Aus dem
Amtsblatt
Der Königlichen Regierung zu Cöln


Nro. 1103. Genehmigungsurkunde.
für
die Kleinbahn von Benzelrath im Landkreise Cöln über Gleuel nach der Stadt Cöln (Zülpichertor).

Zur Herstellung und zum Betriebe einer nebenbahnähnlichen Kleinbahn in einer Spurweite von 1 Meter von der Station Benzelrath der Kreis-Bergheimer und Cöln-Frechener Kleinbahnen über Gleuel nach Cöln für die Beförderung von Personen und Gütern mittels Dampfkraft wird der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft zu Cöln auf Grund des Gesetzes über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 im einvernehmen mit der von dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten bezeichneten Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Cöln, vorbehaltlich der Rechte Dritter, auf die Zeitdauer von 50 Jahren, von der Genehmigung zur Eröffnung des Betriebes ab, unter nachstehenden Bedingungen hierdurch die Genehmigung ertheilt.

1. Die Bahn und die Betriebsmittel sind den Anforderungen entsprechend, welche in der von den Herren Ministern der öffentlichen Arbeiten und des Innern zu dem vorgezeichneten Gesetze am 13. August 1898 erlassenen Ausführungsanweisung zu § 9 unter A und in den von dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten für Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb gestellt worden, nach Maßgabe der von der Unternehmerin vorgelegten mit Genehmigungsvermerken versehen Pläne und Zeichnungen nebst Erläuterungen unter Beachtung der hierbei vorgenommenen, sowie derjenigen Aenderungen und Ergänzungen herzustellen, welche in Gemäßheit der §§ 17 und 18 des vorbezeichneten Gesetzes angeordnet werden sollten. Auch bei späteren Ergänzungen der Bahnanlage und der Betriebsmittel darf ohne Zustimmung der unterzeichneten Behörde von der durch die gedachten ministeriellen Vorschriften und der durch die Genehmigung festgesetzten Construction nicht abgewichen werden.
Die Anordnung von Schutzanlagen gegen die von dem Bahnbetriebe drohende Feuersgefahr bleibt für den Fall eintretenden Bedürfnisses vorbehalten.
Von sämmtlichen Plänen und Zeichnungen sind Doppelstücke für die hiesige Königliche Eisenbahn-Direktion einzureichen.

2. Die Vollendung und Inbetriebnahme der Bahn muß längstens innerhalb 2 Jahren nach der endgiltigen Genehmigung des Bauplanes erfolgen.
Für den Fall daß die Unternehmerin dieser Verpflichtung nicht nachkommen sollte, ist sei zur Zahlung einer Verzugsstrafe von 5.000 Mark mit der Maßgabe verpflichtet, daß die Entscheidung darüber, ob und bis zu welchem Betrage dieselbe als verfallen anzusehen ist, dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten zusteht. Zur „Sicherstellung dieser Verpflichtung hat die Unternehmerin bei der Regierungs-Hauptkasse zu Cöln den Betrag von 5.000 Mark in baar oder in Schuldverschreibungen, in denen nach den bestehenden Gesetzen die Anlegung des Vermögens von Mündeln zulässig ist, unter Berechnung desselben nach dem Kurswerthe, nebst den noch nicht fälligen Zinsscheinen und den Zinsscheinanweisungen zu hinterlegen und unter gerichtlicher oder notarieller Beglaubigung mit der Maßgabe zum Pfande zu bestellen, daß der unterzeichneten Behörde die Befugniß zusteht, durch Verwendung derselben oder durch Veräußerung der verpfändeten Werthpapiere zum jeweiligen Börsenkurse die verfallenen Strafbeträge einzuziehen. Die Rückgabe der zu dieser Sicherstellung etwa gehörigen Zinsscheine erfolgt an deren Verfallterminen, kann jedoch von der unterzeichneten Behörde untersagt werden, wenn nach ihrem Urtheile der Bau verzögert und durch die Verzögerung die Innehaltung der Baufrist in Frage gestellt werden sollte.

