Carl Schurz - Zur Familien und Sippengeschichte

Von Fritz Kessler

Die großen Biographien übe Carl Schurz aus den Jahren 1929 bis 1932, angefangen bei den Amerikanern J. Schafer, Ch. V. Easum und C. M. Fuess bis zu den Deutschen O. Dannehl sowie Erkelenz, Mittelmann u.a. lassen eine Ahnentafel der beiden Familien Schurz und Jüssen vermissen. Fuess stellt lakonisch fest: „Der Stammbaum wurde bisher noch nicht zurückverfolgt.“ (Zit. Ahrens S. 8) 1). Heinrich Becker, Bonn, stellte im Juli 1935 die erste Ahnentafel der Verwandten des Deutsch-Amerikaners Carl Schurz 2) auf und übermittelte sie den lebenden Verwandten im Bonner Raum. Da er aber nur die Kirchenbücher und Standesregister von Lessenich bzw. Duisdorf auswertete, reichte seine Ahnenreihe bis zu den Urgroßeltern Heinrich Schurz und Elisabeth Lammerich.


Der junge Carl Schurz
Repro: Fritz Keßler

1940 erhebt D. Ahrens in seiner Dissertation 1) erneut die Forderung nach einer Ahnentafel, hier mit dem deutlichen Ziel, aus der Abstammung die Wesenseigenschaften von Carl Schurz entsprechend den Vererbungsvorstellungen seiner Zeit rassenpsychologisch zu begründen. Die Beekersche Tafel war ihm unbekannt.

1942 erscheint zum erstenmal für eine breitere Öffentlichkeit die Ahnentafel Schurz in dem zweibändigen Werk „Deutsche Geschichte in Ahnentafeln“ bei Metzner, Berlin. Die Verfasser Heinrich Banniza von Bazan und Richard Müller erwähnen in ihrem Kommentar die im Besitz der Carl-Schurz-Gesellschaft Berlin befindliche (Beeckersche) Tafel der Nachkommen 3).

Zur Geschichte der Familie Jüssen, den Vorfahren Carl Schurz' mütterlicherseits, erschien neben dem Stammbaum bei Banniza-Müller erst 1956 eine eigene Ahnentafel bei Robert Steimel in dem Werk „Mit Köln versippt“ 4).

Die Nachfahren der Familie Jüssen in den USA haben 1949 eine große Tafel hergestellt, die bei der National Carl Schurz Association in Philadelphia aufbewahrt wurde 5). Eine Fotokopie dieser 208 x 38 cm großen Tafel wurde mir freundlicherweise von der NCSA zur Verfügung gestellt.

Beim Studium der Biographien fällt auf, daß kaum etwas über die Herkunft der Familien Schurz und Jüssen gesagt wird, was nicht schon in den Lebenserinnerungen von Carl Schurz steht. Da er selbst wohl die Brüder und Eltern seiner Mutter sehr lebendig beschreibt, von den früh verstorbenen Großeltern väterlicherseits aber kaum etwas erwähnt, schweigen sich aber die Biographen aus. Bei Ahrens heißt es daher: „Von seinen Großeltern väterlicherseits weiß man außer der bäuerlichen Abstammung wenig.“ 1) Richard Müller schreibt: „Die väterlichen Vorfahren bewirtschafteten kleinere Ackerhöfe in der Bonner Gegend.“ 3)

Die beim Aufbau des Archivs der Carl-Schurz-Schule Bad Godesberg gesammelten 56 Aufsätze und die 30 Biographien bzw. Romane bringen außer den erwähnten 5 großen Biographen keine neuen genealogischen Fakten, wohl aber manche widersprüchlichen Angaben.


Dazu einige Beispiele

Bei Bernhard Sengfelder heißt der Vater Carl Schurz' Anselm statt Christian. Außerdem läßt dieser Autor die Eltern ein paar Jahre nach Carl Schurz in die USA einwandern und sieben Jahre nach ihm in Watertown ein Grundstück kaufen 6).

