Brühl und die Eisenbahn - Die erste Eisenbahn in Brühl |
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Hans-Joachim Leven Die Geschichte der Eisenbahn in Brühl beginnt im Jahre 1836. Am Ende des vorhergegangenen Jahres ist in Bayern die erste Eisenbahnstrecke Deutschlands dem Betrieb übergeben worden, und auch im Rheinland sind von Köln ausgehend zahlreiche Eisenbahnlinien geplant. Die Stadtverordneten von Bonn erkennen, daß der neumodische Dampfwagen auch ihrer Stadt Vorteile verschaffen kann. Sie denken dabei besonders an die Passagiere der von Bonn rheinaufwärts ausgehenden Dampfschifffahrtslinien, die für den Weg von Köln herauf auf dem Strom immerhin 8 Stunden benötigen. Von der alten Universitätsstadt geht daher die Initiative aus, eine Schienenverbindung nach Köln herzustellen. Für die Streckenführung stehen zwei Möglichkeiten zur Entscheidung: über Wesseling oder über Brühl. Der Weg über Wesseling ist kürzer und daher billiger, doch die Bahn soll hauptsächlich dem Personenverkehr dienen und eine Führung der Strecke über Brühl erschließt das Vorgebirge besser. Da das Fahrgastaufkommen hier größer zu werden verspricht, wird diese Linienführung gewählt, denn die den Bau der Strecke finanzierenden privaten Geldgeber sind daran interessiert, daß beim Betrieb der Bahnlinie ein hoher Gewinn erwirtschaftet wird und sich das eingesetzte Kapital möglichst hoch verzinst. Wie zu dieser Zeit üblich, beteiligt sich der Staat weder finanziell noch durch Zinsgarantien an dem Projekt der privaten Eisenbahnlinie, doch um mit den Arbeiten beginnen zu können, ist seine Zustimmung erforderlich. Trotz ernsthafter Bemühungen des provisorischen Ausschusses der "Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft" kann dieser aber erst Ende Juli 1840 in den Bonner und Kölner Lokalzeitungen öffentlich bekanntgeben, "daß des Königs Majestät unterm 6. d. M. die Allerhöchste Genehmigung" zum Bau "einer Eisenbahn=Anlage von Bonn nach Cöln zu ertheilen geruht haben". Gleichzeitig ist damit die "Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft" gegründet. Die Lage des Kölner Endbahnhofs der Linie wird unterhalb der St.-Pantaleon-Kirche neben dem Gutshof Trutzenberg festgelegt. Eine direkte Schienenverbindung zum Thürmchensbahnhof, dem Endpunkt der 1839 eröffneten Linie Köln-Aachen, wird jedoch nicht hergestellt. Über die Lage des Bonner Bahnhofs entbrennt ein heftiger Streit, der erst 1842 durch Einschreiten der preußischen Regierung beigelegt werden kann. Es wird angeordnet, daß der Bahnhof an der Nordwestseite der Stadt etwas weiter südlich zur Poppelsdorfer Allee als der heutige Hauptbahnhof angelegt wird. Außer in den Gemeinden Roisdorf, Sechtem und Kalscheuren ist eine Zwischenstation in der Stadt Brühl vorgesehen. Den Wünschen der königlichen Regierung folgend, das Schloß an die neue Bahnlinie angebunden zu sehen, und maßgebender Kölner Bürger, während der Fahrt den bekannten und landschaftlich bedeutenden Park betrachten zu können, wird der Schienenweg in unmittelbarer Nähe des königlichen Schlosses vorbeigelegt. Anders als bei den übrigen Stationen ist daher in Brühl für die Anlage des Bahnhofs der Erwerb von privaten Grundstücken - bis auf eine kleine Parzelle - nicht erforderlich, da die Strecke durch königliches Gelände führt. Dieses soll der Bahn für die Dauer ihres Bestehens unentgeltlich überlassen bleiben. Das Empfangsgebäude nach einem durch König Friedrich Wilhelm IV. genehmigten Entwurf des Kölner Stadtbaumeisters Johann Peter Weyer wird in der östlichen Hauptachse des Schlosses angeordnet. Es ist ein zweigeschossiger verputzter Bau auf rechteckigem Grundriß, aus dessen flachem Walmdach sich in der Mitte ein hoher Aussichtsturm mit Uhr und Fahnenstange erhebt. Rings um das Erdgeschoß zieht sich ein offener Laubengang, dessen Dach bis unter die Obergeschoßfenster reicht. Der Zugang zu den Gleisen erfolgt ebenerdig von den Wartesälen aus und ist durch eine der Laube vorgestellte hölzerne Bahnsteigüberdachung geschützt.
