Carl Schurz - 1829 - 1906

Von Karl Otermann


„Ich finde, daß die Frage der Freiheit, wenn auch noch so verschieden in der Form, doch im Wesen überall dieselbe ist.“
(Schurz an Kinkel - am 25. März 1855).


Aus der Zeittafel:

1829 - 2. März: Carl Schurz in Liblar, Kreis Euskirchen, geboren.
1847/48 - Studium an der Universität Bonn. Bekanntschaft mit Professor Gottfried Kinkel.
1849 - Schurz emigriert
1850 - Kinkel im Zuchthaus von Spandau. 6./7. November: Schurz befreit Kinkel.
1852 - 17. September: Schurz in Amerika.
1856 - Schurz beginnt als Republikaner seine politische Tätigkeit. Kampf gegen die Sklaverei
1857 - Schurz wird amerikanischer Vollbürger.
1860 - Schurz unterstützt Abraham Lincoln bei der Präsidentschaftswahl.
1861 - Schurz als Gesandter in Spanien.
1862 - Schurz als Brigadegeneral im Bürgerkrieg.
1862 - 22. September: Lincoln schafft die Sklaverei ab.
1864 - Wiederwahl Lincolns.
1865 - 15. April: Ermordung Lincolns.
1868 - Januar: Schurz trifft mit Bismarck zusammen.
1869/75 - Schurz als Senator für Missouri.
1877/81 - Schurz als Innenminister unter Präsident Hayes.
1906 - 14. Mai: Carl Schurz †


Ein Leben in Freiheit

Carl Schurz - dieser Name ist mehr als nur eine geschichtliche Erinnerung an die deutschen 48er, „the German Forty-Eighters“, wie er in einem Briefe vom 21. Juni 1899 schrieb, das ist mehr als äußerliche Namensgebung für Straßen oder Schulen. Carl Schurz kann und möge bleibendes Vermächtnis sein, steter Auftrag. Denn sein Leben galt dem „Ideal der Freiheit und der unveräußerlichen Menschenrechte“, so Univ. Prof. Dr. Max Braubach beim Festvortrag anläßlich der Eröffnung der Carl-Schurz-Ausstellung im Mai 1966 in Liblar. Bei derselben Gelegenheit schloß Dr. F. B. Irvin, Kulturattaché der amerikanischen Botschaft, seine Ansprache mit den Worten: „Carl Schurz ist in unseren beiden Ländern zum Symbol der Freiheit, Standhaftigkeit, Unerschrockenheit und Tatkraft geworden“.

Carl Schurz wurde Emigrant und dann der größte Deutschamerikaner des 19. Jahrhunderts, weil es ihm einfach um das Leben in Freiheit ging, und Amerika war das „Land der Freiheit“. In seinen „Lebenserinnerungen“ bekannt sich Carl Schurz zum Wort „Ubi libertas, ibi patria“ (wo die Freiheit, da das Vaterland).


Carl Schurz als Bonner Student und als amerikanischer Innensenator
Foto: P. Fischer

In einem Briefe an Gottfried Kinkel - es ist übrigens der letzte Brief an Kinkel nach bisheriger Feststellung - schrieb Carl Schurz am 24. Februar 1868 (Schreibweise ist original):

„Die Versuchung, wieder nach dem alten Vaterlande überzusiedeln, trat diesmal ziemlich lockend an mich heran (Schurz war zu Besuch in Deutschland). Aber in Amerika habe ich nun einmal tiefe Wurzeln geschlagen. Die Bestrebungen meiner besten Mannesjahre haben mich mit den dortigen Reformbewegungen indetificirt, und ich kann nicht aus den Reihen der Kämpfenden austreten, während noch so viel zu thun übrig bleibt, zu dessen Förderung meine Kraft mit wirken kann. Dann würde ich mich auch mit meinen Anschauungen und meiner Art zu arbeiten hier nicht heimisch fühlen ... In Amerika liegen die Dinge ein wenig bunt durcheinander. Aber wenn man eine so große sociale Revolution wie die Sklavenemanzipation gemacht hat, so muß man nicht am andern Tage einen vollkommen glatten Wasserspiegel erwarten ...“

Eberhard Kessel, der „Die Briefe von Carl Schurz an Gottfried Kinkel“ herausgegeben hat (Carl Winter-Verlag, Heidelberg 1965), charakterisiert den Deutschamerikaner Schurz wie folgt:

„Er wollte amerikanischer Staatsbürger werden und wurde es gerade auch aus dem Bedürfnis einer freien politischen Betätigung heraus, und seine politische Aktivität in Verbindung mit seinem überragenden persönlichen Fähigkeiten hat ihn in die vorderste Linie des politischen Kampfes in den Vereinigten Staaten gebracht.“


Schurz besucht Bismarck in Berlin
(Januar 1868)

Von Dezember 1867 bis März 1868 weilte Carl Schurz in Deutschland. Dabei kam es in Berlin durch die Vermittlung von Lothar Bucher, der mit zur Emigrantengruppe in London gehört hatte, zu einer Begegnung mit Bismarck. In seinen „Lebenserinnerungen“ schreibt Schurz ausführlich darüber. Hier einige Auszüge:

„Ich erhielt eine eigenhändige Einladung des Grafen Bismarck. Da stand er also vor mir, der große Mann, dessen Name die ganze Welt erfüllte ... Er war damals 53 Jahre alt und auf der Höhe seiner körperlichen und geistigen Kraft ... Er streckte mir die Hand entgegen und drückte die meinige kräftig. „Freut mich, daß Sie gekommen sind“ ... und fragte: „Nun sagen Sie mir mal, als amerikanischer Republikaner und als revolutionärer Achtundvierziger, welchen Eindruck macht Ihnen die gegenwärtige Lage der Dinge in Deutschland?“ ... Ich antwortete, ich sei erst ein paar Wochen in Deutschland und habe nur oberflächliche Eindrücke empfangen, aber ich habe die Empfindung, daß allgemein ein neubelebter nationaler Ehrgeiz sich betätige, und daß Vertrauen und Hoffnung auf die Entwicklung von freien politischen Institutionen gleichsam in der Luft lägen ...“


Schloß Gracht, Geburtsstätte von Carl Schurz
Foto: Landeskonservator

In dem bereits oben erwähnten Briefe, den Carl Schurz am 24. Februar 1868 an Gottfried Kinkel schrieb, lesen wir über den Besuch bei Bismarck (Schreibweise ist original):

„Er nahm mich mit großer Zuvorkommenheit auf. Er ist unzweifelhaft ein sehr bedeutender Mensch. Obgleich seine Antecedenzien nicht versprechend sind, so darf man doch Hoffnung aus dem Umstand schöpfen, daß er einer von den energischen, impulsiven Charakteren ist, deren Handlungen, wenn sie einmal engagirt sind, über ihre ursprünglichen Pläne hinausgehen. In seinen Einheitsbestrebungen wird er stramm vorwärts gehen und irre ich mich nicht, so wird er die Bürokratie untergraben, weil sie zu knöchern und stupid ist, um seinen Plänen als ein hinreichend gelenkes und wirksames Instrument zu dienen. Das sind zwei große Dinge. Möglicherweise hängen ihm seine anerzogenen Feudalideen noch nach. Das ist nicht sehr gefährlich, denn in unsrem industriellen Zeitalter würde der Versuch einer feudalen Reaction doch nur eine Don Quixotiade sein. Man hat ihn für einen frivolen Menschen gehalten. Meiner Meinung nach ist er das nicht, oder, wenn er es gewesen ist, so ist er es nicht mehr. Übrigens scheint man in Preußen die Nothwendigkeit dieses Mannes an der Spitze der Regierung so instinktiv und so allgemein zu fühlen, daß, einige Individuen ausgenommen, keine der existirenden Parteien die Verantwortlichkeit auf sich nehmen würde, ihn von da zu entfernen.“


Am Ufer des Schloßweihers in Liblar
Foto: Landeskonservator


Karl Schurz oder Carl Schurz?

In dem oben bereits zitierten Buche von E. Kessel „Die Briefe von Carl Schurz an Gottfried Kinkel“ - wohl das jüngste Werk in der Bibliographie über Carl Schurz - nimmt der Verfasser auch eindeutig Stellung zur Schreibweise „Karl“ oder „Carl“. Dort heißt es (S. 11): „In der Unterschrift hat Schurz in der Schreibweise seines Vornamens anfangs zwischen 'Karl' und 'Carl' geschwankt; von 1849 bis 1856 erscheint nur 'Karl'; von Dezember 1856 ab stets 'Carl', so daß sich in der Wissenschaft die Schreibweise 'Carl' durchgesetzt hat.“

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1968

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