Die Einwanderung geschah nach Fuess und anderen im Frühjahr 1853! Margarethe Schurz schreibt am 7. 4. 1853 an ihre Schwägerin in Hamburg, daß die Mutter und die Schwestern ihres Mannes endlich angekommen seien. Professor Hogue schließt eine frühere Ankunft des Vaters nicht aus 7). Der Grundstückskauf war nach Fuess am 23. 9. 1855 getätigt. Unerklärlich ist, daß Sengfelder die älteste Tochter, Agathe, Rufname „Handy“, als Sohn Hans im Roman eingeführt.

Die nach dem zweiten Weltkrieg wohl bekannteste Biographie von Joachim Maaß „Der unermüdliche Rebell“ 8), geschrieben während der Emigration in den Staaten, nennt als Todestag von Margarethe Schurz den 12. 3. 1876 (S. 84; Fuess S. 219); in der amerikanischen Ahnentafel Jüssen ist als Sterbejahr 1875 angegeben. Tatsächlich starb sie am 15. 3. 1876 in St. Louis, drei Tage nach der Geburt am 27. 8. 1833 für sich und ihr Kind wiederholend.

Neben diesem falschen Datum übernimmt Maaß und mit ihm 1956 Toni Stolper 9) von Fuess die Angaben: „Margarethe Meyer, ein jüdisches Mädchen, Tochter einer wohlhabenden Hamburger Kaufmannsfamilie verlobte sich im Februar 1852 in London und heiratete Carl Schurz am 6. Juni 1852 in der Paris Church von Marylebone, London.“ Ein gewissenhafter Standesbeamter trug dieses Ereignis mit der Todesnachricht auf der Geburtsurkunde in Liblar ein, allerdings Marylebone, USA.

Das Staatsarchiv Hamburg schickte mir den „Versuch einer Stammfolge“ von H. C. Meyer (Stockmeyer). Im Begleitschreiben heißt es: „Agatha Margaretha Meyer, die Ehefrau von Carl Schurz, wurde am 27. 8. 1833 als Tochter des Fabrikanten Heinrich Christian Meyer und seiner Ehefrau Agatha Margaretha geb. Beusch († 27. 8. 1833) in Hamburg geboren. Ihre Eltern waren nicht jüdischer Abkunft.“10) Margarethe war das 11. Kind.


Die Mutter von Carl Schurz
Repro: Fritz Keßler

Sogar das Todesdatum von Carl Schurz ist gelegentlich falsch zitiert. In der Ahnentafel von Banniza steht der 14. 3. statt des richtigen Datums 14. 5. 1906. O. E. Lessing schreibt, Schurz sei in der Nacht zum 15. Mai gestorben 11)

Die Reihe von Beispielen läßt sich beliebig verlängern. Druckfehler erklären manche, andere gehen auf die unterschiedliche Genauigkeit bzw. Auffassung der beiden Staaten und ihrer Standesämter zurück, worauf bei der Suche nach dem Sterbetag des Vaters Christian Schurz die Historische Gesellschaft von Illinois hinwies. Erst Prof. Hogue übermittelte mir als Verwandter das Datum: 17. 2. 1876 7).

Am 17. 2. 1877 schreibt Carl Schurz an Rutherford Hayes, der am 1. 3. 1877 als Präsident der Vereinigten Staaten Schurz in sein Kabinett als Innenminister berief: „Am vergangenen Dienstag - dem 13. 2. 1877 (Zusatz) - starb meine Mutter. Dies war das drittemal, daß der Tod in den letzten zwölf Monaten an meine Tür klopfte, erst rief er meinen Vater, dann meine Frau und jetzt meine Mutter.“ 12)

Die nach 1935 entstandenen Ahnentafeln - Beeker stellte eine Liste der Verwandten von Carl Schurz, nach Familien geordnet, auf - brechen mit der Heirat des Urgroßvaters von Carl Schurz ab. Lücken und Widersprüche zu den Angaben der Biographen ließen es reizvoll erscheinen, die Quellen zu studieren.

