Geschichtsseiten
für Bad Münstereifel und Umgebung |
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Der Münstereifeler
Stadtwald Münstereifel. Einer Stadt, die über einen genügend großen Waldbesitz verfügt, kann es nie schlecht gehen! Wenn auch diese Erklärung eines bekannten deutschen Volkswirtschaftlers heute vielleicht nicht mehr ganz zutrifft, so macht sie doch klar, eine wie große Rolle der Wald nicht nur im Leben einer Gemeinde oder Stadt, sondern auch eines ganzen Staates, auch heute noch immer spielt. Daß dies Behauptung nicht mehr ganz stimmt, beweist schon das Beispiel von Münstereifel, von dessen Wald in Vergangenheit und Gegenwart jetzt gesprochen werden soll. 4000 Morgen groß ist der Wald, der heute noch im Besitz der Kneippkurstadt ist. Das macht heute, bei knapp 4000 Einwohnern, eine Morgen Wald pro Kopf. Auch dieser Besitz bewahrte die Kneippkurstadt nicht davor, Anfang der dreißiger Jahre - um in der Gegenwart zu bleiben - in einer geradezu katastrophalen Weise verschuldet zu sein. Rund 1,5 Millionen RM Schulden hatte die damals 3000 Einwohner zählende Stadt, also rund 5000 RM pro Kopf der Bevölkerung. Als aber dem damaligen Bürgermeister Arntz vom Regierungspräsidenten zur Bondsen und dem Kommunaldezernenten Regierungsrat Dr. Dr. Türk vorgeschlagen wurde, einfach einen Teil des Waldes zu veräußern und auf diese Weise die Schuldenlast zu senken, wurde dieser Vorschlag von Herrn Arntz mit aller Energie zurückgewiesen. Hier war noch ein uralter Instinkt lebendig, der es verhinderte, daß ein wertvoller Teil des Besitzes der Stadt verschleudert wurde. Und es war gut so. Bald darauf gelang es demselben Bürgermeister durch das natürliche Mittel einer gesunden Finanz- und Wirtschaftspolitik, die Stadt zu retten. Münstereifel wurde damals nicht nur seine Schulden los, sondern konnte sich, dank der Haltung des Bürgermeisters Arntz, auch noch seinen Wald erhalten. Daß ein schöner großer Wald für eine Kurstadt ein besonders wertvoller Besitz ist, steht außer Frage. Aber ebenso steht es außer Frage, daß dies nur eine beigeordnete Funktion des Waldes ist. Wichtiger ist die Ueberlegung, daß die Stadt, wenn in Kürze der Bau der Volkswohnungen im Otterbachtal anfängt, nur auf ihren Wald zurückzugreifen braucht, um billiges Bauholz zu haben. Die Preissenkung der Baukosten, die hierdurch möglich wird, bedeutet praktisch, daß an Stelle der ursprünglich geplanten acht Volkswohnungen nunmehr zehn gebaut werden können. Einen wesentlich größeren Bedarf an Bauholz hat die Stadt jedoch bei der Wiederherstellung der mittelalterlichen Gebäude, wie zum Beispiel kürzlich bei der Wiederherrichtung des Daches an dem berühmten gotischen Rathaus, da diese alten Bauten, die ja in ihrer früheren Gestalt wiedererstehen sollen, wesentlich mehr Holz verschlingen als die modernen Häuser. Von nicht minderer Bedeutung ist auch der Wald als Brennholzlieferant. Wenn auch Kohle und Briketts den Brennstoff Holz zu einem großen Teil abgelöst haben, so spielt dennoch der Wald auch hier noch eine wichtige Rolle. Man braucht sich nur an die Kriegsjahre zu erinnern, wo, wenn es nicht genug Kohlen gab, einfach Holz verbrannt wurde. Im Mittelalter allerdings hatte der Wald eine wesentlich größere Bedeutung für das Leben der Menschen. Um das zu erfahren, braucht man nur die alten Akten, wie sie noch viele Städte auch heute besitzen, durchzulesen. Nachdem man noch zu Römer- und Karolingerzeiten dem Urwald in deutschen Landen mit Axt und Feuer zu Leibe ging, weil es nicht genug Raum für die stetig wachsende Bevölkerung gab, war es im 12. Jahrhundert schon soweit, daß man, vorzugsweise im Gebiet des heutigen Westdeutschlands, Rodeverbote erlassen mußte. Man hatte also erkannt, daß der Wald nicht unendlich war, und daß er, in Anbetracht seiner ungeheuren Bedeutung, auf alle Fälle erhalten werden mußte. Wenn man will, kann man also diese Zeit schon als den Beginn einer modernen Waldpflege ansehen. Der Ausbeutung des Waldes wurden Schranken gesetzt. Wer Bauholz brauchte, mußte zunächst