3. Für die Benutzung öffentlicher Straßen und Wege sind neben dem festgestellten Bauplane die mit den Unterhaltungspflichtigen getroffenen Vereinbarungen maßgebend.

4. Bei der Ausführung des Baues hat die Unternehmerin dafür zu sorgen, daß die Benutzung der öffentlichen Wege durch die Bauarbeiten nicht verhindert oder erschwert wird, und daß die in oder an dem Straßenkörper befindlichen Anlagen keinen Schaden erleiden. Den von der Wegepolizeibehörde dieserhalb getroffenen Anordnungen ist Folge zu leisten.
Für die durch die Bauarbeiten an öffentlichem oder Privateigenthum verursachten Beschädigungen ist die Unternehmerin verantwortlich.

5. Es bleibt vorbehalten,der Unternehmerin jederzeit die Gestattung der Einführung von Privatanschlußbahnen nach Maßgabe des § 10 des Gesetzes vom 28. Juli 1892 zur Pflicht zu machen.

6. Die Unternehmerin ist gehalten, die Bahn für die Dauer ihrer Genehmigung ordnungsmäßig zu betrieben. Zu diesem Zwecke ist die Bahn nebst den Betriebsmitteln fortwährend dem jeweiligen Verkehrsbedürfnisse entsprechend auszurüsten und in einem solchen Zustande zu erhalten, daß jede Strecke, soweit sie sich nicht in Ausbesserung befindet, ohne Gefahr mit der für sie festgesetzten größten Geschwindigkeit (Nr. 14) befahren werden kann.
Für den Betrieb sind die jeweiligen von dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten für Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb erlassenen Betriebsvorschriften maßgebend, soweit nicht von der genehmigenden Behörde, der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde oder von dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten Abweichungen zugelassen werden.

7. Im Interesse der Aufrechterhaltung eines regelmäßigen und sicheren Betriebes ist ein Erneuerungsfonds und Spezialreservefonds nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu bilden:

I. Der Erneuerungsfond dient zur Bestreitung der Kosten der regelmäßig wiederkehrenden Erneuerung des Oberbaues und der Betriebsmittel.
Es sind jedoch hieraus von den Betriebsmitteln nur die Kosten ganzer Lokomotiven und Wagen, von den Oberbaumaterialien dagegen auch die Kosten einzelner Stücke zu bestreiten. Der Ersatz einzelner Theile von Betriebsmitteln (Siederohre u.s.w.) muß auf Rechnung des Betriebsfonds erfolgen.
In den Erneuerungsfond fließen:
1. der Erlös aus den entsprechend abgängigen Materialien,
2. Die Zinsen des Fonds selbst,
3. eine aus den Brutto-Betriebseinnahmen zu entnehmende jährliche Rücklage.
Die Bestimmung der Höhe dieser Rücklage bleibt einem von der Aufsichtsbehörde zu erlassenden, in fünfjährigen Zeiträumen einer Nachprüfung zu unterziehenden Regulativ vorbehalten.
Die zeitweilige Entbindung von weiteren Rücklagen für den Fall, daß nach dem Ermessen der eingangs bezeichneten Behörden der Erneuerungsfonds eine ausreichende Höhe erreicht haben sollte, bleibt vorbehalten.
II. Der Spezialreservefonds dient zu Bestreitung von Ausgaben, die durch außergewöhnliche Elementarereignisse und größere Unfälle hervorgerufen werden.
Diesem Fonds sind zuzuführen:
1. der Betrag der verfallenen, nicht abgehobenen Dividenden und Zinsen,
2. die Zinsen des Fonds selbst,
3. eine aus dem Reinertrage zu entnehmende Rücklage, deren Betrag ebenfalls durch ein von der Aufsichtsbehörde zu erlassendes in fünfjährigen Zeiträumen nachzuprüfendes Regulativ festgesetzt wird.
Erreicht der Spezialreservefonds den Betrag von 5 % des Anlagekapitals, so können für die Dauer dieses Bestandes weitere Rücklagen unterbleiben.
III. Der Erneuerungs- und der Spezialreservefonds sind von einander, als auch von anderen Fonds des Unternehmens getrennt zu verwalten.
Die zu jenen Fonds zu vereinnahmenden Beträge sind, sofern sie nicht sofort zur Verwendung gelangen, in Werthpapieren, welche bei der Reichsbank beleihbar sind, zinstragend anzulegen.

