Die
Fahrzeuge der Alweg - Bahn 1)
1) Nach freundlicherweise zur Verfügung gestellten Unterlagen der Alweg - Forschung - G.m.b.H.
Von Professor Dipl.-Ing. Friedrich Mölbert, Hannover
Der Bericht über die technischen Anlagen und Möglichkeiten der Alweg - Bahn bedarf zur Gesamtbeurteilung des neuartigen Verkehrsmittels noch ergänzender Ausführungen über die Fahrzeuge, für die bereits eine einsatzfähige Konstruktion geschaffen ist.
1. Bahnsystem und Fahrzeug
Bei allen Verkehrsfahrzeugen auf Schiene oder Straße zeigt sich schon in der ersten Entwicklung, bestimmt aber in späteren Stadien, daß sich das Verkehrssystem und die allgemeine Fahrzeuggestaltung im weiteren Sinne, die Fahrbahn und die Fahrzeuge mit dem Laufwerk im engeren Sinne einander anpassen und aufeinander abstimmen müssen, weil die bestmögliche technische Lösung später einfach dazu zwingt, wenn diese Bedingung nicht von vornherein erfüllt wird. Heute läßt sich im großen eine solche Entwicklung dort leicht übersehen, wo sie einen gewissen technisch befriedigenden Vollkommenheitsgrad erreicht hat. Die Autostraße ist heute schon in der Trassierung wie in der Ausführung und Oberfläche ihrer Fahrbahn mit dem Kraftfahrzeug und umgekehrt abgestimmt. Fahrzeugbreite, Länge, eingebaute Antriebsleistung und vorzusehende Reise- und Höchstgeschwindigkeit lassen die Möglichkeiten der Fahrbahn ausschöpfen, wie umgekehrt eine so abgestimmte Fahrbahn die Fahrzeugleistung voll ausnützen läßt. Der Maßstab hierfür ist die verkehrliche und betriebliche Leistung im Verkehrsvorgang, ausdrückbar durch beförderte Menge oder Gewicht in einer Zeiteinheit. Im System der Schienenfahrbahn ist diese Entwicklung wegen des höheren Alters dieser Verkehrsart schon frühzeitig zu beobachten gewesen und die Technik weiß nur zu gut, daß die Entwicklung immer weiterdrängt und daß deshalb ganz allein konstruktive und betriebliche Verbesserung an Fahrbahn und Fahrzeug, gleichgültig welchem System sie angehören mögen, unablässig verfolgt werden müssen, und daß aber andererseits Verbesserungen notwendig und erwünscht sind, da Fahrbahn oder Fahrzeug in ihrem Wechselspiel jeweils einen Vorsprung des anderen Teiles aufzuholen suchen. Gerade das vergangene Jahrzehnt ist in dieser Hinsicht sehr rührig und produktiv gewesen.
Die technischen Gesichtspunkte der Entwicklung beschränkten sich dabei nicht nur auf die alten Gleise des bereits Gewohnten, sie greifen weiter und untersuchen auch die Übertragung und das Nutzbarmachen von Elementen der Fahrzeugtechnik der Straße im Schienenfahrzeugbau und umgekehrt. In erster Linie ist es hier die Laufwerkstechnik; es sei hier zum Beispiel nur kurz auf die zahlreichen Veröffentlichungen hingewiesen, die die Verwendung des Kraftfahrzeugluftreifens im Schienenfahrzeug in einer großen Zahl von Varianten in Anwendungsart und Konstruktion behandeln. Da aber stets Reifen und Fahrbahn auf das engste miteinander verknüpft sind, so tritt jene Bedingung stets als Ergebnis der Versuche in den Vordergrund, daß Reifen und Fahrbahn organisch und ihrem Wesen nach physikalisch und technisch aufeinander abgestimmt sein müssen. Das gilt gleichermaßen auch für die Werkstoffpaarung von Radreifen und Fahrbahn.
