100 Jahre Erfttalbahn
Aus der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Bahnstrecke Euskirchen - Bad Münstereifel 1890 - 1990


Die Gemeinde Weingarten - Rheder sorgt sich um die Stadt Münstereifel
Von Hans Regh


6. Juli 1886

Der Gemeinderat von Weingarten -Rheder befaßt sich zum erstenmal mit dem Thema Bau einer Eisenbahnstrecke Euskirchen - Münstereifel über Stotzheim - Weingarten - Arloff - Iversheim". Er spricht sich gegen das Bauvorhaben aus, lehnt die unentgeltliche "Herausgabe von Grundeigenthum" entschieden ab und begründet dies pauschal damit, daß der Bahnbau der Gemeinde nur Nachteile bringen werde und selbst der Stadt Münstereifel ein schlechter Dienst geleistet würde. "Münstereifel ist nämlich eine Geschäftsstadt, in der die Bewohner der umliegenden Ortschaften ihre Einkäufe machen. Wird Münstereifel in direkte Verbindung gesetzt, so werden die Einkäufe, die bis jetzt in Münstereifel, einer Stadt, die ohnehin sehr zurückgegangen ist, gemacht werden, für die Folge in Euskirchen, einer blühenden Stadt, die sich in den letzten 20 Jahren mindestens um das Dreifache vergrößert hat und noch beständig zunimmt, gemacht werden. Es scheint dem Gemeinderat unbillig, daß Gemeinden, die durch Chauseebauten wesentliche Kosten erbracht haben - wie dies bei Weingarten und Rheder der Fall ist, durch Eisenbahnbauten geschädigt werden."


1. Oktober 1886

Der Gemeinderat bittet dringend, "dahin zu wirken ", daß der zwischen Kirspenich und Arloff geplante Bahnhof in unmittelbare Nähe des Ortes Weingarten verlegt wird. Er weist darauf hin, daß die Gemeinde Weingarten - Rheder, wenn keine "Haltestelle" in unmittelbarer Nähe von Weingarten eingerichtet würde, vom Verkehr vollständig abgeschnitten sei. Die Gemeinde Stotzheim habe seinerzeit im Gegensatz zur Gemeinde Weingarten - Rheder wegen der hohen Kosten die Provinzialstraße nicht über Stotzheim haben wollen und käme nun durch die Führung der Strecke Euskirchen - Münstereifel in den Genuß eines "Hauptverkehrs ".


31. Januar 1888

Der Gemeinderat beantragt, in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Weingarten, d.h. in einer Entfernung von 200 Meter unterhalb des auf die Hardtburg führenden Weges einen "Bahnhof' zu errichten. Im Laufe der Jahre werden die unterschiedlichsten Begriffe erwähnt, und zwar "Haltepunkt", "Haltestelle" und "Bahnhof'. Es erscheint daher sinnvoll, hierzu eine Erläuterung zu geben. Als "Haltepunkt" bezeichnet man Bahnanlagen ohne Weichen, wo Züge planmäßig halten, beginnen oder enden dürfen.

"Haltestellen " sind Abzweigstellen usw., die mit Haltepunkten verbunden sind. "Bahnhöfe " sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, kreuzen, überholen oder mit Gleiswechsel wenden dürfen. Im Grundsatz dürften diese Bedingungen auch 1890 so bestanden haben.


30. Mai 1888

Etwa in der Mitte zwischen Weingarten und Rheder soll innerhalb von 3 Jahren nach Eröffnung des Bahnbetriebs ein Bahnhof mit Güterverkehr eingerichtet werden. Seitens des Gemeinderats wird noch bemerkt, daß für die Planung eines Bahnhofs zwischen Arloff und Kirspenich hauptsächlich das dortige Tonlager maßgebend gewesen sei, aber die Entfernung zu einem Bahnhof unterhalb Weingarten nur unwesentlich größer sei. Der Verkehr von den "unbedeutenden Ortschaften" Calcar und Wachendorf wäre nicht nennenswert. Der Gemeinderat argumentiert weiter, daß von den westlich gelegenen Ortschaften "wegen der steilen Berge" kein Verkehr zu erwarten sei. Für die Ortschaft Antweiler und den Broicherhof wäre ein Bahnhof bei Weingarten zweckmäßiger. Das gelte auch für den Forstfiskus im Hardtwald.


8. September 1889

Der Gemeinderat beschließt, der Stadtgemeinde Euskirchen als Beitrag zu den Grunderwerbskosten 1500 M zu zahlen, falls bei Weingarten ein Haltepunkt für Personenverkehr errichtet und dauernd unterhalten wird. Er will ferner die Kosten für den erforderlichen Grunderwerb tragen.


20. Dezember 1889

Der Gemeinderat nimmt von der "verehrlichen Verfügung" des Landrats und dem Beschluß der Stadtverordneten-Versammlung zu Euskirchen Kenntnis, wonach von der Gemeinde Weingarten - Rheder die Übernahme der halben Grunderwerbskosten in Höhe von 11 564 M beansprucht wird. Er lehnt den Vorschlag, 3 000 M zu bewilligen, ab.


19. März 1890

Der Gemeinderat von Weingarten -Rheder beschäftigt sich ein letztes Mal mit dem Bau der Eisenbahnstrecke Euskirchen -Münstereifel. Es wird ein Haltepunkt eingerichtet, der nunmehr 100 Jahre Bestand hat.

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