung erkennbar. Die heule wieder bewaldeten Berghänge waren damals zur Gewinnung von Holzkohlen kahlgeschlagen. (aus „Wall, Geschichten-Geschichten" von Franz Sistig, mit freundlicher Genehmigung, Foto Sistig, Kall)





Zersplitterte Besitzverhältnisse und hinzukommende Glaubenskonflikte beeinträchtigten im ausgehenden 16. Jahrhundert das Montanwesen in der Eifel ganz erheblich. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) lag die Eisenindustrie danieder. Nur wenige kapitalkräftige Reitmeister konnten überleben. Andererseits bot der Bedarf an Kriegsmaterial für die größeren Anlagen erhebliche Wachstumschancen. Es ist urkundlich überlierert, daß 1629 „mehrfach gerecktes Kaller Eisen" nach Jülich geliefert wurde.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg erlebt die Region Kall einen konjunkturellen Aufschwung der Montanindustrie. Es kommt, vor allem im 18. Jahrhundert, zu vielen Neugründungen an Reit- und Hammerwerken entlang der Urft. So entstanden die Reitwerke Dalbenden (Altwerk) 1646 und Neuwerk 1722, das Reitwerk Münschenrath in Sötenich 1725, eine Schmelzhütte in Kall 1725, die Steinfelder Hütte in Urft 1726, die Hütte Eisenau in Kall 1779 und das Werk Kallbach 1780.

Napoleon besetzt 1794 das linke Rheinland und die Eifel (bis 1804). Das Eigentum von Kirche, Adel und Klöstern wird meistbietend verkauft. Die Sprache und die Rechtsprechung der neuen Machthaber werden in der Eifel eingeführt. Für den Bergbau bedeutete dies, daß die viel stärker an Persönlichkeiten gebundene französische Gesetzgebung das alte ständestaatlich orientierte Berggesetz ablöste. Das französische Berggesetz hatte die Bodenschätze zur „Diposition der Nation' gestellt, was bedeutete, daß der Bergbau nun unter Genehmigung und Aufsicht des Staates stand. Während der französischen Besetzung brachten die gegen die Einfuhr aus England gerichteten Maßnahmen der neuen Machthaber (die napoleonische Kontinentalsperre) der Eifeler Eisenindustrie einen weiteren konjunkturellen Aufschwung, der in der hervorragenden Qualität der Erzeugnisse maßgeblich begründet lag. Nach dem Ende der Kontinentalsperre und der Öffnung des Kontinents für englisches Roheisen machte sich wieder ein konjunktureller Abschwung bemerkbar, der die Eifel besonders hart traf. Mit dem Zollgesetz von 1818 wurde das billige englische Eisen wieder zurückgedrängt. Es war wieder die besondere Qualität des Eifeler Holzkohleeisens, die den Bezug dieses Produktes von den belgischen Gewehr- und Waffenfabriken begründeten.

Durch den Wiener Kongreß im September 1815 wird die Eifel Preußen zugeordnet und wird Preußische Rheinprovinz. Preußen führt 1819/20 eine Neuordnung des Bergrechtes durch und setzt die alten Pfahlrechtsverleihungen wieder ein. Die nördliche Eifel liegt im Zuständigkeitsbereich des Königl. Preuß. Oberbergamtes in Bonn. Dieses Bergamt erläßt in den folgenden Jahren eine Reihe von bergrechtlichen Verordnungen und polizeilichen Verfügungen, die die Sicherheit in Gruben und Schächten der Eifeler Eisen- und Bleibergbaureviere verbessern sollen. So wurden unter anderem eine allgemeine Unfallmeldepflicht eingeführt und der traditionelle Reifenschachtbau zugunsten gezimmerter Schächte verboten.

Zu Beginn des 19. Jhd. waren die Eisensteinlagerstätten des Kaller Bezirks bis auf den Grundwasserspiegel abgebaut. Man erkannte, daß ein weiterer Bergbau, also die Erschließung tieferer Lagerstätten, nur durch sogenannte Wasserlösungsstollen möglich wurde. Dazu war es aber nötig, die einzelnen Partialverleihungen in Konzessionen zusammenzuschließen. So entstanden 1823 die Konzessionen Kaller Stollenfeld im Bereich des Heidackerlagers, das Beust-Stollenfeld am Girzenberg, die Konzession Concordia im Bereich der Loshardt und die Konzession Stahlberg im Bereich der Kindshardt. 1825 begann man mit dem Vortrieb des Wasserlösungsstollens im Bereich der Konzession Concordia. Im Jahr 1840 liefen die Arbeiten zum Vortrieb des Beuststollens an. Ab 1865 begann man mit dem Vortrieb des Haak-Stollens.

Das Königl. Preuß. Oberbergamt in Bonn erläßt 1827 ein Verbot der Frauenarbeit unter Tage und verbietet 1836 durch eine „Allerhöchste Kabinettsorder" die Kinderarbeit in den Gruben. Die Berg- und Hüttenbesitzer der Eifel beklagen im Jahr 1844, daß durch den nun wieder freien Zugang des preiswerten englischen und belgischen Gußeisens in das Rheinland das Eifeler Eisen nicht mehr absetzbar war. Sie verwiesen dabei auf die Ursache des Preisverfalls: Das ausländische Eisen wurde mit modernen Verfahren in großen Betrieben mit Steinkohle erschmolzen. Trotz der Erhebung neuer und höherer Steuern konnten die ausländischen Erzeugnisse preiswerter bis Köln geliefert werden als Eifeler Hüttenerzeugnisse. Im Jahr 1867 erreichen die Eisenbahngleise die Orte Kall und Sötenich, was nochmals zu einem kurzfristigen Auftrieb des Bergbaues im Kaller Revier führte. Das Eisenerz wurde nun nach Eschweiler verkauft, da die Hüttenwerke im Kaller Bereich ihren Betrieb bereits eingestellt hatten. Das Preußische Berggesetz von 1865 schaffte neue Regelungen für die gesamte Montanwirtschaft. Die Wirkung für den Kaller Bergbau war jedoch nur gering, da dieser wenige Jahre später zum Erliegen kam.

In den Jahren 1935 bis 1938, in der Zeit der Autarkiebestrebung des Deutschen Reiches, wurde die Lagerstätte der Konzession Stahlberg durch die Preuß. Geologische Landesanstalt Berlin untersucht. Man entdeckte die abbauwürdigen Hauptlagerstätten mit Erzen guter Qualität und hohem Mangananteil. Zu einer weiteren Ausbeutung der Lagerstätte kam es jedoch nicht mehr.





Der Raum

Die nordwestliche Eifel von der Oberahr bis Stolberg ist eine der ältesten und bedeutendsten Industriegebiete des Rheinlands gewesen. Die Eisenerzvorkommen und die Bleierzlagerstätten trugen in den vergangenen Jahrhunderten zu einem gewissen Wohlstand in dieser Region bei. Heute noch künden feudale Herrschaftsgebäude wie Burg Dahlbenden oder prächtige Patrizierhäuser von den Zeiten wirtschaftlicher Blüte in der Eifel, die auf den Mineralreichtum der Landschaft zurückzuführen ist. Natürlich waren der Wert und die Menge der Ausbeute entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen in den verschiedenen Jahrhunderten ungleich gewesen, doch gab es immer wieder Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs.

In den Bachtälern der Ahr, der Urft, der Olef, der Rur und der Vicht entstanden Eisenhütten und Hammerwerke, deren Namen sich bis heute erhalten haben oder die namengebend für eine Gemarkung oder den Ort waren, wie z.B. Ahrhütte, Pleushütte, Mulartshütte, Schevenhütte, Zweifallhammer, um nur einige zu nennen. Das reichlich vorhandene Wasser der Bergbäche und der Holzreichtum der nahen Wälder begünstigten das Entstehen dieser frühen Industriestandorte in der Nähe der Erzgruben. Man nahm dafür die schwierigen Transportwege auf unzureichend befestigten Straße in die Handelszentren der Städte Köln, Trier und Lüttich in Kauf.

