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Der große Brand in Münstereifel vor 200 Jahren
Was die Ratsprotokolle darüber berichten

Wenn ein Besucher heute durch Münstereifel geht, erscheint ihm sicherlich in seiner Vorstellung das Leben in den vergangenen Jahrhunderten in einem seltsam verklärten Licht. Wahrscheinlich glaubt er, daß damals alles schöner und gemächlicher war, und vielleicht bedauert er es sogar, daß das Schicksal ihn in diesem materialistischen und unschönen 20. Jahrhundert zur Welt kommen ließ. Wie aber sah das Leben in jenen längst vergangenen Jahrhunderten wirklich aus?

Die Antwort ist leichter, als es dem Uneingeweihten scheinen mag, denn die Ratsprotokolle im Archiv der Stadt, die alle zusammen fast ein halb Jahrtausend umfassen, geben auf viele Fragen eine vielleicht nicht immer leicht verständliche, aber doch eine sehr interessante Antwort. Allerdings mag diese Antwort manchen enttäuschen, denn das Leben in jenen Jahrhunderten, nicht zu reden von Kriegen, Besetzungen und Einquartierungen, war wohl nur selten so „gemütlich und einladend“, wie ein Betrachter von heute es sich vorstellen mag.

Vor mir lag das Ratsprotokoll aus dem Jahre 1747/48, es umfaßt die Zeit von dem ersten Erscheinen des neugewählten Bürgermeisters vor dem Rat, um Martini, bis zu der Neuwahl des nächsten Bürgermeisters ein Jahr später. Schon ganz am Anfang wird von einer schweren Feuersbrunst berichtet, die, am 2. Dezember 1747, zahlreiche Häuser an der Stadtmauer am Werther Tor einäscherte. Ueber diese Katastrophe heißt es in dem Protokoll:

„Nachdem am verwichenen sambstag abends nach 6 uhren in Johan Hillebrands haus ein heftig und endsetzlicher brand entstanden, wodurch dan nicht allein sein, Hillebrands, sondern auch Bernharden Bollenraths haus mit stallung und allingen mobilien genzlich bis auf den grund verbrant, anneben Hofmanns haus gleichfalls eingeäschert, auch der Steinfelder Hof am fueß vom dach villfältig angezündet, weiter die wachtstub auf der Mauer neben dem werther thorm, item des Willem Momesheim und Franz Koppen haus angestecket, doch durchvillfältige mühe errettet, der statt throm, Hessen Greidchen Thorm genannt, das dach und innerlich gehölz gäntzlich verbrandt worden.“

Der Originalbericht ist umfangreicher, aber wie die Kostprobe zeigt, doch eigentlich schwer lesbar. Ich denke dabei weniger an die unleserliche Handschrift des Stadtscheibers von 1747, auch nicht an die Rechtsschreibung, die keine Regeln zu kennen scheint, sondern eher an das schwierige Kanzleideutsch aus dem 18. Jahrhundert, das dem aus dem 20. Jahrhundert an Verschrobenheit und Gespreiztheit kaum nachsteht.

Nicht uninteressant ist die folgende Eintragung: „Augustin Metz deponiert ad protocollum, daß er am sambstag bey dem vorgewesen brand in dem Steinfelder Hof des Michael Mohr sohn, Johannes Mohr, in seinem Keller eine kanne mit Brandenwein aus der hand genommen, aus welcher der Mohr und statt tambour sich leider voll gesoffen haben.“

Als Dank dafür, daß die Katastrophe nicht noch größer wurder, beschloß der ehrenwerte Stadtrat „am mittwoch zwey heilige messen aus statt mitteln lesen zu lassen, welches statt diener allerorts anzusagen haben“.

