Neue Landschaft um Liblar

Von Clemens Frhr. v. Fürstenberg

Die Abwanderung der Braunkohle aus dem Norden des Kreises hat nicht nur einen betrüblichen wirtschaftlichen Aspekt, sie hat auch eine Verwandlung der Landschaft im Gefolge, die für die Ortschaften der Randbesiedlung große Vorteile ideeller Art mit sich bringt. Ist man doch nach der Auswertung der Kohlenvorräte im Höhenzug der Villa dazu übergegangen, die entstandenen Abbaulöcher an ihren Rändern abzuflachen, die Ufer und die anschließenden Höhen aufzuforsten und das so entstandene Wald- und Seengelände der Öffentlichkeit durch ein Wegenetz zu erschließen.

Wie wichtig gerade in der Industrielandschaft um das „Rußzentrum“ Knapsack die Wiederbegrünung ist, erhellt aus dem Ergebnis einer Staubzählung. Bis zu 200.000 Staubteilchen wurden in einem Kubikzentimeter der diesigen Luft einer westdeutschen Großstadt nachgewiesen. In guter Waldluft dagegen nur 2.000. Es ist daher keine Zufall, daß sich die Stadt- und Landkreise des Braunkohlengebietes noch vor Jahresfrist zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, die sich in Verbindung mit der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“ die Schaffung einer zusammenhängenden Landschaft mit Seen, Wäldern und Erholungsstätten an der Stelle des ehemaligen Villewaldes zum Ziel gesetzt hat.

Auch die Gemeinde Liblar als südlichste Kommune des Reviers ist dieser Vereinigung beigetreten, denn gerade in ihrem Gebiet stehen Aufgaben der Rekultivierung an, an denen die Bevölkerung begreiflicherweise großen Anteil nimmt.


Schon seit dreißig Jahren.

Mehrere, ihrer Entstehung nach verschiedene, räumlich aber zusammenhängende Wiederaufforstungen sind im Bereich von Liblar-Kierdorf zu unterscheiden. Schon vor dreißig Jahren entstanden im Tagebau der ehemaligen Grube „Berggeist“ Kulturen aus feuchtigkeitsbeständigen Weichhölzern, die sich inzwischen zu einem geschlossenen Laubdach entwickelt haben. Auch der angrenzende Teil der Grube „Donatus“ ist bis auf den tiefsten Punkt, den „Silbersee“, inzwischen begrünt.

Kurz nach dem ende des zweiten Krieges, zum kleinen Teil auch schon vorher, besetzte man die ausgekohlten Flächen von „Concordia-Süd“ nördlich der Luxemburger Straße mit Pappeln, Birken und Lärchen. Sie bilden schon einen vielversprechenden Bestand, der sich entlang der Bahnlinie Liblar-Mödrath bis nach Zieselsmaar hinzieht und dort in Verbindung mit dem kürzlich ausgekohlten Restgelände von „Concordia-Nord“ treten wird. Ein einheitliches Erholungsgebiet zeichnet sich ab, das mehrere große Seen einschließt und der weichenden Kohle in Richtung auf Knapsack zu folgt. Östlich von Köttingen frühen Wege, die mit den Namen der vorkommenden Tierarten belegt und sauber beschildert sind, hinan zu den künstlichen Höhenrücken, auf deren Erhebungen Ruheplätze den Blick auf die grandiose Industrieballung um das Goldenbergwerk gestatten.

Von 1942 bis 1956 stieg die Größe der im Südrevier, dem Raum um Berggeist-Brühl-Liblar, wieder nutzbar gemachten forstwirtschaftlichen Flächen von 404 auf 958 Hektar; die Summe aller rekultivierten Flächen des Bezirks betrug 1.343 Hektar gegenüber 645 im Jahr 1942.


„Weichende Bauern“ erhalten Höfe

Ein Versuch der Braunkohlenindustrie, die ausgekohlte Kiesunterlage durch das Aufbringen guter Lößböden wieder ertragreich zu machen, läuft an der Nordseite der neuen Luxemburger Straße bereit im vierten Jahr. Auf einer Fläche von 21 ha wurde in unzähligen Lastwagenfuhren Mutterboden aus den Aufschließungsbetrieben Neurath und Frimmersdorf herangefahren und teils 0,60 teils auch 0,80 m hoch aufgefüllt. Ein großer landwirtschaftlicher Betrieb in Liblar übernahm die Aufgabe, durch geeignete Bestellung die Ackerfläche zur Humusbildung anzuregen und so durchzuarbeiten, daß sie in einer Reihe von Jahren die Ernährungsgrundlage für eine neue Vollbauernstelle bilden kann.

Weit fortgeschritten sind inzwischen die Bestrebungen der Gemeinde Liblar, den mit Wasser gefüllten, an seinen Rändern schon aufgeforsteten Tagebau der Grube Liblar zwischen der Luxemburger Straße und der Köln - Trierer Bahnlinie zu einem Erholungszentrum für die Bewohnter der aufstrebenden Industrie- und Wohngemeinde auszugestalten. Das ideale Gelände mit den flach zur Wasserfläche hin verlaufenden See-Ufern, in Waldungen eingebettet, leicht aufzuschließen und in verkehrsgünstiger Lage,bot sich geradezu an zur Schaffung eines großzügigen Freibades mit Liegewiesen und Strandcafé, zur Ansiedlung von Wassersportanlagen und als Erholungsgebiet nicht nur für Liblar, sondern auch für die benachbarten Großgemeinden.

Die zielstrebigen Verhandlungen, die die Gemeinde mit dem Forstfiskus als dem Eigentümer der Waldufer, der Grube Liblar und den anderen beteiligten Stellen aufnahm, sind bereits weit fortgeschritten und verlaufen erfolgversprechend. Die chemische Untersuchung durch ein Fachinstitut ergab, daß das Wasser des Sees keinerlei schädliche Stoffe enthält. Stellt demnächst die Brikettfabrik Liblar ihren Betrieb ein, dann sind auch keine Staubbelästigungen mehr gegeben. Je nach dem Stande der Finanzen wird die Gemeinde an dieser Stelle schrittweise einen Erholungspark schaffen, der ein Musterfall sinngemäßer „Rekultivierung“ werden kann.

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1961

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