Eine besondere Konzentration an Eisenhütten, die in der Eifel Reitwerke (vom mhd. Verb „reiten" = aufbereiten) genannt wurden, gab es an der Urft und an der Olef. Das hier unter den Höhenzügen der Kindshardt, der Loshardt und des Girzenberg anstehende Eisenerz hatte eine vorzügliche Qualität und wurde an die Hütten des Schleidener Tales sowie an die Hütten Kalls und Gemünds geliefert. Holzkohle lieferten ursprünglich die tiefen Wälder der Dörfer selbst. In späterer Zeit, als diese Wälder abgeholzt waren, bezog man die Holzkohle aus dem nahen Kermeter, der bis in die 60er Jahre unseres Jahrhunderts Köhlern den Rohstoff für ihre Erzeugnisse lieferte.

Bergbauliche Flurbezeichnungen

Viele Wege und Straßen wurden erschlossen, um den Eisenstein und die Holzkohle an die Hüttenbetriebe des Kaller Revieres liefern zu können. Heute noch künden Wegenamen und Flurbezeichnungen von diesen Pioniertaten. So sind die Kohlwege bekannt, die die Fuhrleute zum Transport der Holzkohle benutzten. Einer dieser Wege verbindet die Wälder des Kermeters mit Kall und mit dem Bleiberg bei Mechernich. Er ist heute ein beliebter Wanderweg des Eifelvereins. Ein weiterer führt aus den Wäldern der heutigen Krekeler Heide über Sistig nach Sötenich und Dalbenden zu weiteren Reitwerken an der Urft. Dieser Kohlweg wird heute als Fahrstraße benutzt und verbindet die vorgenannten Orte.

Wo Eisenerz verhüttet wird benötigt man Wasser zum Antrieb der Hochofengebläse und der Reck- und Schmiedehämmer. Wo dieses Wasser nicht immer in gleichbleibender Menge zur Verfügung stand, wurden Speicherbecken gebaut oder Bäche aufgestaut. Das Wasser dieser Staubecken ist durch Gräben an die Verbraucher geleitet worden. So findet man die Reste großer Speicherbecken im Bereich der ehemaligen Steinfelder Hütte in Urft und am Gut Neuwerk in der Urfter Rosauel. In Kall erinnert nur noch der Straßenname „Am Hüttengraben"an den künstlich angelegten Verbindungskanal vom Urftstauwerk bei Sötenich zur Kallbachhütte. Er wurde bei Straßenbaumaßnahmen verschüttet.

Die Flurbezeichnung „Pütz" (von lat. puteus, franz. puits = Bergwerkschacht) findet man vielfach in der Umgebung Kalls. So seien erwähnt der Silberpütz bei Lorbach, der Pützberg, ein altes Bergbaugelände bei Dottel und Keldenich, sowie Wielspütz bei Bescheid/Lückerath (franz. vicil puits = alter Stollen).





Auch Hof- und Familiennamen des Bereiches Kall erinnern an den alten Bergbau. So der Stürzer Hof in Heistert, wo der kurfürstliche Erzmeister oder Stürzer wohnte, der zur Absonderung des Zehnten die gesamte Ausbeute der Bergwerke mit einer geeichten Stürzkarre zusammenbringen und „stürzen", d. h. ausschütten mußte. Ein Familienname, der eng mit dem Kaller Bergbau verbunden ist, ist der Name Pünder. Der Pünder (abgeleitet von Pfund, Pünder Hof ebenfalls in Kaller Heistert ) oder Wiegemeister war zur Wahrung der fiskalischen Interessen dem Bergmeister zur Seite gestellt. Dies war so festgeschrieben im Bergweistum des Jülicher Wildbanns Kall vom Jahre 1494. Mit dem Namen Pünder lebt also das Amt des Erzwiegers fort, dem bis zur französischen Besatzung des linken Rheinlandes die Verwaltung des landesherrlichen Bergregals oblag.

Der Bergmeister war Vorsitzender des Bergamtes. Gemeinsam mit den Berggeschworenen hatte er die Berggerechtigkeit zu verleihen und Streitigkeiten, die auf dem Berge vorfielen und die den gewöhnlichen Gerichten entzogen waren, als Vorsitzender des Berggerichtes unter der Erzwaage zu Kall zu rügen und im Kriegsfall die Bergknappen aufzubieten, die mit ihrem Gezähe zu den feindlichen Städten und Schlössern zogen, um Erd- und Schanzarbeiten auszuführen. Der Wiege-meister oder Pünder sowie der Bergmeister hatten beide als kurfürstliche Beamten Amtskleidung mit Rock und Kogel zu tragen. Erst Ende des 16. Jh. kam das Amt des Stürzers hinzu. Seine Aufgabe war es, die Erze für die Grubenbesitzer, die Reitmeister und für die Landesherrn mit einer geeichten Stürzkarre zu vermessen, zu notieren und dann jedem das Seine haufenweise zusammenzufahren.



Der Stürzer, ein kurfürstlicher Erzmeister. Seine Aufgabe war es, die Erze für die Grubenbesitzer und die Reitmeister (Hüttenbesitzer) haufenweise zusammenzufahren und mit der geeichten Stürzkarre zu vermessen, das Ergebnis zu notieren und die landesherrlichen Abgaben, den sog. Zehnten, abzusondern. (Holzschnilt von Georg Agriola, 1494 - 1555)





Die Geologie und die Lagerstätten der Gemeinde Kall

Der nordöstliche Teil des Gemeindegebietes Kall mit seinen Erzlagerstätten liegt auf dem Buntsandstein der Trias, welcher in Kall an der Gemünder Straße und an der Trierer Straße als steil abfallende Erosionskante sichtbar ansteht. Der südöstliche Teil der Gemeinde gehört geologisch zur Sötenicher Kalkmulde, die im wesentlichen mitteldevonische Gesteine aufweist. Der westliche Teil des Gemeindegebietes birgt die älteren Gesteine des Unterdevons. Bei Straßbüsch ist ein kleiner Aufschluß von Kalksteinkonglomeraten des Perm vorhanden.

Die Buntsandsteine der Trias

Die entlang des Urfttales anstehenden Buntsandsteinfelsen gehören zum erdgeschichtlichen Zeitalter der Trias (250 - 210 Mio J.). Mit ihrer namengebenden Dreiteilung in Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper folgt diese Einheit auf das unterlagernde paläozoische Grundgebirge (Erdaltertum). Dieser neue Abschnitt mit den markanten rotgefärbten Gesteinsschichten markiert den Beginn des Erdmittelalters (Mesozoikum) und ist Teil des jüngeren Deckgebirges in der Eifel. Gesteine des Buntsandsteins sind in vielen Regionen Deutschlands weit verbreitet, in der Eifel sind sie auf bestimmte Areale beschränkt.





Die Buntsandstein-Ablagerungen sind sehr arm an Fossilien, so daß vereinzelte Funde zu den großen Seltenheiten zählen. Sie zeigen die Existenz einer interessanten Wirbeltierfauna mit Amphibien und frühen Saurierformen (Chirotherien) auf. Abdrücke von Pflanzen weisen eine Verbreitung von höheren Farnen und Bärlapp-Gewächsen nach.

Die Lage der Kontinente auf der Erdkugel war zur Trias-Zeit anders als heute; sämtliche Landmassen waren zu einem einzigen Superkontinent, Pangäa, vereint. Mitteleuropa lag mit Nordamerika, Asien und Südkontinenten verbunden, auf etwa 30 Grad nördl. Breite. Hierdurch läßt sich auch das damals wärmere, semiaride Klima erklären. Anschließend, während der Jura -Zeit (210 - 140 Mio. J), brach Pangäa langsam wieder auseinander.

Bei Kall treten verschiedenartige Gesteine aus dem Mittleren Buntsandstein und dem Oberen Buntsandstein mit etwa 200 - 250 m Mächtigkeit zu Tage (s. Abb. 24). Es handelt sich um Ablagerungen, welche aus dem Ablagerungsschutt des paläozoischen Grundgebirges (überwiegend devonzeitliche Gesteine des Rheinischen Schiefergebirges) in tiefer gelegene Senken in der sog. Eifeler Nord-Süd-Zone hineingeschwemmt wurden.

Neben den durch Eisenbeimengungen rotgefärbten Sandsteinen treten häufig Zwischenlagen von Konglomeraten auf, die an groben Waschbeton erinnern. Untergeordnet kommen auch Zwischenlagen aus weichen, rotbraunen Tonsteinen vor. Diese Gesteine haben sich anders als die marinen paläozoischen Tonschiefer oder Kalk- und Dolomitsteine terrestrisch, d. h. auf dem Festland gebildet.





