Geschichtsseiten
für Bad Münstereifel und Umgebung |
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B'hüt
dich Gott, Münstereifel! Männer aus allen Gauen unseres großdeutschen Vaterlandes sind in der Westmark des Reiches zusammengekommen, um am Westwall die lebendige Mauer zu sein, die der Festung aus Eisen und Beton erst den vollen Wert gibt. Die meisten von ihnen sind zum ersten Male am Rhein, lernen rheinisches Land, rheinische Menschen und rheinisches Leben kennen. Auch ich, der ich aus dem Lande der Bajuvaren stamme. Sie alle werden wie ich rasch die Ueberzeugung gewinnen, daß es sich wahrlich lohnt, dieses Land zu schützen, das ein Edelstein unter den deutschen Reichskleinodien ist. Die Schönheiten des Rheinlandes liegen wie überall in der Welt nicht nur an den großen Straßen. Der Soldat aus andern deutschen Gauen muß nur mit offenen Augen und offenem Herzen um sich schauen, soweit der Dienst ihm dazu Zeit läßt, dann wird er erst recht erkennen, welche unvergeßlichen Eindrücke er in den rheinischen Landen sammeln kann, die ihn zeitlebens begleiten werden, wenn er nach ehremvollen Frieden in seine Heimat zurückkehrt. Mein freundlicher Quartierwirt ist ein begeisterter Eifelschwärmer. Er gab mir den Eifelkalender 1940 zum Lesen. Eine interessante Lektüre, namentlich für den Feldgrauen, der zu Armee des Westwalls gehört, der die Eifel von Nord bis Süd durchzieht. Meine Aufmerksamkeit wurde durch einen Aufsatz: Herbstliches Eifelstädtchen besonders gefesselt, der mich an die gemütvollen mittelalterlichen Städtchen meiner süddeutschen Heimat erinnerte. Auf meine Frage, welches Städtchen wohl in der interessantesten Schilderung gemeint sei, antwortete mein Quartierwirt lebhaft: Das ist Münstereifel, das rheinische Rothenburg. Das müssen Sie sich einmal ansehen, es lohnt sich wirklich! Rothenburg? Ist das nicht zu viel behauptet? Sind wir Bayern nicht mit Recht stolz auf unser einzigartiges Rothenburg hoch über der Tauber? Und ich meinte, in einem großen Bahnhof ein Plakat an der Wand gelesen zu haben, auf dem Münstereifel als das Kneipp-Bad des Westens gepriesen wurde. Mein Quartierwirt begegnete meinen Zweifeln nur mit den Worten: Sehen sie selbst und urteilen dann! Sie werden sehen, daß ich nicht zu viel gesagt habe. Seitdem brannte ich darauf, Münstereifel zu sehen. Am letzten Sonntag ists mir geglückt. Im Glanz der Aprilsonne bin ich hingefahren am dienstfreien Tage und habe in dem Zuge auf der Fahrt zum Städtchen den Zauber der Geruhsamkeit auf mich wirken lassen, von dem im Eifelkalender die Rede ist. Ich hatte Glück - ein Mitreisender im Wanderdreß, der den Sonntag nachmittag zu einer Frühlingsfahrt in heimische Fluren benutzen wollte, erklärte mir in echtem Lokalpatriotismus die Gegend, sprach, als wir uns dem Bergpaß näherten, in dem die Station Kreuzweingarten liegt, begeistert vom Burgberg mit seinem Ringwall, von der stattlichen Ruine der Hardtburg mit ihrem trotzigen Bergfried, von der landschaftlich herrlichen Talsperrre, die hinter dem linksseitigen Berge liege, und von dem zweitausend Jahre alte alten Römerkanal, der auf der jenseitigen niedrigeren Höhe ausgegraben worden sei - alles hochinteressante Punkte, die zu sehen ich nicht versäumen dürfe -, wies hin auf die beiden massiven Burgtürme in der Ausbuchtung des Erfttales und den nadelspitzen Kirchturm am Berghange, und wurde erst recht lebendig, als wir in die Talenge einfuhren, in der das Bähnchen endet. Als wir ausgestiegen waren und mein liebenswürdiger Cicerone sich nach einem Schock freundlicher Winke für den Besuch Münstereifels verabschiedet hatte, stand ich auf dem breiten, sauberen Bahnsteig und sah überrascht um mich. Ein fesselnder Anblick, dieser neuere Teil der Stadt, der im Tale und auf dem rechtsseitigen Berghange entstanden ist, im Hintergrund das hochaufragende, viele Jahrhunderte alte Tor, das in die Stadt führt - ein Bild, das mich an die im Charakter ähnlichen Siedlungen in den Vorbergen der bayerischen Alpen erinnerte. Ich folgte dem breiten Menschenstrom, der sich dem Tore näherte, dessen Unzulänglichkeit als Verkehrsdurchgangsstelle mir sofort auffiel. Nach dem Kriege soll eine Umgehungsstraße über die Höhen gebaut, vielleicht auch die Bahn bis zur Ahr durchgeführt werden, versicherte mir ein Einheimischer. Des Schauens gabs reichlich. Vor dem prächtigen gotischen Tor fällt der Blick auf einen originellen Wegweiser zum Kneipp-Kurhause in charakteristischer Holzschnitzarbeit. Der Meister, der dieses Werk geschaffen hat, könnte bei unsern Oberammergauern in der Lehre gewesen sein. Nun schlendere ich langsam durch die Straßen, an deren Seite der noch immer recht lebhafte Fluß daherrauscht, der, wie ich höre, des Oeftern recht ungeberdig geworden ist - ein echtes Kind der Berge! - Saubere Häuser aus vergangenen Zeiten, zwar wesentlich jünger als die Rothenburger, aber doch reizvoll in ihrer gemütlichen Art. Schade, daß hier und da ein moderner Neubau das Bild stört! Die Straße ist wohlgepflegt, die Schaufenster zeigen eine vielgestaltige Auslage, meistens auf den Fremden- und Kurverkehr eingestellt.
