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Wirtschafts-, Verkehrs-, Heimat- und Kulturgeschehen









Münstereifel als Kneippkurort im Jahre 1930

Münstereifel, 1. März. Die Generalversammlung des Kurförderungsvereins ergab trotz der im vergangenen Jahre schon drückenden Wirtschaftsnot ein erfreuliches Bild des Ausstieges der uralten Kulturstätte in der Eifel als Kneippkurort. Das Jahr 1930 war für alle Fremden- und Kurverkehr angewiesenen Orte sehr kritisch. Die seit dem Frühjahr wachsende Not und die drängenden Einkommenkürzungen durch Steuern und Gehaltsabzug ließen ein starkes Nachlassen des Fremdenverkehrs befürchten. Für das romantische Eifelstädtchen am Rande der Eifel trat aber das Gegenteil ein. Die Zahl der Kurgäste und Sommerfrischler ist gegen 1929 sogar noch gestiegen, nämlich von 1392 auf 1553 Fremde. Erst gegen Ende der Saison ließ die Besucherzahl wegen der sich immer mehr zuspitzenden wirtschaftlichen Lage merklich nach. Trotzdem ruhte der Kneippkurbetrieb auch während dieses Winters nicht und war selbst in der schlechtesten Zeit besser als im Vorjahre. Auch die aus Sparsamkeitsgründen bei schlechter Konjunkturlage stets eintretende Abkürzung der Aufenthaltsdauer trat hier kaum in Erscheinung. Denn im Jahre 1929 zählte man 19000 und im Jahr 1930 ca. 21000 Uebernachtungen. Das macht eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 13,54 Tagen gegen 13,88 Tag im Jahre vorher pro Gast aus.

Die an einem kleinen Kurorte auch unvermeidliche Kurtaxe, die zur Verschönerung der Erholungsmöglichkeiten (Spazierwege, Bänke, unterhaltende Darbietungen für die Gäste etc.) diente, hat die Kurgäste wenig belastet. Im Durchschnitt leistete jeder Gast 2,95 RM, (gegen 3,35 RM. im Vorjahre), also 21,8 (24,2) Pfg. pro Tag.

Wie aus den Kurlisten hervorging, lag der Schwerpunkt der Besucherherkunft im rheinisch-westf. Industriegebiet. Münstereifel kann also das, was von der Eifel im allgemeinen bei der Reklame so oft gesagt wird, sie sei der Kurpark des Industriegebietes, für sich ganz besonders in Anspruch nehmen.

Die Vorzüge der Landschaft (Berge, Wälder, geschützte Lage) scheinen an sich recht wirksame Werbekraft auszuüben. Trotzdem stellte die Generalversammlung des Kurförderungsvereins die eine Art Gewissenserforschung vor Anheben der neuen Saison darstellte, mit Genugtuung auch eine gute Wirkung der Reklame im In- und Auslande fest und nahm sich für das neue Jahr ähnliche Werbemaßnahmen vor. Im Vordergrunde standen bei diesen Projekten auch die weitere Verschönerung der Spazierwege, die jetzt schon sehr zahlreichen Ruhebänke, die Werbung durch das Lichtbild und ganz besonders als Frucht des Preisabbaues die notwendige Minderung der Pensionspreise. Die Werbung müsse auch das alljährliche Zuströmen der Wintersportgäste, die sich hier mit Rodel und Schi tummeln wollen, mehr berücksichtigen.

Im Ganzen kann man das Ergebnis des abgelaufenen Jahres als ein weiteres Fußfassen des Kneippkurwesens in Münstereifel konstatieren. Das Wachsen der Besucherzahl in einem Notjahre ist doppelt hoch zu veranschlagen. Münstereifel ist durch das Fehlen von Industrie, aber auch durch das langsame Selbständigwerden des Handels in den höheren Eifelgebieten auf eine Erwerbsbelebung durch Fremdenverkehr angewiesen und durch seine landschaftliche Reize auch besonders dazu geeignet. Die spezielle Eigenart als Kneippkurort scheint ihm auch in Notzeiten einen größeren Zulauf als wie bei einem allgemeinen Sommerfrischenort zu sichern, weil in schlechter Zeit die Wiedergewinnung der Gesundheit mehr noch als die einfache Erholung zum Aufenthalt in Münstereifel drängt.


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 2. März 1931





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