Breite, verflochtene Wildflüsse verteilten die Lockermassen weitflächig in den Niederungen. Aus den direkt angrenzenden Hochgebieten stammten die groben Kiese und Gerölle, bestehend aus kieseligen Sandsteinen und Milchquarzen. Die feinkörnigeren Sande dürften nach mehrfacher Umlagerung von weiter entfernten Bereichen aus dem Süden herangeführt worden sein, vermutlich aus dem französichen Zentralmassiv.

Durch häufige Änderung von Fließrichtung, Fließgeschwindigkeit und Wassermenge haben sich wechselweise grobkörnige und feinkörnige Gesteine, oft mit dem Merkmal der Schräg- oder Kreuzschichtung, übereinander gelegt. Durch die spätere unterschiedliche Verfestigung durch Kieselsäure (Verkieselung = Verkittung der Kornzwischenräume durch SiO2) bilden sich oft bizarre Verwitterungsformen wie Hohlkehlen, Wabenmuster und simsartige Vorsprünge heraus, die die Buntsandsteinfelsen zu beliebten Kletterfelsen machen.

Die Kalksteinkonglomerate der Perm-Zeit

Der Untergrund unter der Ortschaft Golbach enthält als lokale geologische Besonderheit Gesteine aus der Perm-Zeit (Alter 290 - 250 Mio. J.), welche die oberste, d.h. die letzte Einheit des Erdaltertums darstellt. Darüber folgen die geologischen Einheiten der Buntsandstein-Zeit (Trias-Zeit: 250 - 210 Mio. J.). Das Perm wird untergliedert in „Rotliegendes" und „Zechstein".

Die hier aufgeschlossenen permischen Gesteine sind in der Nordeifel nur an dieser Stelle als Aufschluß deutlich über Tage sichtbar. Es handelt sich hier um sog. Kalksteinkonglomerate. Dies sind durch eine rote, feinkörnige Grundmasse verbundene Gerölle und kantige Bruchstücke aus Kalk- und Dolomitsteinen. Durch Bohrungen in Golbach und Dottel ist die weitere Verbreitung einer etwa 9 - 15 m mächtigen Schicht dieser permischen Kalkkonglomerate nachgewiesen. Weitere Vorkommen von Perm-Gesteinen finden sich in der Wittlicher Senke, in der Südeifel und in den Ardennen im Graben von Malmedy

Die Eifel war zur Perm-Zeit noch überwiegend Festland, da zur oberen Karbon-Zeit das variskische Gebirge als Faltengebirge aufgestiegen ist. Über eine lange Zeitdauer von vielen Millionen Jahren wurde dieses Gebirge durch Erosion wieder abgetragen. Der dabei entstehende Verwitterungsschutt ist in Senken hineingeschwemmt und abgelagert worden. So gelangten auch die devonischen Kalk- und Dolomitsteine, die uns aus der Sötenicher Kalkmulde vertraut sind, als grobes Geröll im Kaller Bereich nach wenigen Kilometern Transport wieder zur Ablagerung. Sie sind also wichtige Zeugen der zu Ende gehenden variskischen Gebirgsbildung, welche sich weltweit abspielte und die damaligen Landmassen zu einem Großkontinent „Pangäa" zusammenschweißte. Die Eifelregion lag damals etwa auf 30 Grad nördl. Breite, also viel weiter südlich als heute. Das Klima wandelte sich von tropisch humid zu ariden, eher trockenwüstenhaften Bedingungen, worauf die charakteristischen roten Oxidationsfarben der eisenhaltigen Gesteine zurückgeführt werden. In der Evolution der Tier- und Pflanzenwelt vollziehen sich wichtige Schritte, so das massenhafte Aussterben altertümlicher Lebensformen wie die Trilobiten und viele Korallen- und Amphibienarten. Dafür befinden sich die Samenpflanzen und Reptilien in schneller Entfaltung. In den hiesigen Kalkkonglomeraten treten allerdings keine permischen Fossilien auf.

Die Lagerstätten

Der Bereich um die Ortschaft Kall gehört aufgrund der geologischen Situation zu den rohstoffreichsten Bereichen der Eifel. Seit über 2000 Jahren wurden vor allem Bleierze und Eisenerze geschürft und weiterverarbeitet. Die Abbildung gibt die Lage der Hauptvorkommen wieder. Sie befinden sich direkt am Südrand der Mechernicher Trias-Senke, die im Südosten an die Sötenicher Kalkmulde und im Westen an die Schichten des Unterdevons grenzt. Dadurch sind verschiedenartige Blei- und Eisenerztypen unterscheidbar, die wissenschaftlich in ihrer Entstehung jeweils anders gedeutet werden müssen (QUIRING 1935; RIBBERT 1985; STADTLER 1986):

Lagenweise Anreicherungen von Brauneisenstein finden sich auf den Perm-Schichten um Golbach. Hierzu zählen die Felder Stahlberg und Neue Concordia (1 und 2) an der Kindshardt und der Loshardt. Die ausgedehnten Vorkommen wurden hier durch die Verwitterung eisenschüssiger, permischer Kalksteinkonglomerate und Anreicherung der Eisenanteile in einem roten Ton unterhalb des Bundsandsteins gebildet und waren mit 40 - 50% Eisengehalt recht hochwertig. Zum Abbau mußte aber die über 10 m mächtige erzfreie Deckschicht durchteuft werden.

-Kleinere Brauneisenstein-Anreicherungen in Sandsteinen und Konglomeraten des Buntsandsteins, diese hatten nur lokale Bedeutung.

-Die lagerartigen Eisenmangankarbonat-Vorkommen, auch als metasomatische Eisenerze oder als Sphärosiderit-Lager bezeichnet, finden sich in den Dolomitsteinen der Sötenicher Mulde. Herkunft und Alter der Erze sind noch nicht geklärt. Die Metallgehalte lagen bei 28% Fe und 6,5% Mn. Durch Verwitterungs- bzw. Oxidationsvorgänge bildeten sich über dem Grundwasserspiegel daraus manganreiche Brauneisensteine (mit 45% Fe und 4% Mn). Die zwischen Keldenich und Sötenich gelegenen Felder Heidenacker und Girzenberg (3 und 4) waren die wichtigsten Vorkommen; das Girzenberg-Lager war zumeist zwischen 1 - 10 m mächtig, das Heidenacker-Lager nur etwa 1 - 4 m.

-Die Bleierzanreicherungen in den mitteldevonischen Dolomitsteinen am Keldenicher Tanzberg (5) sind zum Teil gangartige Reicherze und an Klüfte und alte Karsttaschen gebunden. Die Sulfiderze wurden durch aus der Tiefe aufsteigende heiße, wässerige Erzlösungen gebildet und sind oberflächennah z.T. zu Weißbleierzen oxidiert.

-Die sogenannten Imprägnations- und Knottenerze der Mechenicher Lagerstätte (8) sind an Sandsteine und Konglomerate des Buntsandsteins „flözartig" geknüpft. Sie sind nach deren Ablagerung ebenfalls durch heiße metallreiche Wässer, die aus der Tiefe aufstiegen, in einem weitflächigen Areal abgeschieden worden. Die Erze sind „Armerze" mit Metallgehalten von meist unter 3% Blei, zum Teil mit geringen Anteilen von Zinn und Kupfer.





Die Mächtigkeit und Art der Lagerstätten des Kaller Revieres wurden in der Zeit der Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches in den Jahren 1935 bis 1938 untersucht. Aus dieser Zeit liegen Untersuchungsberichte, Analysen und Gutachten der Preuss. Geol. Landesanstalt Berlin vor, welche die Beschaffenheit der Manganeisenerzlagerstätte der Kaller Grube Stahlberg und ihre Ausdehnung beschreiben. Dazu wurden mehrere Versuchsschächte abgeteuft. Die Schächte hier in der Nähe erreichten Teufen von bis zu 70 m. Sie durchstießen dabei drei Eisenerzlager von 1 m bis 3 m Mächtigkeit. Der Grundwasserspiegel wurde stellenweise erst nach 38 m erreicht. Das dabei aus den Lagerstätten geförderte Eisenerz hatte eine Zusammensetzung von bis zu 50 % Fe (Eisen) und sehr hohe Mangangehalte (bis 18 % Mn). Es besaß somit einen hohen Marktwert. Der Durchschnittsgehalt aller erzhaltigen Lagermassen der Schächte betrug jedoch nur 15 % Fe und 7 % Mn.

