Quelle: Abschrift eines Textes unbekannter Herkunft in Frakturschrift Seite 158 bis 161, um 1930

Zur Entwicklung des Verkehrs im alten Kreis Bergheim

Verkehr

a) Straßen und Wege

Schon im Altertum durchzogen unsere Heimat Heerwege, auf denen die Völker und ihre Heere dahinzogen. Auf ihrem Planum zum Hauptteil legten die Römer die ersten Straßen an, deren eine ganzes Netz unsern Kreis durchzog. Sie blieben auch nach der fränkischen Einwanderung die besten Verkehrswege. Im Laufe der Jahrhunderte, besonders aber im letztverflossenen, hat der Straßenbau einen gewaltigen Aufschwung genommen, sowohl in der Technik aus auch in der Vermehrung der Anlagen.

Unser Kreis ist reich an guten Verkehrswegen. Sechs Provinzialstraßen durchziehen ihn. Die älteste derselben ist wohl die Köln-Aachener Straße, welche die Bürgermeistereien Bergheim und Esch in 17,5 km Länge durchzieht. Sie liegt zur Hauptsache auf dem Planum des alten Heerwegs der Germanen und Römer, der in gerader Richtung die römische Colonia mit Mastricht verband. Wo er die Maas überschritt. Nur bei Elsdorf weicht sie ab und folgt der schon im Mittelalter eingerichteten, das Erfttal bequemer überschreitenden Umleitung über Bergheim nach Quadrath.

Die Dormagen-Lechenicher Straße berührt die Ortschaften Hüchelhoven, Rheidt, Niederaußem, Bergheim, zieht dann dem linken Erftufer entlang, zum Teil auch auf dem Boden einer römischen Straße laufend, über Thorr, Ahe, Sindorf und Kerpen, 23,5 km.

Die Köln-Dürener Straße, auch Königsstraße genannt, weil auf ihr die deutschen Könige zur Krönung nach Aachen zogen, tritt bei Grefrath in den Kreis, überschreitet unweit Mödrath die Erft und führt auf dem linken Ufer des Neffelbaches über Kerpen, Bergerhausen und Blatzheim; 14,5 km.

Die Elsdorf-Buirer Straße, 1864 erbaut, verbindet diese beiden Orte über Etzweiler, 10 km.

Bei Ichendorf zweigt von der Köln-Aachener Straße die Strecke Horrem, Götzenkirchen, Mödrath ab, 6 km lang, und von dieser bei Horrem eine 2,5 km lange Straße nach Sindorf. - Im Jahre 1927 baute man auch die Strecke Lechenich-Jackerath als Provinzialstraße aus.

Die genannten Straßen werden von der Provinzialverwaltung unterhalten. Sie sind größtenteils dem Landesbauamt Düren zugeteilt und mit Ebereschen, Linden, Ahorn, Kastanien oder Obstbäumen bepflanzt.

Außer den Provinzialstraßen überspannt den Kreis ein Netz von Kommunalwegen. Sie werden von den Gemeinden unterhalten. Die erhöhten Anforderungen der Neuzeit an sie bedingten den Ausbau auch mancher dieser Wege mit Basalt, während sie früher mit Kies eingebaut wurden. Mit Dampfwalzen werden auch sie fest eingewalzt.

b) Eisenbahnen

Durch die Entwicklung der Industrie und die Ausdehnung des Bergbaues in den letzten Jahrzehnten hat Handel und Verkehr in unserm Kreise einen großen Aufschwung genommen. Waren es sonst hauptsächlich landwirtschaftliche Erzeugnisse, die der Handel vertrieb, und die Bedarfsartikel des täglichen Lebens, welche eingeführt und transportiert werden mußten, so gesellten sich nun die Erzeugnisse der Fabriken und der Braunkohlengruben hinzu und steigerten den Verkehr in hohem Maße. Es stellte sich die Notwendigkeit neuer Verkehrsmittel heraus. Zu den älteren Einrichtungen von Straßen und Wegen trat der Schienenweg, die Eisenbahn.

