Die Kraftposten in der Eifel
von Postrat Stahl Trier

Als nach dem für uns Deutsche so unglücklichen Ausgang des Weltkrieges die Reichpostverwaltung daran gehen mußte, das im Kriege völlig zusammengebrochene Postbeförderungswesen von Grund aus neu aufzubauen, konnte nicht mehr in Frage kommen, die alten Pferdeposten und Landbriefträgerfuhrwerke wieder aufleben zu lassen. Die Erfahrungen des Krieges hatten zur Genüge bewiesen, daß der Kraftwagen das Verkehrsmittel der Zukunft ist. Schon vor dem Kriege hatte die Reichspostverwaltung in Thüringen in größrem Umfange Versuche mit Kraftposten angestellt, die durchaus zufriedenstellend ausgefallen waren. Ebenso günstig waren die Erfahrungen, die die bayrische Postverwaltung mit den im bayrischen Hochgebirge eingerichteten Kraftpostfahrten gemacht hatte.

Von vornherein bestand kein Zweifel, daß für die Errichtung von Kraftposten in erster Linie die Gegenden zu berücksichtigen seien, die auf weite Entfernungen noch der Eisenbahn entbehren, demgemäß kamen hier im Westen vorzugsweise die Oberpostdirektionsbezirke Trier und Coblenz in Betracht, die im Eifel- und Hunsrückgebiet noch größere Lücken im Eisenbahnnetz aufweisen.

Die Vorarbeiten für die Aufnahme des Kraftpostverkehr in diesen Bezirken waren schon im Laufe des Sommers 1919 mit großer Beschleunigung erledigt worden, wobei die Oberpostdirektionen die nachhaltige und verständnisvolle Unterstützung der Regieurnen in Trier und Coblenz fanden, um den Wettbewerb privater Kraftverkehrsgesellschaften zu verhindern. Diese aus den Immobilien Kolonnen der Kriegszeit hervorgegangenen Gesellschaften, die während des Krieges vorzugsweise der Volksernährung dienten, suchten sich ein neues Tätigkeitsfeld und haben der Post bei Verwirklichung ihrer Pläne manches Hindernis in den Weg gelegt.

Trotz des Eifers, mit dem die beteiligten Behörden an die Bewältigung der neuen Aufgabe herangingen, verzögerte sich die Aufnahme des Verkehrs außerordentlich wegen der zahlreichen, durch politische Unruhen, Streik, Verkehrsstörungen usw. hervorgerufenen Hemmungen, die es der Industrie zumeist unmöglich machten, die bestellten Wagen rechtzeitig abzuliefern. Um der Bevölkerung von vornherein ein wirklich sicheres und neuzeitliches Beförderungsmittel zu bieten, hatte das Reichspostministerium darauf verzichtet, Heereswagen in größerer Zahl anzukaufen und für seine Zwecke umzubauen.

So kam es, daß die erste Kraftpostlinie in der Eifel Cochem - Lutzerath erst am 6. Januar 1920 eröffnet werden konnte. Im April folgten die Linie Bullay - Bad Bertrich, Neuerburg - Bitburg und Bollendorf - Irrel. Im ganzen wurden im Jahre 1920 zehn Linien in der Eifel eingerichtet, 1921 zwei Linien, 1922 vier Linien und 1924 wiederum zwei Linien. Dagegen wird das Jahr 1925 der Eifel eine ganz beträchtliche Vermehrung der Kraftpostlinien bescheren. Eröffnet sind schon die Linien Ahrweiler - Meckenheim, Neuerburg - Irrel sowohl über Mittendorf - Nusbaum als über Oberweis - Bettingen, Monschau - Einruhr - Gemünd, Monschau - Brück - Nideggen, Udenbreth - Schleiden - Gemünd - Call, Heimbach - Urfttalsperre und andere. Die Linie Mürlenbach - Schönecken wird seit 1. April bis Prüm durchgeführt, die Linie Kyllburg - Balesfeld bis Schönecken, wodurch eine Verbindung Kyllburg - Prüm geschaffen ist. Für weitere Linien sind die Vorarbeiten im Gange.

Welchen Umfang die Personenbeförderung mittels Kraftposten in der Eifel bereits genommen hat, ist daraus zu entnehmen, daß im Monat Mai bei 641 Kilometer Linie 62985 Kilometer gefahren und 52432 Personen befördert worden sind. Im einzelnen sind die Ende Juni im Betriebe befindlichen Kraftpostlinien aus der nachstehenden Uebersicht zu ersehen.




Betrachtet man diese Uebersicht und die vorhin mitgeteilten Zahlen, so wird jeder vorurteilslos Urteilende anerkennen müssen, daß die Deutsche Reichspost in verhältnismäßig kurzer Zeit in der Eifel ein großzügiges Verkehrsnetz geschaffen hat, das einen raschen Zu- und Abfluß der Postsendungen gewährleistet und darüber hinaus eine staunenswerte Entwickelung des Reiseverkehrs herbeigeführt hat, wodurch das gesamte Wirtschaftsleben der Eifel auf das günstigste beeinflußt wird. Ob Privatkraftverkehrsgesellschaften, von denen heute wieder so viel die Rede ist, einen gleichen Verkehr zustande gebracht hätten, darf füglich bezweifelt werden. Wenig einträgliche Grenzlinien, die die Deutsche Reichspost nationaler und volkswirtschaftlicher Belange halber betreibt, würde eine Privatgesellschaft wohl kaum eingerichtet haben, erst recht nicht mit Verlust weiterbetreiben

Zum Schlusse seien noch die Ausflugsfahrten erwähnt, die die Reichspost mit großen, bequem eingerichteten Aussichtswagen von Bonn, Coblenz und Remagen aus im Sommer veranstaltet. Durch diese Fahrten wird der große Strom der Reisenden, der den Rhein hinauf und hinunter flutet, auch in die Eifel gelenkt. Reisende, die sonst die Eifel unbeachtet zur Seite liegen gelassen hätten, werden so zu ihren hervorragendsten Punkten hingeführt, lernen die Schönheit der Eifel selbst kennen und machen sie in immer weiteren Kreisen bekannt. Dem Ausflugsbedürfnis der Kurgäste in Bad Bertrich, Kyllburg und Manderscheid wird durch wohlausgstattete luftbereifte Omnibusse gedient, die nach Bedarf, zum Teil nach feststehenden Plänen, Fahrten nach allen sehenswerten Gegenden der Eifel ausführen. Es ist beabsichtigt, künftig auch an diesen Orten offene Aussichtswagen, die sich beim reisenden Publikum immer größerer Beliebtheit erfreuen, aufzustellen wie überhaupt die beteiligten Oberpostdirektionen bestrebt sind, das Kraftverkehrsnetz in der Eifel immer weiter auszubauen und zu vervollkommnen.

Entnommen Eifelvereinsblatt, 26. Jahrgang Nr. 7, Juli 1925, S. 93, Selbstverlag des Eifelvereins, Schriftleitung Rektor Zender in Bonn, Münsterschule
Stadtarchiv Düren ZB 29, 25/26, 1924/25

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