Geschichtsseiten für Bad Münstereifel und Umgebung
Wirtschafts-, Verkehrs-, Heimat- und Kulturgeschehen









Erfolg und Ziele des Kneipp-Bades Münstereifel
Die große Bürgerversammlung im Städt. Badehof / Rechenschaftsbericht über die Verwaltung / Zukunftsweite Projekte

Am Donnerstag abend sprach Bürgermeister Arntz im Städt. Badehof zu den Bürgern der Stadt über die bisherige und zukünftige Verwaltungsarbeit. Der Badehof war bis auf den letzten Platz besetzt. Sie alle, die durchdrungen sind von dem Gedanken der Volksgemeinschaft und die erkannt haben, daß auch in der Stadtgemeinde nicht der Einzelne, sondern nur die von einem Willen erfüllte Gesamtheit die Grundlage sein muß für den erfolgreichen Aufstieg, hatten sich zu dieser öffentlichen Versammlung eingefunden.

Kurz nach 20,30 Uhr ergriff Bürgermeister Arntz das Wort zu seiner Rede und begrüßte herzlich die große Zahl seiner Mitbürger, insbesondere den Ortsgruppenleiter und Beigeordneten Hürten, den Beigeordneten Fischenich und die Ratsherren der Stadt. Wenn er heute an derselben Stelle wie am 17. mai 1934 kurz nach seinem Dienstantritt wieder zu der Bürgerschaft spreche, so sei dies im Grunde genommen nichts anderes als das, was er in seiner 25jährigen Tätigkeit immer geübt habe. Er wolle in aller Oeffentlichkeit Rechenschaft ablegen über seine Verwaltung und darüber hinaus die Wege zeigen, die zu einem weiteren gesunden Aufstieg beschritten werden müßten. Hiermit erfülle er denn auch eine Aufgabe, die jüngst noch von Reichsinnenminister Dr. Frick anerkannt worden wäre, als dieser erklärt habe, daß es wünschenswert sei, wenn der Leiter einer Gemeinde von Zeit zu Zeit öffentlich zu seinen Bürgern spreche.

Gesundung der städtischen Finanzen.