Nun ist aber ein Bahnsystem nicht
allein durch die Bauart der Fahrbahn und der Fahrzeuge
gekennzeichnet, sie ist vielmehr das dem Beschauer zunächst und
zuerst Sichtbare. Trotz der scheinbar sehr scharfen Abgrenzung der
Systeme Straße und Schiene in ihrer allgemein verbreiteten Form
gibt es Mischlösungen, wie zum Beispiel der Versuch der Pariser
Metro zeigt, wo ausgesprochene Schienenfahrzeuge Laufwerke und
Bereifung nach Art der Kraftfahrzeugelemente und dementsprechend eine
Betonfahrbahn erhielten. Auch andere Versuche sind in
Veröffentlichungen näher beschrieben worden. Vom
fahrzeugtechnischen Standpunkt aus kann auch das Bahnsystem der Alweg
- Bahn unter diesem Gesichtswinkel betrachtet werden. Der
Grundgedanke des Systems 2)
2) Vgl. Aufsatz von Prof.
Klein, Seiten 147 bis 196 dieses Heftes
für bestimmte
Verkehrslösungen eine neuartige Fahrbahn zu entwickeln, führte
hier zur Wahl einer Balkenfahrbahn mit Sattelfahrzeugen, bei der
Zugbildung und Zugbetrieb möglich sind und die deshalb - im
Gegensatz zu der mehr flächenmäßigen Bewegung der
Straßenfahrzeuge innerhalb ihrer Fahrfläche - den
Charakter einer Schienenbahn mit der Linienbindung der Fahrzeuge
besitzt.
2.
Fahrbahn und Laufwerk
Im folgenden sollen die Fahrzeuge für das besondere Bahnsystem behandelt werden, ohne die Systemfrage als ganzes noch einmal zu streifen. In der Tat ist ja die Alweg - Bahn zunächst eine Systemfrage. Ist man aber für passende Verhältnisse dem System gegenüber nicht ablehnend, so kann das Fahrzeug der Fahrbahn und der Verkehrsaufgabe angepaßt werden, wie es die Ingenieure der Alweg - Bahn als gestellte Aufgabe auch gelöst haben. Die Problematik der Alweg - Bahn - das sei hier für Befürworter und Gegner betont - liegt im Fahrbahnsystem und seiner Anwendung im Nahverkehr und im großstädtischen Massenverkehr. Wie die Fahrbahn konstruktiv als technisch beachtliche Lösung einer gestellten Aufgabe angesehen werden muß, so wurde auch im Fahrzeugteil eine geschickte und zweckmäßige Lösung gefunden, die der Abstimmung zwischen Fahrbahn und Fahrzeug dient und laufwerkstechnisch manches Interessante und Neue bietet.
Die Ausbildung des Fahrbahnbalkens
bedingt für das Fahrzeug zweierlei: Ausbildung des Fahrzeugs als
Sattelfahrzeug und Gummibereifung auf genügend breiter
Betonbahn. Die Ausbildung der Betonbalken 3)
3) Aufsatz
Klein, Seiten 149-151
und ihre Verbindung untereinander
ergibt eine sehr homogene Fahrbahn, die fast keine Einwirkung der
Stoßstellen auf die Laufruhe und die Laufeigenschaften des
Fahrzeugs erwarten läßt. Die Versuche und Probefahrten auf
der Versuchsstrecke im Gelände der Alweg - Forschung - G.m.b.H.
in Köln - Fühlingen haben die Erwartung bestätigt. Die
Bezeichnung Sattelfahrzeug bedeutet, daß das Fahrzeug in seiner
senkrechten Längsmittelebene abgestützt ist, also seine
Stützräder praktisch in einer Ebene angeordnet sind. zur
Stabilisierung des Fahrzeugs wie zu seiner Führung sind deshalb
seitlich angeordnete Führungsrollen notwendig, die hiermit eine
zweifache Aufgabe haben. Sattelfahrzeuge hat es auch früher
schon gegeben, insbesondere besaß England eine dampfbetriebene
Sattelbahnstrecke. Die Gestaltung des Betonbalkens bedingt auf jeder
Seite zwei vertikal angeordnete Führungsrollen.
Bild
1: Dreiwageneinheit des Alweg - Fahrzeugs.