Dabei kamen zunächst die Urkunden der Standesämter Liblar und Poppelsdorf (ab 1798) in Betracht mit der Schwierigkeit, die in der Zeitrechnung der französischen Republik gemachten Angaben umzurechnen. Davor waren die Kirchenbücher der Pfarreien Lessenich (Mit Duisdorf), Lengsdorf (mit Ippendorf, Ückesdorf und Röttgen) sowie Endenich mit ihren teilweise sehr spärlichen oder sehr lückenhaften Angaben die wichtigsten, jedoch nicht die einzigen Quellen. Ohne die Ergänzung durch die Protokolle der Erb-, Kauf- und Schuldverträge der propsteilichen Schöffengerichte Duisdorf und Endenich wären nicht einmal die Frauen der ältesten Namensträger Schurz und ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu ermitteln gewesen.


Der Vater von Carl Schurz
Repro: Fritz Keßler

In guter Übereinstimmung mit Beeker ergab sich die Tafel 1, ergänzt durch die Daten für die Zeit nach der Auswanderung, die ich den Biographien Fuess und Schafer und der NCSA verdanke.


Noch ein Wort über die Kinder von Carl Schurz

Baumgardt 11) weist darauf hin, daß nach den beiden unverheiratet gebliebenen Töchtern Agathe und Marianne, die dem Vater nach dem Tod der Mutter den Haushalt führten und auch bei den sehr viel jüngeren Brüdern Carl Lincoln und Herbert Mutterstelle vertraten, die dritte Tochter gerade nach der Siegesdepesche General Shermans geboren wurde: „Savannah genommen!“ Sie fehlt in mancher Ahnentafel, z. B. auch in der Tafel Jüssen wie auch in der Biogr. Enzyklopädie der USA. Hier heißt es: „of two sons an two daughters three survived him; all dies without issue.“ Der Generalanzeiger Bonn brachte einen Bericht über den Tod Carl Lincolns am 4. 6. 1924 mit der Titelzeile: „Die Familie Carl Schurz ist im Mannesstamm erloschen.“ 12)

Herbert, der jüngste Sohn, wurde nach dem Studium an der Harvard Universität, die auch sein Bruder besucht hatte, Schauspieler; er starb auf einer Reise mit ihm nach London an einem Herzschlag (1900). Carl Lincoln brachte die Leiche nach New York. 24 Jahre später erweist Marianne Schurz ihrem mittlerweile eine angesehene Praxis als Rechtsanwalt führenden Bruder Carl Lincoln den gleichen traurigen Dienst. Er starb ebenfalls nach einem Herzschlag während der Kur in Bad Nauheim. Marianne, das letzte Kind der Familie Schurz, ließ ihn in der Familiengruft auf dem Friedhof über dem Hudson beisetzen. Marianne hatte nach dem Tod des Vaters den schriftlichen Nachlaß verwaltet und zusammen mit Bancroft den II. Band der Lebenserinnerungen ihres Vaters herausgegeben.

Carl Lincoln hatte in erster Ehe Harriet Tiedemann, die Nichte des Festungskommandanten von Rastatt zur Frau. Ihr einziger Sohn starb wenige Tage nach der Geburt. Die zweite Ehe mit Marie hart blieb kinderlos.

In Verbindung mit den Genealogen A. Krudewig, Wuppertal, H. Leinekugel, Bonn, und vor allem Herbert Weffer, Beuel, wurde eine Fortführung der Ahnenreihe Schurz über Heinrich Schurz hinaus gesucht.

Es kann jetzt eine Ahnentafel Schurz-Jüssen bis zur VII. Generation vorgelegt werden, die in direkt aufsteigender Linie so aussieht: (2 Tafeln). Die entscheidende Stelle, an der die früheren Versuche endeten, ist die Eintragung des Bürgermeisters Balbiano im Standesregister von Poppelsdorf vom 23. 10. 1816.