Mein erster Gang galt der achthundert Jahre alten Münsterkirche, die im Eifelkalender eine romanische Festung Gottes von ungeheurer Schwere und Gedrungenheit genannt wird. Sie ist überaus reich an Kunstdenkmälern aus alter Zeit, die ich in staunender Ehrfurcht betrachtete. Mein Rundgang endete in der Krypta vor den herrlichen schmiedeeisernen Gittern, die das Grab der Pfarrpatrone abschließen. Leider fehlte mir Zeit und Gelegenheit, die Schatzkammer zu sehen, in der, wie mir ein Einheimischer erzählte, unter vielen anderen Kostbarkeiten ein Parament aus dem Brautkleide der Kaiserin Maria Theresia sein soll. Als ich wieder auf dem sonnenbestrahlten Marktplatze stand, fiel mein Blick auf das wiederhergestellte, aus dem 14. Jahrhundert stammender Rathaus. Das darin untergebrachte Heimatmuseum war mir als besonders sehenswert gerühmt worden. Ich widmete ihm eine gute halbe Stunde meiner knapp bemessenen Zeit und habe es wahrlich nicht bereut. Hier ist mit Liebe und Sorgfalt und seiner Einfühlung in das Leben unserer Altvorderen gesammelt und geordnet worden. Neben dem Rathause lockte mich ein gemütliches Wirtshaus zur Einkehr, das fast wie eine Fortsetzung des Heimatmuseums anmutete und - was der Bayer nicht zu erwähnen vergißt - ein kräftiges Bier ausschenkte.
So gestärkt, wanderte ich weiter, schaute kurz in die Gymnasialkirche hinein, ging am massiven Bau des dreihundert Jahre alten Gymnasiums vorbei eine Straße hinauf, in der ein großes Haus mit reichen Schnitzereien steht, das wirklich von Rothenburg hierher verpflanzt worden sein könnte, bog dann vor dem die Straße abschließenden mächtigen Tore rechts ab und ging an der inneren Seite der alten Stadtmauer bis zu der Stelle, wo der Wehrgang über das Tor führt, durch das der Fluß in die Stadt eintritt. Von dieser Stelle hat man einen interessanten Blick in das Gefüge der alten Stadt. Wenige Schritte weiter kam ich wieder an ein einfacher gehaltenes gotisches Tor, durch das ich die Innenstadt verließ, um auf gewundenen Pfaden zum stattlichen Kurhaus emporzusteigen, den schönen Ausblick in das obere Flußtal genießend. Schade, daß wir nicht ein paar Wochen später in der Zeit waren! Von hier aus muß das Landschaftsbild entzückend sein, wenn alles in Blüte steht. Vom Kurhaus stieg ich wieder zum Graben neben der Stadtmauer hinunter, in dem die Sonne eine wirklich mailiche Temperatur erzeugt hatte. Es war ein genußreicher Abstieg, der alten Stadtbefestigung folgend, bis ich durch ein schlichtes Tor wieder die Innenstadt betrat, um auf dem nächsten Wege zur Burg zu kommen, wo ich den Rundgang abschließen wollte. Es wurde ein lohnender Ausklang. Schon der Aufstieg zur Ruine über die Erftbrücke durch das Rundbogentor interessiert den Geschichtsforscher. Aus den Trümmern der alten Herrlichkeit ist zu erkennen, wie gewaltig ursprünglich der Bau dieses Schlosses gewesen sein mag. Im Jahre 1689 haben die Franzosen die Burg zerstört. Daß sie nicht noch einmal mit solchen Kuturtaten unser deutsches Vaterland heimsuchen, dafür ist gesorgt. Vor dem Burggasthaus war es im Sonnenschein so warm, daß man behaglich draußen sitzen konnte. Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen, bei einem Krug recht sauberen Bieres und einer Zigarre das Bild der vor mir sich ausbreitenden Stadt in Ruhe zu genießen und noch einmal zu rekapitulieren, was ich heute alles gesehen und bewundert hatte. Jedenfalls schied ich aus dem überaus sympathischen Städtchen hochbefriedigt, meinem Quartierwirt dankbar, daß er mich auf dieses Juwel der Eifel aufmerksam gemacht hat. Wenn ich später daheim von den Schönheiten des Rheines erzähle, wird Münstereifel in meinen Schilderungen einen besonderen Platz einnehmen. Soldat X. |
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Aus: Euskirchener Volksblatt Nr. 87 vom 13. April 1940 |
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