Bevor auf das
Laufwerk näher eingegangen wird, soll zunächst in Bild 1
die Gesamtanordnung des Fahrzeugs betrachtet werden. Nach dem
gegenwärtigen Stand der Planung ist ein dreiteiliges Fahrzeug
vorgesehen, dessen Gesamtlänge rund 30 m beträgt. Man muß
bei dem Gesamtentwurf beachten, daß die wagenbauliche
Grundrißanordnung, das Laufwerk und der Antrieb aufeinander
abgestimmt sein müssen; deshalb bilden vor allen Dingen
Fahrzeuglänge, Anzahl der lastübertragenden Räder
sowie die Antriebsanlage und die Hilfsbetriebe ein zusammenhängendes
Ganzes und bedingen die Hauptabmessungen. Wie in Bild 1 ersichtlich,
enthält jede Wagenhälfte zwei nebeneinander angeordnete
Tragräder, die ihre Fahrbahn auf der Oberseite des Betonbalkens
haben. Die Räder ragen in den Fahrgastraum hinein und nehmen
naturgemäß einen Teil der Nutzgrundfläche in
Anspruch; der Ausfall kann durch geschickte Sitzplatzanordnung wieder
etwas ausgeglichen werden. Jeder Wagenteil ist als ein Fahrzeug zu
betrachten, das in seiner lotrechten Mittelebene an beiden Enden
abgestützt ist. Daß in der praktischen Ausführung
zwei Tragräder nebeneinander angeordnet sind, ist durch die
Tragfähigkeit der Luftbereifung und die mögliche
Reifengröße bedingt. In der gleichen Querebene, in der die
Achsen der tragenden Reifen liegen, sind auch die vertikal drehbaren
Führungsrollen angeordnet.
Bild
2: Grundsätzlicher Laufwerksquerschnitt
Diese Rollen
übernehmen die Stabilisierung des Fahrzeugs, halten also das
Fahrzeug in seiner Stellung zur Lauffläche der tragenden Räder;
gleichzeitig übernehmen sie auch die sogenannte Fahrzeugführung,
indem sie der Richtung des Betonbalkens folgen. Die tragenden Räder
sind in der Fahrrichtung nicht lenkbar angeordnet, sie folgen der
Bahnkrümmung unter der Kraftwirkung der seitlichen
Führungsrollen. Im Schienenfahrzeugbau würde man diese
Bauar als steifachsiges Fahrzeug mit festem Achsstand bezeichnen.
Dagegen sind die drei zu einer Einheit gekuppelten Einzelfahrzeuge
durch die Art ihrer Kupplung gegeneinander beweglich. In der Krümmung
können sie eine Polygonale Stellung zueinander einnehmen.
Dasselbe ist auch bei Neigungswechsel der Fahrbahn in der lotrechten
MIttellängsebene möglich.
Die Anzahl der Räder in der Querschnittebene erscheint zunächst aufwendig, weil in jeder solchen Ebene vier Führungsrollen und zwei Tragräder liegen. Man muß dabei jedoch beachten, daß das Laufwerk der seitlichen Führungsrollen wesentlich geringere Kräfte zu übertragen hat und deshalb leichter und einfacher gehalten werden kann. Es wurde deshalb auch eingangs dargelegt, daß der Ausgangspunkt für die Fahrzeuggestaltung der Betonbalken gewesen ist. In der sich so zwangsweise ergebenden Bauart des Sattelfahrzeuges entstehen jetzt unterhalb der Lauffläche beiderseits des Betonbalkens an dem Fahrzeug entlangführende Konstruktionsräume, die zwischen den Führungsaggregaten den Antrieb, die Hilfsbetriebe, die Batterie und andere Einrichtungen aufnehmen können. Gleichzeitig wird dieser unter den Wagenfußboden heranreichende Teil als tragende Konstruktion herangezogen,so daß eine Art tragfähiges Untergestell entsteht, auf das ein sehr leichtes Wagenkastengehäuse aufgesetzt werden kann.
