Aus: „Der Stadtverkehr Januar 1965, 10. Jg


Die ALWEG-Bahn Tokio-Haneda

Von Dipl-Ing. Ernst-Dieter Wendt, Köln


Mit der Aufnahme des Linienverkehrs zum internationalen Flughafen Tokio - Haneda am 17. September 1964 wurde die bisher bedeutendste ALWEG-Bahn in Betrieb genommen. Damit wird diesem verhältnismäßig jungen Verkehrsmittel erstmalig die betriebliche Bewährung unter den Bedingungen eines echten Massenverkehrs auf die Dauer vieler Jahre abverlangt.

Die ALWEG-Bahn Tokio-Haneda ist ein Flughafenzubringer. An diese Feststellung sei sogleich die durchaus provokatorisch gemeinte Bemerkung geknüpft, daß sie mehr ist als nur eine bequeme Möglichkeit, von der City einer Millionenstadt zum außerhalb gelegenen Flughafen und umgekehrt zu gelangen. Kennzeichnend für die Situation sind hier einmal das schon jetzt sehr große Verkehrsbedürfnis mit Zuwachsprognosen in bei dieser Verkehrsart ungewöhnlicher Größenordnung, sodann die für Tokio typischen schwierigen Verkehrsverhältnisse allgemeiner Natur und nicht zuletzt die topographischen und siedlungsbedingten Gegebenheiten. Eben die Befriedigung dieses mit den Jahren noch steigenden Verkehrsaufkommens, das die gleiche Größenordnung wie die vieler innerstädtischer U-Bahn-Linien aufweist, und die Überwindung eben dieser städtebaulichen und topographischen Schwierigkeiten geben der ALWEG-Bahn Tokio - Haneda über den speziellen Anwendungsfall hinaus eine exemplarische Bedeutung als Stadtlinien-Verkehrsmittel. Es dürfte dabei unerheblich sein, daß die Linie zunächst noch keine Zwischenbahnhöfe aufweist. Auch dann entspräche der Betriebsablauf - wie schon jetzt - prinzipiell dem einer Stadtbahn konventioneller Bauart.



Abb. 1: Linienführung der ALWEG-Bahn Tokio-Haneda.

Die Streckenführung und Lage der Bahnhöfe

Mit 13,2 km Streckenlänge ist die ALWEG-Bahn Tokio-Haneda die längste „Einschienenbahn“ moderner Bauart. Sie ist nur hundert Meter kürzer als die Wuppertaler Schwebebahn.

Abbildung 1 zeigt die Linienführung, Abbildung 2 das Gleisbild in schematischer Darstellung. Es sind drei ALWEG-Biegeweichen und zwei ALWEG-Polygonweichen vorhanden, womit für den vorliegenden einfachen Fall eine ausreichende Anzahl Fahrstraßen gebildet werden kann. Selbstverständlich könnte man mit Hilfe solcher ALWEG-Weichen auch komplizierteren Betriebsverhältnissen gerecht werden; was hier durchaus einmal eintreten mag, wenn bereits eingeplante Streckenverlängerungen einen Umbau der Streckenenden erfordern.



Abb. 2: Gleisbild und Weichenanordnung in schematischer Darstellung

Die Linie nimmt von der Eisenbahnstation „Hamamatsu-cho“, etwa 3 km vom Hauptbahnhof entfernt, ihren Ausgang. Dieser (vorläufige Endbahnhof liegt in unmittelbarer Nähe wichtiger anderer Verkehrsadern. Die ALWEG-BAhn hat hier in den mittleren Geschossen eines besonderen Bahnhofsgebäudes, das später zu einem vierzehnstöckigen Hochhaus erweitert werden soll, ihre Abfertigungsanlagen und Bahnsteige (je einen für Abgang und Zugang der Fahrgäste, Abb. 3). Auf gute Übergangsmöglichkeiten zu anderen Verkehrsmitteln wurde besonders geachtet.