8. Für den Fall, daß der Betrieb ohne genügenden Grund unterbrochen oder eingestellt werden sollte, ist die Unternehmerin zur Zahlung einer Verzugsstrafe von 500 Mark verpflichtet mit der Maßgabe, daß die Entscheidung darüber, ob und bis zu welchem Betrage sie als verfallen anzusehen ist, unter Ausschluß des Rechtsweges dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten zusteht.

9. Die Kleinbahn ist nicht berechtigt, Güter zur Weiterbeförderung zu übernehmen, die von einer Eisenbahnstation im Durchgange über die Kleinbahn nach einer anderen Eisenbahnstation befördert werden sollen.
Ebensowenig ist ein Anschluß der Kleinbahn an die sogenannte Vorgebirgsbahn Cöln-Bonn zulässig.

10. Die mit der Leitung des Unternehmens, sowie die mit der Leitung der Bahnunterhaltung und des Betriebes betrauten Personen sind sowohl dem unterzeichneten Regierungs-Präsidenten, als auch der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde namhaft zu machen. Auch sind diesen Behörden alle hierbei eintretenden Änderungen anzuzeigen.

11. Alle im äußeren Betriebsdienste beschäftigten Bediensteten (Maschinenführer, Schaffner, Controleure, Haltestellenvorsteher u.s.w.) müssen diejenige körperliche und geistige Fähigkeit und diejenige Zuverlässigkeit besitzen, welche ihre Berufspflicht erfordert.
Auf Erfordern der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde ist ihre Annahme von dem Bestehen einer Prüfung abhängig zu machen.
Die Führung der Maschine darf nur solchen Personen übertragen werden, die eine förmliche Prüfung abgelegt haben und sich durch ein Zeugnis darüber ausweisen können, daß sie die erforderliche technische Befähigung und Zuverlässigkeit besitzen.

12. Den in äußeren Betriebsdienst angestellten Bediensteten sind über ihre Dienstverrichtungen und ihr gegenseitiges Dienstverhältnis schriftliche oder gedruckte, der Prüfung seitens der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde unterliegende Anweisungen zu geben. Auch sind über sie Nachweisungen zu führen, die über ihr Alter, ihre etwaigen gerichtlichen und disciplinaren Bestrafungen und über sonstige, für die Befähigung und Zuverlässigkeit für ihren Dienst erheblichen Umstände Auskunft geben müssen. Auf Erfordern sind diese Nachweisungen der Aufsichtsbehörde vorzulegen.
Bedienstete, welche sich als unfähig oder als unzuverlässig für ihren Beruf erwiesen haben, sind auf Erfordern der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde aus ihrem Dienste zu entlassen.

13. Die zum Verkehr mit dem Publikum berufenen Beamten müssen bei ihrer Dienstausübung durch Dienstkleidung oder ein sonstiges gleichmäßiges Abzeichen als solche kenntlich und mit einer an der vorderen Seite der Kopfbedeckung zu tragenden Nummer versehen sein.