Der Bau der 29,3 km langen Strecke beginnt im Frühjahr 1843 in Bonn. Im September des gleichen Jahres werden bereits die Kölner Festungsbauwerke erreicht. Zu Beginn des Jahres 1844 kann die erste Probefahrt durchgeführt werden, und am 27. Januar 1844 schließlich wird die Strecke landespolizeilich abgenommen. Die Direktion der Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft legt als Termin für die feierliche Eröffnung den 13. Februar fest und teilt in Anzeigen mit, daß "dem zufolge eine Festfahrt für die Actionnaire und ihre Frauen zwischen Bonn und Cöln und dann ein Fest=Essen in Bonn für die Herren angeordnet" sei. Diese Eröffnungsfahrt findet, von Festreden und Böllerschüssen begleitet, ohne Zwischenfälle statt, so daß endlich am 15. Februar 1844 die neue Eisenbahnstrecke offiziell dem Betrieb übergeben wird. Nach den Linien Köln-Aachen-Herbesthal(-Antwerpen) der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft und Düsseldorf-Elberfeld der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft ist damit die dritte Bahnlinie im Rheinland in Betrieb und die Stadt Brühl an das sich rasch ausdehnende deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen. Wegen des einfachen Streckenverlaufs entstanden nur geringe Baukosten, so daß ein niedriger Fahrpreis festgesetzt werden kann. Je Meile sind 48 Pfg. für die 1., 31 für die II., 24 für die III. und 16 für die IV. Wagenklasse zu zahlen. Dies sind die niedrigsten Fahrpreise aller deutschen Eisenbahnen und die Ursache für die intensive Nutzung der Bahnlinie. Folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über die von Brühl aus zu zahlenden Fahrpreise und die Anzahl der im Jahre 1846 beförderten Fahrgäste. |
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Von Brühl aus erreicht man die Endbahnhöfe der Strecke nach 20 Minuten Fahrzeit. Will man aber in Köln auf die Bahn nach Aachen etwa oder nach Berlin überwechseln, so muß man erst noch einen "Omnibus oder anderen Wagen zur Hin- und Rückfahrt nach der Stadt" oder gar die Güter- und Personendampffähre der Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft benutzen, um zum Endbahnhof der anderen Strecken zu gelangen. In Bonn besteht in der ersten Zeit überhaupt kein Anschluß an weiterführende Eisenbahnlinien. Erst rund 16 Jahre nach der Betriebseröffnung, am 15. Dezember 1859, wird die (linke) Rheinstrecke Köln-Bingen-Mainz in der heute noch bestehenden Streckenführung durchgehend eröffnet. Jetzt bestehen internationale Anschlüsse nach England, Belgien, Holland, der Schweiz und Österreich, so daß sich die "Rheinbahn" bald zu einem bedeutenden deutschen und europäischen Verkehrsweg entwickelt. Die nachfolgende Übersicht enthält einige wichtige Ereignisse in der Entwicklung der Strecke Köln-Bonn bis zur Verstaatlichung. |
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15. Februar 1844 |
Eröffnung für das Publikum |
21. Januar 1856 |
Verlängerung von Bonn bis Rolandseck |
1. Januar 1857 |
Übernahme der Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft durch die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft, Köln |
11. November 1858 |
Verlängerung von Rolandseck bis Koblenz |
15. Dezember 1859 |
Eröffnung der Verbindungsstrecke um die Stadt Köln, die Linie Köln(St. Pantaleon)-Koblenz endet jetzt im neuen Kölner Central-Personen-Bahnhof am Dom; Verlängerung von Koblenz über Bingerbrück bis zur hessischen Landesgrenze, Anschluß an die Hessische Ludwigsbahn |
1. April 1880 |
