Die erste Eisenbahn im Kreise Euskirchen

Sie fuhr vor hundert Jahren von Euskirchen nach Düren

Von Carl Brandt

Als am 6. Oktober 1864 zum ersten Male ein Eisenbahnzug mit der Lokomotive „Roer“ und sieben Personenwagen aus dem Bahnhof Euskirchen nach Düren dampfte, war der Anschluß des Kreises Euskirchen an das rheinische Eisenbahnverkehrsnetz vollzogen. Die Bewohner der Kreisstadt sowie die der an der neuen Bahnstrecke liegenden Orte Dürscheven, Nemmenich und Zülpich konnten vor hundert Jahren über Düren nach Köln oder Aachen reisen. Die Strecke Köln - Düren - Aachen - Herbesthal war schon seit 1841 in Betrieb, sechs Jahre, nachdem die erste Dampfeisenbahn in Deutschland überhaupt zwischen Nürnberg und Fürth verkehrte. Die Inbetriebnahme der ersten Bahnlinie im Kreise Euskirchen sowie die Eröffnung des Euskirchener Bahnhofsgebäudes war ein großer Festtag für die Kreisstadt. Der größte Teil der Bewohner der an der neuen Bahnlinie liegenden Orte sah zum erstenmal einen Zug, der von einer Dampflokomotive gezogen wurde und betrachtete das neue Verkehrsmittel wie ein Weltwunder.


Bahnhof Euskirchen bei der Eröffnung 1864

Die Eisenbahnstrecke Köln-Aachen, die erste in Westdeutschland, war Anlaß, daß ein heftiges Tauziehen um die Erschließung weiterer Eisenbahnstrecken begann. Um das damals noch bedeutsame Schleidener Eisen- und das Bleierzgebiet von Mechernich an die Bahnlinie Köln-Aachen anzuschließen, war eine Strecke projektiert, die von Düren über Zülpich, Nemmenich, Enzen, Kommern, Kall, Gemünd nach Schleiden führen sollte. Nachdem die Strecke 1845 vermessen und acht Jahre später die Konzession erteilt worden war, begann ein englisches Unternehmen mit dem Bau, stellte ihn aber beim Ausbruch des Krimkrieges (1853) ein. Drei Jahre später übernahm die Rheinische Eisenbahngesellschaft die Konzession, nachdem Eifeler Industrielle Zinsgewähr für den Baubetrag unter der Voraussetzung versprochen hatten, daß ein Teil der Bahn 1858 befahrbar und der Rest vor 1862 fertig werde. 1857 aber wurden die Arbeiten eingestellt; denn die Rheinische Eisenbahngesellschaft schon nun den Plan einer Linie von Düren nach Trier über Euskirchen und Kall, das an die Stelle von Schleiden treten sollte, in den Vordergrund, weil die Fortführung der Bahn von Schleiden auf große Geländeschwierigkeiten stieß und zudem länger war.

In dem heftigen Streit um die Linienführung, der auch im Rheinischen und Preußischen Landtag zu erregten Auseinandersetzungen führte, siegte schließlich die Rheinische Eisenbahngesellschaft. Die Entscheidung, die Linie Düren-Euskirchen an Stelle der Strecke Düren-Schleiden zu bauen, mag auch darin begründet gewesen sein, daß damals auch schon Pläne bestanden für den Ausbau der Strecke Köln-Trier (1875), dem später der der Linien Euskirchen-Bonn (1880) und Euskirchen-Münstereifel (1890) folgte.

Die Entscheidung der Rheinischen Eisenbahngesellschaft war die Geburtsstunde der Kreisstadt Euskirchen als Eisenbahnknotenpunkt, sie schuf auch die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung von Stadt und Kreis Euskirchen.

Zehn Jahre lang hatte sich die Stadt Euskirchen bemüht, an eine der geplanten Eisenbahnlinien angeschlossen zu werden. Den damaligen Euskirchener Stadtvätern unter Führung des tatkräftigen und fortschrittlich gesinnten Bürgermeisters Peter Joseph Ruhr schmeckte es durchaus nicht, nach Enzen zu Fuß zu gehen oder mit dem Pferdefuhrwerk fahren zu müssen, um den nächstgelegenen Bahnhof zu erreichen. Verbissen kämpften sie darum die Linie von Düren über Euskirchen nach Kall zu führen. Für den Anschluß der Stadt Euskirchen an das Eisenbahnnetz waren sie bereit, große finanzielle Opfer zu bringen. Am 24. November 1862 schloß die Rheinische Eisenbahngesellschaft einen Vertrag mit der Stadt Euskirchen, nach dem die Stadt auf dem Pützberg ein Gelände von zwölf Morgen für die Bahnhofsanlagen kostenlos zur Verfügung stellen sollte, außerdem verpflichtete sie sich, noch 10.000 Taler zu zahlen.

Der Bau der Eisenbahnstrecke Düren-Euskirchen begann 1862 und schritt schnell voran, die Errichtung des Euskirchener Bahnhofsgebäudes machte gute Fortschritte, so daß es am 6. Oktober 1864 mit dem ersten Eisenbahnzug nach Düren in Betrieb genommen werden konnte.


Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1965

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