14. Die Geschwindigkeit der Fahrten darf innerhalb der Ortschaften 10, auf den Straßen und Wegen 20 und auf denjenigen Strecken, wo die Bahn auf eigenem Bahnkörper belegen ist, 30 km in der Stunde nicht übersteigen.
Es bleibt vorbehalten, für Wegeübergänge und gefährdete Stellen eine geringere Geschwindigkeit und besondere Vorkehrungen zur Verhütung von Unfällen vorzuschreiben. Im Übrigen wird die Einrichtung des Fahrplanes für die ersten drei Betriebsjahre dem Ermessen der Unternehmerin überlassen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes bleibt Bestimmung darüber vorbehalten, inwieweit er Fahrplan der Feststellung durch die Aufsichtsbehörde unterliegen soll.
Ein jeder Fahrplan ist der Aufsichtsbehörde mitzutheilen.

15. Die Festsetzung der Beförderungspreise steht der Unternehmerin fünf Jahre nach der Betriebseröffnung zu. Nach Ablauf dieser zeit wird ihr Höchstbetrag durch die Aufsichtsbehörde festgesetzt.
Von einer jeden Festsetzung und einer jeden Änderung der Beförderungspreise sowie von den allgemeinen Anordnungen hinsichtlich der Beförderungsbedingungen ist der Aufsichtsbehörde Anzeige zu erstatten.

16. Die Fahrpläne für den Personenverkehr und die Beförderungspreise für den Personen- und Güterverkehr sind mindestens 3 Tage, Erhöhungen der Beförderungspreise aber mindestens 14 Tage vor ihrer Einführung durch die amtlichen Kreisblätter des Stadtkreises und des Landkreises Cöln, sowie durch Aushang, und zwar der Fahrpläne und der Personenbeförderungspreise in den Wagen, Personenbahnhöfen und Wartehallen, der Güterbeförderungspreise in den zur Güterabfertigung bestimmten Räumen zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.

17. Die Zeitabschnitte, in denen die Betriebsmaschinen, abgesehen von der Vornahme erheblicher Aenderungen und umfangreicherer Ausbesserungen des Kessels, der Prüfung durch die zur eisenbahntechnischen Beaufsichtigung der Bahn zuständige Behörde zu unterwerfen sind, werden auf je 3 jahre bestimmt.

18. Ueber das in dieser Genehmigung bezeichnete Unternehmen ist eine besondere Rechnung zu führen, aus der das auf die plan- und anschlagsmäßige Herstellung und Ausführung der Bahn verwendete Baukapital und der jährliche Reinertrag des Unternehmens, sowie die jährliche gezahlte Dividende mit Sicherheit ersehen werden kann.
Dem unterzeichneten Regierungs-Präsidenten ist auf Erfordern der Rechnungsabschluß nebst Beläge einzureichen und Einsicht der Rechnungsbücher zu gestatten.

19. Im Interesse der Militärverwaltung und zwar des Landheeres, einschließlich der Schutztruppe und der Marine liegen der Unternehmerin in betreff des Betriebes folgende Verpflichtungen ob:

1. Dieselbe ist nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit ihrer Bahn im Frieden und im Kriege verpflichtet, Militärtransporte aller Art - während des Kriegsverhältnisses auch Privatgut für die Militärverwaltung - zu befördern.

2. Werden Abweichungen von den für die Annahme, Abfertigung, Ver- und Entladung sowie die Beförderung geltenden Einrichtungen und Bestimmungen des öffentlichen Verkehrs im Interesse der Ausführung von Militärtransporten erforderlich, so unterliegen dieselben im Einzelfalle der Vereinbarung zwischen der absendenden Militärbehörde und Bahnverwaltung. Die für die Betriebssicherheit getroffenen allgemeinen Bestimmungen dürfen hierdurch nicht berührt werden.

3. Lassen sich im Mobilmachungs- und Kriegsfalle die Militärtransporte nicht mit den Zügen des öffentlichen Verkehrs bewältigen, so ist die Militärverwaltung berechtigt, in den Fahrplan des öffentlichen Verkehrs Militär-Bedarfs- und Sonderzüge einzuschalten, auch zeitweise die Beschränkung, Vereinfachung und vollständige Aussetzung der Züge des öffentlichen Verkehrs einzuordnen und einen besonderen Militärfahrplan einzuführen.