2 Karten: Fritz Keßler

Bei dem von den Zeugen angegebenen Alter von 84 Jahren müßte Heinrich Schurz 1732 geboren sein. Weder in Duisdorf noch in Lessenich oder Lengsdorf ist zu dieser Zeit ein Heinrich Schurz in den Taufregistern zu finden. Das Sterbealter ist falsch angegeben! Weit verbreitet ist die Ansicht, Carl Schurz stamme über seinen Urgroßvater Heinrich Schurz vom Gut Medinghoven bei Duisdorf. Ein am 18. 3. 1753 geborener Heinrich Schurz, Kirchenbuch Lessenich, hatte als Eltern Thomas Schurz und Veronika Fasbender. Diese waren als Pächter des Gutes Medinghoven, damals Meitekoven geschrieben. Das Gut gehörte damals dem Grafen Westerholz zu Gelsenkirchen-Buer, vorher Maria Reitz von Frentz, verwitwete von der Gisenberg. Seit dem 2. 12. 1751 waren Thomas Schurz, später in direkter Erbfolge Heinrich Schurz (ab 1780) und Ferdinand Schurz (ab 1817) Pächter bzw. Halbwinner (Halfen) 13).

Thomas Schurz hatte 1751 die Witwe Veronika Fasbender des bisherigen Pächters Adolph Horchem geheiratet.

Heinrich Schurz heiratete Apollonia Wesseling von Oedekoven am 20. 11. 1776 in Duisdorf. Da als Vorfahren von Carl Schurz das Ehepaar Heinrich Schurz und Elisabeth Lammerich nachgewiesen war, schied diese Möglichkeit einer Ahnenfolge aus.

Wir verfolgten dann aufgrund der Duisdorfer Kontrakten eine andere Spur, ausgehend von einem am 1. 1. 1738 in Lengsdorf geborenen Heinrich Schurz. Er war ein Sohn von Mathias Schurz und Anna Clara Schroeder. Unter dem 13. 9. 1777 lassen die Erben des Mathias Schurz einen Verkauf beurkunden, und zwar Johann Adam, Wilhelm, Peter und Heinrich Schurz sowie der Schwager Rudolf Lammerich. Bei einer weiteren Urkunde vom 3. 9. 1777 sind alle Brüder des Heinrich Schurz sowie die Schwäger mit ihren Ehefrauen aufgeführt. Bei Heinrich Schurz wird als Ehefrau Gertrud Wocker genannt 14). Damit war auch diese Linie, die über Mathias Schurz zu Peter Schurz und nach den Endenicher Kontrakten zu Johannes Schurz von Poppelsdorf führte, ebenfalls auszuscheiden.

Im Band 585 der Duisdorfer Kontrakten fand sich dann unter dem 16. 6. 1784 endlich ein eindeutiger Hinweis. Diese Urkunde enthält die Verpflichtung der Eheleute Heinrich Schurz und Elisabeth Lammerich von Duisdorf, die von ihren Eltern Johannes Schurz und Elisabeth Emmerich der Jungfrau Anna Maria Emmerich versprochene Zahlung zu übernehmen.

Diese nachgewiesene „filiation“ gestattet mit den Eintragungen aus den Kirchenbüchern von Lengsdorf folgende Schlüsse: Heinrich Schurz, getauft am 24. 8. 1739 in Lengsdorf, ist der Ehemann von Elisabeth Lammerich. Er starb mit 77 Jahren, jünger also als 1816 sein Enkel, der Bruder von Christian Schurz, angeben konnte. Er hatte die nächste Generation, also seinen Sohn Anton Johannes und dessen Frau Anna Maria Brenich, die kurz nacheinander 1803 starben, überlebt.

Aus den Patenschaften der sechs Kinder des Ehepaares Johannes Schurz und Elisabeth Emmerich kommen mit größter Wahrscheinlichkeit Nikolaus Schurz und Barbara Schöneseiffen aus Ückesdorf als Eltern in Frage. Ihr ältestes Kind ist Johannes, getauft am 24. 1. 1707, es folgt Anton, getauft am 23. 1. 1709, der als Trauzeuge bei Johannes Schurz genannt wird. Der zweite Zeuge ist Heinrich Emmerich, der Bruder der Ehefrau.

