Firmenprospekt 1958

Beschreibung des Alweg-Systems



Teil 1

Einführung

Prospekt Seite 5

Teil 2

Die Alweg-Strecke bei Köln

Prospekt Seite 6

Teil 3

Allgemeine Merkmale

Prospekt Seite 10

Teil 4

Wirtschaftliche Merkmale

Prospekt Seite 13

Teil 5

Zusammenfassung

Prospekt Seite 16




Luftbild der ALWEG-Strecke bei Köln




Firmenaufdruck



Teil 1

EINFÜHRUNG


Das ALWEG-System ist nach seinem Urheber, dem schwedischen Großindustriellen
Dr. Axel L. WEnner-Gren
benannt. Er gab im Jahre 1951 einer deutschen Ingenieurgruppe den Auftrag zur Entwicklung eines neuen Verkehrssystems. Dabei ging er von der Erkenntnis aus, daß die derzeitigen Vekehrsmittel die ständig zunehmenden Anforderungen in wirtschaftlicher Weise nicht mehr voll befriedigen können.
Das auf Grund dieses Auftrages entwickelte System hat einen Bahnkörper aus Balken mit rechteckigem Querschnitt, die gleichzeitig als Fahrbahn und Träger dienen und von Stützen getragen werden. Die Stützenhöhe ist veränderlich, so daß die Balkenfahrbahn sowohl auf langen Stützen als Hochbahn, wie auch auf kurzen Stützen als Oberflächenbahn oder Untergrundbahn verlegt werden kann.
Die Fahrzeuge umgeben mit ihren Fahrwerken die Balken sattelförmig so, daß auf der oberen Fläche die Tragräder und auf den beiden Seitenflächen der Balken die Führungs- und Stabilisierungsräder abrollen.



Vertikale Räder: Trag- und Antriebsräder
Horizontale Räder: Führungs- und Stabilisierungsräder




ALWEG-Fahrwerk

Das ALWEG-System kann unter Berücksichtigung der jeweiligen Erfordernisse bei Stadtbahnen, Industriebahnen und Fernbahnen Verwendung finden.



Da die Verkehrsprobleme in den Städten am dringendsten einer Lösung bedürfen, wurde die Entwicklung des ALWEG-Systems für den städtischen Personenschnellverkehr bevorzugt behandelt.



Teil 2

DIE ALWEG-STRECKE BEI KÖLN

Historischer Überblick

Das ALWEG-System trat zum ersten Male in die Öffentlichkeit am 8. Oktober 1952, als nach einer rund einjöhrigen Entwicklungs- und Bauzeit der erste Versuchszug im Maß0stab 1:1,25 (40 % der Normalgröße) auf einer ovalen Strecke von ca. 1700 m Länge in Köln-Fühlingen vorgeführt wurde.
Die folgenden Jahre waren der technischen Erprobung und Weiterentwicklung des neuen Bahn-Systems gewidmet. Drei weitere Versuchszüge wurden gebaut, in Meßfahrten von vielen tausend Kilometern getestet und die hierbei gesammelten Erfahrungen ausgewertet. Neuartige Fertigungsmethoden für die Fahrbahn des ALWEG-Systems wurden entwickelt, so daß dann Ende 1956 mit dem Bau der Strecke in normaler Größe in einer Länge von etwa 1,8 km begonnen werden konnte. Seit dem 23. Juli 1957 wird dort der erste für den Stadtverkehr entwickelte Zweiwagen-Zug den interessierten Kreisen gezeigt.

Strecke

Diese ALWEG-Strecke in Normalgröße hat einen eingleisigen und einen zweigleisigen Streckenabschnitt mit den dazugehörigen Weichen und ist als Hochbahn aus Stahlbetonteilen erbaut. Ihre Fahrbahn bestehtaus vorfabrizierten hohlen Stahlbetonbalken (1,40 m hoch, 0,80 m breit und 15,0 m lang), deren Seitenflächen in der Mitte zur Aufnahme der Stromschiene eingezogen sind. Die Balkenfertigung erfolgte in einer eigens hierfür konstruierten einstellbaren Vorrichtung unter Verwendung des Vacuum-Concrete-Verfahrens. Diese Art der Balkenherstellung ermöglicht schnelle Fertigung, größte Maßgenauigkeit und Wirtschaftlichkeit, auch bei Balken für überhöhte Kurven und Übergangsbögen, die in zwei Ebenen verformt sein müssen.