Abb. 3: Bahnsteige des Bahnhofs Hamamatsu-cho (je einer für Abgang und Zugang der Fahrgäste. Die Fahrzeuge halten punktgenau, so daß sie die Türen stets an gleicher Stelle des Bahnsteiges befinden.
Foto: B. Schmidt

Flughafenseitig endet die Strecke ebenfalls in einem besonderen Empfangsgebäude mit Zugang zur Flugabfertigung. Um den Flugverkehr nicht zu stören, sind dieses Gebäude und das anschließende Streckengleis vollständig unter Flur angelegt. Die großzügige Anlage hat noch zwei weitere Zugänge und umfaßt u. a. Weitläufige Fußgängerwege in einem Zwischengeschoß.

Aus Kostengründen ist die einmündende Strecke zunächst nur eingleisig; ein Paralleltunnel soll später, wenn es zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderlich scheint, hinzukommen. Abgesehen von diesen wenigen hundert Metern und dem Bahnhofsgleis in Hamamatsu-cho ist die Strecke durchgehend zweigleisig.



Abb. 4. Spannbeton-Stützen mit weit auskragenden Armen ermöglichen in wirtschaftlicher Weise Überbrückungen fremder Verkehrswege (hier eines Schifffahrtsweges). - Die Standardabmessungen der wie üblich vorgefertigten Fahrbahnbalken werden beibehalten.

Die Trasse verläuft größtenteils über offenes Wasser, hart am Rande des bereits früher gewonnenen Neulandes. Ein nicht kleiner Teil fährt über Land. Die außerordentlich dichte Bebauung stellte hier einer Hochbahn erhebliche Hindernisse in den Weg. Die geringen Abmessungen des ALWEG-Bahnkörpers und die gute Anpassungsfähigkeit der Tragkonstruktion an örtliche Bedingungen erlaubten auch unter diesen Umständen eine Bauausführung mit maßvollem Aufwand und in kurzer Zeit.

Bei der Struktur der von zahlreichen offenen Wasserflächen durchgezogenen Randzone der Bucht von Tokio - gekennzeichnet durch dichte Besiedlung, hohe Grundstückspreise und schlechte Baugrundbeschaffenheit - unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß der Bau einer konventionellen Schienenbahn weit höheren Aufwand und entsprechende Mehrkosten zur Folge gehabt hätte.

Die festen Bahnanlagen

Der Bahnkörper ist in der bekannten und für die ALWEG-Bahn typischen Bauwiese aus Spannbeton-Fahrbalken und Spann- bzw. Stahlbetonstützen zusammengesetzt. Die Fahrbalken sind in einer Feldfabrik vorgefertigt worden, wobei vier ALWEG-Spezialschalungen eingesetzt waren. Die Stützen wurden an Ort betoniert.

Vereinzelt wurden Unterstützungsbauwerke, insbesondere Rahmenkonstruktionen, auch in Stahl hergestellt. Auf etwa 1,5 km Streckenlänge sind sowohl Stützen als auch Fahrbalken aus Stahl. Dieser Streckenabschnitt verläuft parallel zur Tokaido-Linie der Staatseisenbahnen bzw. überkreuzt diese. Wegen des sehr beschränkten Raumes und zur Montageerleichterung wurden hier die höheren Kosten der in der Werkstatt vorgefertigten Stahlkonstruktion in Kauf genommen.

Die Strecke weist eine Reihe interessanter Bauwerke auf:

Überbrückung der Eisenbahn
Acht Gleise im spitzen Winkel; je ein Stahlkastenträger für jede ALWEG-Fahrbahn mit aufliegenden Fahrbalken; Bauwerkslänge 185 m.
Überbrückung einer Hochstraße
Zwei Stahlkastenträger mit angesetzten seitlichen Laufflächen, die unmittelbar befahren werden, Bauwerkslänge 65 m
Unterfahrung des Ebitori-Flusses
Caisson-Bauweise, in der Schiffahrtsrinne Absenkung einer vorgefertigten Tunnelsektion. Tunnellänge rund 500 m
Tunnel zum Flughafen
Tunnelbauwerk mit Rechteckquerschnitt in offener Baugrube erstellt, rund 170 m lang. Anschließend Röhrentunnel in Schildbauweise, rund 415 m lang.

