Bombenangriff auf Elsdorf

Von Dietmar Kinder, Elsdorf - Heppendorf

Am 29. November 1944 wurde Elsdorf zu einem Drittel durch Bomben und Granaten zerstört. Elsdorfer Einwohner, die dieses schreckliche Ereignis miterlebten, erzählen noch heute mit Grauen davon.

Herr Leo Schiffer aus Berrendorf, der sich damals beim Angriff auf Elsdorf im damaligen Amtsgebäude in der Mittelstraße befand, schilderte, daß der Angriff genau um 12 Uhr mittags erfolgte. Der Angriff habe hauptsächlich den am Bahnhof ausgeladenen Soldaten, Fallschirmjägern, gegolten. Die Zahl der toten Soldaten sei offiziell nie bekanntgegeben worden. Nach einem abgefangenen Funkspruch habe die Bombardierung bereits am 26. November stattfinden sollen, da zunächst an diesem Tag der Truppentransport für den Nachschub an die nahe Front eintreffen sollte. Aus diesem Grund seien auch nicht noch mehr tote Zivilisten zu beklagen gewesen, da viele Elsdorfer evakuiert wurden. Als der Truppentransport dann Tage später auf dem Elsdorfer Bahnhof ankam, erfolgte der Angriff. Diese Aussage deckt sich auch weitgehendst mit den Aussagen eines ehemaligen deutschen Soldaten des besagten Fallschirmjäger-Regiments.

Im Oktober 1994 erreichte die Gemeinde Elsdorf ein Schreiben von Herrn Günther Meyer aus Schöningen in Norddeutschland, der damals, an jenem Mittwoch dem 29. November 1944 als Unteroffizier, bzw. Oberjäger des 9. Fallschirmjäger-Regiments (3. Division, 1. Bataillon, 3. Kompanie), den schrecklichen Angriff miterlebte. Herr Meyer erlaubt uns in seinem Brief ausdrücklich, seine Schilderungen für eine Veröffentlichung zu verwenden; er schreibt:

"Am 29.11.1944, vor 50 Jahren, wurde Elsdorf von amerikanischen Bombern angegriffen, ich war dabei. Meine Einheit, das 9. Fallschirmjäger-Regiment war einen Tag in den Häusern und Fabriken innerhalb und außerhalb von Elsdorf untergebracht. Wir kamen danach in den Raum Jülich und Düren und im Hürthgenwald zum Einsatz. Am 16. Dezember war dann die Offensive (Ardennen) von der Schnee-Eifel (Westwall) Richtung Belgien. ich habe diesen 29.11. in trauriger Erinnerung; viele Einwohner Elsdorfs sind getötet, verschüttet oder verwundet worden, auch Angehörige meines Regiments waren unter den Opfern. Man sagte damals, daß der Aufenthalt dieses 9. Fallschirmjäger- Regimentes in Elsdorf an den damaligen Kriegsgegner Amerika verraten wurde; unmittelbar danach erfolgte die Bombardierung. Ich war als Unteroffizier mi meiner Gruppe (14 Mann) in einem Haus an der Hauptstraße neben einem Eckhaus untergebracht, welches völlig zerstört wurde. Die dort im Keller eingeschlossenen Bewohner und Kameraden waren tot, verschüttet, verwundet. Der Kellereingang des von uns belegten Hauses führte in einen sehr tiefen Keller, welcher über mehr als 15 Stufen von er Hofseite begehbar war. Hinter dem Hof lagen Gärten, hinter den Gärten muß eine Eisenbahnlinie vorbeiführen. Es wurde Fliegeralarm gegeben, alle Hausbewohner und wir Soldaten flüchteten in den Keller. Ich blieb mit meinen Vorgesetzten in der Kellertür stehen; wir beobachteten die Bomber, wir sahen die Bomben! Als es dann grell zischte und pfiff von einer auf uns zufallenden Bombe, war unsere Reaktion "Sturz in den Keller"; ja wir flogen durch den Explosionsdruck die 15 Stufen herunter in den Kellerraum - Dunkelheit, Steine, Staub und Dreck umgaben uns, jedoch wir gelangten alle unversehrt wieder aus dem Keller dieses hauses. Die Kellertür, der Eingang, war halb zugeschüttet, da der Bombentrichter am Kellereingang endete. Es war ein Trichter von 4 - 5 Metern Durchmesser. Vom Kellereingang, also vom Hof, konnte man hinter den angrenzenden Gärten die Eisenbahnschienen sehen, die auch getroffen wurden, und wie Spieße oder Bögen in den Himmel ragten. Das Inferno hat ja nur wenige Minuten gedauert, es war hellichter Tag, nur an die Tageszeit kann ich mich nicht mehr erinnern. Es wurde versucht an die im Nachbarhaus (Eckhaus) Verschütteten heranzukommen, um sie zu retten."