ALWEG-Strecke (hier mit A-Stützen)

Auf dem eingleisigen Streckenabschnitt der ersten ALWEG-Strecke in Normalgröße sind jeweils 6 Balken ausdehnungsmäßig zu einer 90 m langen Einheit zusammengefaßt. Die zusammenstoßenden Enden der beiden mittleren Balken sind auf einer Feststütze verankert. Die übrigen Enden der 6 Balken sind auf Pendelstützen befestigt, die den durch Temperaturschwankungen hervorgerufenen Längenänderungen der Balken - auf ihren Fundamenten in Balkenlängsachse pendelnd - folgen können. Die Längenausgleichsstelle für die 6 Balken befindet sich jeweils am Anfang bzw. Ende eines 90-Meter-Abschnittes.

Die nebeneinander liegenden Balken des zweigleisigen Streckenabschnittes ruhen mit ihren Enden auf einer jeweils gemeinsamen Fest-Stütze in T-Form. Einige der T-Stützen sind aus Stahlbeton, einige aus Stahl hergestellt. Alle Stützen der ersten ALWEG-Strecke in Normalgröße - mit Ausnahme der T-Stützen aus Stahlbeton - sind fabrikmäßig vorgefertigt und dann an Ort und Stelle montiert worden.

Der Transport und die Montage der Fertigteile für die Fahrbahn der Normalstrecke in Köln-Fühlingen erfolgte durch Spezhialgeräte, wobei ein Baufortschritt bis zu einem Balken pro Stunde erzielt wurde.

Außer dem schlaff bewehrten 15 m langen Normbalken, wie er bei der ersten Strecke Anwendung fand, wurde ein Spannbetonbalken von 20 m Länge entwickelt. In Verbindung mit in Längsrichtung gestellten Kragarmstützen können mit diesem 20-m-Spannbetonbalken Spannweiten bis zu etwa 30 m überbrückt werden. Für größere Spannweiten werden die Balken von Sonderkonstruktionen getragen.

Weichen

Beim Bau der ersten ALWEG-Strecke kamen zwei verschiedene Weichen-Systeme zur Anwendung.
Das eine stellt eine Biegeweiche dar, bei der ein in sich federnder Leichtmetall-Hohlträger in seiner Gesamtheit in die Abzweigstellung gebogen wird.



Im Vordergrund die Biegeweiche, die drei Stränge bedient und im Hintergrund die Gliederweiche

Das andere ist eine Gliederweiche, bei der gelenkig miteinander verbundene Balkenstücke in eine Polygonstellung bewegt werden können. Diese nur mit geringer Geschwindigkeit zu befahrende Weiche soll vornehmlich in Betriebshöfen und Werkstätten-Anlagen Anwendung finden.


Zug

Der in Köln-Fühlingen laufende ALWEG-Stadtbahnzug besteht aus zwei Triebwgen mit einem Fassungsvermögen von zusammen etwa 200 Personen. Die Länge eines Triebwagens beträgt 11,0 m, die Breite 3,0 m und die Höhe ca. 4,0 m. Jeder der beiden Triebwagen hat zwei Fahrwerke mit je einer angetriebenen zwillingsluftbereiften Tragachse und je vier horizontal liegenden ebenfalls luftbetreiften Führungs- und Stabilisierungsrädern. Die verwendeten Luftreifen haben Standardabmessungen. Aus Sicherheitsgründen sind zusätzlich vollgummibereifte Notlaufrollen angebracht, die bei evtl. Reifenschaden mit der Balkenfahrbahn in Berührung kommen und die Kräfteübertragung übernehmen.



ALWEG-Stadtbahnzug (Zweiwagen-Einheit)

Ebenso wie die Luftreifen wurde auch die übrige Fahrzeugausrüstung, wie z.B. Motore, elektrische Steuerungseinrichtung, Bremsen mit Kompressor usw., der normalen Produktion der Herstellerwerke entnommen.

Die erste ALWEG-Bahn in Normalgröße wird mit 1200 Volt Gleichstrom betrieben. Die 4 Fahrmotoren, die je eine Tragachse des ALWEG-Stadtbahnzuges über ein Getriebe antreiben und mit je 75 kW Stundenleistung und 1200/2 Volt installiert sind, ermöglichen eine maximale Beschleunigung von 1,5 m/sec2. Ruckfreies Anfahren wird durch automatische Betätigung eines feinstufigen Schaltwerkes gewährleistet.