Ferner wurden zur Überbrückung von Schiffahrtswegen und Straßen in zahlreichen Fällen Spannbeton-Stützen mit weit auskragenden Armen eingebaut. Diese ermöglichen Durchfahrtsöffnungen von erheblicher Breite (bis zu 50 m) unter Beibehaltung der wie üblich vorgefertigten Spannbeton-Fahrbalken von maximal 20 m Länge (Abb. 4). In einigen Fällen sind die auskragenden Teile solcher Stützen als torsionssteife Hohlkästen ausgebildet, die im freien Vorbau (System Dywidag) hergestellt wurden, um die Schiffahrt nicht zu stören.

Die ALWEG-Bahn-Linie Tokio - Haneda liegt in einer Erdbeben- und Taifunzone. Für die Festigkeitsrechung wurden deshalb folgende besondere Lastannahmen getroffen: Winddruck entsprechend einer Windgeschwindigkeit von 50 m/s bei ruhender Verkehrslast und entsprechend 27 m/s bei rollender Verkehrslast. Erdbebenfaktor 1,2.

Äußerst schlechte Baugrundverhältnisse machten eine Tiefgründung erforderlich. Die Gründungstiefe beträgt teilweise 30 m unter Stützenfuß. Zur Beschleunigung der Gründungsarbeiten in offenem Wasser waren mehrere Saugrohr-Geräte für große Pfahldurchmesser eingesetzt.

Besondere Beachtung verdient die sehr kurze Bauzeit. Abgesehen von einigen vorbereiteten Arbeiten an den Tunnelabschnitten begannen die Bauarbeiten am 1. Mai 1963. Sie waren bereits nach 17 Monaten abgeschlossen; das entspricht einem Baufortschritt von rund 9.000 m betriebsfertigem Bahnkörper je Jahr.

Die elektrische Streckenausrüstung für 750 V Gleichstrom mit je einer stählernen Stromschiene für Zu- und Rückleitung des Fahrstromes und fünf bahneigenen Unterwerken mit einer Nennleistung von je 1.000 kW ist die gleiche wie bei elektrischen Nahverkehrsbahnen üblich.

Das Zugsicherungssystem ist durch selbsttätige Streckenblockung, Linienzugbeeinflussung und Kabinensignale gekennzeichnet. Die Blockimpulse werden magnetisch übertragen, die Signale durch kodierte Ströme, die in Linienleitern auf der Oberseite der Fahrbalken umlaufen. Bei Nichteinhaltung der angezeigten zulässigen Geschwindigkeit wird der Zug automatisch angehalten. Weichen bzw. Fahrstraßen werden zentral gestellt. Die von der Strecke, den Zügen, bzw. dem Zentralstellwerk kommenden Informationen laufen ebenfalls an zentraler Stelle zusammen, wo sie selbsttätig in Signalbegriffe umgesetzt werden. Die entsprechenden elektronischen Einrichtungen befinden sich im Kontrollraum der Betriebsleitstelle, die durch ein ausgeleuchtetes Gleisbild jederzeit einen guten Überblick über den Betriebsablauf hat. Mit den Zügen steht die Betriebsleitstelle über Sprechfunk (auch in den Tunnelabschnitten!) und mit zahlreichen anderen Betriebspunkten über betriebseigene Fernsprechleitungen in ständiger Verbindung.

Die Weichen sind sämtlich aus Stahl gefertigt. Die Biegeweichen (von einheitlichem Grundtyp mit 45 m Baulänge und 328 m kleinstem Halbmesser des Weichenbogens) können im krummen Strang mit 40 km/h befahren werden. Zwei dieser Biegeweichen liegen im Übergang von der zweigleisigen auf die eingleisige Strecke. Sie werden im regelmäßigen Betrieb abwechslend im geraden und krummen Strang befahren. Das japanische Materialprüfungsamt schätzt ihre Lebensdauer auf eine Million Biegewechsel. Eine der Polygonweichen ist viergliedrig und 45 m lang. Letztere liegt im Betriebshof und bedient dort drei Fahrwege. Die Polygonweichen können im krummen Strang mit 20 bzw. 15 km/h befahren werden.