Die gewählten Abmessungen des Betonbalkens und die Homogenität seiner Oberfläche, die von den Tragrädern und Führungsrädern berührt wird, führen von selbst zur Anwendung der Luftbereifung. Diese bringt allgemein in der Fahrzeugtechnik einen sehr geringen Pegel für die Laufgeräusche mit sich. Sie macht aber wie beim Kraftfahrzeug die Abfederung nicht entbehrlich. Wegen der auch bei weitgetriebenem Leichtbau noch sehr hohen Anforderungen an die Tragfähigkeit der Lasträder ist der Luftdruck in diesen Reifen an die obere Grenze gelegt. Die Konstruktion der Federung ist nicht nur nach neuzeitlichen Gesichtspunkten, sondern auch mit viel Geschick durchgeführt. Die die Last tragenden Räder sind in einer Schwinge gelagert, die ihre Belastung vom Fahrzeugrahmen her über eine Luftfeder erhält. Auf die Luftfeder selbst soll im Rahmen dieser Abhandlung nicht näher eingegangen werden, da über sie schon mehrfach Veröffentlichungen erschienen sind. Es möge deshalb nur das Grundsätzliche festgehalten werden: die Luftfeder verhält sich statisch wie deine Stahlfeder, sie ist aber sehr geräuschdämpfend und besitzt den heute sehr geschätzten Vorzug, ihre Kennlinie ändern zu können. Durch eine gesteuerte Nachfüllung oder Verminderung des Luftinhaltes läßt sie sich lastabhängig auf gleicher Stützhöhe halten. Dadurch bleibt nicht nur die Wagenfußbodenhöhe an den Einstiegstellen unabhängig von der Belastung auf gleicher Höhe, sondern sie federt das leere Fahrzeug mit annähernd dem gleichen Federweg wie das vollbelastete Fahrzeug ab. Die dafür nötige Vorhaltung von Druckluft ist bei diesem Fahrzeug wie bei allen Triebfahrzeugen von selbst gegeben.
Der gegenwärtige Stand der Planung für die Fahrzeuge sieht entsprechend der Aufgabenstellung eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h vor. In diesem Geschwindigkeitsbereich ist durch die Homogenität der Fahrbahn wie auch durch den angewandten hohen Reifendruck schwingungs- und erschütterungsmäßig eine gute Laufruhe vorhanden, womit ein geräuscharmes Fahren aus den genannten Gründen nebenhergeht.
Bild
3 und 4: Anordnung des Laufwerks im Fahrzeug
Bild 3 und 4 lassen die Anordnung der seitlichen Führungsrollen erkennen. In der Aufnahme ist die Verkleidung der seitlichen Führungsrollen noch nicht unter dem ganzen Wagenkasten durchgezogen wie dies bei dem neuesten Versuchsfahrzeug der Fall ist. An der grundsätzlichen Anordnung hat sich jedoch nichts geändert. In Bild 3 hängt das Fahrzeug neben dem Betonbalken, in Bild 4 befindet sich das Fahrzeug über dem Montagestand. Man erkennt außer den Führungsrollen auch die Hilfsrollen für den Fall, daß in einem Luftreifen die Luft verlorengeht.
Bild
5: Lauf- und Antriebsrad mit Luftfeder.
In Bild 5 sind die beiden Tragräder einer Stützgruppe zu erkennen. Links davon wird der Balg einer Luftfeder sichtbar.
Bild
6: Fahrzeugquerschnitt und Lage des Radsatzes bei Reifenwechsel.
Bild 6 läßt noch einmal die gesamte Querschnittsanordnung erkennen und enthält gleichzeitig die konstruktive Lösung zur Vornahme des Reifenwechsels an den tragenden Rädern. Dabei ist aus der Zeichnung ersichtlich, daß hier im Laufwerk vorwiegend die Konstruktionselemente der Kraftfahrzeugtechnik verwendet worden sind, wie dies ja sinngemäß der Anwendung von Luftreifen auf einer Betonfahrbahn entspricht.