Merkwürdigerweise wird sodann beschlossen, alle Geißen abzuschaffen. Zunächst fragt man verwundert den Grund. Beim Weiterlesen erfährt man jedoch, daß Grummet und Heu für die Geißen auf dem Dach, oftmals in unmittelbarer Nähe schadhafter Kamine, aufbewahrt werden, wodurch die Stadt immer in Feuersgefahr schwebte. Vielleicht war dies auch die Ursache der großen Feuersbrunst in Münstereifel? Vielleicht. Das Ratsprotokoll schweigt sich darüber aus. Sehr ausführlich verzeichnen die Protokolle die Vorsichtsmaßnahmen, die vom Magistrat unmittelbar nach der Katastrophe beschlossen wurden. Diese umfangreichen Anordnungen sind recht aufschlußreich für das Leben vor 200 Jahren. Sie mögen daher, wenn auch mit einigen Kürzungen, wörtlich folgen:

  1. wird all und jedem bürger, jedem unter 20 mark straaf, anbefohlen, den winter hindurch alle wochen die straßen zu säubern, und sambstags den kot und dreck wegzuschaffen, worauf die Pförtnern jeder an seinem thirm achtzuhaben und anzugeben haben.

  2. sollen alles heu, strohe, schantzen und kohlen zwischen hier und morgen mittag von allen häusern unter würklicher straaf von 20 mark weggeschafft seyn.

  3. dahe auch am sambstag die erfordernis gegeben, daß viele inconvenientien wegen der finster nacht entstanden, ohne daß jemand auf villfältiges zusprechen eine laterne vor dem haus angehenkt, so wird gleichfalls allen bürgern unter vorbemellter straaf anbesehen, sich immer 3 wochen zeit eine laterne anzuschaffen, welche in vorfallenheit neben der tür umb gehabung des straßenlichts angehenkt, auch in scheuer und stallung gebraucht werden kann.

  4. jeder soll inner 4 wochen zeit einen ledder eymer anschaffen, auf sellbigen seinen namen bezeichnen und auf rathaus ad protovollum vorzeichen, fort mit sich ins haus obrücknehmen und jeder zeit in vorfallender feuergefahr zu gebrauch mitbringen.

  5. diejenigen, so schlechte camine haben, sollen sellbige sovill als möglich, und es die zeit erleidet, alsbald reparieren oder gewertigen, daß solche bey vornehmender visitation einschlagen und anbey die einwohner scharf gestraft werden sollen.

  6. wird allen gleicher gestalt anbefohlen, niemalen beym licht morgens und abends zu dreschen.

  7. wird unter all solcher straaf von 20 Mark allen befohlen von dato an niemalen mehr heu oder strohe für tag oder beym licht morgens oder abends schneiden zu lassen.

Abschließend heißt es dann sehr deutlich: „Und dahe nun obiges alles sämbtliche wohl werden verstanden haben, so werden alle nochmals ihres bürgerlichen aidts erinnert und unter straaf der 20 mark anbefohlen, diese punkte also gehorsamb nachzukommen und zu befolgen“.

Die wiederholte Androhung von Geldstrafen verwundert zunächst, bis man schließlich erkennt, daß damals „Gehorsam des Bürgers erste Pflicht“ nicht gewesen zu sein scheint. Der Fall des „ungehorsamen“ Georg Bongard, dessen Kamin keineswegs in Ordnung war, und der sich auch weigerte, ihn in Ordnung zu bringen, nimmt in den Ratsprotokollen sehr viel Raum ein.

Am 13. Dezember 1747 heißt es in den Protokollen: „In dem bey Georg Bongard der camin erstlich sehr gefehrlich und nicht zum dach hinausführt, auch voller löcher, ferner auf zweyte stockwerk voller kaffhechsel und buchenstecken neben dem camin befunden und andererseits des camin viell gromet, heu und strohe liegen, und daher publiciert worden, all solche sachen immer zwey stunden wegzuschaffen, Bongard aber keyn einfolg geleistet, also ist Bongard in 20 mark straaf fällig declarieret.“

Drei Tage später heißt es: „Dahe anbracht worden, daß Bongard vorigem concluso nicht gebehrendermaßen pariert und ein so anders annoch nicht von seynem haus weggeräumt, also wird derselbe in die vorhin festgesetzte [... fehlender Schluß]


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 1. Dezember 1949





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