Alle Weichen benötigen eine Umstellzeit von 10 sec.

Der Betriebshof liegt in unmittelbarer Streckennähe ungefähr drei Kilometer vom Flughafen entfernt (Abb. 5). Er umfaßt zwei Aufstellgleise für Freiluftaufstellung der Züge, eine kleine Wagenhalle und ein Werkstattgebäude, Bürogebäude für die Betriebsleitung, schließlich noch eine automatische Wagenwaschanlage. Alle Fahrbalken liegen hier auf Geländehöhe. Das benötigte Grundstück wurde erst während der Bauzeit dem Meer durch Aufspülung abgerungen.

Abb. 5: Der Betriebshof liegt zwischen den Fahrbalken der beiden Streckengleise und der Autostraße zum Flughafen auf aufgespültem Neuland. Das Werkstattgebäude trägt wegen der Flughafennähe Warnanstrich. Davor zwei Hilfsfahrzeuge mit Dieselantrieb. Ganz links im Bild die automatische Wagenwaschanlage.

Die Fahrzeuge

Es stehen 9 elektrisch angetriebene Triebwagen-Einheiten zur Verfügung, die einzeln fahren oder im Zugverband eingesetzt werden können. Außerdem gibt es noch zwei Hilfsfahrzeuge mit Dieselantrieb.

Sieben der Fahrzeuge sind Dreiwageneinheiten und zwei Sechswageneinheiten. Sie haben ein Fassungsvermögen von jeweils 240 bzw. 498 Fahrgästen. Das Sitzplatzangebot ist mit 40 % (Dreiwageneinheit) bzw. 43 % (Sechswageneinheit) der Verkehrsaufgabe angemessen. Gestaltung, Ausstattung (mit Polstersitzen) Farbgebung sowie Beleuchtung und Klimatisierung der Fahrgasträume entsprechend den zeitgemäßen Ansprüchen an attraktive Verkehrsmittel.

Abb. 6: Ein Sechswagenzug der ALWEG-Bahn Tokio-Haneda in der fünften Verkehrsebene hoch über Wasserweg, Straßenniveau, Eisenbahnlinie und Hochstraße.

Wie immer bei Alweg Fahrzeugen sind praktisch sämtliche Ausrüstungsteile in den seitlichen Fahrzeugtaschen untergebracht und damit für Wahrung und Instandhaltung bequem zugänglich. Im folgenden die technischen Daten der Fahrzeuge:

Platzangebot:






Dreiwegen-Einheit 240 Plätze





davon auf Sitzplätzen
davon auf Stehplätzen



104
135


Sechswagen Einheit 498 Plätze





davon auf Sitzplätzen
davon auf Stehplätzen



214
284


nach japanischen Bestimmungen errechnet









Abmessungen:






Länge über Kupplungen Dreiwagen-Einheit
Länge über Kupplungen Sechswagen-Einheit
Breite
Höhe


29,40 m
59,40 m
3,02 m
4,31 m







Leergewicht:






Dreiwagen-Einheit etwa
Sechswagen-Einheit etwa



41 Mp
81 Mp







Höchstgeschwindigkeit:



100 km/h







Antriebsmotore:






4 kompensierte, eigenbelüftete Reihenschluß-Bahnmotoren: je ein Motor überträgt seine Antriebskraft auf die mittleren 4 der insgesamt 6 Tragachsen einer Dreiwageneinheit



Elektrische Daten:



750/2 V =





4 x 130 kW 390 A 2000 U/min







Motorsteuerung:






Automatischer vielstufiger Nachlaufsteuerschalter








Fahrwerk:






Jeder Wagen wird von zwei Fahrwerken getragen, von denen jedes im wesentlichen aus einem Montagespant in geschweißter Stahlkonstruktion besteht, an dem die Schwingen für die luftbereiften Tragräder und die ebenfalls luftbereiften seitlichen Räder gelagert und abgefedert sind.
Tragräder mit festen (nicht lenkbaren) Achsen; Luftfederung
1 Paar Zwillings-Tragräder und 2 x 2 Seitenräder je Fahrwerk



