Brühl und die Eisenbahn - Die Züge der Rheinstrecke



Hans-Joachim Leven

Anhand der aus der damaligen Zeit erhalten gebliebenen Dokumente läßt sich der Lokomotiv- und Wagenbestand der Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft mit großer Genauigkeit ermitteln.

Zu Beginn des Betriebes auf der neuerbauten Strecke standen der Gesellschaft 4 Lokomotiven, die alle aus dem Ausland bezogen wurden, und 27 Personenwagen deutscher Hersteller zur Verfügung.


Personenwagen I. und II. Klasse der Bonn=Cölner Eisenbahn, 1844
Kopie einer Zeichnung im Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens,
Band I, Heft 2, Tafel VIII

Die Lokomotiven hatten wie der "ADLER" der Nürnberg-Fürther Eisenbahn die Achsfolge 1A1, d. h. eine Treibachse mit je einer vor- und nachgestellten Laufachse in einem festen Rahmen. Allerdings hatte nur die in Belgien bei der Fa. Regnier Poncelet gebaute Lokomotive eine damals als "Krummachse" bezeichnete, also doppelt gekröpfte Treibachse mit Innerzylindern wie der "ADLER". Die anderen 3 von Sharp Brothers & C. in Manchester, England, gelieferten Lokomotiven wiesen schon die fortschrittlichen Außenzylinder und demzufolge gerade Treibachsen auf.

Zur Bewältigung des Betriebes beschaffte die Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft bis zum Ende des Jahres 1846 vier weitere Schlepptenderlokomotiven. Diese und die Maschinen der ersten Lieferung wurden nicht, wie damals allgemein üblich, mit Namen versehen, sondern mit römischen Ziffern von I bis VIII bezeichnet.

22 der Personenwagen waren 3-achsige Sitzwagen der I., II. Und II. Klasse, deren Eleganz und Bequemlichkeit allgemein gelobt wurden.

Außerdem gab es 5 zweiachsige Wagen der IV. Klasse. Diese waren offen und als Stehwagen eingerichtet. Die Lieferfirmen der ersten Serie waren Reiffert & Co., Frankfurt-Bockenheim, die Hoechster Wagenfabrik und Pauwels & Talbot, Aachen.

Auch die Anzahl der Personen- und sonstigen Wagen mußte dem regen Zuspruch, den die Bahnlinie fand, schon bald nach Betriebseröffnung angepaßt werden. Der im Laufe des Jahres 1844 erreichte Wagenbestand vergrößerte sich bis zur Übernahme der Strecke durch die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft nur geringfügig. Außer den drei bereits erwähnten Firmen lieferte später auch das 1845 gegründete Waggonbau-Unternehmen von der Zypen & Charlier in Deutz an die Bonn=Cölner Eisenbahn= Gesellschaft.

In den ersten Jahren ihres Bestehens wurde auf der Strecke von Bonn bzw. Rolandseck nach Köln und zurück mit den darauf eingesetzten Fahrzeugen ein "Inselbetrieb" durchgeführt, d. h. die Lokomotiven und Wagen wurden nicht mit anderen privaten Eisenbahngesellschaften ausgetauscht. Erst die durchgehende Eröffnung der Rheinstrecke mit direkten Schienenverbindungen zu anderen Strecken der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft und ab 1880 dann der preußischen Staatsbahn brachte den Einsatz weiterer und modernerer Eisenbahnfahrzeuge mit sich. Durch die Herstellung internationaler Anschlüsse wurde die Rheinstrecke bald von den ersten Schnellzügen befahren, die ihrer Bedeutung entsprechend aber nicht in Brühl anhielten. Dem Reisenden bot sich in all den folgenden Jahren eine bunte Vielfalt an Schnellzug-, Personenzug- und Güterzuglokomotiven sowie -wagen der jeweils die Linie betreibenden Bahngesellschaft.