Waren hier schon die Patenschaften ein wichtiger, wenn nicht der entscheidende Gesichtspunkt, so gilt diese Überlegung noch mehr für die nächste Generation. In den Duisdorfer Kontrakten werden Nikolaus und Johannes Schurz aus Ückesdorf als zwei von drei Brüdern bezeichnet. Der dritte Bruder kann nur der ebenfalls aus Ückesdorf stammende und in dieser Zeit Verträge abschließende Jodocus Schurz sein 15). Die gegenseitigen Patenschaften der Brüder wie auch ihrer Ehefrauen bei den jeweiligen Kindern sichern diesen Schluß 16). Möglicherweise ist noch Stephan Schurz von (vom) Röttgen als Bruder hinzuzunehmen, da bei ihm z.B. die Frau des Jodocus Schurz, Anna Weber, Patin ist.

Ein endgültiger Nachweis ist nach dem bis jetzt untersuchten und überhaupt bekannten Material kaum möglich, da die beiden (!) Fassungen des ältesten Lengsdorfer Kirchenbuches (Personenstandsarchiv Brühl und Stadtarchiv Bonn) nach 1670 und vor allem nach 1678 große Lücken aufweisen. Es fehlen ganze Jahrgänge.

Um zur nächsten Generation zu kommen, bot sich der Schluß an, als Vater des Nikolaus Schurz wiederum einen Peter Schurz anzunehmen. Dieser erscheint mehrfach in den Endenicher Kontrakten, nach denen schließlich auch diese Vermutung aufzugeben war: Peters ältester Sohn Nikolaus, der im übrigen unter seinen Brüdern weder Johannes oder Jodocus finden läßt, unterzeichnet in der Urkunde Nr. 90 bzw. 89 vom 21. 4. 1739 mit seiner Frau Eva Noisten. Eine mögliche zweite Ehe des vorerwähnten Nikolaus scheidet aus, da Barbara Schöneseiffen erst am 10. 8. 1772 als 90jährige starb. Damit schied aber auch die Möglichkeit aus, wiederum über Peter Schurz zu Johannes Schurz aus Poppelsdorf zu kommen, wie es bei der Linie Heinrich (get. 1738) - Mathias - Peter möglich gewesen wäre.


Carl Schurz mit Frau Margarethe und Tochter Agathe
Foto: Peter Fischer

Dieser Johannes Schurz aus Poppelsdorf, zweimal verheiratet und als angesehener Handwerksmeister im Kirchenbuch St. Martin Bonn - eine Besonderheit angesichts der kaum mehr als zwei Trauungen im Jahr umfassenden Eintragungen des Pfarrers - getraut mit Gertrud Weyler 1661, hat einen Bruder Thönes und einen Bruder Johannes (oo Anna Reisiger). Letzterer, meist Johannes Schurz von Endenich genannt, wohnte in der Endenicher Gasse zwischen Andreas Todenfeldt und Johann Schön 17) Während die drei Brüder durch die Patenschaften bei den Kindern des Johannes von Endenich als solche ausgewiesen sind, kann vermutet werden, daß der älteste Namensträger, Wilhelm Schurz von Ippendorf 18), ein weiterer Bruder ist. Während Johann (oo Anna Reisiger) seine Kinder in Endenich taufen läßt, sind die Kinder des Wilhelm fast die ersten im Taufbuch von Lengsdorf. Sein Sohn Anton, erwähnt in den ersten Urkunden der Duisdorfer Kontrakten mit dem Vater (1664/1670), scheint nicht identisch zu sein mit Thönes Schurz vom Röttgen (urkundlich genannt im Band 570/fol. 144 mit seiner Frau Katharina Worm und dem Sohn Johannes). Am 12. 1. 1670 ist Thönes Schurz von Ippendorf Taufpate bei Christine, der Tochter von Betram Ippendorf und Maria Schurz (T. Lengsdorf). Er übersiedelt in den nächsten Jahren nach Röttgen wie auch in der nächsten Generation Nikolaus Schurz von Ückesdorf.