Übernahme des Streckennetzes der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft durch den preußischen Staat; der Abschnitt Köln-Bonn der Rheinstrecke wird der Königlichen Eisenbahndirektion Köln (linksrheinisch) unterstellt. |
Der Bau von Hauptstrecken im deutschen Schienennetz ist im Jahre 1880 im Großen und Ganzen abgeschlossen und an den bestehenden Linien werden allenfalls noch kleine Änderungen in der Trassierung vorgenommen. Auch die Linienführung der Rheinstrecke wird seitdem nicht mehr geändert, dagegen müssen die Betriebsanlagen den ständig wachsenden Anforderungen angepaßt werden. So auch in Brühl. Bis zum Tage der Betriebseröffnung hat die Bonn=Cölner Eisenbahn=Gesellschaft die neue Linie nur soweit fertiggestellt, daß überhaupt ein erster Eisenbahnbetrieb möglich ist. Einzige Zwischenstation ist Brühl, bis nach Protesten der Anwohner der anderen geplanten Haltepunkte auch diese nach kurzer Zeit mit zunächst noch provisorischen Bahnsteigen angefahren werden. Noch am Jahresende 1844 sind in Brühl die Bauarbeiten keineswegs abgeschlossen: dem Empfangsgebäude fehlen die Einrichtung der Wartesäle, die Bedielung der Halle, der Verputz und der Uhrturm. Der Bau der anderen geplanten Gebäude, Wagen- und Lokomotivschuppen, ist überhaupt noch nicht begonnen. Nur die für eine ordnungsgemäße Durchführung des Betriebes notwendigen Bauten wie Bahnsteig, Drehscheibe, Rampen und das Abtrittsgebäude sind fertig. In der ersten Hälfte des folgenden Jahres kann dann schließlich das Empfangsgebäude ganz seiner Bestimmung übergeben werden. Den ersten Höhepunkt seiner jungen Geschichte erlebt kurz darauf der Brühler Bahnhof am 10. August 1845, als die englische Königin Viktoria nach 15-minütiger Bahnfahrt von Köln kommend eintrifft und von einer jubelnden Menschenmenge zum Schloß geleitet wird. Nach ihr benutzen noch zahlreiche andere weltliche und kirchliche Würdenträger anläßlich eines Besuches im Schloß Augustusburg die Eisenbahn und verlassen oder besteigen den Zug im Brühler Bahnhof. Die Eröffnung der Verbindungsbahn um die Stadt Köln führt dazu, daß die Personenzüge von Bonn bzw. Bingen am Bahnhof Köln St. Pantaleon vorbeigeführt werden und im Central-Personen-Bahnhof am Dom enden. Daraufhin kommt es zu Protesten der Bewohner der Kölner Südstadt, die sich durch den Fortfall der Bahnverbindung benachteiligt sehen, so daß von 1874 bis 1889 Pendelzüge zwischen Köln St. Pantaleon und Brühl eingesetzt werden. Diese Züge erhalten in Brühl gute Anschlüsse an weiterführende Züge aus oder in Richtung Koblenz und Bingen. Die Trasse der Linie Köln-Bonn ist von Beginn an für doppelgleisigen Betrieb vorgesehen. Zunächst wird die Strecke aber nur eingleisig ausgeführt. Nach Eröffnung des durchgehenden Verkehrs Köln-Mainz ist die Kapazität bald erschöpft, so daß bis Ende 1869 die gesamte Rheinstrecke zweigleisig ausgebaut wird. In diesen Zeitraum fällt auch der Bau eines ersten Güterbahnhofs, der nördlich vom Personenbahnhof auf der östlichen Seite der Hauptgleise angelegt wird und der mit Straßenfuhrwerken von der Rheinstraße aus über die heutige Franzstraße erreicht werden kann. In späteren Jahren entstehen einige Privatgleisanschlüsse, u. a. zur 1883 in Betrieb genommenen Zuckerfabrik, sowie die Übergabegleise zur CBK (Aktiengesellschaft der Cöln-Bonner Kreisbahnen). Diese Übergabegleise verlaufen vom Staatsgüterbahnhof Brühl in einem Bogen nach Osten zum Bahnhof Brühl Zuckerfabrik der CBK und stellen ab 1901 eine