Das Bremsen des Zuges erfolgt elektrisch durch Motorbremsung und mechanisch-pneumatisch durch auf jeder Tragachse angebrachte Scheibenbremsen. Letztere sind für eine maximale Verzögerung von 2,5 m/sec2 bei vollbesetztem Zug ausgelegt.



Teil 3

ALLGEMEINE MERKMALE

Die durchgeführten Arbeiten und die bisherigen Erprobungen mit dem ersten Stadtbahnzug zeigen, daß das ALWEG-System baureif und im Stande ist, die Forderungen, die an ein neuzeitliches Stadtschnellverkehrs-System gestellt werden, befriedigend zu lösen. Die fabrikmäßige Herstellung der Baufertigteile ermöglicht wegen der weitgehenden Rationalisierungsmöglichkeiten eine Kostensenkung und gestattet außerdem, eine ALWEG-Bahn in bedeutend kürzerer Zeit zu errichten als andere Bahnen.

Der schienenloe Fahrbalken ist gleichzeitig Fahrbahn und Träger. Seine Vorteile sind:

o Geringer Preis
o Schnelle Fertigung
o Hohe Lebensdauer
o geringe Unterhaltungskosten
o Dämpfung der Fahrgeräusche
o Ansprechendes Aussehen.

Die Stützen der ALWEG-Hochbahn beanspruchen in einem Abstand von 15 m auch bei zweigleisiger Strecke in der Straßenoberfläche nur eine Bodenfläche von ca. 1,2 m2. Außerdem sind die Stützen leicht den örtlichen Bodenunebenheiten anzupassen, was ohne wesentlichen Aufwand einen erheblichen Vorteil für die Trassierung einer ALWEG-Bahn bietet. Die Eigenfahrbahn des ALWEG-Systems gewährleistet einen vom übrigen Verkehr vollkommen ungestörten Betrieb und schafft so die Voraussetzung für die Einhaltung fester Fahrpläne.

Die Wahl des Materials für die Herstellung der Stützen als Fertigteile (Stahl oder Stahlbeton) ist in erster Linie abhängig von wirtschaftlichen Überlegungen und richtet sich außerdem nach städtebaulichen und architektonischen Gesichtspunkten. Alle gewünschten Formen und Höhen sind möglich.

Die Fahrzeuge können wegen der mit hoher Maßgenauigkeit hergestellten und verlegten Balkenfahrbahn und der dadurch erreichten geringen Stoßbeanspruchung mit niedrigem Eigengewicht gebaut werden. Die sattelförmige Ausbildung ihrer Fahrwerke bietet praktisch vollkommene Sicherheit gegen Entgleisung.
Durch die Verwendung von Luftreifen werden folgende Vorteile erzielt:

o Gute Federungseigenschaften
o Geräuscharmut
o Hohes Anzugs- und Bremsvermögen der Wagen
o Große Steigfähigkeit.

Die große Steigfähigkeit, die ebenso wie auch das hohe Anzugs- und Bremsvermögen durch den guten Haftwert zwischen den Fahrzeugreifen und den Sahlbeton-Fahrbalken erzielt wird, bietet die Möglichkeit, ein Schnellverkehrs-System günstiger zu trassieren (kürzere Rampen beim Wechsel von Untergrund- zu Hochbahnlage, Einschaltung von kurzen Steilstrecken statt längerer Umgehungsstrecken).



ALWEG-Strecke mit ALWEG-Stadtbahnzug die Bundesstraße 9 bei Köln-Fühlingen überquerend

Die ALWEG-Züge können je nach den vorliegenden Verkehrsbedürfnissen mit einer beliebigen Anzahl Wagen ausgestattet werden. Die kleinste Zugeinheit besteht aus zwei Wagen; die Zahl der angetriebenen Achsen richtet sich nach den jeweils vorliegenden betrieblichen Verhältnissen. Jede beliebige Anzahl von Zugeinheiten kann zusammengekuppelt werden.