4. Die Unternehmerin ist im Mobilmachungs- und Kriegsfalle verpflichtet, ihr Personal und ihr zur Herstellung und zum Betriebe von Kleinbahnen dienliches Material herzugeben. Die demnächstige Entschädigung regelt sich sinngemäß nach den entsprechenden Bestimmungen der Militär-Eisenbahnordnung Theil II D. Und des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. 137) unter Berücksichtigung des geringeren Kapitalwerthes nach Maßgabe sachverständiger Schätzung.

5. Die Militärverwaltung ist im Mobilmachungs- und Kriegsfalle berechtigt, den Betrieb einer auf dem Kriegsschauplatz oder in dessen Nähe gelegenen Kleinbahn selbst zu übernehmen. Das bei der Uebernahme und Betriebsführung sowie bei der Rückgabe maßgebende Verfahren richtet sich nach der Instruktion, betreffend Kriegsbetrieb und Militärbetrieb der Eisenbahnen (Militäreisenbahnordnung, Theil II E).

6. Auf Anfordern der Eisenbahn-Aufsichtsbehörde hat die Unternehmerin zwecks Ermittelung der militärischen Leistungsfähigkeit ihrer Bahn im Frieden und im Kriege über ihre Anlagen, Einrichtungen und Betriebsmittel Auskunft zu geben.
Die Militärverwaltung ist außerdem berechtigt, zur Vervollständigung dieser Auskunft sowie zu sonstigen militärischen Zwecken auch unmittelbar Erkundigungen anzuordnen. Den entsandten Offizieren und Beamten ist dabei jede wünschenswerthe Unterstützung zu gewähren.

7. Jeder Militärtransport wird mit einem von der zuständigen Dienststelle ausgefertigten Ausweis versehen.
Als Ausweise gelten:
a) Berechtigungsscheine nach dem in der Anlage beigefügten Muster 1,
b) Einberufungs-, Entlassungspapiere sowie Urlaubspässe (letztere auch, wenn sie von Civilbehörden für die bei ihnen zur Probedienstleistung kommandirten oder beurlaubten Militärperson ausgefertigt sind),
c) Frachtbriefe.
Auf Grund derartiger Ausweise erfolgt die Beförderung zu den Sätzen des Militärtarifs, im Frieden gegen sofortige Baarzahlung, im Kriege auch unter Stundung der Fahrgelder.
Im Mobilmachungsfall sind die zum Heere einberufenen Personen mit Ausnahme der im Offizierrang stehenden ohne Lösung von Fahrkarten zu befördern. Die Transportvergütung wird besonders geregelt.
Bei Vorzeigung der oben unter a und b bezeichneten Ausweise sind Militärfahrkarten zu verabfolgen, die den Transportführern für die Rechnungslegung zu belassen sind. Werden von der Militärbehörde statt der Berechtigungsscheine Fahrtausweise nach anliegendem Muster 2 (Anl. 2) ausgefertigt, so dienen diese gleichzeitig als Fahrkarten und sind von dem zuständigen Bahnbediensteten hinsichtlich des gezahlten Fahrpreises auszufüllen und mit dem Dienststempel oder mit Namensunterschrift zu versehen.
Soll die Vergütung gestundet werden, so geschieht die Beförderung gleichfalls auf Grund der Fahrtausweise nach Muster 2, indeß unter Berücksichtigung der daselbst für diesen Fall angegebenen Aenderungen, oder auf Grund von Frachtbriefen, welche letztere mit dem Vermerk „Fracht ist zu stunden“ versehen werden.
Gestundete Fahr- und Frachtgelder sind bei der Intendantur des stellvertretenden Generalstabes der Armee zur Liquidation zu bringen, und bleiben zu diesem zwecke die Fahrtausweise (Muster 2) bezw. Frachtbriefe in den Händen der Bahn.