3. Der Antrieb
Über die Wahl der Antriebsart können je nach Aufgabenstellung und nach Einsatzgebiet verschiedene Überlegungen angestellt werden. Für Fahrzeuge eines Nahverkehrs mit kurzen Haltestellenabständen ist immer damit zu rechnen, daß elektrische Energie zur Verfügung steht. Sie bietet für den Fahrzeugantrieb in erster Linie außer der Sauberkeit den Vorteil, daß im Fahrzeug selbst in der Maschinenanlage die zugeführte elektrische Energie im Fahrmotor nur noch in mechanische Arbeit umgewandelt zu werden braucht. Der Raumbedarf ist daher geringer als bei anderen Antriebsarten, und die Ergänzung der Betriebsstoffvorräte entfällt. Es liegt also auf der Hand, hierfür den elektrischen Antrieb zu wählen, wie dies die Alweg - Forschung - G.m.b.H. auch getan hat. Der elektrische Antrieb gestattet seiner Eigenart nach, höhere Leistungen einzubauen und auszunutzen, als dies mit anderen Antrieben möglich ist. Die Frage nach der Stromart kann je nach den vorliegenden Verhältnissen sehr vielseitig gelöst werden. Allgemein gilt aber als anerkannt, daß für Nahverkehrszwecke mit häufigem Haltestellenabstand aus vielen hier nicht näher zu erörternden Gründen der Gleichstrombetrieb den Vorzug verdient. In Nahverkehrsnetzen darf die Zahl der Speisepunkte groß sein und die verwendete Spannung am Fahrzeug ist wesentlich niedriger zu halten als bei Fernbahnen. Daß der Strom für den Fahrbetrieb vom Kraftwerk als Drehstrom bezogen wird, spielt hierbei keine Rolle. Für Nahverkehrsbahnen ist es längst üblich geworden, den Gleichstrom über Gleichrichter zu erzeugen, wobei auch gleichzeitig die Spannung auf die gewünschte Größe gebracht werden kann. So zeichnet sich aus vielen Gründen für den Antrieb der einfache und bewährte Gleichstrommotor ab und nur die Ausgestaltung des Antriebs bei dieser besonderen Form des Sattelfahrzeuges stellt einige Anforderungen an die Konstruktion. Bei der Lage der lastübertragenden Räder, die zugleich angetrieben werden sollen, müssen die Fahrmotoren in den Konstruktionsräumen beiderseits des Betonbalkens unterhalb des Wagenfußbodens angeordnet werden. Eine schrägstehende Antriebswelle mit den nötigen Getriebeelementen zur Umwandlung der Drehzahl führt zum Antrieb der Lasträder nach oben (Bild 1). Der Gleichstrommotor muß dabei den engen Raumverhältnissen Rechnung tragen und mit verhältnismäßig hoher Drehzahl betrieben werden, um seinen Durchmesser bei gegebener Leistung klein zu halten.
Bild
7: Antriebsmotor.
Bild 7 läßt einen der
Fahrmotoren erkennen, während Bild 2 die Anordnung der
Stromzuführung am Betonbalken zeigt. Der elektrische Antrieb
läßt mit Rücksicht auf den höheren
Haftreibungswert zwischen Reifen und Fahrbahn höhere Zugkräfte
zur Fahrzeugbeschleunigung anwenden und macht für die
Überwindung von Höhenunterschieden im Gelände
entsprechend größere Fahrbahnneigungen möglich.
Die Anwendung des elektrischen Antriebes bietet einen weiteren Vorteil bei dem häufigen Bremsen für den kurzen Haltestellenabstand. Da bei der Ausnutzung des hohen Haftreibungswertes die rein mechanische Bremsung große Schwierigkeiten bereitet, braucht sie bei Anwendung der elektrischen Widerstandsbremsung nur für den unteren Geschwindigkeitsbereich ausgelegt zu werden. Die Abbremsung der kinetischen Energie bei hohen Geschwindigkeiten übernimmt die elektrische Bremsung. Sie ist heute so verbreitet, daß sie in diesem Rahmen als bekannt vorausgesetzt werden kann.
Die Bemessung der elektrischen Leistung beruht bei gegebener Höchstgeschwindigkeit auf der Größe des Bewegungswiderstandes und auf der geforderten größten Beschleunigung vom Stillstand bis zur Höchstgeschwindigkeit. über den Bewegungswiderstand gibt die Alweg - Forschung GmbH in Bild 8 einen grundsätzlichen Überblick, wobei zunächst zu beachten ist, daß für besondere aus dem Rahmen fallende Fahrzeugbauarten der Bewegungswiderstand besser absolut in kg oder einem entsprechenden Maße angegeben würde.
Bild
8: Bewegungswiderstände. Nach Untersuchungen der Alweg -
Forschung - G.m.b.H.