Schon 1841 am 6. September wurde als eine der ersten Eisenbahnen Deutschlands die Strecke Köln-Aachen eröffnet, die den südlichen Teil unseres Kreises durchschneidet mit den Stationen Horrem, Sindorf und Buir. Sie durchquert das Vorgebirge in einem Tunnel, der an der östlichen Kreisgrenze beginnt, 40 Meter unter der Bergoberfläche liegt und 20 Minuten lang ist. Es war s. Z. das größte und schwierigste Bauwerk seiner Art in Europa, da er zum größten Teil durch lockeren weißen Sand geführt werden mußte. Der Bau kostete 800.000 Reichstaler. Auf der Strecke verkehrten zu Anfang vier Züge, morgens und nachmittags je einer ab Köln und Aachen mit einer Fahrzeit von drei Stunden. Der Verkehr Bergheims mit der Station Horrem wurde mit Wagen hergestellt, welche „Passagiere“ und „Effekten“ (für 5 Silbergroschen die Person) beförderten.

Die zweite Eisenbahn wurde 1869 durch den nördlichen Teil unseres Kreises geleitet und durchschneidet, von Düren kommend die Ämter Heppendorf und Esch und, nunmehr dem Erfttale folgend, die Ämter Paffendorf, Bedburg, Caster und Königshoven mit den Stationen Elsdorf, Bedburg und Harff. Sie hat mehr Bedeutung für den Güter- als den Personenverkehr, da sie das Ruhrkohlenrevier auf dem kürzesten Wege mit dem Westen verbindet. In unserem Kreise war sie besonders wichtig für die Industrieorte Bedburg und Elsdorf.

Die beiden Bahnen konnten aber dem gesteigerten Verkehr auf die Dauer nicht genügen. Die Landwirtschaft verlangte bessere Verbindungen mit den Zuckerfabriken, der aufgeblühte Bergbau auf dem Vorgebirge schnelle und billige Absatzwege für seine Produkte. Da der Staat mit dem Bau neuer Stecken zögerte, begann der Kreis den Bau einer schmalspuriger Eisenbahn, welche das Kreisgebiet in der Länge einmal und in der Breite zweimal durchquert. Dem Laufe der Erft entlang durchschneidet sie von N-O nach S-W den Kreis von Türnich über Mödrath, Horrem, Ichendorf, Quadrath, Bergheim, Zieverich, Paffendorf, Glesch, Bedburg, Niederembt, Kirchherten, anschließend von letzterem Orte an die Staatsbahnstrecke Jülich-M.-Gladbach bei Ameln, und von Türnich nach Liblar an die Euskirchener Bahnen. - Die Strecke Blatzheim, Benzelrath, über Bergerhausen, Kerpen, Mödrath, Grefrath hat Anschluß an die Köln-Frechener Eisenbahn. - Die Strecke Elsdorf, Brockendorf, Bergheim läuft von Zieverich an auf dem Planum der erstgenannten Strecke. Außerdem zweigt in Bergheim eine Bahn nach Fortuna, Oberaußem, Rheidt ab mit Anschluß in Rommerskirchen an die Staatsbahn Köln-Grevenbroich. - Die Braunkohlenwerke, sowie die meisten anderen Fabriken haben Anschluß an die Nebenbahn. Neben dem regen Güterverkehr hat sich auch ein lebhafter Personenverkehr auf ihr entwickelt. - Der größte Teil der Kreisbahnen wurde im Jahre 1896 eröffnet und einzelne Strecken mit besonders starkem Verkehr schon bald mit einer dritten Schiene für Normalspur versehen. Sie gingen mit dem 1. Januar 1913 in staatlichen Besitz über. Eine neue Staatsbahnstrecke Rommerskirchen-Lechenich im östlichen Teile des Kreises ist im Bau.

c) Die Post

Die Post ist die vorzüglichste Vermittlerin des Verkehrs. Sie hat mit den Bedürfnissen der steigenden Kultur sich immer mehr vollkommnet und die neuesten Erfindungen der Eisenbahn, des elektrischen Telegraphen und des Telephons sich dienstbar gemacht.