Das Mangan trat teilweise besonders angereichert als Psilomelan auf Dies ist ein Hartmanganerz, in dem ein Teil des MnO2 durch Ba0 oder K2O ersetzt ist. Eine Untersuchung von Erzhandstücken, die man in den alten Grubenhalden im Grubenfeld Stahlberg gefunden hatte, ergab folgende Erzsorten und Analysen:

Brauneisenstein: 25% bis 50% Fe, 4,5% bis 18% Mn
Eisenmanganerz: 29% Fe, 30% Mn
Manganerz: 1% bis 6% Fe, 50% bis 55% Mn





Die frühen Methoden der Erzgewinnung in Kall

Die hier beschriebenen frühen Methoden der Eisenerzgewinnung haben sich in Kall bis zur Jahrhundertwende 18./19. Jhd. erhalten. Erst unter der französischen Herrschaft und später unter Preußen änderten sich die Verfahren, und und es wurden modernere Gewinnungsmethoden eingesetzt.

Wurden Erzgänge nicht durch Zufall freigelegt, z. B. durch Erdrutsch oder Erosion, versuchten die Bergleute bis ins 18. Jahrhundert hinein mit den altüberlieferten Methoden die Lagerstätten der begehrten Erze zu finden. Vielfach half dabei die Naturbeobachtung:

-Farbe, Geruch oder Geschmack von Quellwasser verrieten verborgene unterirdische Erzgänge.
-Gewisse Kräuter und Pilzarten, sogenannte Zeigerpflanzen, wachsen über erzhaltigem Gestein.
-Bäume erreichen über Erzgängen nicht ihre normale Wuchshöhe, verkrüppeln oder verdorren.
-Die in Erzgängen gespeicherte Wärme verhindert in kalten Nächten das Bereifen der Gräser.

Eine schon im Mittelalter strittige Methode war das Aufsuchen der Gänge mit Wünschelruten. Dieses Verfahren wird von dem Arzt und Naturforscher Georg Agricola (1494-1555) eingehend beschrieben, jedoch als Zauberei abgetan.

Zeigten sich in der Landschaft die genannten Merkmale, wurden Suchgräben und Schürfgräben angelegt, um den Verlauf des Erzganges, seine Mächtigkeit und die Art des Erzes zu bestimmen. Lohnte sich der Abbau, wurde das Feld den Berggeschworenen angezeigt, in späterer Zeit dem Bergmeister. Gewöhnlich wurde das Feld dann „gemutet", das heißt durch einen vereidigten Markscheider eingemessen. Dieser nahm in Gegenwart der Bergschöffen die „Abpfählung" vor.

Im Wildbann Kall konnte jeder Einwohner gegen Abgabe des Zehnten nach Eisenerzen suchen und graben, mußte aber dann auch in Kriegszeiten zusätzliche Leistungen erbringen. Die Zehntabgabe der Bergleute stand durch Schmelzhütte und Waage unter der Aufsicht der fürstlichen Verwaltung in Heimbach.

Nach den Beschreibungen Agricolas legte der Bergmann seine Grubenfelder gerne auf leicht zugänglichem Gelände an, das „gebirgig jedoch mit geringem Gefälle, bewaldet, von gesundem Klima, gefahrlos und nicht weit von einem Fluß oder Bach entfernt" ist, mit dessen Hilfe Mineralien gewaschen und nach dem Rösten gelöscht werden können.

In Kall wurden die einzelnen Gruben schon bei der Auffindung mit Namen versehen. So wurden sie z.B. nach dem Finder, besonderen Persönlichkeiten oder Tieren benannt. Es sind einige Namen aus den Kaller Grubenfeldern überliefert worden: „Gottert, alter und junger Hans, Deutscher Kaiser," aber auch: „Goldgrube, alte und junge Leberwurst, Maibaum".

Die Grenzen einer Schürfstelle wurden vom Besitzer durch Grenzpfähle gekennzeichnet, die durch den Markscheider abgepfählt (gemutet) wurden. Das Längenmaß für diese umschlossenen Grubenfelder war der Doppelschritt, das sogenannte Lachter (ca. 2 Meter). Das Pfahlfeld war in allen Herrschaftsgebieten um Kall ursprünglich kreisrund mit einem Durchmesser von 8 Lachtern (16 m), dessen Mittelpunkt der Holzpfahl markierte. Diese Form ist durch Bergordnungen und Weistümer überliefert. Später wurde die runde Form durch das praktischere Viereck mit 8 Lachtern Kantenlänge ersetzt. Die Pfähle eines Grubenfeldes waren aus Eichenholz und trugen vielfach das Zeichen des Besitzers.

Eine eigentliche Belehnung durch den Landesherrn wurde auf diese Grubenfelder nicht erteilt. Das Eigentum daran wurde solange anerkannt, wie ein Betrieb stattfand. Erst wenn über ein Jahr hinaus keine Arbeiten durchgeführt wurden, fiel die Pinge wieder ins Freie und konnte von jedem anderen neu gemutet werden. Da eine Mutung meist ohne schriftliche Belehnung erfolgte, fehlen urkundliche Nachweise über diese frühe Phase des Bergbaues. Erst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind einzelne Bergwerkeigner bekannt.

Um das eisenhaltige Gestein aus der Tiefe zu bergen, wurden in den Grubenfeldern Kalls Schächte bis auf die erzführenden Schichten abgeteuft. Entgegen den Aufzeichnungen Georg Agricolas sind dazu in der Eifel keine Schächte mit rechteckigem Querschnitt angelegt worden, sondern sogenannte Reifenschächte mit rundem Querschnitt.

Man grub einen Schacht mit einem Durchmesser von ca. 1,4 m im oberen Bereich, der sich nach unten verengte. Zur Abstützung der Schachtwand wurden junge, reifenartig gebogene Eichenstämmchen in den Schacht eingebaut. Ihre Elastizität erzeugte den Druck nach außen auf die Gesteinswand. Zusätzliche Stabilität brachte Birkenreisig, das zwischen den Reifen verflochten wurde. Im Bereich des Eisensteinlagers erweiterte man die Schächte zu sogenannten „Tummeln". Von dort aus sind vielfach kurze Strecken entlang des Erzlagers vorgetrieben worden,die eine Länge bis 20 m erreichen konnten.





Mit zunehmender Tiefe reichte der einfache Schachtbau nicht aus. Die Bergleute legten nunmehr einen zweiten Schacht an, der parallel zum ersten mit einem Achsabstand von 4 bis 8 m in die Tiefe ging. Diese Schächte mündeten in den gleichen Tummel und sorgten für die notwendige Luftzirkulation (Bewetterung) in der Grube. Außerdem stand so ein zweiter Schacht zur Verfügung, der ebenfalls zur Förderung und Entwässerung, aber auch als Sicherungsschacht bei Gesteinsturz verwendet werden konnte.

Mit dieser Technik erreichte man hier auf der Kindshardt die Eisensteinlager in einer Tiefe von 4 bis 8 Lachtern (ca. 8 bis 16 m). Gegen Ende des 18. Jahrhunderts betrugen die Teufen bis zu 15 Lachter (ca. 30 m). Stellenweise wurden Schächte bis zu 20 Lachter (ca. 40 m) tief gebaut. Die Grundwasserlinie bildete bei dieser Art des Abbaues die technische Grenze in der Tiefe. Heute noch erkennt man im ehemaligen Grubenfeld Stahlberg auf der Kindshardt die trichterartigen Vertiefungen der typischen Doppelschachtmündungen der Erzpingen. Aus der Größe der Trichter lassen sich Schlüsse über Tiefe oder Alter der Schächte ziehen.

