Geschichtsseiten
für Bad Münstereifel und Umgebung |
|||
|
|
|
|
---|---|---|---|
|
|
|
|
Münstereifel - das rheinische Rothenburg Vor uns tauchen die Dächer und Türme des alten Eifelstädtchens Münstereifel auf. Bei blauem Himmel und Sonnenschein ist es ein liebliches Bild. Tief unten im Talkessel schmiegen sich die Häuser der Stadt an die rings steil aufsteigenden, meist waldgekrönten Berghänge. Die im Sonnenlicht glitzernden Dächer werden malerisch überragt von den Türmen und Toren der alten Stadtbefestigung; dazwischen funkeln die vergoldeten Knäufe der dreitürmigen Pfarrkirche und schimmert der schlank emporstrebende Dachreiter der Gymnasialkirche. Seine wirkungsvolle Belebung aber erhält das Bild durch die mächtigen Ruinen eines großen Schlosses, die auf einem Vorsprunge der östlichen Berglehne sich steil über dem Erftbett erheben und beherrschend auf putzige Häusergiebel und enge Sträßchen herabschauen.
Es ist ein seltsamer Gegensatz, der sich unserm Geiste aufdrängt; hier der schrille Pfiff der Lokomotive, der gellend von den Bergwänden des engen, friedlichen Tales widerhallt, ein Zeichen neuzeitlichen Verkehrsfortschrittes, dort grade vor uns, stumm und ernst das altersgraue Gemäuer einer Torburg und der anstoßenden Wehrmauern; sie stehen da, gleichsam träumerisch in sich versunken, als gedächten sie wehmütig der guten alten Zeit, da wehrhafte Bürger auf den Wällen einherschritten, die Donnerbüchsen richteten und nach dem Waffenlärm des feindlichen Lagers ausschauten.
Der Mauerring Münstereifels hat den Vorzug, der besterhaltene unter allen rheinischen Stadtummauerungen zu sein; er ist nach allen Seiten hin vollständig geschlossen, während selbst der großartige Mauerzug des niederrheinischen Zons des Haupttores nach Westen hin entbehrt. Zeigen die Turmbauten von Bacharach und Oberwesel von Anfang an reichere Kunstformen, so haben die Münstereifeler Wehrbauten eine ganz einzigartige Stellung durch die Einbeziehung des Erftlaufes in den Mauerkranz.
Besonders sind die merkwürdigen Sperrvorrichtungen beim Eintritt und Austritt der Erft noch durchweg erhalten. Dort wo die Wasser der Erft in die Stadt eintreten, spann sich die Mauer über sie auf zwei Doppelbogen aus sorgfältig gearbeitetem Haustein; der Wehrgang läuft über die beiden Bogen weg, zwischen denen ein starkes Fallgitter feindlichem Anlauf wehren konnte. Unmittelbar dahinter fällt das Erftbett mehrere Meter steil ab, und mit schweren Steinplatten ist die schräge Fläche ausgerüstet, über die bei Hochflut die gelben Wasser brausend und zischend in gewaltigem Schwall hinabdonnern. Beim Austritt des Flusses aus der Stadt erhebt sich darüber, auf flachem Rundbogen ruhend, ein kräftiger Turm von rechteckigem Grundriß.
Dem Werther Tor im Süden, einer gotischen Anlage aus dem 14. Jahrhundert, dessen viereckiger Turm durch zwei Rundtürme zu einer Torburg ausgestattet ist, entspricht auf der entgegengesetzten Talseite das wuchtige, aber einfache Orchheimer Tor, ebenfalls aus dem 14. Jahrhundert stammend, aber im 17. Jahrhundert in seinen baulichen Formen verändert. Die beiden anderen Tore Heisterbacher Tor im Südwesten und Johannistor im Osten, zeigen ganz die ursprüngliche Gestaltung; es sind schlichte, aber wohlabgewogene und schlank aufstrebende Formen von frühgotischem Gepräge. Der Sage nach war das Tal eine Wildnis, bis in den Tagen Ludwigs des Frommen der dritte Abt der berühmten Benediktiner-Abtei Prüm, der unternehmungslustige Marquard Graf von Bouillion, im Peterstal ein Kollegiat-Stift gründete (Novum Monasterium, im Jahre 830 oder 836).
In Wirklichkeit war der Punkt wahrscheinlich schon seit frühester Zeit nicht ohne dauernde Ansiedlung. Es war nämlich der Kreuzungspunkt zweier uralter Verkehrs- und Handelswege, die vielleicht schon von Kelten, sicher von Römern und Franken begangen wurden. Die Burg ist gegen Ende des 13. Jahrhunderts von den Grafen von Jülich erbaut worden; sie blieb im Besitze dieses Herrschergeschlechtes bis zu ihrer Zerstörung durch die Franzosen in dem Unglücksjahre 1689. Der volle Ausbau der Stadtbefestigung aber erfolgte erst zu Anfang des 14. Jahrhunderts; nach ansprechender Vermutung lag der Anlaß in der Gründung des Eifeler Ritterbundes, der sich um 1334 auf Anregung der Trierer Kurfürsten zur Abwehr räuberischer Ueberfälle gebildet hatte. Im 15. Jahrhundert wurde der Mauerkranz erhöht und vielfach verstärkt, und noch aus der Zeit des 30jährigen Krieges hören wir von Erneuerung und Ausbau einzelner Teile.