durchgehende Verbindung zwischen der Staatsbahn und Wesseling/Godorf her. Mit wachsendem Verkehrsaufkommen auf Schiene und Straße ergibt sich nach der Jahrhundertwende in Brühl die Notwendigkeit, diese Verkehrswege einerseits dort, wo sie sich gegenseitig behindern, zu entflechten, und andererseits dort, wo erforderlich, besser miteinander zu verbinden. Aus diesem Grunde werden umfangreiche Änderungsarbeiten an den bestehenden Betriebsanlagen geplant, nämlich der Ersatz einiger niveaugleicher, schrankengesicherter Bahnübergänge durch Straßenunterführungen und die Vergrößerung des Güterbahnhofs. Die Arbeiten erfolgen 1910/11. Zur Beseitigung der Bahnübergänge an der Kölnstraße und der Comes-/ Rheinstraße wird die Bahnstrecke etwa im Abschnitt zwischen Kölnstraße und Falkenluster Allee angehoben, wobei im Bereich des Personenbahnhofs ein 4 m hoher Damm aufgeschüttet wird. Gleichzeitig werden die genannten Straßen abgesenkt; der ursprüngliche Straßenverlauf ist noch heute deutlich erkennbar. Der ebenerdige Zugang vom Empfangsgebäude zu den Bahnsteigen ist wegen der Dammlage nicht mehr möglich und wird durch den Personentunnel ersetzt. Wegen der Anhebung der Hauptgleise ist die Beibehaltung des Güterbahnhofs an der alten Stelle, verbunden mit einer Vergrößerung, nicht möglich. Daher erfolgt der Neubau in der heutigen Lage, d. h. an der äußeren Kölnstraße westlich der Hauptgleise. Dadurch bedingt muß der Übergang auf die Strecken der CBK an einer anderen Stelle vorgenommen werden. Statt nach Brühl Ost verlaufen die Gleise jetzt vom Nordende des neuen Staatsgüterbahnhofs in einer Südkurve nach Vochem. Ab 1913 schließlich wird mit einer ebenfalls von hier ausgehenden Nordkurve die in Vochem endende Nebenbahn Mödrath-Liblar-Vochem angebunden, so daß von dort ein durchlaufender Wagenladungsverkehr - in der Hauptsache Braunkohle und Briketts - auf die Rheinstrecke möglich ist.
Ein Neubau des Empfangsgebäudes, dessen umlaufender Laubengang inzwischen teilweise durch ein massives Untergeschoß ersetzt worden ist, ist im Zuge der Änderungsarbeiten von 1911 ursprünglich nicht geplant. Auf Antrag des damaligen Bürgermeisters Dr. Hellenbroich wird aber ein Entwurf angefertigt, der auch die Unterstützung des Oberhofmarschallamtes in Berlin findet. Die Arbeiten sollen im Anschluß an die Fertigstellung des Güterbahnhofs und des Personentunnels beginnen. Durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges kommt es nicht dazu und über lange Jahre können nur die zur Instandhaltung notwendigen Arbeiten durchgeführt werden. Erst 1963, als das Empfangsgebäude unter Denkmalschutz steht, erfolgt eine grundlegende Renovierung. Bei der zuletzt im Herbst 1984 vorgenommenen Erneuerung des Außenanstrichs wird in Abstimmung mit dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege der historisch nachgewiesene Farbton des Erstanstrichs verwendet, so daß sich 1985, im Jubiläumsjahr der Stadt Brühl und der deutschen Eisenbahnen, der Bahnhof Brühl zwar nicht in seiner alten Form, aber doch wieder in einem ansprechenden Äußeren präsentiert. |
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Aus: Eine Stadt
erlebt ihre Verkehrsgeschichte - Brühl im Straßennetz
des Rheinlandes, Brühl und die Eisenbahn - Eine
Veröffentlichung zur Ausstellung vom 24.8.-18.9.1985 Galerie
am Schloß in Brühl - Herausgeber Stadt Brühl -
Der Stadtdirektor, Redaktion: Hans-Joachim Leven, Verfasser
Hans-Joachim Leven, Bert Noethen, Winand Perillieux, Günter
Weber, |