Beitrag zur Siedlungsgeschichte unserer Heimat
Von Theodor Müller
Das Kreisgebiet wird von Rheder bis Gymnich vom flachen Erftmuldental durchzogen. Ursprünglich war die Talsohle von Auenwald bedeckt. Während im typischen Auenwald die Erle vorherrscht, entwickelte sich in unserem Gebiet infolge des geringen Niederschlages im Regenschatten der Eifel der Hartauenwald. An Stelle der wasserliebenden Erle treten Ulmen, Eschen, Buchen und Eichen. Reste dieser Waldgesellschaft sind noch im Kerpener Broich und im Gemeindewald von Kerpen (Erft) erhalten. In vielen Windungen nahm die Erft ihren Lauf fast über die ganze Breite der Talsohle und bildete viele tote Arme, stille Wasser und moorige Stellen. Nicht selten veränderte sie das Bett bei Hochwasser.
Um 100 bis 1300 nach Chr. trat vorübergehend eine Klimabesserung ein. Das seit der Bronzezeit um 1000 v. Chr. dauernd feuchter und kühler gewordene Klima wurde für einen längeren Zeitraum wieder wärmer. In den Alpen zogen sich die Gletscher zurück und Pässe, welche heute wieder unter Eis und Schnee liegen, wurden zum Übergang benutzt, wie Funde beweisen. Durch die pollenanalytische Moorforschung wissen wir, daß sich die Almen und der Bergwald in die höheren Lagen des Hochgebirges ausdehnten.
In den Fjorden Südwest- und Südostgrönlands wurden Rindviehfarmen errichtet, welche von Island und von Skandinavien besiedelt wurden. Die Bevölkerung nahm so zu, daß in Gardar ein Bistum errichtet und eine Domkirche gebaut wurde. Ein Mönchs- und ein Nonnenkloster entstanden. Aber nach 1300 verschlechterte sich das Klima wieder so, daß die Viehhaltung unmöglich wurde und die weißen Siedler keine Existenzmöglichkeit mehr hatten.
Für unsere Heimat hatte die Klimabesserung tiefgreifende Folgen. Auf der Sohle der flachen Erfttalmulde wurde der Hartauenwald gerodet. Am Rande der Talsohle wurden die Mühlenbäche gegraben. Diese begleiten heute die Erft von Rheder bis Gymnich und weiter durch den Kreis Bergheim. An Stelle des Hartauenwaldes traten die Bewässerungswiesen. Diese hatten einen Aufschwung der Viehhaltung zur Folge. Es ist anzunehmen, daß sich die Klimabesserung auch günstig auf den Getreidebau in der Feldflur auswirkte. Wärme und Trockenheit verminderten die nassen Lagen in der flachen Flur, verkürzten die Überschwemmungen im Frühjahr und bewirkten ein besseres Wachstum des Getreides. An den Bächen wurden Wassermühlen gebaut. An Stelle der Handmühle, welche seit der Steinzeit im Gebrauch war, trat die erste Maschine in unserer Heimat. Der vermehrte Anfall des Getreides wurde durch die Ausnutzung der Wasserkraft gemahlen.
Es ist mit einiger Sicherheit anzunehmen, daß das Zusammenwirken dieser Faktoren einen bedeutenden Aufschwung des Wirtschaftslebens und des Wohlstandes zur Folge hatte. Klima, Vegetation und Kulturgeschichte sind Faktoren, die in engem Zusammenhang stehen. Es wäre für unsere Historiker eine dankbare Aufgabe, durch Urkunden und konkrete Daten zu belegen, wann die Mühlenbäche gegraben und die Mühlen gebaut wurden und wie sich der wirtschaftliche Aufschwung auch in sozialer Sicht auswirkte.
Eine weitere Auswirkung der Klimabesserung war die Ausbreitung des Weinbaues im Mittelalter. Sogar innerhalb der Stadtmauern der Reichsstadt Köln lagen Weingärten. Allerdings wurde der Wein im Volksmunde sure Hunk (saurer Hund) genannt, eine Bezeichnung, die ein Licht auf die Qualität desselben wirft. In unserem Kreise sind Weingärten in Iversheim, Kreuzweingarten, Niederkastenholz und Metternich nachgewiesen.
Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1960
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