Der Verlauf der Kurven wird nämlich durch die Division des nicht gewichtsabhängigen Luftwiderstandsanteiles verzerrt und gibt häufig zu Fehldeutungen Anlaß. In der Nähe des Fahrzeugstillstandes geben die Kurven den Bewegungswiderstand hauptsächlich längs der Fahrbahn an, da der Luftwiderstand noch vernachlässigbar klein ist. Da das Alweg-Fahrzeug mit Luftbereifung fährt, ist dieser Widerstandsanteil größer als bei reinen Schienenfahrzeugen der Regelausführung. In der gegenwärtigen Ausbildung des Versuchsfahrzeuges als Dreiwageneinheit werden vier der sechs Achsen von vier Fahrmotoren mit einer Untersetzung von 8,4 : 1 angetrieben. Die Endachsen der Einheit haben keinen Antrieb. Jeder der vier Gleichstrommotoren hat eine Stundenleistung von 120 kW, so daß für den Antrieb der Einheit 480 kW zur Verfügung stehen. Die Fahrzeuge können mit selbsttätigen Kupplungen zu einem Zug vereinigt werden. Ihre elektrische Gesamtausrüstung entspricht allen neuzeitlichen Erfordernissen, so daß sich eine Beschreibung von Einzelheiten der elektrischen Ausrüstung erübrigt.
4. Wagenbaulicher Teil
Mit dem schon umrissenen Gesamtaufbau einer Dreiwageneinheit soll noch kurz auf den rein wagenbaulichen Teil des Fahrzeuges eingegangen werden. Der Ausführung als Sattelfahrzeug entsprechend sind die tragenden Elemente in der Hauptsache unterhalb des Wagenfußbodens untergebracht, so daß der aufgesetzte Wagenkasten sehr leicht gehalten werden kann. Er ist nach Konstruktionsgrundsätzen des Leichtbaues aus Aluminiumlegierungen hergestellt. Die zwei Kopfwagen mit Mittelstück bieten Raum für 96 Sitzplätze und 204 Stehplätze, insgesamt für 300 Fahrgäste. Den bewährten Grundrissen ausgeführter Stadtbahnzüge entsprechend besitzt jeder Wagenteil zwei Einsteigtüren. Wie schon erwähnt, ragen die tragenden Räder durch den Wagenfußboden hindurch und sind entsprechend abgedeckt. Die Ausgestaltung des wagenbaulichen Teils wird aber durch die Bauart als Sattelfahrzeug nicht beeinflußt, so daß praktisch die Ausführung und Ausstattung des Wagenkastens nach den verschiedenen Gesichtspunkten hin möglich bleibt. Heizung, Beleuchtung und Belüftung können den Erfordernissen entsprechend gestaltet und angeordnet werden. wobei auf alle gängigen normalen Elemente des Wagenbaues zurückgegriffen werden kann. Das zuletzt ausgeführte Versuchsfahrzeug stellt deshalb ein Beispiel für eine getroffene Auswahl dar.
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Bild
9: Fahrgastraum
Gleiches trifft auch für die Ausbildung der Türen zu, die heute selbst bei neuzeitlichen Straßenbahnen selbsttätig geöffnet und geschlossen werden. Zu erwähnen ist noch die mechanische Bremse, die das Fahrzeug etwa von 30 km/h abwärts bis zum Stillstand mit einer druckluftbetriebenen Scheibenbremse abbremst.
5.
Zusammenfassung
Die Eigenart des Bahnsystems mit Betonfahrbalken führt in der Entwicklung zu einem Fahrzeug, dessen konstruktive Ausbildung nach dem ausgeführten Versuchsfahrzeug nicht nur im Bereich des Möglichen liegt, sondern sich ohne nennenswerte Schwierigkeiten im Rahmen der allgemeinen Fahrzeugtechnik verwirklichen läßt. Man darf dabei nicht übersehen, daß ein Vergleich einer Neuentwicklung mit im Betriebe ausgereiften Fahrzeugen erst dann auf gleicher Basis stattfinden kann, wenn Betriebserfahrungen und Erfahrungen in der Wartung und in der Werkstatterhaltung vorliegen. Der gegenwärtige Stand der Entwicklung des Alweg - Fahrzeugs läßt aber für den gestellten Aufgabenbereich eine gut durchdachte technische Planung und Ausführung erkennen.
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1999, 2000 Sammlung Otterbach
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