um Zuweisung ersuchen. Waldweideverbote wurden erlassen, um den Baumnachwuchs vor Verbiß durch das weidende Vieh zu schützen. Waldfrevel, und zwar Brandstiftung im Walde, gleichgültig ob fahrlässig oder beabsichtigt, sowie auch das unbefugte Fällen von Bäumen, wurde schwer, zum Teil mit dem Tode bestraft. Auch begann man damals schon den Samen der wertvollen Bäume auszusäen. Aus den alten Münstereifeler Akten geht hervor, daß sehr strenge Strafen erlassen wurden, um den Holzfrevlern das Handwerk zu legen. In der Zeit vom April bis Oktober war das Betreten des Waldes sogar verboten. In der Stadt gab es ein Waldgeding, also ein Gericht, das alle Waldfrevel aburteilte. Für Leseholzsammler wurden sogenannte Buschtage eingerichtet. Wer außerhalb dieser Buschtage im Wald angetroffen wurde oder gar Holz abfuhr, erhielt 5 Reichstaler Strafe. In Notzeiten halfen jedoch alle Verbote nichts, und man ging einfach in den Wald und holte sich soviel Holz wie man brauchte. Daraufhin wurden wehrhafte Bürger mit Flinten ausgerüstet und als Wächter in den Wald geschickt. Trafen sie Holzdiebe, so war es ihre Aufgabe, die Männer samt Pferden, Wagen und Ladung nach Münstereifel zu bringen. Dort wurden Pferde und Wagen verkauft und die Diebe schwer bestraft. Der Münstereifeler Wald, der zusammen mit den Waldungen von Iversheim und Flamersheim eines der ausgedehntesten Waldstücke in der Eifel ausmacht, hat durch Krieg und Einschlag nicht minder gelitten, als die Wälder in anderen Teilen Deutschlands. Ein etwa 50 Morgen großes Waldstück wurde im Krieg durch einen Bombenteppich zerstört, als feindliche Flieger, die das Oberkommando der Wehrmacht treffen wollten, ihre Bomben in den Wald abluden. In den letzten Jahren litt der Wald empfindlich an Zerstörungen durch den Borkenkäfer, darüber hinaus noch durch den allgemein größeren Einschlag. Gerade hier ist viel Rücksichtslosigkeit wiedergutzumachen. Viele berechtigte Wünsche müssen allerdings auf spätere, bessere Zeiten verschoben werden, da im Augenblick nicht genug Geld da ist, um alles das zu tun, was getan werden müßte. Wer im Wald von Münstereifel spazieren geht, wird seine besondere Freude an dessen Vielgestaltigkeit haben. Im Laufe einer einzigen Stunde kommt man durch den schönsten Buchenhochwald weit und breit (der sich von der Roderter Höhe in Richtung Dicken Tönnes erstreckt), durch Fichtenschonungen, durch schöne Eichenwälder in allen Altersstufen zwischen 30 und 80 Jahren, durch abwechslungsvollen, aufgelockerten Mischwald und schließlich sogar (in der Doppelkurve im Schleidtal) zu hundertjährigen Fichten. Diese wurden gepflanzt, sage ein alter Münstereifeler, als nur Segelschiffe die Weltmeere befuhren. Fünfzig Meter mußten die Fichten hoch sein, sollten sie als Mast eines Seglers in Frage kommen. Nun ist die Zeit über die Planungen der Münstereifeler vor hundert Jahren hinweggegangen. Segelschiffe gibt es keine mehr, und die hundertjährigen Fichten stehen dort auf ihrer Höhe und wundern sich, warum sie keiner mehr haben will. Eine weitere Einnahme aus den Wäldern bringen, die noch immer ziemlich verbreiteten Lohgerbereien, die die Eichenrinde als Gerbmittel benutzen. Wenn auch die Hauwälder hier in der Gegend ziemlich ausgestorben sind, so ist dennoch an Eichenrinde noch einiges zu verdienen. Wahrscheinlich wird dies auch noch lange so bleiben, denn die chemischen Gerbstoffe, die die Eichenlohe schon in vielen Betrieben verdrängt haben, sind nicht für alle Ledersorten zu verwenden. Und für das gute alte Sohlleder kommt auch heute noch, wie seit je, nur die Eichenrinde in Frage. Aelter als die alte Stadt Münstereifel ist der Wald, der sie umgibt. Und wenn auch viel Waldbesitz allein keinen Reichtum bedeutet, so hat er doch seinen Wert. Allein von Münstereifel hängt es ab, wie lange es sich diesen Besitz zum Vorteil der Stadt und ihrer Bewohner erhalten wird. |
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Aus: Kölnische Rundschau 17. Dezember 1949 |
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