In alter Zeit waren Boten und Läufer die einzigen Beförderer von privaten, politischen oder militärischen Nachrichten und Briefen. Klöster, Städte, Grafen und Fürsten und schließlich die Kaufleute richteten danach regelmäßigen Botendienst zwischen ihren Besitzungen, Städten und Wohnsitzen ein. Auch die Personenpost ist eine ältere Einrichtung.

Auf unsern großen Straßen hatten schon die Römer einen Nachrichtendienst von großer Vollkommenheit mit Signalstationen eingerichtet, der aber hauptsächlich militärischen Zwecken diente. Die Grafen und Herren der Erftgegend sowie die in unserem Kreise viel begüterten Klöster und Herrschaften hielten Boten und Kuriere. Die Stadt Köln richtete auch für unsere Gegend öffentlichen Botendienst ein, wie später das deutsche Reich durch die Grafen von Turn und Taxis, sogar mit Paketpost. Durch und für unsern Kreis war die alte Staatsstraße auch jetzt wieder der Hauptverkehrsweg nach dem Westen zur Kaiserstadt Aachen. Bergheim war von Köln aus die erste Posthalterei, wo die Pferde der Karriol- und Kurierpost gewechselt wurden, und noch 1840 hatte der dortige Posthalter 80 Pferde im Postdienste. Auch nach Eröffnung des Eisenbahnbetriebs und nach Einrichtung der Bahnpost fuhr eine zeitlang noch täglich ein gelber, achtsitziger Pferde-Postwagen von Köln nach Jülich und zurück sowie von Bergheim nach Bedburg, Ameln und Horrem. Am 7. Mai 1897 fuhr die letzte Pferde-Postkutsche zum Bergheimer Tor hinaus gen Bedburg. Mit ihr schwand auch in unserm Kreise ein Stück idyllischer Verkehrsform der „guten“ alten Zeit.

Die Eisenbahn übernahm dann den Personenverkehr, während die Post ihre Briefsendungen und Pakete mit zu diesem Zwecke in fast allen Zügen mitfahrenden Bahnpostwagen beförderte, in denen Postbeamte den Dienst versehen. Hierdurch, sowie durch die Erfindung und Vervollkommnung der elektrischen Telegraphen und des Telephons, nahm der Nachrichtendienst einen ungeahnten Aufschwung. Seit dem Jahre 1924 fahren auch die gelben Wagen der Reichspost - der neuen Zeit entsprechend mit Motorenkraft und in neuem Tempo - durch die Lande, in unserm Kreise auf den Strecken: Köln - Bergheim - Elsdorf - Jülich; Köln - Stommeln - Bedburg - Caster; Elsdorf - Bergheim - Horrem - Türnich - Brüggen - Liblar; Elsdorf - Sindorf - Horrem; Elsdorf - Esch - Rödingen. Aber nicht nur auf dieses alte Gebiet der öffentlichen Personenbeförderung ist die Post zurückgekommen, sie hat auch als Reichsmonopol die Verwaltung und en Betrieb der drahtlosen Nachrichtenübermittlung, des Funkverkehrs - u.a. Unterhaltungs- und Wirtschaftsrundfunk, Presse- und Wetterdienst übernommen.

Im Jahre 1862 waren in unserem Kreise nur sechs sogenannte Postexpeditionen: Bergheim, Bedburg, Horrem, Kirchherten und Buir, von welchen aus einmal am Tage durch Boten die Bestellungen für sämtliche Ortschaften gemacht wurden. Heute befindet sich fast in jedem Orte ein Postamt, eine Postagentur oder Posthilfsstelle. Bergheim und Bedburg sind Postämter II. und Buir, Elsdorf, Harff, Horrem, Kerpen, Quadrath und Türnich Postämter III. Klasse.

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