Achsstand:
Reifengröße der Tragräder:
Reifengröße der Seitenräder:


7,50 m
13.00 - 20
7.50 - 15







Bremsen:






Elektrische Bremse und druckluftbetätigte Bremse (Scheibenbremse);
zusätzliche Federspeicherbremse (Trommelbremse)



Die Betriebsführung

Der Betrieb wird von der Tokyo Monorail Company, Ltd, einer privaten Kapitalgesellschaft, nach den Bestimmungen des japanischen „Local ralway law“ geführt. ES mag erwähnenswert sein, daß eine der größeren japanischen Privateisenbahngesellschaften ihr Interesse an der ALWEG-Bahn durch Kapitalbeteiligung und Stellung eines Direktors dokumentiert.

Die verkehrliche Grundlage des Betriebes ist die überaus starke Entwicklung des Großflughafens Tokio - Haneda.

Die Zahl der täglichen Starts und Landungen wird voraussichtlich 1965 etwa 400 betragen und 1970 auf 1000 bis 1400 angestiegen sein. Man rechnet für 1965 mit etwa 18 Millionen und für 1970 mit etwa 26 Millionen Personen, die den Flughafen entweder als Luftreisende oder als Fluggastbegleiter bzw. Ausflügler betreten.

Erstaunlich hoch (gemessen an nicht japanischen Maßstäben) ist der Anteil der Flughafenbesucher, die nicht Luftreisende sind, nämlich 77 % in 1965 und 57 % in 1970. Diese Gruppe trägt also ganz überwiegend zum Verkehrsaufkommen bei, zumal hier sowohl Hin- als auch Rückfahrten anfallen. Mit der wohl realistischen Annahme, daß bei der Hälfte aller so entstehenden Fahrten als Verkehrsmittel die ALWEG-Bahn gewählt wird, ergibt sich ein Volumen von etwa 16 Mio. Beförderungsfällen in 1965 und 20 Mio. Beförderungsfällen in 1970.

Die Züge fahren während des Tages mit 7 ½ Minuten, frühmorgens und während der Abendstunden mit 15 Minuten abstand. Die Fahrzeit beträgt 15 Minuten, die Höchstgeschwindigkeit 100 km/h. Die Züge sind mit je einem Fahrer und einem Begleiter besetzt. Die Fahrgäste errichten ihr Fahrgeld vor Betreten des Bahnsteiges; die Abfertigung entspricht dem bei Stadtbahnen üblichen Schema. Der Grundfahrpreis beträgt 250 Yen (etwa 2,75 DM) für die einfache und 450 Yen (etwa 5,- DM) für Hin- und Rückfahrt. Kinder und Gruppen erhalten Nachlässe zwischen 10 und 50 Prozent. Beförderung von Handgepäck ist frei, für aufgegebene Stücke werden 70 Yen (etwa 0,80 DM) je Stück berechnet.

Diese Fahrpreise mögen hoch erscheinen. Sie sind jedoch zweifellos nicht überhöht, sondern angemessen, wenn man bedenkt, daß sowohl die Investitionen als auch der laufende Betrieb ohne jede Beihilfe aus Mitteln der öffentlichen Hand durchgeführt werden müssen.

Die Herstellungskosten der Anlage

Die Kosten für das Gesamtobjekt werden nach vorläufiger Abrechnung mit 19.613 Millionen Yen (etwa 218 Mio DM) ausgewiesen. Dieser Betrag enthält alles, was notwendig war, um die neue ALWEG-Bahnlinie in Betrieb zu nehmen zu können, auch die nicht unerheblichen Kosten für Grunderwerb. Selbstverständlich sind auch die Kosten solcher Leistungen voll in Rechnung gestellt, die beim Bahnbau häufig von fremden Kostenträgern der öffentlichen Hand übernommen werden, wie z. B. Kosten für Leitungsumlegungen, Planungs-, Vermessungs- und Bauvorbereitungskosten. Ohne Grunderwerb- und Fahrzeugkosten entfallen auf die betriebsfertigen festen Anlagen einschließlich aller Nebenkosten voraussichtlich 16.686 Millionen Yen (etwa 185 Mio DM).

