Geschichtsseiten
für Bad Münstereifel und Umgebung |
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So
geschehen vor 60 Jahren Im Hotel Hillebrand zu Münstereifel ist am 1. Oktober 1890 in den frühen Nachmittagsstunden eine festliche Gesellschaft zu einem hochoffiziellen Festessen versammelt. Zwischen zwei Gängen der langen Speisenfolge klopft der Herr Regierungspräsident von Sydow an sein Glas und erhebt sich zu einer wohlgesetzten Tischrede. Meine Damen und Herren! Ein Anlaß hat uns heute hieran nach Münstereifel geführt, der dazu angetan ist, das gesamte Gebiet der Voreifel, den gesamten südlichen Teil der Kreise Rheinbach und Euskirchen in ihrer wirtschaftlichen Struktur zu verändern. Ein Anlaß, der den Beginn einer neuen und - wie ich hoffe! - besseren zeit für die gesamte Vordereifel einleiten wird. Die Rheinische Eisenbahndirektion hat uns eingeladen, an der Jungfernfahrt der Strecke Münstereifel-Euskirchen teilzunehmen. Wir haben die wundervolle Fahrt genossen. Wir kreuzten die Landstraße nach Bonn, durchfuhren die Haltestelle an der Zuckerfabrik, die eingerichtet worden ist, um den Arbeitern lange Wege zu ihrer Arbeitsstätte zu ersparen, unsere festlich geschmückte kleine Lokomotive zog uns durch fruchtbare Felder, vorbei an saftigen Wiesen, Roitzheim nahte. In den weit geöffneten Fenstern jubelnde Menschen. Weithin hallte der Pfiff unserer Lokomotive. Das Echo der Berge, die allmählich beginnen, näher aneinander zu rücken, grüßte zurück. Weiter ging die Fahrt, vorbei an abgeernteten Obstbäumen, von denen der Herbstwind die ersten Blätter in unser Abteil hinwehte. Stotzheim, die erste Station der Strecke, naht. Hier wie an allen folgenden Stationen des Bahnpersonals zum Empfang des ersten Zuges bereit. Die Bahnhofsgebäude freundlich geschmückt. Quer durchs Dorf zieht das silberne Band der Schienen, viele Ueberwege gilts für den Lokomotivführer zu beachten. Fuhrwerke verharren, warten bis das Bähnchen fauchend und schnaubend um die nächste Kurve verschwunden ist und nur noch Fetzen weißen Dampfes in der Luft schweben. Das Maschinchen überquert auf sparsamer Eisenkonstruktion die Erft, läßt die Liersmühle rechts liegen und schmiegt sich an die Biegung des Waldhanges bis zu Einfahrt in Weingarten, der ersten selbständigen Station der Strecke. Denn Stotzheim ist wie auch Iversheim noch Agentur! Allmählich verengt sich das Tal, um den vorspringenden Bergrücken muß sich das Bähnchen herumwinden. Links der Strecke schiebt sich ein schmales Wiesenband zwischen Böschung und herbstlichen Wald.
Nochmals weitet sich das Tal, westwärts streift der Blick kurz den Kirchturm von Antweiler, der weit hinübergrüßt ins Erfttal, während sich auf der linken Seite der spitze Zeigefinger der Kirspenicher Kirche fast in die tiefliegenden Wolken zu bohren scheint. Kurz hinter der Station kreuzten wir zum ersten Male die Landstraße Köln-Trier. Eine Zeitlang laufen Schiene und Landstraße parallel. Kurz vor Iversheim schiebt sich das Bähnchen an die rechte Talseite heran; von oben herab drohen dem aufwärtsschnaufenden Bähnchen schroffe Felsen entgegen. Vorbei am rauchenden Kalkofen, über den Weg nach Kalkar, rollt unser Bähnchen hinein ins idyllische Iversheim. Niedrig das Bahnhofsgebäude, aus roten Ziegelsteinenl, mit flachem Dach. Auf schmaler Brücke wird die Erft nochmals überquert. Wieder rattern die Räder über eine Brücke und nun scheinen sich die Berge darüber schlüssig geworden zu sein, uns endgültig die Weiterfahrt zu versperren. Von halber Höhe des Radbergs schaut die alte Burgruine. Die Bahn schneidet das Tal-Kreuz der Erft und des Otterbach-Schleidtales, langsamer wird die Fahrt und wir sind an unserem Zielbahnhof angelangt. Meine Damen und Herren! Sei alle wissen, daß große Schwierigkeiten zu überwinden waren, bis dieser große Tag gefeiert werden konnte. Heute können wir schon beurteilen, daß für Münstereifel die zunächst kurzsichtig erscheinende ablehnende Haltung des Stadtrates vor 30 Jahren sich zum Segen ausgewirkt hat. Damals bestand der Plan, die Strecke Euskirchen-Münstereifel durch das Erfttal bis kurz vor Münstereifel zu verlegen und am Eingang des Eschweiler Tales den Bahnhof einzurichten. Münstereifel hat zwar dadurch in seiner Entwicklung 30 Jahre verloren, aber heute hat es nahezu am Herzen der Stadt seinen Bahnhof, der bald Mittelpunkt wirtschaftlichen Lebens sein wird. Ich darf nun mein Glas erheben, darf Sie bitten mit mir zu trinken auf das wirtschaftliche Aufblühen der Gegend, zu dem die neue Bahnstrecke beitragen wird. Ein Hoch auf unseren kaiserlichen Landesherren und auf die neue Eifelstrecke! Bürgermeister Selbach aus Euskirchen, Bürgermeister Wilhelm Roth aus Münstereifel, die Landräte der Kreise Schleiden, Euskirchen und Rheinbach bringen ihre Toaste dar, ebenso der Vorsitzende des Provinzialausschusses, Exzellenz Freiherr von Solemacher. Als die Herren vor die Haustüre treten hat Münstereifel sein festlichstes Kleid angelegt. Das ganze Tal ist erleuchtet von brennenden Schanzen, die mit Teer und Petroleum getränkt sind. Die Umrisse der Burgmauern und der Stadtmauern sind durch brennende Lohkochen in die nachtschwarzen Berge hineingezeichnet. Leuchtkugeln ziehen ihre Bahn und tauchen Häuser und Menschen in ihr flackerndes Licht. Mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 8,45 Uhr fahren die Festteilnehmer wieder nach Euskirchen. Auf jeder Station: Raketen, Böller, brennende Holzstöße und jubelnde Dorfbewohner. In Arloff hat sich die Musikkapelle auf dem Bahnsteig postiert und empfängt das leicht zu Tal gleitende Dampfroß mit Märschen und Walzern; ebenso der Arloffer Männergesangverein. Bei der Einfahrt in Euskirchen erglänzt das ganze Schienensystem von bengalischer Beleuchtung, die Schaeben'sche Musikkapelle begleitet die von ereignisreichem Tag zurückkehrenden Ehrengäste ins nächtliche Euskirchen und feiert mit ihnen zusammen einen Tag, der Beginn eines segensreichen Aufschwungs für ein weites, bis dahin verkehrstechnisch stiefmütterlich behandeltes Gebiet sein sollte. |
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Aus: Euskirchener Volksblatt vom 30.9.1950 |
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