Weltberühmtheit erlangte die linke Rheinstrecke, als ab 15. Mai 1928 regelmäßig der "RHEINGOLD" als FFD 101/102 zwischen Hoek van Holland und Basel verkehrte. Erstmalig in der Geschichte der deutschen Eisenbahnen wurde dieser Luxuszug von der Deutschen Reichsbahn für nur einen Kurs gebaut, der zwischen Köln und Mainz keinen weiteren Halt vorsah. Der Konstruktion nach wurden die Fahrzeuge den Pullman-Wagen nachgebildet. Der Zug war in Köln Betriebsbahnhof stationiert und der Kölner Direktion zugeteilt. Auf dem Abschnitt zwischen Zevenaar (holl. Grenze) und Mannheim kam als Zuglok die berühmte bayerische S 3/6 zum Einsatz.

Bisweilen diente die Rheinstrecke auch zu Versuchsfahrten der in Köln ansässigen Firma Westwaggon, der Nachfolgerin der bereits erwähnten Firma van der Zypen & Charlier. So befuhr u. a. 1938 der VT 137 155, ein Nachfolgemodell des aufsehenerregenden Kruckenberg'schen Schienenzeppelins, die Strecke Köln-Mainz und zurück.

Der 2. Weltkrieg mit den durch ihn geänderten politischen Verhältnissen brachte eine starke Verlagerung des Ost-West-Verkehrs in die NordSüd-Richtung. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf den Verkehrsumfang der Rheinstrecke, was zu einer immer schwierigeren Betriebsabwicklung führte. Eine Erleichterung konnte u. a. durch die Einführung der elektrischen Zugförderung in den Jahren 1958/59 herbeigeführt werden. Nach und nach verschwand jetzt die Dampflok aus dem Plandienst, aber noch bis in die 70er Jahre hinein konnte sie - nicht zuletzt vor Sonderzügen von Eisenbahnfreunden - auf der Rheinstrecke beobachtet werden. Das generelle Verbot des Einsatzes von Dampflokomotiven auf den Strecken der Deutschen Bundesbahn brachte dann jedoch das "Aus" und führte auch Brühl in das moderne DB-Zeitalter.

Meilensteine in der 'jüngsten Entwicklung der Linie Köln-Bingen-Mainz:

26. September 1971

als erster Intercity-Zug fährt IC 111 RHEINBLITZ auf seinem Weg von Dortmund nach München durch Brühl, die Fahrgeschwindigkeit zwischen Köln und Bonn beträgt 160 km/h

27. März 1982

der erste Lufthansa-Airport-Expreß befährt die Strecke Düsseldorf-Frankfurt

2. Juni 1985

die Deutsche Bundesbahn startet ihr Angebot IC'85, 3 der 6 Linien führen über die Rheinstrecke.

Die heute auf der Rheinstrecke eingesetzten Züge, die den Güter- oder Personenbahnhof Brühl an- oder durchfahren, werden von den modernen Elektrolokomotiven der Deutschen Bundesbahn befördert. Das Spektrum reicht dabei von der Intercity-Lok der Baureihe 103 bis zur schweren Güterzuglok, Baureihe 151. Bei der Übernahme von Güterzügen von den Strecken der KBE werden auch schwere Diesellokomotiven, z. T. in Doppelbespannung, eingesetzt.

Im Schienenverkehrsnetz der DB zählt die linke Rheinstrecke heute zu den wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen, sie ist eine der Strecken mit der größten Zugdichte. Zur Entlastung ist seit einigen Jahren eine neue Schnellverkehrsstrecke Köln-Frankfurt geplant, auf die der Fernverkehr verlagert werden soll. Die jetzige Linie soll dann dem hochwertigen Nah- und Bezirksverkehr dienen.



Brühl und die Eisenbahn




Aus: „Eine Stadt erlebt ihre Verkehrsgeschichte“ - Brühl im Straßennetz des Rheinlandes, Brühl und die Eisenbahn - Eine Veröffentlichung zur Ausstellung vom 24.8.-18.9.1985 Galerie am Schloß in Brühl - Herausgeber Stadt Brühl - Der Stadtdirektor, Redaktion: Hans-Joachim Leven, Verfasser Hans-Joachim Leven, Bert Noethen, Winand Perillieux, Günter Weber,
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Serie: Dokumentation Verkehrswesen Rhein-Erft-Kreis wisoveg.de (Scanwork 4/2006)

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