Diese Kosten sind für eine ALWEG-Bahn ungewöhnlich hoch. Die Gründe hierfür liegen zum Teil in der Arte der Finanzierung, die, wie gesagt, frei von irgendwelcher öffentlicher Förderung war und auf der Basis von Bank- und Lieferantenkrediten erfolgte. Zum anderen Teil liegen sie in den örtlich bedingten Schwierigkeiten der Bauausführung, die hier noch einmal aufgezählt seien:

1. Sehr schwierige Trassenführung (mehr als 8 km Streckenlänge über offenem Wasser);
2. äußerst kostspielige Gründung (Großbohrpfähle bis 30 m Gründungstiefe);
3. zwei Tunnelabschnitte von rund 1.500 m Gesamtlänge;
4. im ganzen stärkere Ausführungen des Bahnkörpers mit Rücksicht auf Erdbeben und Taifun.

Außerdem ist zu berücksichtigen, daß der Aufwand für die Bahnhofsanlagen (Mehrzweckbau in hochhausähnlicher Ausführung bzw. mehrgeschossigen Unterflurbauwerk) weit über den derzeitigen Standard einer Hochbahn hinausgeht.

Abschließende Bemerkungen

Eine Bewertung der ALWEG-Bahn Tokio - Haneda in verkehrlicher Hinsicht und eine Stellungnahme zu ihrer betrieblichen Bewährung kann selbstverständlich nach der relativ kurzen Betriebszeit noch nicht erwartet werden. Es lassen sich aber schon jetzt einige Feststellungen treffen, die geeignet sein mögen, die Urteilsfindung über eine breitere Anwendung der ALWEG-Bahn im öffentlichen Personennahverkehr zu erleichtern:

Hinsichtlich der Anlagekosten hat sich die ALWEG-Bahn auf der Linie Tokio - Haneda allen Bahnsystemen eindeutig überlegen gezeigt, weil sie den vergleichsweise geringsten baulichen Aufwand erforderte. Diese Überlegenheit zeigte sich auch im Hinblick auf die Bauzeit. Der erzielte Baufortschritt von jährlich rund 9.000 m (einschließlich aller Nebenarbeiten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft) ist von einer Nahverkehrsbahn der zweiten Ebene bisher noch nie erreicht worden und besonders bemerkenswert im Vergleich zu den sehr langen Bauzeiten unterirdischer Verkehrsbauten.

In technischer Beziehung ist die ALWEG-Bahn Tokio - Haneda so modern, wie sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Stand der Technik und die unbedingt erforderliche Zuverlässigkeit und Bewährung technischer Neuheiten im Verkehrswesen nur sein kann. Das gilt insbesondere für die Zugleit- und Zugsicherungsanlagen. Manches davon ist bei hiesigen Nahverkehrsbahnen leider erst im Versuch. Beispielhaft aufgeführt seien das Blocksystem mit elektrischer Markierung von Zugspitze und –schluß, das Linienleitersystem zur kontinuierlichen Informationsübertragung zwischen Strecke und Zug, die Fahrstraßensicherung mit elektrischer Überprüfung des Weichenverschlusses (ein Problem, das bei den Weichen für die U-Straßenbahn leider noch nicht gelöst ist) sowie die Aufrechterhaltung ständiger Funksprechverbindungen zwischen Leitstelle und Zügen auch in den Tunnelabschnitten (mit Hilfe von Streufeldleitungen).

Es ist anzunehmen, daß die Linie Tokio - Haneda dazu beitragen wird, mache Skepsis gegenüber der Zuverlässigkeit der ALWEG-Bahn als Massenverkehrsmittel abzutragen.