Die oben erwähnten Brüder des Thönes Schurz, die beiden Johannes von Poppelsdorf bzw. Endenich, können auch nicht als Söhne vn Wilhelm Schurz angesehen werden, da ihre Heiratsdaten 1638 und 1661 bzw. 1665 den Taufdaten der Söhne des Wilhelm mit Namen Johannes zeitlich entgegenstehen (1646 bzw. 1656). Außerdem sind die beiden Frauen des Poppelsdorfers - Christina, vermutlich Schreibfehler statt Katharina, und Gertrud - als Patinnen bei zwei Kindern des Wilhelm Schurz genannt: Johannes (25. 7. 1656) und Gertrud (5. 2. 1662).

Ob der bei dem zweiten Sohn des Wilhelm Schurz genannte Stoffel Schurz aus Röttgen (seine Tochter Maria ist Patin) de Vater des Wilhelm und damit möglicherweise auch der drei Brüder Johannes von Poppelsdorf, Thönes von Röttgen und Johannes von Endenich ist, bleibt Spekulation.

Es ist aber auch eine andere Ahnentafel denkbar, wie aus folgendem zu ersehen ist.

Johannes Schurz von Poppelsdorf heiratet am 5. 1. 1661 Gertrud Weyler, kaum drei Monate nach dem Tod seiner ersten Frau Katharina († 20. 8. 61). Die fünf Kinder aus erster Ehe sind zwischen 1638 und 1650 gestorben; sie sind dem Alter nach in dem Erbschaftsvertrag vom 23. 3. 1672 aufgeführt und bereits alle verheiratet. Nach den Taufen der Kinder aus allen Ehen liegen die Trauungen vor 1670. Der Vertrag bezieht sich auf einen Vertrag vom 12. 9. 1615. Dieser liegt leider im Wortlaut nicht vor.

Die zweite Heirat von Johannes Schurz steht im Kirchenbuch von St. Martin: „5. 11. 1661 Adolescens Johannes Schurz et virtuosa Gertrud Weyler von Poppelsdorf.“

Der „Jüngling“ war an die 50 Jahre alt, als das erste Kind dieser Ehe, Franziskus, in den ersten Lebensjahren stirbt; das zweite ist Peter, bei dem Peter Weiler (Onkel, Großvater?) und Catharina Schurz (Stiefschwester) Paten sind.

Dem genannten Erbvertrag von 1672 ging der Tod von Johannes Schurz etwa 1665 voraus. Seine Witwe Gertrud heiratet am 9. 2. 1667 Meister Engel Koning (König), dessen erste Frau Maria (oo 12. 8. 1666) vielleicht an der 1666 in Poppelsdorf herrschenden Pest starb.

Die Kinder des Johannes Schurz, Catharina, Johannes, Maria, Margaretha und Catharina aus erster Ehe, verzichten zugunsten von „Gertrud Weyler und ihrer mit Johannes Schurz und Engel Koning gezielten Kinder namentlich Peter Schurz, sodann Michael und Maria Koning“ aufgrund des Erbvertrages vom 12. 9. 1615 auf das Hofrecht und den anliegenden Weingarten. Hier wird aber Johannes Schurz mit seiner Frau Anna (Reisiger) als Kind erster Ehe genannt, womit zu der Ahnentafel 3 die folgende Variante aufgestellt werden kann.

Hierbei ist außerdem Thönes Schurz mit Anton Schurz, dem Sohn des Wilhelm, gleichgesetzt. Für beide Annahmen muß man allerdings die erwähnten Patenschaften (s.o.) vernachlässigen.