Die Finanzlage der Stadt Münstereifel sei ihm im Jahre 1933 als katastrophal dargestellt worden. Heute aber sei die Finanzlage im großen und ganzen in Ordnung. Nicht allein das sei in den letzten Jahren der Erfolg der Verwaltung und damit der gesamten Bürgerschaft gewesen, sondern darüber hinaus hätten im gleichen Zeitraum lebenswichtige Projekte durchgeführt werden können. Die Bereinigung der Stadt durch die Schaffung einer neuzeitlichen Kanalisation sei z. B. ein Projekt von außerordentlicher Wichtigkeit gewesen. Dieser Plan habe nicht nur auf einen Hieb durchgeführt werden können, sondern er hätte auch noch außer den Ersparnissen gegenüber dem Kostenanschlag eine fühlbare Entlastung des Wohlfahrtsetats mit sich gebracht. Mit der Uebernahme der Städt. Sparkasse durch den Kreis Euskirchen habe die Stadt auf eine unproduktive Einrichtung verzichtet. Nicht minder günstig habe sich der Verkauf des Elektrizitätswerkes an das RWE ausgewirkt. Die sehr starke Nachfrage nach Baugelände, insbesondere von auswärtigen Interessenten, habe die Ausarbeitung eines Bebauungsplanes notwendig gemacht. Hiermit würde die Grundlage für den Ausbau der Stadt Münstereifel, die die Entwicklung auf 50 - 60 Jahre hinaus bestimme, geschaffen. Während die Stadt im und am Kneippkurhaus umfangreiche Arbeiten ausgeführt habe, sei die private Bautätigkeit äußerst gering gewesen; sie stehe wohl im Kreis Euskirchen an letzter Stelle. Der neue Plan, der geeignetes Baugelände erschließen würde, würde zweifellos die Initiative der Bauherren und Unternehmer wecken. Von weiterer Bedeutung für die Stadt sei die Schaffung des Segelfluggeländes und die Errichtung der Siegerthalle am Nerotherberge. Er könne heute mitteilen, daß dieses Gelände in Zukunft erst seine richtige Auswertung finden und daß voraussichtlich in Kürze noch eine weitere Flugzeughalle erbaut werden würde. Mit der Verlegung und Erweiterung des Heimatmuseums vom Orchheimertor in geeigneten Räume des Rathauses sei ein weiterer Erfolg, der von den Gästen und Sommerfrischlern stärkstens beachtet worden sei, erreicht worden. Er dürfe heute feststellen, daß das Münstereifeler Heimatmuseum eines der schönsten im ganzen Rheinlande sei. Alle diese Maßnahmen hätten normalerweise eine Verschlechterung der Gemeindefinanzen mit sich bringen müssen. Jedoch sei es der Verwaltung gelungen, eine Gesundung der städtischen Finanzen herbeizuführen. In der Zeit vom 1. April 1933 bis zum 1. April 1936 sei ein effektiver Vermögenszuwachs an Grundbesitz und Kapital von 298251 M. eingetreten. Nicht treffender könne man die Entwicklung der Finanzlage kennzeichnen. Bürgermeister Arntz begründete dann im einzelnen die erzielten Ersparnisse und berichtete ausführlich über die bestehenden Verpflichtungen und betonte dabei, daß nach menschlichem Ermessen die Schuldentilgung für die Zukunft gesichert sei. Daß überhaupt diese Entwicklung trotz aller pessimistischen Stimmen möglich geworden sei, verdanke er in erster Linie dem Vertrauen und dem guten Willen der Bürgerschaft. Er könne mit Genugtuung feststellen, daß seine Arbeit vom Ortsgruppenleiter, von den Beigeordneten und den Ratsherren im denkbar besten Sinne gefördert und unterstützt werde. Er sei aber auch glücklich, erklären zu können, daß ihm als dem Leiter der Gemeinde stets jene innere Freiheit belassen worden sei, die für eine verantwortungsfrohe Entschlußkraft notwendig sei. Er kenne die Sorgen seiner Mitbürger und er wolle nicht anstehen, heute zu sagen, daß er bei allem Wagemut manchmal selbst sehr große und drückende Sorgen um das Schicksal der Stadt gehabt habe. Ein Rückschlag oder ein Fehlgriff hätten zu leicht das Vertrauen zerstören können. Das Volk ließe bekanntlich nur den Erfolg entscheiden und es frage nicht nach den Gründen des Mißerfolg. Er habe sich darum heute, wo die Entwicklung sichtbare Erfolge aufzeige, einer Dankespflicht zu entledigen. Nicht allein seinen engsten Mitarbeitern dankte er, sonden allen Steuerzahlern, denn sie seien es schließlich gewesen, die diese Aufbauarbeit ermöglicht hätten. Das Steueraufkommen sei zudem der beste Gradmesser für die allgemeine Wirtschaftslage. Es habe im Jahre 1925 in der Stadt Münstereifel nur 48620 M. betragen und sei dann nach der Machtübernahme angestiegen bis auf 98235 M. im Jahre 1935. Im laufenden Rechnungsjahre würde diese Summe voraussichtlich noch übertroffen werden, sie erreiche allerdings dann ihren Höhepunkt, weil mit der Verlagerung durch die Realsteuerreform sehr wahrscheinlich ein weiterer Aufstieg des Steueraufkommens zu Gunsten der Stadt nicht mehr zu erwarten sei. Es sei ein glückliches Zeichen der Besserung, das er noch dadurch unterstreichen möchte, daß er bisher in Münstereifel noch niemals habe eine Zwangsvollstreckung vorzunehmen brauchen.

Städtische Einrichtungen und Kurbetrieb.

Der Bürgermeister verbreitete sich dann sehr ausführlich über die städtischen Einrichtungen. Es sei erfreulich zu verzeichnen daß die Besucherziffer des Staatlichen Gymnasiums angestiegen sei, und daß sich daher der städtische Zuschuß habe verringern können. Leider sei für die Volksschulen bisher herzlich wenig getan worden. Er persönlich vertrete die Auffassung, daß die Stadt dem Kinde des Volkes, das keine andere Bildungsmöglichkeit habe, das beste Instrument geben müsse. Die Verwaltung würde sich in diesem Sinne demnächst der Volksschulen annehmen. Die Entwicklung des Städt. Kneipp-Kurhauses sei sehr zufriedenstellend. Es seinen 4000 Pfleglinge mehr als 1933 ausgewiesen worden. Der Besuch habe sich also ganz enorm gesteigert. Dieses Verdienst sei insbesondere der Oberin des Kurhauses Frl. Otto und den beiden Aerzten Herrn und Frau Dr. med. Greve zuzuschreiben. Gelegentlich seines Besuches in München sei ihm von der Leitung des Kneippbundes bestätigt worden, daß das Kneippkurhaus in Münstereifel das schönste und modernste in ganz Deutschland sei.

Der Bürgermeister befaßte sich dann mit den wirtschaftlichen Fragen des städtischen Wasserwerkes und des 4000 Morgen großen Stadtwaldes und sprach dann über

die Zukunftsaufgaben des Kneipp-Bades.