Von der Höhe des Schlosses wartet unser ein köstlicher Blick auf das Tal und die inmitten zahlreicher Obstgärten liegende Stadt. Das fesselt uns vor allem die dem 11. Jahrhundert entstammende Pfarrkirche, die einstmalige Stiftskirche, deren Grüfte die Gebeine der Heiligen Chrysanthus und Daria bergen. Es ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika, die ähnliche Formen wie der Westteil von St. Pantaleon in Köln zeigt. Vor dem Mittelschiff liegt der viereckige, niedrige Glockenturm, der von zwei Seitentürmen eingefaßt ist; zwischen letzteren springt ein merkwürdiges Tonnengewölbe vor, dessen Oberbau in neuerer Zeit stilgerecht hergestellt ist. Ein vorzügliches Denkmal gotischer Grabkunst birgt die Krypta; es zeigt den Verstorbenen in liegender Figur, den Grafen Gottfried von Jülich, Herrn von Bergheim und Münstereifel (gest. 1335).
Außer andren Denkmälern, reichgestickten alten Kirchengewändern, einem vortrefflichen Flügelbilde auf Goldgrund sind besonders bemerkenswert die Reste eines altrömischen Mosaikbodens, der als Bodenbelag vor dem Hochaltar sich befindet. Die Säulen der Chornische sind aus Stücken Kalksinter vom Römerkanal, der nicht bloß bei Weingarten, sondern auch zwischen Münstereifel und Mechernich zutage lag und noch liegt, kunstreich herausgearbeitet.
Näher dem Schlosse zu, zwischen Erft und Radberg, ragt die Masse des Gymnasialbaues mit seiner Kirche auf das alte Jesuitenkolleg, das 1625 erstand. Die Kirche ist ein kühner, hoher Bau mit steilankragendem Schieferdach und aufgesetztem Glockenturm. Sein silberhelles Donatusglöcklein ist weit und breit bekannt. Sobald die Blitze zucken und der Donner in den Talgründen widerhallt, läßt es seine Stimme erschallen, um die Gläubigen zur Sammlung zu mahnen, steht doch der Schutzpatron der Kirche, der römische Märtyrer St. Donatus, als Fürsprecher gegen Blitz und Unwetter weit in die Lande hinein in hoher Verehrung. An seinem Hauptfesttage, Anfang Juli, ist die Stadt und besonders der der Kirche gegenüberliegende Markt der Schauplatz buntbewegten Lebens. Von allen Seiten ziehen unter lautem Gesang die Scharen frommer Wallfahrer herein, voran das Kreuz und bunte Fahnen, die Geistlichen im Ornat, Knaben in weiß-roten Röcklein, dann barhäuptig lange Reihen Pilger und dazwischen, ernst dahinschreitend, die Brudermeister mit ihren langen Ordnerstäben. Nach der Andacht füllt sich der Marktplatz mit dichten Scharen; alte Bekannte geben sich ein Stelldichein, während die liebe Jugend besonders die in großen Massen zum Verkauf aufgepflanzten Kirschenkörbe umlagert; es ist ja grade die Zeit der Haupternte. Der Blick von den Zinnen der Burg muß noch stattlicher gewesen sein, ehe der stolze Mauerkranz und die blühende Stadt selbst dem napoleonischen Heere zum Opfer fielen, und als noch manche andere Kirchen und Klöster, die mittelalterlicher Glaubenseifer geschaffen, z. B. die Johanneskirche (beim Schlosse liegend) und das Gotteshaus der Kapuziner, das Stadtbild belebten und verschönerten. Heute steht noch am Markte die ehemalige Klosterkapelle der Ursulinen, das Kloster selbst beherbergt jetzt das städtische Lehrerinnen-Seminar. Gleich in der Nähe fällt ein anderes altertümliches, hochgiebeliges Gebäude auf: es ist das alte, jetzt renovierte, Rathaus; das Wappen Münstereifels - ein Stern und ein auftauchender Löwe - sowie das des Herzogtums Jülich prangen noch auf der Stirnseite. Nach dem Volksglauben hat der die Stadt wuchtig überragende Radberg seinen Namen davon, daß die Wollenweber - hier wie anderswo zwischen Rhein und Maas von jeher der stärkste Zunftverband des Mittelalters - am St. Blasiustag auf den Berg zu ziehen pflegten und von dessen Gipfel ein Rad, das Wahrzeichen der Weberzunft, hinunterrollten. In Wirklichkeit deutet der Name darauf hin, daß der Berg einst durch Rodung wenigstens teilweise urbar gemacht wurde. Ein anderer seltsamer Brauch hält noch in unseren Tagen die Erinnerung an die alte Weberzunft wach. Am Blasiustage wird noch immer die Britz geschlagen, ein Erinnerungszeichen an die Stifte, die Lehrjungen zu Gesellen, die Gesellen zu Meistern zu schlagen. Dazu wird das Britzenlied unter dem Jubel der schaulustigen Jugend gesungen. Photos: C. Brandt |
|||
|
|||
Aus: Euskirchener Volksblatt vom 13. Mai 1932, Reise und Wanderbeilage Nr. 8 |
|||
|
|
|
|
|
|
|