Bei Einschaltung von antriebslosen Mittelwagen und einer Veränderung des Verhältnisses von Steh- zu Sitzplatzanzahl können je nach den wirtschaftlichen Erfordernissen Wagen mit anderen Abmessungen verwendet werden, wie etwa für längere unterirdisch geführte Strecken solche mit kleinen Wagenbegrenzungsllinie und entsprechendem Lichtraumprofil.
Als Signal- und Sicherungsanlagen werden die im Stadtschnellbahnbetrieb bewährten modernen Systeme verwendet. Auch die Bahnhofsanlagen sind in ihrem betrieblichen und verkehrlichen Teil nach den bekannten Grundsätzen für moderne Stadtschnellbahn-Anlagen ausgebildet. Das gleiche gilt für die Anlagen und Einrichtungen zur Unterhaltung und Pflege der Fahrzeuge.



Bahnsteig aus Baufertigteilen



ALWEG-Wagen (Innenansicht)



Teil 4

WIRTSCHAFTLICHE MERKMALE

Von neutraler, fachlich anerkannter Stelle wurden eingehende Untersuchungen über die Baukosten für die festen Anlagen der konventionellen Eigenfahrbahn-Systeme von Massenschnellverkehrsbahnen durchgeführt. In enger Anlehnung an diese Untersuchungen sind für das ALWEG-System entsprechende Berechnungen erstellt worden.
Der folgende Vergleich zwischen den festen Anlagen konventioneller Schnellverkehrsbahnen im Stadtzentrum und entsprechenden ALWEG-Bahnen zeigten, daß das ALWEG-System den niedrigsten Kapitalbedarf erfordert.
Diesem Vergleich sind deutsche Verhältnisse zur Zeit der Untersuchungen zugrunde gelegt. Für den Wert der festen Anlagen einer zweigleisigen Straßenbahn auf eigenem Bahnkörper wurde die Indexzahl auf 10 festgesetzt.
Die Voraussetzungen, wie Grunderwerbskosten, Bodenverhältnisse, Länge der Bahnsteige usw., sind für alle aufgeführten Systeme die gleichen. Die Indexwerte wurden auf ganze Zahlen abgerundet.









Auch die Selbstkosten (Kapatalkosten plus Betriebskosten plus Allgemeinkosten) der ALWEG-Stadtbahn sind auf Grund eingehender Untersuchungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen für vorliegende Projekte und nach Gutachten neutraler Stellen niedriger als die der konkurrierenden Systeme. Denn:

o Niedriger Kapitalbedarf bedingt niederige Kapatalkosten.
o Höhere Lebensdauer und geringer Fahrbahnverschleiß führen zu niedrigen Abschreibungs- und Unterhaltungskosten.
o Gut gefedertes Laufwerk auf glatter Fahrbahn schont das Fahrzeug und senkt die Unterhaltungskosten.
o Stadtbahnbetrieb mit kurzen Haltestellenabständen und damit häufiges Anfahren bei leichteren, luftbereiften Fahrzeugen erfordert trotz höherem Reibungswiderstand geringere Gesamt-Energiekosten.
o Kürzere Umlaufzeiten bei größerer Reisegeschwindigkeit bringen Einsparungen bei den Personalkosten und im Fharzeugpark.
o Niederigerer Anlagewert und geringer Personalbedarf werden niedrige Allgemeinkosten ergeben.



Teil 5

ZUSAMMENFASSUNG

Das ALWEG-System bietet in betrieblicher und verkehrlicher Hinsicht alle Vorzüge eines Bahn-Systems mit Eigenfahrbahn, zum Beispiel einer U-Bahn oder Hochbahn, insbesondere sicherer und ungestörter Verkehr sowie die damit verbundene Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und hohe Reisegeschwindigkeit.

Systembedingte Vorteile gegenüber anderen Bahnen sind:
o Verhältnismäüßig niedriges Anlagekapital
o geringe Selbstkosten
o niedrigere Unterhaltungskosten für den Bahnkörper
o kurze Bauzeit
o geringe Behinderung des Oberflächenverkehrs während des Baues
o günstige Trassierungsmöglichkeiten
o geringer Platzbedarf in der Straßüenoberfläche
o Geräuscharmut
o völlige Sicherheit gegen Entgleisen

Projektierter ALWEG-Zug (Dreiwagen-Einheit)



Eigengewicht 30 to
Belastung je Tragachse 9 To
Anzahl der Tragachsen 6
Anzahl der angetriebenen Achsen 4
Anzahl der Motore 4
Stundenleistung je Motor 120 kW
Fassungsvermögen 300 Personen
Spitzengeschwindkeit 80 km/h

Maßangaben in obiger Zeichnung in Millimetern


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