Soweit der Augenzeugenbericht von Herrn Meyer.

[ Bild zerstörte Kirche ]

Beschreibung: Nur noch die Reste der Außenmauern und der beschädigte Turm standen noch nach dem Bombenangriff am 29. November 1944

Frau Margarete Büttgen-Dervenich erzählte, daß ihre Mutter, ihre Schwester, der Kaplan und seine Haushälterin in den alten Kirchturm gelaufen seien. Nach Meinung ihres Vaters, der Küster und Organist der Elsdorfer Marienpfarre war, wäre dies der sicherste ort. Jede der 20 Treppenstufen, die zur ersten Etage des Turmes führten, seinen schon belegt gewesen. Auch Frau Büttgen-Dervenich spricht von den vielen Soldaten, die am Abend vorher in Elsdorf einquartiert worden waren, da Elsdorf damals mit die letzte Station vor der immer näher rückenden Front war. Und ihnen habe dieser Bombenangriff in erster Linie gegolten. Sie selbst hätten dann Unterschlupf in einem Sälchen gegenüber der Kirche, dem späteren Marienheim, gefunden.

"Von weitem hörten wir da Detonieren der Bomben", berichtete sie weiter. "Das schwere Grollen kam immer näher. Wir waren auf das Schlimmste gefaßt. Ich schrie nach meiner Schwester, die in unser benachbartes Haus gelaufen war, um Wasser für eine Frau zu holen, die ohnmächtig geworden war. Im gleichen Moment krachte es um uns herum. Aus einem zugemauerten Turmfenster flogen uns die Steine um die Köpfe. Unheimlicher Staub wirbelte auf, Balken krachten, die Kirche stürzte ein. Mir war es, als sei die ganze Welt zusammengefallen. Wir waren total verdreckt. Als es ruhig wurde, wagten wir uns durch die Trümmer an die frische Luft. Draußen in der Kirche, am Weihwasserkessel, lagen die ersten toten Soldaten. Meine Schwester war im eigenen Haus unter die Trümmer geraten, wir konnten sie aber lebend bergen. Die Kirche, mindestens von drei Bomben getroffen, war total zerstört. Einige Außenmauern ragten noch hoch. Es war einfach fürchterlich."

Am einem anderen Ende von Elsdorf erlebte Katherina Wirtz den Angriff auf Elsdorf. "Wir liefen in einen etwa 100 Meter von unserer Wohnung entfernten alten Bierkeller, der uns den besten Schutz vor Bomben gab. Es war ein fürchterliches Krachen, rings herum fielen die Bomben. Als wir später aus dem Keller herauskamen, sahen wir die Ausmaße dieses Luftangriffs. Schnell sprach es sich rund, daß auch die Kirche ganz zerstört worden war. Man erzählte von vielen Toten, sowohl unter der Zivilbevölkerung als auch unter den hier stationierten Soldaten."

An diesem Schreckenstag starben in Elsdorf 62 Menschen aus Elsdorf und eine nicht bekannt gegebene Zahl von Soldaten.

[...] *)

Der andere ehemalige Soldat, der den Angriff, wie er schreibt, nur durch einen glücklichen Umstand überlebte, kannte Elsdorf von früher sehr gut. Herr Gerd Meuser aus Heinsberg hat nämlich oft hier auf Escherbrück bei Elsdorf seine Ferien verbracht. Der frühere Besitzer von Escherbrück war sein Großvater Christian Meuser, der dieses Anwesen im Jahre 1899 gekauft hatte und es u.a. auch als Ausflugslokal betrieb. Zu seinem Kriegserlebnis schreibt Herr Meuser, der damals Oberfähnrich in seiner Einheit war, u.a. folgendes an unser Gemeindearchiv:

"Meine Eltern wurden von Heinsberg aus evakuiert zur Escherbrück und später nach Lüdenscheidt. Am 29. November 1944 wurde ich mit dem 9. Fallschirmjägerregiment und der ganzen 3. Fallschirmjägerdivision vormittag bei strahlendem Sonnenschein in Elsdorf ausgeladen. Der Kompaniechef hatte mir zwei Stunden Urlaub zum Besuch meiner Eltern auf Escherbrück gegeben, als gegen Mittag viermotorige Bomberwellen das Bahnhofsgelände und Elsdorf schwer bombardierten. Allein meine Kompanie hatte 60 Tote zu beklagen ich sah mit bloßem Auge die Einschläge der schweren Bomben, und wäre mit Sicherheit unter den Opfern gewesen. hätte der kurze Urlaub auf Escherbrück mich nicht davor bewahrt. Meine Einheit lag anschließend in der Nacht zum 30. November bei haus Etzweiler, und ging dann zum Einsatz in den Jülicher Raum." Soweit der Wortlauf von Herrn Meuser, was den Krieg betrifft.

[...] *)

Sirenengeheul, Voralarm, Fliegeralarm und später Entwarnung. So erlebten die Menschen überall im damaligen Kreis Bergheim, und damit auch in den Dörfern unseres heutigen Gemeindegebietes, das Vorrücken der Amerikaner. Kanonendonner erfüllt die Orte, der elektrische Strom fällt aus. Amerikanische und englische Jagdbomber fliegen tief über die Landstraßen und beharken mit ihren Bordkanonen Fahrzeuge, Bauern auf dem Feld und einzelne Flüchtlinge, die mit ihrer kargen Habe aus dem Aachener, Dürener und Jülicher Raum ostwärts in den Kreis Bergheim unterwegs sind, ihnen auf den Fersen sind die Soldaten der 3. US-Panzerdivision, die von Düren aus über Birkesdorf und Oberzier nach Elsdorf ziehen, das sie am Nachmittag des 27. Februar 1945 erobern.

Vielerorts wurden Menschen von den Amerikanern in ihren Dorfkirchen zusammengetrieben, wo sie auszuharren hatten. Ein amerikanischer Kriegsberichterstatter schildert, wie er beispielsweise die Leute in Niederaußem vorfand:

"In der verwitterten alten Kirche drängten sich 500 Zivilpersonen zusammen. In der Kirche hätten vielleicht 150 Personen Platz gefunden, aber diese Flüchtlinge belagerten jede Nische, und ihre Stimmen bildeten ein dunkles Gemurmel, das wie Bienengesumm auf- und abschwoll. Draußen auf dem schlammigen Kirchhof standen ein paar Leute im Regen, um etwas frische Luft zu schnappen. Kinder legten Kartoffeln in die heiße Asche von Feuern. Eine ältere Frau verteilte eingemachtes Obst und Gemüse in Gläsern, die sie aus ihrem zerbombten Haus gerettet hatte ..."

Köln selbst fällt am 6. und 7. März 1945, der deutsche Rundfunk meldet zynisch: "Der Trümmerhaufen Köln ist dem Feinde überlassen worden!"

*) ..... Am 29. 6. 1943 berichtet ein Chronist über einen Großangriff auf Köln
*) ..... später wird über einige Einschläge in Angelsdorf und Elsdorf berichtet:
*) ..... Am 19.3. warf ein Flugzeug Bomben in die Gemarkung Angelsdorf. Eine fiel in die Nähe des Bahnhofs Elsdorf, zwei in die Nähe der Kaninhütte und ein Blindgänger neben die Häuser Nr. 80 und 81 an der Landstraße.

*) [...]

Am 29.11.44 heißt es: "Seit 14 Tagen werden die Orte des Amtes Elsdorf häufig mit schwerem Artilleriefeuer belegt, insbesondere Elsdorf, Tollhausen, Esch und Niederembt. Fast täglich werfen Jagdbomben ihre Bombenlasten ab, so besonders auf dem Bahnhof Elsdorf und auf Artillerie- und Flakstellungen bei Angelsdorf und Ohndorf. Tiefflieger belegen die Dörfer und einzelne Bauern auf dem Felde mit Bordwaffenfeuer. Bei einem Angriff von 4 Tieffliegern fiel Heinrich Klefisch im Bahnwärterhäuschen am Hof Ohndorf.

*) = Mit Genehmigung des Verfassers wurden einige Passagen über die Deutsche Lage im II. Weltkrieg und Vorgehen der Alliierten weggekürzt und nur der Elsdorf-relevante Teil dargestellt.


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