Eine Reifenschachtanlage gab je nach Größe ca. 3 bis 6 Bergleuten Arbeit und Brot. Da der Kaller Erzbergbau in der Regel nebenerwerblich und eigenwirtschaftlich durchgeführt wurde, waren hier Großfamilien oder mehrere in Genossenschaften zusammengeschlossene Personen in Eigenlohn tätig. In einem zeitgenössischen Buch zur Geschichte der Eifeler Eisenindustrie (Virmond 1896) beschreibt der Autor diese meist im Familienverband durchgeführten Arbeiten:





„In der Nähe der Bergdörfer Kall und Sötenich werden jährlich viele tausend Karren Eisengestein vorzüglicher Güte durch den Bergbau gewonnen. Ein Schacht stößt an den anderen, und der eine Haufen erbeuteten Erzes ist größer als der andere. Alle, Männer und Weiber, Knaben und Mädchen, helfen hier einander, das Eisenerz zu Tage zu fördern. Der Vater steigt mit seinem Schrie in den tiefen Schacht mit dem Lämpchen in der Hand; beide suchen das Erz in langen Gängen auf, füllen ihre Körbe damit, und Frauen und Mädchen winden es zu Tage und leeren sie."

Ein so betriebenes Bergwerk konnte unter günstigen Umständen 200 bis 300 Karren im fahr (450 bis 650 t) fördern. Dabei wurden in der Regel zwei Hauer, zwei bis vier Korbfüller und Träger sowie zwei Zieher oder Zieherinnen beschäftigt.

Für viele Familien Kalls bildete der Bergbau die zweite, oftmals lebensnotwendige Erwerbsgrundlage, da die Ernten der Landwirtschaft auf den kargen Eifelböden selten gut ausfielen. Im Spätherbst, Winter und Frühjahr wurden die Gruben betrieben, in den Sommermonaten ruhte die Arbeit, teils wegen der Feldbestellung, teils wegen des Wettermangels (Luftzufuhr in den Gruben). Bis zu Beginn des 19. Jh. waren die Kaller Eisenerzlager bis zum Grundwasserspiegel abgebaut. Der technisch aufwendigere Abbau der Lagerstätten unterhalb der GWL sowie die Neuordnung des Bergrechtes durch den Preußischen Staat bewirkte 1823 den Zusammenschluß der einzelnen Kleinstgruben zu gemeinschaftlich genutzten Konzessionsfeldern.





Die Verhüttung von Eisen wurde vor dem 14. Jh. im Eifeler Raum in unmittelbarer Nähe der Erzgruben durchgeführt. Der erforderliche Gebläsewind wurde dabei von dem natürlichen Windzug des Berghanges oder durch Muskelkraft mit Blasebälgen erzeugt. Nach der Entwicklung der Stücköfen und Hochöfen, welche wegen des höheren benötigten Winddruckes wasserbetriebene Gebläse besaßen, zogen die Eisenhütten an die Wasserläufe in die Täler.

Damit trat auch das Problem des Erztransportes auf. Schwere, für die Last des Eisensteins gebaute ein- oder zweiachsige Karren mit breiten Radreifen, transportierten das Erz zu den Pochwerken der Hüttenbetriebe. Bei steilen Bergabfahrten wurden die Wagen mit Baumstämmen abgebremst, die auf der Erde schleifend hinterhergezogen wurden. Die Seitenwände der Karren waren durch Rungen gehalten und waren abnehmbar. Dadurch war ein relativ einfaches Abladen der Erzfracht möglich.

Im Gemeindegebiet Kall sind viele noch heute genutzte Wald- und Flurwege ursprünglich als Fuhrwege für die schweren eisensteinbeladenen Ochsenkarren angelegt worden. Sie führten aus den Pingengebieten Stahlfeld, Neue Concordia, Heidenacker-Lager und Girzenberg-Lager direkt zu den Verhüttungsbetrieben Kalls, Gemünds, in das Schleidener Tal oder in das Urfttal.





Schwer war die Arbeit der Kaller Bergleute, da mit einfachsten Werkzeugen gearbeitet werden mußte. Schlägel und Eisen, bekannt als Symbol der Bergbauindustrie, waren die frühesten (schon aus der Antike auf Vasenbildern überliefert) und einfachsten Werkzeuge der Bergleute. Jahrhundertelang blieben Form und Einsatz dieser Werkzeuge unverändert. Im Laufe der Zeit kam es jedoch zur Ausbildung von Varianten für spezielle Aufgaben, so daß dem Bergmann schließlich eine ganze Sammlung von Schlag- und Treibwerkzeugen zur Verfügung stand. Insgesamt werden sie in der Bergmannssprache als „Gezähe" bezeichnet.

So sind unterschiedliche Größen der Eisen überliefert. Man benutzte, je nach Härte der Gesteine, Bergeisen, Ritzeisen oder Sumpfeisen, sowie Keilhaue und Kratze. Weiteres Gezähe, das bei besonders hartem Gestein eingesetzt wurde, waren Fimmel, Keil, Plötz und Legeisen. Mit ihnen konnte der Bergmann durch Keilwirkung ganze Gesteinswandstücke aus dem Berg heraussprengen. Die Bezeichnungen dieser Werkzeuge waren jedoch regional sehr unterschiedlich.

Geschlagen wurde immer mit den Fäusteln oder Schlägeln, die es für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle in vielen Größen gab. Die Eisen wurden an ihren hölzernen Stielen erfaßt und mit dem gespitzten Ende an das Gestein gehalten, während man mit dem Fäustel auf das flache Ende schlug. Die Stiele der Fäustel waren verhältnismäßig schlank, damit sie durch ihre Elastizität beim Schlagen höhere Energien entwickelten. Da die Eisen durch den Gebrauch schnell stumpf geschlagen waren, führten die Bergleute stets eine größere Anzahl Bergeisen mit sich. Sie wurden anschließend zum Schärfen in der Schmiede nachgeschmiedet. Andere Werkzeuge waren Durchschlag- und Brecheisen. Sie und die mit Eisenspitzen beschlagenen Holzstangen nutzten die Hebelwirkung, um Gesteine zu lösen. Die Keilhaue wurde zum Lösen lockerer Steine und Erze benutzt, während man mit der Kratze und der Schaufel das gewonnene Gestein oder Erz zum Abtransport in Karren, Tröge oder Körbe verlud.





Das gelöste taube Gestein und die wertvollen Erze mußten vom Bergmann aus der Tiefe geborgen werden. Hierzu benutzte er Hilfsmittel, die das Sammeln vor Ort erleichterten, den Transport innerhalb der Grube zum Schacht ermöglichten und gleichzeitig ohne Umladen die Bergung durch den Reifenschacht erlaubten.

Dazu wurden Kübel benutzt, die ein Volumen von ca. 40 Liter faßten. Sie waren aus kräftigen, hölzernen Brettern wie Fässer zusammengesetzt und durch Eisenbänder verstärkt. Ihre oben weite, nach unten schmale konische Form, erlaubte ein einfaches Einfüllen mit der Schaufel oder mit der Hand. Ein kräftiger Eisenbügel ermöglichte das Einhängen in den Haken des Förderseils. Das Gewicht eines mit Erz gefüllten Kübels erreichte gut 100 bis 120 kg. Die geborgenen Erze wurden mit Schubkarren zur Weiterverarbeitung (Zerkleinern, Auslesen) gekarrt. Das taube Gestein brachte man zum Ablagern auf die Halde, die praktikablerweise direkt neben der Grube, meist ringförmig angelegt war. Teilweise wurde das taube Gestein auch dazu benutzt, um alte, ausgebeutete und verlassene Gruben in der Nachbarschaft wieder zu verfüllen.





Eingedrungenes Regen- oder Grundwasser wurde mit Schöpfkannen in Wasserkübel geschöpft. Die Wasserkübel wiesen eine ähnliche Konstruktion auf wie die Erzkübel. Bei ihnen verjüngte sich die konische Form jedoch zur Öffnung hin, damit das Wasser beim Transport nicht verschüttet wurde. Das aus der Grube heraufbeförderte Wasser ist durch sogenannte Gerinne vom Reifenschacht fortgeleitet worden.

