Stotzheim: Fasana - Papiererzeugnisse gehen in alle Welt

Von Herbert Rohde

Papier begleitet unseren Lebensweg. Ob Fragebogen oder Tageszeitung, ob Lottozettel oder Krankenschein, jeder von uns kommt Tag für Tag in irgendeiner Form mit Papier in Berührung. Das Vorhandensein von Papier ist für uns eine Selbstverständlichkeit, und kaum jemand denkt noch darüber nach, welch einschneidende Bedeutung die Erfindung des Papiers einst für das Leben der Menschheit hatte. Das Papier hat längst seinen Siegeszug über die ganze Erde angetreten, und der Papierverbrauch pro Kopf steigt von Jahr zu Jahr. Kein Wunder also, daß neue Papierfabriken auf der ganzen Welt ihre Existenzgrundlage hatten und vorhandene Papierfabriken ihre Kapazität erweitern konnten. Die Schaffung neuer Kapazitäten führte jedoch zu einem stärker werdenden Wettbewerb auf dem Weltmarkt, was wiederum zur Folge hatte, daß sich die Papierindustrie spezialisieren mußte.

Foto s 116

Wenn man trotzdem mit Stolz in Stotzheim auf ein recht umfangreiches Fabrikationsprogramm hinweist, dann ist dies ein Beweis für die besondere Findigkeit der Unternehmensleitung, ständig neue Bedarfsfälle zu erschließen. Dem Werk unter der bewährten und umsichtigen Leitung von Dr. jur. Dr. h.c. Walter Halsstrick ist es stets gelungen, nicht nur den eingenommenen Platz in der Papierindustrie zu behaupten, sondern sich einen immer größeren Namen in der Fachwelt zu verschaffen.

Heute gehört die Papierfabrik Halstrick zu den markantesten Industrieunternehmen des Kreises Euskirchen. Mit seinen nahezu 1000 Beschäftigten ist das Werk schon in die Gruppe der Großbetriebe einzureihen. Aus dem gesamten Kreis Euskirchen bis zu dem entferntesten Winkel und sogar aus dem Nachbarkreis Schleiden strömen täglich die Werksangehörigen auf allen denkbaren Verkehrswegen herbei. Arbeitsjubiläen sind in diesem Werk keine Seltenheit, und mit berechtigtem Stolz zieht mancher Arbeiter, der 25 Jahre seinem Werk treu war, aus seinem Sonntagsanzug die goldene Uhr, die ihm am Jubiläumstag als Zeichen der Anerkennung überreicht wurde. Gesunde Arbeitsbedingungen und vorzügliche Sozialleistungen haben einen wesentlichen Anteil an der relativ hohen Zahl des alten Stammpersonals.

Die ältesten Werksangehörigen sind zu Zeit: Heinrich Diefenthal, Katharina Kruck, Engelbert Notarius, Heinrich Kurth, Johann Metz I.


Werkschronik gleich Familienchronik

Wer die Werkschronik aufschlägt, liest zugleich ein Stück Familiengeschichte. Die Papierfabrik Halstrick wurde im Jahre 1903 in Efferen bei Köln von Herrn Adolf Halstrick sen. unter der Bezeichnung Papierfabrik Efferen Halstrick & Co. ins Leben gerufen. Das Werk brannte 1913 ab, konnte in Efferen aber nicht wieder aufgebaut werden, weil es während des 1. Weltkrieges im Festungsgürtel der Stadt Köln lag. Aus diesem Grunde wurde das Unternehmen nach Stotzheim bei Euskirchen verlegt und im Jahre 1918 unter der Bezeichnung Papierfabrik Halstrick neu gegründet. Unter der umsichtigen und tatkräftigen Leitung von Adolf Halstrick sen. konnte sich das Unternehmen im Laufe der Zeit bereits zu einem bedeutenden Betrieb seiner Branche emporarbeiten. Nach dem Tode des Gründers im Jahre 1932 ging die Firma auf die beiden Söhne des Verstorbenen Dr. jur. Adolf Halstrick und Dr. jur. Walter Halstrick über und wurde 1936 in eine offene Handelsgesellschaft umgewandelt. Die Schäden, die im 2. Weltkrieg entstanden sind, wurden schnell beseitigt. Der Betrieb konnte sich weiterhin ständig aufwärts entwickeln und einen steten Umsatzanstieg verzeichnen, der im Jahre 1948 den Bau neuer Fabrikhallen notwendig machte. Gleichzeitig wurde der Maschinenpark erweitert und modernisiert. 1952 erfolgte dann die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft, die seit diesem Zeitpunkt unter der alleinigen Leitung von Dr. jur. Dr. h.c. Walter Halstrick steht. Nach dem Tode seines Onkels Johannes Scheffer-Hoppenhöfer und seines Bruders Dr. jur. Adolf Halstrick übernahm er die alleinige Geschäftsführung von weiteren 7 Papierfabriken. Im Jahre 1856 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz I. Klasse verliehen. Außerdem wurde ihm im Jahre 1961 die Ehrendoktorwürde der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen zuteil.