Übersicht der bisher erstellten ALWEG-Bahn-Anlagen

1.1. Köln-Fühlingen




1.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender

ALWEG GmbH

1.2. Verkehrszweck:

Für Vorführ- und Versuchszwecke; nicht für öffentlichen Verkehr

1.3. Länge:

1605 m (davon 150 m zweigleisig)

1.4. Fahrzeuge

1 zweiteiliger Triebwagen

1.5. Inbetriebnahme

23.7.1957 (Bauzeit: 10 Monate)

1.6. Bemerkungen

2 ALWEG-Spezialweichen






2. Anaheim, Cal., USA
- Disneyland-ALWEG-Monorail-System-


2.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender:

Disneyland Inc.

2.2. Verkehrszweck:

Aussichtsbahn, auch Zubringerbahn zu Hotel und Auto-Parkplätzen

2.3. Länge:

Erster Bauabschnitt 1170 m eingleisig
nach Erweiterung 3770 m eingleisig

2.4. Fahrzeuge:

3 vierteilige Triebwagen

2.5. Inbetriebnahme:

Erster Bauabschnitt 14.6.1959
Erweiterung Juli 1961
(Bauzeit: 5 bzw. 6 Monate)

2.5. Bemerkungen:

Anlage in 5/8 Größe
Größte Steigung 70 ‰
Kleinster Radius 36,5 m
2 ALWEG-Spezialweichen für Abstellgleise






3. Turin, Italien


3.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender:

Azienda Tranvia Municipali, Torino

3.2. Verkehrszweck:

Messeverkehr, jetzt Ausflüglerverkehr

3.3. Länge:

1160 m eingleisig

3.4. Fahrzeuge:

1 dreiteiliger Triebwagen

3.5. Inbetriebnahme:

6.5.1961 (Bauzeit: 8 Monate)






4. Seattle, Wash., USA


4.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender:

Century 21 Center Inc.

4.2. Verkehrszweck:

Messeverkehr

4.3. Länge:

1590 m zweigleisig

4.4. Fahrzeuge:

2 vierteilige Triebwagen

4.5. Inbetriebnahme:

März 1962 (Bauzeit: 11 Monate, für die festen Anlagen 8 Monate)

4.6. Bemerkungen:

Kleinster Radius 76 m






5. Inuyama (Präfektur Aichi), Japan
- Hitachi-ALWEG-Monorail -


5.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender:

Nagoya Railway Co.

5.2. Verkehrszweck:

Aussichtsbahn, auch Zubringerbahn zu Erholungsgebiet

5.3. Länge:

1400 m eingleisig

5.4. Fahrzeuge:

2 dreiteilige Triebwagen

5.5. Inbetriebnahme:

21. März 1962 (Bauzeit: 7 Monate)

5.6. Bemerkungen:

Größte Steigung 97 ‰






6. Yomiuri, Kawasaka City (Präfektur Kanagawa), Japan
- Hitachi-ALWEG-Monorail

6.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender:

Kanto Race Club Co., Ltd.

6.2. Verkehrszweck:

Aussichtsbahn, auch Zubringerbahn zu Erholungsgebiet

6.3. Länge:

Erster Bauabschnitt 1970 m eingleisig
nach Erweiterung 3100 eingeleisig

6.4. Fahrzeuge:

3 dreiteilige Triebwagen

6.5. Inbetriebnahme:

Erster Bauabschnitt 1.1.1964
Bauzeit: 10 Monate; für die festen Anlagen 8 Monate)

6.6. Bemerkungen:

Größte Steigung 65 ‰
1 ALWEG-Spezialweiche






7. Tokyo, Japan
-Hitachi-ALWEG-Monorail




7.1. Eigentümer bzw. Verkehrstreibender:

Tokyo Monorail Co., Ltd

7.2. Verkehrszweck:

Zubringerbahn zum Flughafen Haneda

7.3. Länge:

13,2 km zweigleisig

7.4. Fahrzeuge:

7 dreiteilige Triebwagen
2 sechsteilige Triebwagen

7.5. Inbetriebnahme:

17.9.1964 (Bauzeit 17 Monate)

7.6. Bemerkungen:

Größte Steigung 60 ‰
Höchstgeschwindigkeit 100 km/h
5 ALWEG-Spezialweichen






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