In den Ausführungen, die von bezwingender Sachlichkeit getragen waren, ließ das Stadtoberhaupt wiederholt seine Erfahrungen, die er in Wörishofen und Rothenburg o. T. gesammelt hatte, in vergleichender Weise anklingen. Münstereifel würde als das bekannteste und besuchteste Kneipp-Bad des Westens alles tun, um seine von der Natur gegebenen Vorzüge den Gästen nutzbar zu machen. Das Projekt der neuen großen Kuranlagen im Schleidtale stehe vor seiner Verwirklichung. Es sein nun endgültig beschlossen, daß die große moderne Badeanstalt zu Anfang Juni des kommenden Jahres eröffnet werden könne. Es würde auch diese Anlage einen weiteren Zustrom an Sommerfrischlern mit sich bringen. In der vergangenen Saison wären in Münstereifel 43055 Uebernachtungen zu verzeichnen gewesen (in Rothenburg 75000). Der Bürgermeister machte dann die Mitteilung, daß die Errichtung

eines weiteren Kurhauses im Schleidtales

geplant sei und gab der Hoffnung Ausdruck, daß auch diesem Unternehmen Erfolg beschieden sein möge. Die Privatpensionen der Stadt müßten sich mehr noch als bisher dieser Entwicklung anpassen. Es bestehe immer noch ein gewisser Unterkunftsmangel für die Gäste. Der Charakter als Kneippbad würde und müsse demnächst auch äußerlich noch viel stärker in Erscheinung treten. Er neige sich in Ehrfurcht vor dem großen Wohltäter der Menschheit, Sebastian Kneipp. Sein Werk in erster Linie nach der ideellen Seite zu fördern sei die Pflicht aller Bürger. Die Kurgäste, die Münstereifel besuchten, müßten hier ihre Erholung und Gesundheit wiederfinden. Die Lage und die Schönheit der alten Stadt und die einzigartige Umgebung dienten diesem Zwecke und erst in zweiter Linie dürfe Münstereifel dabei an den materiellen Vorteil denken. Darum müsse zuerst alles getan werden, was dem Kurbetrieb dienen könne. Ueber die Schaffung der großen Kuranlagen im Schleidtale hinaus sei die Anlage von Tretbecken, Schutzhütten, Spazierwegen, die Verbesserung der Straßen, die Verschönerung des Stadtbildes und die Neugestaltung des Marktplatzes in Aussicht genommen. Der Tag würde nicht mehr lange auf sich warten lassen, an dem Münstereifel auch seinen „Kneipp-Brunnen“ errichten würde. Münstereifel habe den Vorzug, vor den Toren eines 6 Millionengebietes der rheinischen Großstädte und des Industriegebietes zu liegen. Es habe sich darum seiner Pflicht bewußt zu sein, die ihm als Kneipp-Bad und Gesundbrunnen aus diesem Vorzug heraus erwache. Der Bürgermeister erwähnte dann die Kurveranstaltungen der letzten Saison, die beiden Rundfunksendungen, das große Eifelfest, das Rathausspiel und würdigte die ersprießliche Mitarbeit des Kur- und Verkehrsvereins, des Eifelvereins, der RAD-Kapelle, nicht zuletzt auch des städt. Verkehrsamtes und sprach den einzelnen Mitarbeitern und Arbeiterinnen, die sich im Laufe des Jahres um den Aufstieg der Stadt verdient gemacht hatten, seinen Dank aus. Er dürfte heute das Bekenntnis ablegen, daß die gesamte Bürgerschaft mit ihrem Bürgermeister aus ehrlichem und wahrhaftigem Herzen heraus das Beste getan habe und in Zukunft tun werde für die Stadt. Er habe das glückliche Gefühl, von dem Vertrauen der Bürgerschaft getragen zu sein und er habe den sehnlichen Wunsch, daß dieses Verhältnis in Zukunft nicht für seine Person, sondern für seine Arbeit erhalten bleiben möge. Es würde dann nicht schwer sein, die ihm von Gott, der Partei und dem Staat auferlegten Pflichten zu erfüllen.

Ein überaus herzlicher Beifallssturm dankte Bürgermeister Arntz für seine mehr als zweistündige Rede und diese einmütige Zustimmung der Bürgerschaft, die den wichtigsten Ausführungen des Stadtoberhauptes mit lautloser Aufmerksamkeit gefolgt war, war der sichtbarste Beweis für das volle Vertrauen, das dem Leiter der Gemeinde entgegengebracht wird.

Ortsgruppenleiter Pg. Hürten richtete zum Schluß der Versammlung einen ernsten Apell an alle Volksgenossen, die Arbeit der Stadtverwaltung nach Kräften zu unterstützen. Niemand wolle und dürfe es vergessen, daß Münstereifel vor der Machtübernahme das Opfer der schlimmsten Systemzeit gewesen wäre. Der Bürgermeister habe in der Tat einen katastrophalen Zustand angetroffen. Jeder einzelne müsse sich in die große Schicksalsgemeinschaft einfügen und seinen Dank durch Tat und Pflichterfüllung bezeugen. Der Ortsgruppenleiter schloß seine Ansprache und damit die Versammlung mit einem Treuegelöbnis zu unserm Führer Adolf Hitler, in das alle Versammelten begeistert einstimmten.


Aus: Euskirchener Volksblatt Nr. 284 vom 5. Dezember 1936





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