Papierherstellung - geheimnisvoll wie einst

Mehr als 1000 Jahre brauchte das Geheimnis der Chinesen, um in das Abendland vorzudringen. Geheimgehalten wird auch noch heute die Stoffzusammensetzung vieler Papiere, besonders, wenn es sich um Spezialpapiere handelt, wie diese von der Papierfabrik Halstrick hergestellt werden. Dr. Dr. h.c. Halstrick läßt sich nicht gern nach den Herstellungsmethoden fragen, weiß aber charmant zu berichten, daß diese ganz einfach sei, nämlich so:

Man nehme bestimmte Arten von Zellulose, zerkleinere sie unter Beimengung von Wasser in einem etwas größeren Star-Mix, füge etwas Kalk, Leim und Farbe hinzu und mische alles schön durcheinander. Der Stoff wird dann auf ein Sieb aufgetragen, wo das Wasser nach unten ablaufen kann. Dann läuft der Brei weiter auf Filze, die über eine Anzahl Walzen laufen. Dabei wir der Brei getrocknet und am Ende als fertiges Papier aufgerollt.

In der Tat hat sich an der Idee des Chinesen Ts' ai Lun im Jahre 105 n. Chr., den stark mit Wasser verdünnten Papierbrei auf einem Sieb wieder zu entwässern und durch Schütteln die Faser zu verfilzen, bis zum heutigen Tage nichts geändert. Lediglich die Art und Weise, diesen Vorgang zu praktizieren, hat sich geändert. Es war ein weiter Weg von den damaligen Anfängen der handwerklichen Papiermacherkunst bis zu den heutigen modernen Hochleistungsmaschinen.

Foto 1 s 118
Eine der Großanlagen zur Herstellung von Zellstoffwatte und Seidenpapier

Von besonderer Wichtigkeit für die Papierherstellung ist das Wasser. 900 - 1100 Liter werden benötigt, um 1 Kilo Feinpapier herzustellen. Zwar ist das Wasser ständig im Umlauf, aber eine richtige Vorstellung davon, welch ungeheure Menge Wasser für eine Tagesproduktion Papier gebraucht wird, hat man erst, wenn man einmal die Herstellung von Papier selbst gesehen hat. Wenn der Brei auf die Papiermaschine gelangt, besteht er noch zu über 99 % aus Wasser und nur ein kleiner Rest Faserstoff, dazu Siebe, Pressen und Filze sowie riesige Trockentrommeln schaffen am Ende doch das, was wir Tag für Tag so notwendig brauchen: Papier in allen Formen und Farben.

Foto 2 s 118
Von der Verladehalle aus nehmen die „Fasana“ Erzeugnisse ihren Weg in die Welt


Nur Qualitätspapiere

Bei der Papierfabrik Halstrick sind 4 Papiermaschinen Tag und Nacht in Betrieb, eine davon ist eine ganz moderne amerikanische Großanlage, auf der vorwiegend Zellstoffwatte hergestellt wird. Aber bei der Papierfabrik Halstrick hat man sich noch nie mit der bloßen Herstellung von Papier zufrieden gegeben. Schon von Anfang an ist der Papierfabrik ein Verarbeitungswerk angegliedert. Auch die umfangreichen Verarbeitungsabteilungen sind mit den modernsten Automaten ausgestattet, die dazu beitragen, das Werk konkurrenzfähig zu halten. Rationalisierung und Automatisation sind sehr wichtige Dinge, mit denen man sich ständig auseinanderzusetzen hat. Trotzdem hat auch noch der Mensch seine Aufgabe zu erfüllen. Tausende Räder müssen in Gang gehalten werden und am Schluß stehen die umfangreichen Ausstattungsarbeiten.

Zum Herstellungsprogramm gehören gute bedruckte Einschlagpapiere, Haushaltspapiere in allen Varianten sowie hygienische Papier- und Zellstoffwatte-Erzeugnisse. Einen besonderen Raum nehmen auch die technischen Papiere ein, die aus dem Produktionsprogramm der Papierfabrik Halstrick nicht wegzudenken sind.

Trotz großer ausländischer Konkurrenz konnte sich das Werk einen bedeutenden Exportanteil erobern. In 70 Länder der Erde wird exportiert, der Kundenkreis reicht von Island über den Vorderen Orient bis nach Hong-Kong, von Australien über Südafrika bis nach Kanada. Der Markenname FASANA ist im In- und Ausland zu einem Begriff für Qualitätserzeugnisse der Papierfabrik Halstrick geworden.

Stotzheim hat mit diesem Werk den „steueraktivsten“ Betrieb, dessen Blühen und Gedeihen aufmerksam registriert wird.

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1963

© Copyright wisoveg.de 2003
© Copyright 2003 Kreisarchiv - Der Landrat
Zu den Euskirchener Wisoveg-Seiten
Zur Homepage