8. Die Telegraphen- und Fernsprecheinrichtungen der Bahn dürfen zu dringlichen militärischen Mittheilungen benutzt werden, soweit die Erfordernisse dies zulassen. Im Mobilmachungs- und Kriegsfalle erfolgen diese Mittheilungen kostenfrei.
Im Uebrigen gelten die von dem Königlichen Kriegsministerium an die Genehmigung des Bahnbaues geknüpften besonderen Bedingungen.

20. Für die Verpflichtungen der Unternehmerin im Interesse der Postverwaltung sind die Bestimmungen im § 42 des Gesetzes vom 28. Juli 1892 maßgebend.

21. Die durch Herstellung einer Betriebs-Telegraphenanlage oder sonst durch das Kleinbahn-Unternehmen nothwendig werdenden Aenderungen an den Reichstelegraphenlinien werden durch Organe der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung auf Kosten der Unternehmerin ausgeführt.
Sofern nicht ein besonderes Abkommen getroffen wird, ist die Bahn-Telegraphen-Leitung auf den Strecken, auf denen sich Reichstelegraphen- oder Fernsprechleitungen bereits befinden, auf derjenigen Straßenseite zu führen, die von der Reichstelegraphen- oder Fernsprechlinie nicht verfolgt wird.
Kreuzungen der Bahnleitung mit den Reichsleitungen sind nach Möglichkeit zu vermeiden.
Sind solche nicht zu umgehen, so müssen die Bahnleitungen in einem Abstande von mindestens 1 Meter unter den Reichsleitungen hindurchgeführt werden.
Ueber die etwa sonst bezüglich der Anlage einer Bahntelegraphenleitung sich ergebenden Streitpunkte mit der Reichspost- und Telegraphenverwaltung bleibt besondere Entscheidung vorbehalten.

22. 1. Die Betriebsleiter der Kleinbahn sind verpflichtet, zur Meldung:
A) von allen Unfällen, bei denen
a) Menschen getödtet oder erheblich verletzt,
b) Betriebsmaterial oder Bahnanlagen in erheblichem Maße zerstört oder beschädigt worden sind;
B) von allen Betriebsstörungen mit voraussichtlicher längerer Dauer als 24 Stunden,
C) von allen Lokomotiv-Kessel-Explosionen
D) von allen Unregelmäßigkeiten in der Betriebsführung, welche die Sicherheit des Eisenbahntransportes oder Dritter zu gefährden geeignet sind.

2. Die Meldungen sind schriftlich innerhalb 24 Stunden nach dem Ereigniß und zwar:
a) in den Fällen unter Nr. A gleichlautend an den unterzeichneten Regierungs-Präsidenten und an die Königliche Eisenbahndirektion zu Cöln,
b) in den Fällen unter Nr. A a auch der zuständigen Königlichen Staatsanwaltschaft,
c) in den Fällen unter B, C, D an die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Cöln zu erstatten.

3. Ueber die unter A-D aufgeführten Ereignisse hat der Betriebsleiter ohne Verzug eine Untersuchung zu führen und die Verhandlungen und Thatbestandsaufnahmen mindestens ein Jahr lang aufzubewahren.
Ueber alle Unfälle, Betriebsstörungen und Betriebsgefährdungen auf der Kleinbahn hat der Betriebsleiter ein Verzeichnis nach der Zeitfolge zu führen, aus dem Zeit, Ort, Hergang, festgestellte Ursache des Ereignisses und, wo dies in Betracht kommt, Witterung, Dienstdauer der betheiligten Angestellten, die erstatteten Meldungen und das in der Sache Veranlaßte ersichtlich sein müssen.

Cöln, den 6. Oktober 1899.

Der Regierungs-Präsident
Freiherr von Richthofen.

Muster 1 - Berechtigungsschein
Muster 2 - Militärfahrkarte

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