Gefährlich war die Arbeit der Kaller Bergleute. Die Sterberegister der Pfarre Kall und der umliegenden Dörfer berichteten immer wieder von tragischen Unglücken mit Todesfällen in den Gruben. Da die Gruben meist nur im Winter und nebenerwerblich betrieben wurden, legte man sicherlich nicht allzu großen Wert auf teuere Sicherungsmaßnahmen. 1819 führte das Oberbergamt wegen der hohen Zahl von Unfällen die Unfallmeldepflicht ein. Danach waren Bergwerkunfälle innerhalb von 24 Stunden zu melden. Zur Abwehr von Unfallgefahren erließ das Königl. Preuß. Oberbergamt Bonn Verordnungen zur Sicherheit bei der Ein- und Ausfahrt der Bergleute (vom 23. April 1824) sowie die Verordnung gegen den Betrieb von Reifenschächten (vom 19. März 1829). Leider wurden diese Verordnungen in Kall nicht sonderlich stark beachtet, denn der Bergmeister stellte immer wieder Verstöße gegen diese Festlegungen fest. Ein altes Gebet aus der Zeit der Eisensteingewinnung läßt erahnen, daß die Bergleute die Gefahren kannten, denen sie in der Grube ausgesetzt waren:





Im Grunde konnte man alle Kaller Eisenerze so verhütten wie sie in den Erzgruben anfielen. Vielfach war aber das Erz mit dem tauben Gestein sehr eng verwachsen. Es wurde auch in solchen Stückgrößen gefördert, daß es für die Hüttenwerke wirtschaftlicher war, sie für den Verhüttungsprozeß im Hochofen vorzubereiten.

Unter Vorbereiten verstand man das Brechen reiner, grobstückiger Eisenerze auf eine für das Hochofenverfahren günstige Stückgröße bis ca. 50 mm. Erzstücke die mit taubem Gestein verwachsen waren, wurden aufbereitet, indem sie ebenfalls durch Brechen zerkleinert wurden. Anschließend wurden die eisenhaltigen Stücke von Hand ausgelesen. Die Arbeit der Erzklopfer bezeichnete man mit dem franz. Ausdruck bocquer Das Aufbereiten der Erze nannte man waschen, da es oftmals mit Unterstützung des fließenden Wassers durchgeführt wurde. Während das Klopfen reine Männerarbeit war, wurden in der Erzwäsche auch vielfach Frauen und Kinder beschäftigt





Später nutzte man die Wasserkraft. Die Eisenerze wurden dann in der Nähe der Eisenhütten in Pochwerken durch mehrere auf und ab bewegte Stößer zerkleinert. Die Stößer waren am unteren Ende mit Eisenschuhen bewehrt. Anschließend wurde das zerkleinerte Erz in der Erzwäsche vom tauben Gestein befreit . Wasser diente dabei als Transportmittel und förderte gleichzeitig die Trennung. Durch diese Aufbereitungstechnik, insbesondere durch das Abtrennen der tauben Bestandteile, erhielten die Reitwerke ein Konzentrat, das je Tonne einen viel höheren Eisengehalt hatte als das geförderte Roherz. Außerdem wurde der Gang des Hochofens durch kleinstückiges Erz verbessert und Brennstoff, also Holzkohle, für das sonst zwangsläufige Aufschmelzen des anhaftenden tauben Gesteins gespart.

Die Kaller Eisenstollen

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Brauneisensteinlager im Bereich der Kindshardt, der Loshardt und des Girzenberges bis auf den Grundwasserspiegel abgebaut. Da ein weiterer Abbau nur durch eine Grubenentwässerung mittels Wasserlösungsstollen möglich war, mußten die vielen kleinen Partialfelder zusammengelegt werden. Für den einzelnen Grubenbesitzer war nämlich ein Stollenvortrieb zur Wasserlösung zu kostspielig. So erfolgte 1823 der Zusammenschluß der Partialfelder zu einzelnen Konzessionen:

Kaller Stollenfeld, im Bereich des Heidenackerlagers; Beust-Stollenfeld, am Girzenberg; Konzession Concordia, im Bereich der Loshadt.

Man begann 1825 mit dem Vortrieb eines Wasserlösungsstollens im Bereich der Konzession Concordia. Dieser setzte im Urfttal an der heutigen Straße Am Hüttengraben ein und verlief in westsüdwestlicher Richtung. Da er nach 315 m Streckenlänge das Eisenerzlager noch nicht erreicht hatte, stellte man 1834 die Vortriebsarbeiten ein. Ein erneuter Versuch 1874 führte zu einem weiteren Ausbau des Concordia-Stollens. Ein Abzweig wurde in südwestlicher Richtung bis unter die alten Pingenfelder der Rinner Heide getrieben. Da man immer noch nicht die Art des Lagers erkannt hatte und unterhalb der erzführenden Schicht angelangt war, teufte man am Endpunkt einen neuen Schacht ab, der in 35 m Tiefe auf das Erzlager traf und damit ebenfalls 35 m über der Stollensohle lag. Die Mächtigkeit betrug 1 bis 6 m. Der Concordia-Stollen ist heute nicht mehr zu sehen. Sein Mundloch (portalartiger Eingangsbereich eines Stollens) wurde Abgerissen und der Stollen im Mundlochbereich verfüllt.

Bis ins Jahr 1978 erinnerte das Mundloch des sogenannten Haak-Stollens in Kall an den alten Bergbau, der für Kall und seine Umgebung über viele Jahrhunderte so bedeutsam war. Der Haak-Stollen wurde ab 1865 auf die Eisenerzvorkommen an der Kindshardt zugetrieben, um tiefere Bereiche des Abbaufeldes Stahlberg, das eigentliche Hauptlager, zu erschließen. Im Jahre 1838 hatte der Herzog von Arenberg eine Konzession unter dem Namen Stahlberg erworben und seither umfangreiche Versuchsarbeiten durchgeführt.

Das Bergwerk mußte einige Bedeutung besessen haben, wenn man die aufwendige neo-barocke Architektur des Mundloches betrachtet. Der Eingang wies seitlich des aus sauber behauenen großen Steinquadern gefügten Mundloches zwei Pilaster auf, deren Kämpfer sich mit dem horizontalen Abschlußgesims der im Hang vorgelagerten Böschungsmauer verkröpft hatten. Dieses Mundloch wurde im September 1865 vollendet. Auf einer Steinplatte oberhalb des Gesimses ist zu lesen: „Haak-Stollen, September 1865".

Der Haak-Stollen erreichte eine Länge von 1538 m. Die ersten 20 m waren mit einem hohen Ziegeltonnengewölbe ausgebaut. Danach verkleinerte sich der Querschnitt, es war offenbar kein weiterer Ausbau nötig. Der Stollen erlangte nie die beabsichtigte Bedeutung, da die Arbeiten vor Erreichen des Erzvorkommens wegen schwieriger Wasserhaltungsbedingungen eingestellt wurden. Erfolgreicher verlief das Vorhaben des Concordia-Stollens, der seit 1825 auf die Erzvorkommen der Loshardt vorgetrieben wurde, diese aber erst im Jahre 1878 erreichte, also nur wenige Jahre vor Beendigung des Eisensteinbergbaues.

In den Kriegsjahren 1944/45 fiel dem Haak-Stollen eine besondere Bedeutung zu: Er diente als Luftschutzraum für die Zivilbevölkerung und gleichzeitig als Notkirche für die katholische Gemeinde St. Nikolaus in Kall. Das Mundloch und der Eingangsbereich des Haak-Stollens mußten Ende 1978 dem Neubau des Berufsschulzentrums weichen.

Zu den bergwirtschaftlich bedeutendsten Gruben der Eifel gehörte der Beust-Stollen bei Sötenich. Im Jahre 1838 hatte der Herzog von Aremberg nahezu alle Eisensteinfelder am Girzenberg bei Sötenich und bei Keldenich erworben und ließ von Sötenich aus einen Wasserlösungsstollen (auch Tiefe Stollen genannt) vortreiben. Dieser Stollen wurde zu Ehren des Direktors der preußischen Bergbehörde „Graf Beust-Stollen" genannt. Im Jahr 1853 hatte der Stollen eine Länge von 711 m, 1855 war es bereits 972 m lang. Im Girzenberger Feld fuhr man in der Eisensteinlagerstätte, die flach geneigt war, eine Hauptförderstrecke auf und baute das Lager im Pfeilerbau ab. Es wurden auch mehrere Gesenke abgeteuft. Die dazu notwendige Wasserhaltung sowie die Schachtförderung erfolgten im Nußbaumschacht mit Hilfe einer Dampfmaschine. Als der Beust-Stollen 1856 eine Länge von 1047 m besaß, begann man das letzte Lichtloch des Stollens als Hauptförderschacht auszubauen. 1857 wurde die Dampfförderanlage vom Schacht Nußbaum über den Hauptförderschacht versetzt. Man schloß ein reiches Eisensteinlager auf, das nahezu 800 m lang, 260 m breit und bis zu 18 m mächtig war. Gleizeitig trieb man den Stollen bis zum Jahr 1873 auf 1477 m Länge vor. Bei diesem Vortrieb traf man auch auf Braun- und Toneisensteinvorkommen, die ebenfalls abgebau worden sind. 1880 mußte man die Förderung stark einschränken, für das Jahr 1881 zeigen die Statistiken dann die letzte reguläre Förderung auf.

