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100 Jahre Gasthaus „Burg Kirspenich“
Seitdem im Besitz der Familie Wirtz

Solch ein Jubiläum kommt wirklich nur alle hundert Jahre einmal vor. Die Burg Kirspenich ist eines der beliebtesten Ausflugslokale unserer Heimat. Sie gehört zudem zu den ganz wenigen Stätten unserer Gegend, in denen der Gast unter freiem Himmel, in landschaftlich und architektonisch reizvoller Umgebung, essen und trinken kann.

Hundert Jahre einer rasanten gesellschaftlichen und technischen Entwicklung, einer völligen Wandlung der Lebensweise und –anschauungen, haben der Beliebtheit dieser Gaststätte nichts anhaben können. Als Peter Josef Wirtz die Burg am 17. September 1850 für 600 Reichstaler von dem Oberstleutnant von Zschüchen erstand und in eine Gastwirtschaft verwandelte, hatte er mit sicherem Blick erkannt, daß hier, in der romantischen Burg mit ihrem wuchtigen Turm, dem um sie herumführenden breiten Wassergraben, im Schatten der Fichten und Kastanien, ein Erholungsort sich anbot, der seine Anziehungskraft nach menschlichem Ermessen niemals verlieren würde.

Seine Annahme hat sich bestätigt. Viele Generationen von Kindern und Erwachsenen aus den Städten und Dörfern der Umgebung sind Jahr für Jahr zur Burg Kirspenich gewandert, haben dort gespielt, getanzt, unter den Bäumen des Gartens gesessen und ihren Kaffee getrunken oder sich auf dem breiten Kahn über das stille Gewässer geschaukelt. Das ist heute nicht anders als vor fünfzig oder hundert Jahren. Und es ist ein Beweis für die Lebenskraft einer bürgerlichen Kultur, die sich trotz aller Untergangsprognosen zu halten scheint.

Mit berechtigtem Stolz darf daher der heutige Nachfahre des Gründers, Laurenz Wirtz, auf die hundertjährige Geschichte „seiner“ Burg zurückblicken. Hier wurde eine Ritterburg, ein schon im Verfall begriffener Zeuge ferner feudaler Zeiten, im besten Sinne verbürgerlicht. Der Mann, der sie in eine Erholungs- und Vergnügungsstätte umwandelte, war zugleich ihr Retter. Die Familie Wirtz hat die Burg nicht nur vor weiterem Verfall bewahrt, sondern das Gebäude wieder restauriert, wobei der Charakter der alten Architektur in Acht genommen wurde. Erst hinter der inneren Hofmauer, im Garten, wurde im Laufe der Zeit ein niedriger Tanzsaal gebaut, der in keiner Weise störend wirkt. So haben die Wirtz-Wirte ein Kunstdenkmal der Heimat in ihre Obhut genommen, das ohne sie heute nur noch Ruine wäre. Und das wäre, bei dem Alter dieser Burg, zu bedauern. Wahrscheinlich wurde sie nämlich schon um 1100 herum als Grenzburg mit einem viereckigen Turm errichtet. Zum erstenmal erscheint sie, die der Arloffer Burg sehr ähnlich sieht, in einer Urkunde des Jahres 1301. Sie war eine Wasserburg mit großer Wald- und Feldwirtschaft, einer jener zahlreichen Stützpunkte des Herzogs von Jülich, der in diesen Landstrichen fast immer gegen den Kölner Kurfürsten im Fehde lag. 1570 wird Wilhelm Spies von Bobbenheim von dem Jülicher mit der Burg belehnt. Später gelangt sie in den Besitz des Kurmainzischen Rats Werl. Durch Heirat mit dessen Enkelin bekommt sie der Herr von Friemersdorf, der Besitzer der Burg Arloff. Nach der französischen Revolution ist zunächst ein Landwirt Bresgen, dann der schon genannte Oberstleutnant von Zschüchen Besitzer der Burg.

Das ganze Land zwischen Euskirchen und Münstereifel wird an dem hundertjährigen Jubiläum der Burg Kirspenich und ihrer Wirtz-Familie teilnehmen. Die einst als Kinder dort gespielt, geschaukelt haben und mit dem Kahn gefahren sind, später als junge Leute unter dem lauschigen Fichtengewölbe gewandelt sind und im Tanzsaal nebenan den Walzer gedreht haben, um selber wieder mit ihren Kindern zurückzukehren und, während diese das alte Karusselchen drehten, behaglich im Garten ihren Kaffee zu trinken, dem radschlagenden Pfau nachblickend - die alle werden morgen wieder in Kirspenich sein und in der festlich geschmückten Burg ihre Jugenderinnerungen auffrischen .

Laurenz Wirtz hat für alles gesorgt. Bei schönem Wetter findet am Sonntag nachmittag ein Gartenkonzert statt. Abends wird im Saale getanzt, wobei Liesel Metz aus Euskirchen und Willi Dederichs auch Zülpich die Pausen zu Ereignissen machen werden. Wenn schließlich die Sonne verschwunden ist, wird die Burg in künstlichem Licht erstrahlen.

Wir wünschen dem Wirt und allen seinen Gästen ein fröhliches Fest und gute Zeiten bis zum nächsten Hundertjährigen im Jahre 2059.


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 16.9.1950





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