Carl Schurz - der größte Deutsch-Amerikaner des 19. Jahrhunderts - in seinem Arbeitszimmer (um 1900)
Foto: Peter Fischer

Ackersleute waren die Ahnen des Carl Schurz. Sie stammen aus Ippendorf, Ückesdorf, Röttgen. Sehr begütert und angesehen war die Seitenlinie, die von Jodocus Schurz ausgehend über Thomas Schurz zu Heinrich Schurz führt sowie die beiden Familien Johannes Schurz von Poppelsdorf sowie Nikolaus Schurz (oo Magdalene Burchard). Letzterer wohnte am Kapellenkirchhof zu Poppelsdorf 19), ist mit seiner Frau gern gesehener Pate bei den Ippendorfer und Ückesdorfer Verwandten und möglicherweise ein im Kirchenbuch nicht aufgeführter Sohn von Johannes. Während dieser 1690 Vorsteher in Poppelsdorf war, ist Johannes Ratsmitglied.

Ein anderer Nikolaus, und zwar der von Ückesdorf, wird 1744 als Schöffe von Duisdorf erwähnt. Später ist für lange Jahre, mindestens von 1763 bis 1788, Theodor Schurz Schöffe. Dieser ist auch 1795 noch einer der wenigen Besitzer von „Weingründen“ in Ippendorf und hat den größten Landbesitz in dieser kleinen Gemarkung (9 Morgen und 3 Viertel Ackerland sowie 2 Viertel Weingarten) 20). Über ihn schweigen sich die Kirchenbücher aus, soweit es seine Eltern betrifft. Unter den 24 Hausbesitzern einer Deskriptionsliste von 1661 wird Wilhelm Schurz genannt, außerhalb der Kirchenbücher die älteste Erwähnung 20). Johannes Schurz wird als Hausbesitzer in Poppelsdorf in der Deskriptionsliste der Propstei Bonn 1661 genannt 20).

1705 wird am 20. Mai im Lagerbuch der Kämmerei des Stiftes Dietkirchen zu Bonn Peter Schurz als Wirt zu Ippendorf bezeichnet. Es wird ihm verboten, Ton zur Herstellung von Pfeifen z stechen 20).

Erst mit Christian Schurz ändert sich das Berufsbild. 1796 geboren entging er der Aushebung zu den Napoleonischen Feldzügen im Zuge der neu eingeführten Wehrpflicht der 20 bis 25jährigen 21). Dafür machte er 1815 den Feldzug gegen Napoleon auf preußischer Seite mit, ohne allerdings noch ins Gefecht zu kommen, besuchte nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst das Lehrerseminar zu Brühl 22) und wurde 1826 mit dem Fähigkeitszeugnis III nahe II zusammen mit Johann Hesseler aus Godesberg entlassen 23). Ob Christian Schurz gleich im 1. Kurs ausgebildet wurde, ist nicht sicher, er wird am 16. 11. 1824 für den am „16. November beginnenden ersten Kurs wieder aufgenommen“. Nach den Akten des Prov. Schulkollegiums Koblenz gehörte er zum II. Kurs vom 15. 10. 1824 bis 14. 9. 1826; er war mit Abstand der älteste Kursist 24).

Es ist möglich und wahrscheinlicher, daß er nach seiner Prüfung gleich nach Liblar als Lehrer kam und nicht, wie Beeker annimmt, von Duisdorf nach Liblar versetzt wurde.

Noch ein Hinweis zur Schreibweise des Namens Schurz. In den älteren Urkunden steht meist Schurz, im 19. Jahrhundert setzt sich dann ziemlich die vorher nur vereinzelt benutzte einfachere Form Schurz durch.

Die gesicherten und vermuteten Zusammenhänge der verschiedenen Familien und Linien Schurz sind nun in Tafeln zusammengestellt. Korrekturen sind möglich, eine Veröffentlichung erschien aber notwendig, um unnötige Vorarbeiten zu ersparen und die Suche auf neue Fakten zu konzentrieren.

Literaturverzeichnis:

  1. Ahrens, Dieter. Weltbürgertum, Amerikanismus und Deutschtum in der Weltanschauung von Karl Schurz, Frankfurt 1940. Dissertation.