Seit 1870 hatte man die Förderung nicht mehr im Schacht gehoben, sondern über die Stollensohle zur 1868 vor dem Mundloch errichteten Erzwäsche transportiert. Diese Wäsche wurde mit Grubenwasser gespeist. Das fertig aufbereitete Gut wurde über Sturzvorrichtungen der Eisenbahn zugeführt, die ab 1867 bis Sötenich und Kall ausgebaut war.

In Sötenich erinnert noch das Mundloch des Beuststollens innerhalb einer Kalksteinwand an den Bergbau. Die heutige Gestaltung des Platzes (gegenüber einem Autohaus) zeigt in keiner Weise , daß sich hier bis in die 1970er Jahre das aufwendig gestaltete Mundlochgebäude befunden hat, das 1873 vom Herzog von Arenberg errichtet wurde. Das aus großen Kalksteinquadern errichtete Gebäude hatte ein spitzbogenartiges Mundlochportal, in dessen Scheitel das Bergbauemblem Schlägel und Eisen eingebunden worden war. Im Giebel befanden sich sowohl das arembergische Familienwappen und die Jahreszahl 1873. Ein dahinter liegender zweiter Baukörper verband das Mundloch mit dem Stollen. Es ist unverständlich, daß die Denkmalpflege dieses wertvolle und einmalige Gebäude, ebenso wie das Stollenmundloch des Haak-Stollens, nicht erhalten hat.

Die Verhüttung in den Reitwerken Kalls

Das Kaller Eisenerz transportierte man zu den naheliegenden Hüttenbetrieben, den Reitwerken (vom mhd. Verb: reiten = aufbereiten), die im Urfttal oder im Schleidener Tal lagen. Hier wurde es in den Hochöfen und Frischfeuern durch die Kunst der Reitmeister zu schmiedbarem Eisen verarbeitet.

Wann in Kall das erste Hüttenwerk errichtet wurde, ist unbekannt. Im Jahre 1429, so belegt eine Urkunde, schenkte ein Kaller Bürger und Anteilseigner einer Bleihütte „den dritten Teil der untersten Bleihütte ober Call gelegen" der Abtei Steinfeld mit der Auflage, regelmäßig ein Jahrgedächtnis für ihn zu lesen. Diese Hütte lag im Bereich des heutigen Bahnhofs und findet später als "Kaller Kirchenhütte" in vielen Urkunden Erwähnung. Das Steinfelder Urbar von 1502 nennt eine Hütte in Kall die „unweit der Brücke" betrieben wurde. Überhaupt hat das Kloster der Prämonstratenser, gegr. 920, einen entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung der Eifeler Eisenindustrie gehabt.

Schon der Klostername Steinfeld deutet auf Erzgewinnung hin. Funde von Aufwürfen ehemaliger Eisenschmelzen unweit des Klosters geben Zeugnis früher Eisengewinnung.

Namentlich bekannt sind spätere Kaller Reitwerke: das Werk Callbach, eine Hütte, die 1780 gegründet und oberhalb Kalls zwischen Loshardt und Kallbach lag und die Hütte Eisenau, im Jahr 1778 erbaut, die später Marienhütte genannt wurde, um Verwechslungen mit einer Hütte gleichen Namens bei Gemünd vorzubeugen.





Kaller Eisenerze wurden aber auch zu benachbarten Orten geliefert. So sind Erzlieferungen nach Urft zur Rosaueler Eisenhütte (Neuwerk), gegr. 1710, und zur Steinfelder Hütte, gegr. 1726, bekannt. Ferner zu den Dalbendener Hütten (Altwerk), gegr. 1646, und Dalbendener Neuhütte, gegr.1725, nach Sötenich zur Hütte Münchenrath, gegr.1725, und nach Mauel, wo urkundlich bestätigt bereits 1425 ein Hochofen (ein sog. „Hitzerich") zur Aufbereitung von Eisenerz gestanden hat. Die konkurrierenden Reitwerke der näheren Umgebung gehörten zu unterschiedlichen Landesherren. So gehörten die Gemünder Hütten zur Herrschaft Jülich, die Hütte Freudenthal an der Olef lag auf Dreiborner Territorium, die Hütten im Schleidener Tal und die Kaller Hütte Eisenau waren auf Schleidener Gebiet errichtet, die Steinfelder Hütte war Besitz des Klosters Steinfeld. Zwistigkeiten zwischen den Reitmeistern und zwischen den Landesherren blieben wegen der starken gegenseitigen Konkurrenz der Reitwerke bei der Lieferung von Erzen und Holzkohle nicht aus. Dies begünstigte auch Erzlieferungen aus den Pingenabbaufeldern Kalls zu entfernteren Hütten z.B. denen des Schleidener Tales.

Das frühe Verfahren zur Erzeugung von Eisen war das Erschmelzen der Erze im Rennofen. Eine mit einem Rauchabzug versehene Erdgrube, die wegen des Windzugs meist an einem Steilhang eingegraben und mit Lehm ausgeschmiert war, wurde mit Erz und Holzkohle gefüllt. Nach dem Anzünden erzeugte der Rennofen Temperaturen, die das Erz teigig werden und zu einem Klumpen, der Luppe, zusammenbacken ließ. Sie bestand aus einem Gemisch von Eisen und vielen Verunreinigungen (Schlacken).

Diese unerwünschten Reste wurden durch Hämmern herausgeklopft. Den Vorgang des Erhitzens und Klopfens wiederholte man so lange, bis ein genügend von Schlacke gereinigter, schmiedbarer Eisenklumpen entstand. In Kall wurden Rennfeuer bis ins 16. Jahrhundert hinein betrieben. In der Eifel waren auch später noch vielerorts Rennfeuer neben den Hochöfen in Betrieb, um die noch eisenhaltige Schlacke des Hochofens weiter nutzen zu können.





Aus dem Rennfeuerverfahren entwickelte sich der Stückofen, der schon wasserbetriebene Blasebälge besaß und deshalb nur neben den Bachläufen betrieben wurde. Auch in Stücköfen erzeugte man schmiedbare Eisenklumpen, die schon ca. 100 kg Gewicht hatten. Man nannte diese Klumpen „Stück" oder „Wolf ". Der 1425 urkundlich erwähnte „Hitzerich" bei Mauel war ein solcher Stückofen.

Der Hochofen setzte sich in Deutschland, obwohl schon früher entwickelt, erst im 15. Jh. durch und wurde seit dem 17. Jh. auch in Kall betrieben. Diese Ofenform besaß Winddüsen zum Einblasen der Luft. Um nicht zuviel Wärme zu verlieren, baute man um den eigentlichen Ofen ein meterdickes „Rauhgemäuer". Das flüssige Roheisen staute man im Innern hinter dem Wallstein der offenen Brust an, von wo es mit Gießkellen abgeschöpft werden konnte. Das Eisen, das nicht unmittelbar zum Vergießen aus dem Vorherd geschöpft wurde, ließ man gewöhnlich zwei- bis dreimal täglich in ein Sandbett, dem Masselbett, laufen und formte so eine dreikantige Massel.





Die Beschickung des Ofens erfolgte durch Träger über die Gicht, die mit einer niedrigen Brustwehr, dem Gichtkranz, umgeben war. Die Hochöfen waren meist rundherum von einem Gebäude umbaut, unter dessen Dach auch die Gießerei, die Radstube (Wasserräder) und das Gebläse Platz hatten. Im Dach war eine weite Öffnung belassen, durch welche die Gichtflamme emporzüngelte. In der Eifel erhob sich über der Gicht wegen der Brandgefahr vielfach ein hoher, gemauerter Kamin.

