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Dichtgeschart um die Fahne des Humanismus
Das staatliche St. Michaels-Gymnasium als gefeiertes Geburtstagskind

Münstereifel. In einem weihevollen Festakt am Sonntag morgen in der hellen, luftigen Turnhalle des St. Michaels-Gymnasiums wurde das 325jährige Bestehen der bedeutenden humanistischen Bildungsstätte festlich gefeiert. Der Anstaltsleiter, Oberstudien-Direktor Gaul konnte eine stattliche Reihe von Ehrengästen begrüßen, darunter vor allem den Vertreter von Frau Christine Teusch, Oberschulrat Giesberts vom Kultusministerium in Düsseldorf, Bürgermeister Frings, Stadtdirektor Derkum, Herrn Offermanns als Vertreter des verhinderten Landrats, die Direktoren der Euskirchener Anstalten, Frau Oberstudien-Direktor Neithart und Oberstudien-Direktor Dr. Arlt, Oberpfarrer Dr. Rothkranz für die kath. Kirchengemeinde, Pfarrer Glaubitt für die evang. Gemeinde, den Präses des Konvikts, Bötzkes, sowie Reg.-Baurat Langenberg vom Staatshochbauamt Bonn.

Den würdigen Rahmen für die erhebende Feier gab der Schülerchor mit ausgesuchten Chören von Brahms, Wolters und Grabner. Hervorragend gelangen unter der umsichtigen Leitung von Studienrat Hilberath die „Kanonischen Motetten“ von Josef Haas, ein Chorwerk von normen technischen Schwierigkeiten Sehr eindrucks- und wirkungsvoll auch die beiden Sprechchöre der Obersekunda in der Einstudierung von Studienrat Dr. Overberg (aus „König Oedipu“ und „Sonnengesang“ des hl. Franz von Assisi). Bereits im Festgottesdienst in der Pfarrkirche hatte der Schülerchor durch die „Kieler Liebfrauenmesse“ von Heinrich Lemacher und durch Studienrat Becker die Festpredigt die rechte Einstimmung für den Festakt gegeben.

Oberstudien-Direktor Gaul nahm in seiner Festansprache Gelegenheit, die Geschichte des Gymnasiums für die jüngeren Schüler ihn breiter Ausführlichkeit zu schildern. Im zweiten Teil seiner Rede befaßte er sich mit einer Fülle von Gedanken, die sich an einem solchen Tage von selbst aufdrängen. Er zitierte den Ausspruch eines amerikanischen Professors: Nicht Wehr und Waffen, wohl aber Schule und Wissen würden Deutschland wieder zu hohen Ehren bringen in der Welt. Im Anschluß an diese Ausführungen nahm der Vorsitzende des „Vereins alter Münstereifeler“ Gelegenheit, die Verbindung der ersten Schüler von 1865 zum jetzigen Sextaner herzustellen; alle seien sie neue Glieder an einer alten sich ewig weiter fortsetzenden Kette. Ausgezeichnete Lehrer, von denen Prof. Dr. Ohm besondere Ehrung zuteil wurde, hätten so mancher Schülergeneration die Grundlage für wissenschaftliche Bildung vermittelt. Der Vertreter der Behörde, Oberschulrat Giesberts, malte ein düsteres Gemälde der uns aus dem Osten drohenden Gefahren, wenn es nicht gelänge, die uns verbliebenen seelischen Kräfte, von denen der Humanisumus nicht die geringste sei, zu mobilisieren im Kampf gegen den mächtig anstürmenden östlichen aggressiven Geist. Ein Gymnasium ohne musischen Unterricht sei kein Gymnasium. Der Geist, der von Studienrat Hilberath und seinem Schülerchor ausstrahle, sei symptomatisch für die innere Haltung der ganzen Schule.

Nach dem würdigen Festakt leitete Landgerichtsdirektor Dr. Pomp (Bonn) eine schnell erledigte Sitzung des „Vereins alter Münstereifeler“. Die Kassenprüfung ergab einen nicht unwesentlichen Betrag, der für Zwecke des Vereins zur Verfügung steht. Hierzu gehören vor allem Unterstützung bedürftiger Schüler. In Anerkennung der hohen Verdienste wurde Dr. Pomp und sein Stellvertreter erneut als Vorstand gewählt.

Ein gemeinsames Mittagsmahl auf der Burg und eine gemütliche Kaffeestunde im festlich geschmückten Münstereifeler Kurhaus beschlossen eine außergewöhnliche Geburtstagsfeier für die „Alma Mater Eifliensis“.

Der Festkommers am Samstag abend im Saal der Burgruine stand ganz unter dem Zeichen echter studentischer Fröhlichkeit. Dr. Pomp und der Anstaltsleiter wechselten sich im Präsid ab. Ein besonders prominenter früherer Schüler des Gymnasiums, der jetzige Oberdirektor Dr. Pünder, feierte die Schule in einer launigen Ansprache und trug erheblich zur Festesstimmung bei. Berechtigtes Ausehen erregte der von den beiden Primen bewiesene ausgezeichnete Geschmack. Statt, wie erwartet, ein bekanntes Kommerslied zu singen, improvisieren sie Kanons. Auch sonst improvisieren die Jungens und helfen dem geplagten Burgwirt den Kellnerengpaß zu überwinden und damit den Durst von vielen alten Lehrern und Schülern zu löschen, der diesmal durchaus materialistisch auf Trinkbares eingestellt war und durchaus nicht mit dem in der Schule bewiesenen Wissensdurst gemeinsam hatte.

Es verlautet, daß die vorsorglich bestellten Quartiere hier und da nicht allzu sehr einer Ueberbeanspruchung ausgesetzt waren, jedenfalls hat die aufgehende Sonne verschiedenen Kommersteilnehmern „heimgeleuchtet“.


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 14. Juni 1950





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