100
Jahre Erfttalbahn
Aus der Festschrift zum 100-jährigen
Jubiläum der Bahnstrecke Euskirchen - Bad Münstereifel
1890 - 1990
Ramtamtam-Wagen
auf der Strecke Euskirchen - Münstereifel-
Von Hans Regh
- Ein Blick zurück in die
Geschichte der deutschen Eisenbahnen gibt uns auch Aufklärung
über die gebräuchlichen Wagenklassen in den Reisezügen.
Nicht alle Eisenbahnen begannen ihren Betrieb mit drei Wagenklassen;
manche unterschieden nur zwischen offenen und "geschlossenen
Wagen. Einzelne Bahnen hatten sogar gleich bei ihrer Eröffnung
noch eine vierte Klasse eingerichtet, die allerdings jegliche
Bequemlichkeit entbehren ließ und nicht einmal Sitzgelegenheit
bot; der Volksmund nannte diese Gefährte "Kälberwagen".
Aber die vierte Klasse bewährte sich so gut, daß
allmählich auch die anderen Bahnen dazu übergingen, vier
Klassen einzurichten.
-
Die Tarifgestaltung der
einzelnen Eisenbahnen war sehr unterschiedlich. Erst 1907 wurden von
den deutschen Staatsbahnen Einheitsätze für die einzelnen
Wagenklassen eingeführt. So ergab der sogenannte "Reformtarif
in der vierten Klasse 2 Pf., in der dritten Klasse 3 Pf., in der
zweiten 4,5 Pf. und in der 1. Klasse 7 Pf. für den Kilometer.-
- Um 1870 etwa hatte die 4. Klasse
nur Stehplätze; bei der etwas komfortableren Ausführung
waren an den Längseiten Sitzbänke aus Brettern und darüber
einfache Gestelle für das Gepäck angebracht. Der gesamte
Raum bot eine gute Unterbringungsmöglichkeit für die
"Reisenden mit Traglasten ".
-
- Die vorstehenden Erläuterung
waren angebracht zum besseren Verständnis eines Leserbriefes,
den die "MünstereifeIer Zeitung" in ihrer Ausgabe Nr.
29 vom 11. 4. 1928 veröffentlichte. In diesem Brief beschwert
sich der Leser, daß er nach längerer Unterbrechung wieder
einmal die gewohnte Strecke Münstereifel - Euskirchen wie
üblich in der 4. Klasse gefahren sei, und er beim Abgehen des
Zuges festgestellt habe, daß 4. Klasse - Wagen "neuerer
Bauart" mit Sitzreihen fehlten und stattdessen Wagen ältester
Konstruktion eingestellt waren, die "man sonst kaum noch
antrifft und die eigentlich ausrangiert sein sollten ".
-
Der Briefschreiber führt -
wenn er einmal schon dabei ist - noch weitere Mängel für
seinen Einsteigebahnhof und das verwendete Wagenmaterial auf:-
- a) Schon seit Jahren ist die
"Lokomotivstation" abgebaut,
-
b) von 7.00 - 11.00 Uhr besteht
"keine Verbindung mit der Außenwelt",-
c) "Die 4. Klasse-Wagen
haben keine Toilette. Zum Austreten benutzt man Haltepausen auf den
Bahnhöfen. Frauen mit Kindern suchen den Verbindungsperron auf;
junge Damen ziehen sich nach vergeblichen Suchen und Öffnen der
Verbindungstür errötend auf ihren Platz zurück."-
- Zum Schluß seiner
Zuschrift stellt der Leser die Frage, ob diese Zustände mit den
"Ramtamtam-Wagen" dauernd sein sollen oder man bei der
bevorstehenden Fahrpreiserhöhung an die Abwanderung in höhere
Wagenklassen denke.
- Dieser Leserbrief ist Anlaß
für den "Gewerbe- und Handwerkerverein Münstereifel",
sich mit Schreiben vom 14. April 1928 an die Reichsbahngesellschaft
(Betriebsamt Euskirchen) zu wenden und zum Ausdruck zu bringen, daß
eine entsprechende Änderung getroffen werde.
-
- ©
Copyright
2001 wisoveg.de
Zur
Homepage