Die Schlacken des Hochofens, die dem Eisen obenauf schwammen, mußten regelmäßig ausgeräumt werden. Wegen der damaligen mangelhaften Technik hatte die Schlacke noch vielfach einen hohen Gehalt an Eisenoxyd. Um dieses Eisen doch noch nutzen zu können, zerkleinerte man es in Schlackenpochwerken und trennte anschließend in Schlackenwäschen die eisenoxydhaltigen Teile heraus. Sie wurden dann entweder wieder dem Hochofen oder eigens dafür betriebenen Rennfeuern zugeführt.

Das vom Hochofen erzeugte Roheisen war nicht zum Schmieden geeignet. Es wurde deshalb in einem Herdfeuer, dem Frischfeuer, oxydierend behandelt. Dabei brannte der hohe Kohlenstoffgehalt des Eisens bei gleichzeitiger Erhöhung des Schmelzpunktes ab. Diesen Vorgang nannte man „Frischen" (d. h. von einem Mangel befreien). Dabei bildete sich eine teigige Masse, die „Frischluppe", die wegen des gestiegenen Schmelzpunktes des Eisens nicht mehr so flüssig war wie das Roheisen. Gleichzeitig entstand eine eisenoxydhaltige Schlacke, die Frischschlacke, die durch ihren Eisenoxydgehalt den Frischvorgang förderte.





Um ein gutes und gleichmäßiges Schmiedeeisen zu erzeugen, fing man das niedertropfende Eisen unmittelbar vor der Windform auf, indem man einen Eisenstab unter fortwährender Umdrehung unter die Windform hielt. Man nannte diese Arbeitsweise das „Anlaufnehmen". Wenn die Luppe eine bestimmte Dicke erreicht hatte, brachte man den Anlaufstab unter den Hammer der Frühschmiede, hieb die Luppe ab und legte den Stab wieder in das Frischfeuer. Die teigige Frischluppe wurde zu einem Block ausgeschmiedet, der dann unmittelbar anschließend oder nach einer weiteren Erwärmung in einem Hammerfeuer unter dem Reckhammer zu Platten oder Stäben ausgeschmiedet wurde. Das Frischen und Ausschmieden der Luppe wurde ursprünglich nur in Reitwerken vorgenommen. Die Frischfeuer standen mit den Hochöfen meist unter einem Dach. Später entwickelten sich auch die „Hämmer zu besonderen Betrieben, die oft anderen Besitzern gehörten.

Die Frischfeuer wurden von den in England entwickelten Puddelöfen abgelöst, bei dem die Eisenluppe nicht mehr den direkten Kontakt mit dem Brennstoff hatte, sondern indirekt durch Rauchgase beheizt wurde. Die Kaller Hütte Eisenau wurde noch 1834 mit zwei Puddelöfen ausgestattet und zählte dann mit ebenfalls neu errichteten Schweißöfen sowie Schneid- und Walzanlagen zu den modernsten Anlagen Deutschlands.

Einen besonders hohen Wert hatte Stahl. Es war ein besonders hartes schmiedbares Eisen. Stahl war anfangs ein Zufalls- und Nebenprodukt des Rennverfahrens, aber schon früh erkannte man, daß sich bestimmte Erze besonders gut zur Stahlerzeugung eigneten. Man wußte damals noch nicht, daß solche Erze reich an Mangan und arm an Verunreinigungen sind.

Der Niedergang der Kaller Eisenindustrie

Die Verkaufserfolge der Eifeler Eisenprodukte unterlagen im Laufe ihrer Montangeschichte immer gewissen Schwankungen. Die letzte erfolgreiche Periode lag in der Zeit der franz. Besatzung um 1800. Nach dem Zusammenbruch Frankreichs und der daraus folgenden europäischen Neuordnung hofften die Hüttenbetriebe auf eine Fortsetzung dieser günstigen Entwicklung auch unter der preußischen Verwaltung. Jedoch schon die ersten Jahre unter preußischer Herrschaft brachten einen unerwarteten Absatzeinbruch für Eifeler Hüttenwerke. Der Preis für Eisenerzeugnisse verfiel durch die Einfuhr der billigen englischen Importe. Die in England entwickelten Methoden (Kokshochofen, Puddelstahlwerk) zur Gewinnung von Roheisen und Stahl über den billigen fossilen Brennstoff Kohle, der im Gegensatz zur Holzkohle auch in nahezu unbegrenzter Menge zur Verfügung stand, ließen einen Stahlwerkstoff erzeugen, der bei vergleichbarer Qualität wesentlich preiswerter herzustellen war.

Als im Jahre 1834 der deutsche Zollverein gegründet wurde, gab es große Hoffnung auf einen neuerlichen Aufschwung der Eifeler Eisenindustrie. Und in der Tat erholte sich die Nachfrage nach den einheimischen Eisenprodukten durch die künstliche Verteuerung der ausländischen Waren. Das erneute Aufblühen der eisenschaffenden Industrie war auch in Kall zu spüren. Poensgen errichtete auf der Hütte Eisenau in Kall im Jahr 1834 eines der modernsten Stahlwerke Deutschland, das z.B. mit zwei nach dem englischen Patent arbeitenden Puddelöfen ausgerüstet war.

Leider erfüllten sich die hochgesteckten Erwartungen nicht. Besonders das Fehlen guter Transportwege zu den Absatzmärkten machte das in Kall und der Eifel produzierte Eisen sehr teuer. Während die Handelsschiffe Englands die Eisenprodukte bequem zu den Handelsplätzen entlang des Rheins bringen konnten, wurde das Eifeler Eisen meilenweit mit Pferdekarren über schlechte, teilweise ausgefahrene und unbefestigte Wege geschaukelt.

So wurden die Hochöfen der Eifel nach und nach ausgeblasen. Zuerst stellte der Hochofen des Reitwerkes in Hellental seine Arbeit ein. Dies war im Jahr 1852, es folgte Hochofen auf Hochofen. Auch die begleitenden Betriebe wie Hammerhütten,Schmieden, Schneid- und Walzwerke sowie Drahtziehereien stellten ihre Arbeit ein. Wann die Kaller Hüttenbetriebe ihre Arbeit einstellten, ist leider nicht mehr festzustellen. Als im Jahre 1867 die Eisenbahngleise der neuen Strecke Köln/Trier Kall erreichten, lag die Eisen- und Stahlproduktion in Kall schon still. Lediglich eine Faconschmiede, entstanden aus der alten Hütte Kallbach an der Loshardt gelegen, war noch in Betrieb. Im alten Hammerwerk dieser Hütte sind in den Folgejahren noch große Schmiedestücke hergestellt worden, wie z.B. Schiffsschrauben. Das berühmteste Bauteil dieser Schmiede war der Klöppel der „Kaiserglocke" im Kölner Dom. Mit 27 to war diese Glocke die größte der Welt. Ihr in Kall geschmiedeter Klöppel hatte ein Gewicht von mehr als einer Tonne.

Der Kaller Eisenstein des Beust-Stollens ist noch einige Jahre weiter ausgebeutet worden. Die Erze wurden über die neuen Bahngleise nach Eschweiler verfrachtet. Aber auch hier zeichnete sich ein Ende aus wirtschaftlichen Gründen ab. Die Kaller Eisen-Montangeschichte ging mit der Eifeler Montangeschichte zu Ende.





Literaturverzeichnis

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Schalich, F.K. Schneider, G. Stadler, Die Bleierzlagerstätte Mechernich, Krefeld 1986

Dr. K.-H. Ribbert, Erläuterungen zur geologischen Karte, Blatt 5405 Mechernich, Krefeld 1985

Wighart v. Königswald, Wilhelm Meyer, Erdgeschichte im Rheinland, Bonn 1994

Koch, Koch, Larres, Poll, Keldenich - Geschichte unseres Heimatdorfes, Keldenich 1980









Aus: 100 Jahre Eifelverein Ortsgruppe Kall 1895 bis 1995, Festschrift der Ortsgruppe Kall des Eifelvereins aus Anlaß des 100-jährigen Jubiläums in Verbindung mit dem Eifeltag des Eifelvereins und dem Bezirkswandertag der Bezirksgruppe Euskirchen, 89 S.



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