  2. Becker, Heinrich. († 1961) Ahnentafel der Verwandten des Deutsch-Amerikaners Carl Schurz. Bonn Juli 1935.

  3. Banniza von Bazan, Heinrich und Richard Müller. Deutsche Geschichte in Ahnentafeln. Band II, S. 275/77. Metzner Berlin 1942.

  4. Steinel,Robert. Mit Köln versippt. Eigenverlag Köln-Zollstock 1956. Tafel 301/02.

  5. National Carl Schurz Association Philadelphia. Ahnentafel der Familie Jüssen, aufgestellt im November 1949.

  6. Sengfelder, Bernh. Das Wagnis. Deutsche Männer in Amerika. Breslau 1942, S. 321 ff.

  7. Fuess, Claude Moore. Carl Schurz, reformer. Dodd Chicago 1932 Prof. Arthur R. Hogue, Indiana University Bloomington, USA, Schreiben vom 11. 2. 1970.

  8. Maaß, Joachim. Der unermüdliche Rebell. Hamburg 1949.

  9. Stolper, Toni. In: Die großen Deutschen Berlin 1956 Bd. III, 507f.

  10. Staatsarchiv Hamburg. H. C. Meyer („Stockmeyer“) Versuch einer Stammfolge. 5 Generationen von 1774-1942. Brief vom 24. 6. 1966

  11. Lessing, O. E. Carl Schurz, der größte Deutschamerikaner, Berlin 1938, S. 72 f.
    Baumgardt, R. Ein Leben zwischen Zeiten und Kontinenten, Berlin 1939, S. 394

  12. Stadtarchiv Bonn, Zeitungsausschnittsammlung Carl Schurz; hier: Generalanzeiger Bonn vom 4. 6. 1924.
    Speeches, correspondence and political papers of Carl Schurz, ausgewählt und herausgegeben von Frederic Bancroft New York 1923 Band III, S. 389

  13. Stadtarchiv Bonn, Pachtakten Medinghoven - Nachlaß Westerholt Urkunde vom 2. 12. 1751. Über die Besitzer von Medinghoven vgl. Duisburger Kontrakten Bd. 582 Urk. Vom 30. 3. 1774.

  14. Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. Duisdorfer contractum judicii 1700-1792 Band 583 fol. 173/77; Band 585 ohne Seiten.

  15. Duisdorfer Kontrakten Band 571, Jahr 1712.

  16. THS Bücher der Pfarrei Lengsdorf. Stadtarchiv Bon 1700-1798; Personenstandsarchiv Brühl 1644-1709-(1700-1798)1783-1798.

  17. Stadtarch. Bonn: Endenicher Kontrakten 1665-1688 Nr. 47.

  18. Duisdorfer Kontr.: Band 565-1664; 18.7.1670.

  19. Endenicher Kontr.: 1690-1714 Urk. Nr. 78.

  20. Böger, Erich. Ippendorf, Geschichte, Brauchtum, Geschichten S. 12, S. 8, S. 19.
    Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Akten des Cassius-Stiftes Bonn, A 41, S. 92.

  21. Inschrift am Rathaus zu Liblar.

  22. Manggold, Walter. Carl Schurz, In: Die großen Deutschen. Neue deutsche Biographie Bd. 5 Erg. Bd. Berlin 1937 S. 312-325.

  23. Zimmermann, Wilh. Der Aufbau des Lehrerbildungs- und Volksschulwesens unter der preuß. Verwaltung 1814-1840 (1846) Köln 1963. Kap. Das Schullehrer-Seminar Brühl.
    Amtsblatt der Reg. Köln Stück 41 vom 12.10.1824, Seite 277
    Amtsblatt der Reg. Köln Stück 43 vom 24.10.1826, Seite 287.

  24. Staatsarchiv Koblenz, Akten des Prov. Schulkollegiums Koblenz, Conf. Vol. II; C. II. 4b (Seminar Brühl).

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1972

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